Mahmud Baki (1526-1600)

Ghaselen aus dem Divan

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)



Der Buchstabe Dal
(Ghaselen 17-23)


17.
Wann das Glück im Mittelpuncte ruht,
Liegt im Schwellenstein das höchste Gut;

Gibt Unwissender mir ein Geschenk,
Ist des Glückes Falk in meiner Huth*;

Zeigen sich das Haar und dann die Brauen,
Schaue ich der Schönheit Ebb' und Fluth;

Wann der Liebesgram den Körper gelbt,
Ist's Tinctur** der Liebe, so es thut.

Baki heuchelt nicht dem Volk' als Spiegel,
Zog die Kutte an mit frohem Muth.

* Wörtlich: Der Königsfalk des Glückes
geht von Hand zu Hand.
** Durch das Elixier der Liebe
deines Füßestaubs wird mein Leib zu Gold
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18.
Genuß hat in der Liebe nur begehrt
Ferhad, der einst Schirinen war so werth.

Es hat die Blätter von dem Buch der Tugend,
Der Weisheit, meiner Seufzer Sturm verheert.

Des Himmels Dom! die Gluth der Seufzer!
Ein stahl'ner Helm! Diamantenschwert!

Es seufzte viel mein Herz am Haus des Grams,
Genussespforte ward nicht aufgesperrt.

Aus Trennungsschmerz gab Baki hin die Seele;
Das Recht, o Herr! das Recht sey mir gewährt!
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19.
Genuß gewähre krankem Herzen Hülfe!
Seht, Freunde! seht, wie ich mir eil' zu Hülfe!

Entnimm der wunden Brust nicht alle Pfeile,
Laß einen stecken, Gott zu Lieb', als Hülfe!

Du reichst das Glas, indeß der Gram uns tödtet,
O Schenke, komm', gewähr' damit uns Hülfe!

Man nahm das Glas dir, das du nicht bewahrtest:
Bewahre das Geheimniß doch der Hülfe!

Du halfst nicht als um Hülf' ich schrie und weinte,
O wer gewähret denn dem Baki Hülfe!
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20.
Was ist's, wenn dieser Wuchs mir nicht zu Hülfe eilt!
Wenn um sein Haus nur Angstgeschrey und Wehklag' weilt.

Wie kann zu Deiner Seit' als Sclav' das Veilchen dienen,
Da die Cypresse Nadelschwerter ausgespeilt.

Des Veilchens Blüthe hast Du in den Bund gesteckt
Als Beil, womit Ferhad den Kopf sich hat zerspeilt.

Wenn Ferruchschad noch einmahl käme auf die Welt,
So würd' er dem Chorschid* doch wieder zugetheilt.

Es färbt sich Baki's Kiel mit solchem Glanz der Wangen,
Den Behsad's** Kunst noch nie Gemählden hat ertheilt.

* So bekannt Schirin und Ferhad sind,
so wenig sind es Ferruchschad und Chorschid,
deren Liebe in einem romantischen Gedichte,
das diesen Nahmen führet, besungen ist.
** Behsad, ein berühmter persischer Mahler
aus der Zeit von Chosrew Parwit.
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21.
Mich begünstigt Glück und Stunde nicht,
Mit dem Arm umschlinget Er mich nicht.

Herz der Liebenden zerschlage nicht,
Denn es fällt auf dich des Streich's Gewicht.

Wimpern sind im Liebesgaue Besen,
Und mich kümmert Maß des Bartes nicht.

Wein bereuen, und der Lieb' entsagen!
Leerer Traum und nichtiges Gedicht!

Was bekümmern Baki fremde Reden,
Wenn der Arm des Freundes ihn umflicht.
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22.
Es hat mein Herz ein Schelmenschah an sich gezogen
Mit Brauenpfeil und Lockenstrick und Brauenbogen;

Die Bitterkeit des Weins, die Bitterkeit des Grams
Vertreibet nur der Zuckerlippen Mandelbogen.

Es ist der gelbe Leib mit tausend Weheklagen
In Trennungsgluth verbrannt, in Asche aufgeflogen.

Neig' dich, o Freund! wie Rosen nicht zu niederm Grase,
Zu dem sich hohe Cedern nie herabgebogen.

Mit Lust und Lachen steh'n die Freunde Dir zur Seite,
Die Stirne Baki's ist mit Gram und Fleh'n umzogen.
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23.
Lachende Lippen, sie haben bedacht
Todte, und selbe lebendig gemacht;

Deine Erinnerung hat mich belebet,
Neider hingegen zum Tode gebracht;

Pfeile der Trennung, Geschosse der Wimpern
Hatten mich beyde gleich elend gemacht.

Wandle Cypresse, denn nimmer hat Buchsbaum
Dich zu erreichen den Wuchs und die Macht;

Herrscher, befehle! Baki wird gehorchen,
Was Du befehlest, daß wird auch vollbracht.
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