Liebes-Balladen, Romanzen u. ä.

 

Frederic Leighton Der Fischer und die Sirene um 1856-58


 

Anonym
(aus der Neukirch-Sammlung)


Inhaltsverzeichnis der Balladen:

 



Liebes-Gespräch

Scelaten
Komm Chloris! komm! wie bleibst du bey den flüssen?
Wie hast du dir den schlechten ort erkiest?
Ich schaue zwar / daß ströme sich ergiessen /
Doch schau ich nicht / was für die Chloris ist.
Komm! suche auch / komm! suche glut und flammen /
Hier findest du was für die Chloris brennt.
Ich schwere dir / daß alles hier zusammen
Für einen gott den schönen leib erkennt.


Chloris
Weg Scelaten! ich liebe dieses rauschen /
So dieser fluß mit seinen fluten macht.
Ich mag ihn nicht vor einen sinn vertauschen /
Der sonsten nichts / als mund und augen / acht.
Ich bleibe hier befreyt von einem feuer /
So uns verzehrt und unsre sinnen kränckt;
Dein lieben ist mir warlich allzutheuer /
Die freyheit wird so leichtlich nicht verschenckt.


Scelaten
Bleib schöner leib / laß die gewölbten brüste
Und deinen mund bestreichen lufft und wind.
Ach! bleibe nur in dieser öden wüste /
Wo laub und graß dir zu gespielen sind.
Laß deine brust bey stock und stein veralten /
Und drücke hier die klaren augen zu.
Laß deine brust wie eiß und schnee erkalten /
Wenn eiß und schnee nicht wärmer sind als du.


Chloris
Laß meinen mund und meine brüste fahren /
Ich weiß es wohl / daß beydes mit der zeit /
Und wohl vielleicht nach etlich wenig jahren
Wie laub und graß wird werden abgemeyt;
Diß alles soll Chloris nicht bewegen
Zu folgen dem / was der und jener will:
Du bringst mich nicht von diesen keuschen stegen /
Ich habe mir gesetzt ein ander ziel.


Scelaten
Du solt mein ziel noch diese stunde wissen /
Und was mein sinn vor einen zweck erkennt:
Ein küßgen muß ich diesen tag geniessen /
Zum zeichen / daß mein treues herze brennt.
Bleib hier / bleib hier! itzt hab ich dich gefangen /
Reiß wie du wilst / du trennst das herze nicht.
Mein arm umzirckt der lenden schönstes prangen /
Und dieser mund deckt deiner augen licht.


Chloris
Du hast den leib / doch warlich nicht die sinnen /
Die bleiben stets auff ihrer alten bahn:
Drum ändre dich / und ändre dein beginnen /
Dis / was du denckst / ist mir ein falscher wahn.
Mein mund ist weich / mein herz ist stahl und eisen;
Die stirne brennt / die sinnen nimmermehr.
Ich kan dir nicht so hohe gunst beweisen /
Du fängst mich nicht / und jagstu noch so sehr.


Scelaten
Es muß mein mund der Chloris lippen küssen /
Die / wie mich deucht / von rosen trächtig sind.
Laß deine brust auff meine zunge fliessen /
Und liebe mich / die keuschheit ist ein wind;
Ein gauckel-werck / so alle Lust verrücket /
Ein falsche dunst / die alles trübe macht.
Der liebet recht / der fleischlich sich erquicket /
Und in dem schooß des geilen bulen lacht.


Chloris
Ich lache zwar / doch nur mit falschem munde.
Der himmel wird der seelen zeuge seyn.
Was soll man thun? indem die böse stunde
Uns endlich reist den edlen vorsatz ein.
Komm küsse mich / so küß ich denn dich wieder /
Was hilfft uns denn zu bleiben stock und stein?
Auff Scelaten / der purpur meiner glieder
Soll diesen tag zu deinen diensten seyn.


Scelaten
Du redest recht / die brunst erfüllt die herzen /
Und zündet uns die geilen glieder an;
Itzt endet sich die hoffnung mit den schmerzen /
Der bleibe keusch / der nicht mehr lieben kan.
Ihr edles paar / ihr alabaster hügel /
Kommt / füllet mir die euch geweyhte hand!
Genung / genung / itzt fallen zaum und zügel /
Die liebe sucht ein edler unterpfand.


Chloris
Was scherzestu? Hier schauest du die brüste /
Die Venus ihr zum zunder hat gemacht.
Hier findest du das paradieß der lüste /
Und was die brunst zu ihrer wohnung macht.
Verübe diß an mir / was dir die zeit befiehlet /
Cupido fragt: ist denn noch nichts gethan?
Der wind der itzt mit meinen haaren spielet /
Lockt mich und dich zu dieser kurzweil an.


Scelaten
Komm! schöner leib / vergönne meinen armen
Die stellung dir zu weisen / wie man muß
In geiler lust erliegen und erwarmen;
Denn dieses ist gewiß dein erster kuß.
Gedult! gedult! laß durch ein süsses küssen
Den honigseim / den Venus selbst gemacht /
Doch unbeschwert umb deine lippen fliessen /
Da wo die lust mit hellen augen wacht.


Chloris
Itzt liegen wir / und seuffzen bey dem lachen /
Und sehnen uns nach einer sanfften flut /
Das ende wird des leibes ohnmacht machen /
Itzt währet noch die angelegte glut.
Halt an! halt an! wir müssen nicht erliegen /
Es zieht die lust noch bey uns aus und ein.
Doch trachten wir / daß keiner in der wiegen
Der edlen that verräther möge seyn.

Aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesener
und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke) (Theil 1 S. 110-113)
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Lust-gespräch zweyer herzlich-verliebten personen /
vorgestellet unter einem schäffer und schäfferin /
Thyris und Psyche genannt

Thyrsis
Kennt Psyche diese brunst / und weiß mein treues lieben /
Warumb wird Thyrsis dann zu keiner zeit vergnügt?
Warumb will man die lust ihm weiter noch verschieben?
Die lust / durch welche man der liebe brunst besiegt.
Denck Psyche / daß dir diß nicht wird zum ruhm gereichen /
Daß du verliebet machst / und steckest feuer an /
So du nicht löschn wilst. Laß dich mein kind erweichen /
Schenck mir die süsse schooß / die mich ergetzen kan.


Psyche
Mein Thyrsis / deine brunst ist gar zu sehr entzündet /
Ich seh die flamme wohl / und deiner liebe glut /
Und wie du nur auff mich dein hoffen hast gegründet /
Doch glaube mir / du eilst mir gar zu schnellem muth.
Geh in dich selbst hinein / und überleg es eben /
Erndt auch der ackersmann wohl ehr den weizen ein?
Und pflegt der wintzer auch den wein wohl ehr zu heben /
Bevor sie beyderseits bemüht gewesen seyn?
Zwar weiß ich / daß du mich / mein Thyrsis stets geliebet /
Dein blick hat iederzeit mir deine gunst gezeigt.
Dein geist hat sich mit mir erfreut und auch betrübet /
Ich müste steinern seyn / wär ich dir nicht geneigt.
Ich sag es noch nicht all; Ich bin dir zwar gewogen /
Doch hat dein edler sinn mich auch verliebt gemacht.
Ich hab aus deinem mund die liebe selbst gesogen /
Als Amor dich zu erst mir zu gesichte bracht.
Diß alles reizt mich zwar / dein bitten zu vergnügen /
Doch hält mich anderseits die furcht und hoffnung ab;
Der lüste blauer dunst / der soll mich nicht betriegen /
Weil ich die tugend mir zum zweck gesetzet hab.


Thyrsis
Was hilfft michs / daß dein mund so viel von lieben saget /
Ja daß er eitel treu und glauben mir verspricht?
Wenn du / so offt ich dich nur um ein ja gefraget /
Mir den bescheid ertheilst: Ich will und thu es nicht.
Die that die ist gewiß zu schlimm sie zu beschönen /
Auch kan der grausamkeit so gar kein deckel seyn;
Was du hier suchst von furcht und hoffnung zu erwehnen /
Sind nur gefärbte wort / und nichts als leerer schein.
Denn ist dein geist mit mir in einigkeit verbunden /
So sey im hoffen auch bey uns kein unterscheid;
Nun hab ich in der that / ihr weiber / wahr befunden /
Daß ihr in worten so / und so im herzen seyd.
Ja / woltest du dich nur recht in die liebe finden /
So würdest du alsdenn in keiner furcht mehr stehn.
Wer liebt / der kan die furcht und hoffnung überwinden /
Und mitten in gefahr mehr als zu sicher gehn.
Wir wolten unsrer lust in lieb und ruh geniessen /
Es solte keiner nicht ein wörtgen sagen nach;
Wer würde wohl von uns und unsrer liebe wissen /
Wenn wir allein seyn bey jener stillen bach?
Bey jener stillen bach / da unsre heerde weidet /
Und keinem / ausser uns / zu hüten ist vergunt;
Da sich das bunte feld von grünen büschen scheidet /
Wenn Tellus tritt hervor mit dem belaubten mund:
Wohlan! so reiche mir den nectar deiner brüste /
Und schencke mir die lust mit vollem masse ein.
Laß diesen ort / da ich zum ersten mahl dich küßte /
Auch itzo von genieß der liebe zeuge seyn.


Psyche
Halt ein / man pflegt nicht die frucht so fort zu brechen /
Zu der uns nur gelüst. Wenn eine geile hand
Die rosen rauben will / so pflegt der dorn zu stechen /
Darumb wenn Thyrsis liebt / so lieb er mit verstand.
Er leite seinen sinn auff züchtige gedancken /
Und trete freche lust mit füssen unter sich;
Er lasse seinen schritt nicht von der tugend wancken /
Und kämpffe seinen kampff im lieben ritterlich.
Wir sind bey weitem nicht schon aller furcht entbunden /
Das glück ist ungewiß / es fehlt noch viel daran.
Ob du / mein Thyrsis / gleich ein mittel hast erfunden /
Daß unsre heimligkeit kein mensch ergründen kan.
Zwar ist die rechte thür zu unserm vortheil offen /
Doch stehet uns zur zeit nicht eben alles frey;
Was du bereits begehrt / must du als künfftig hoffen /
Die lust / wenn sie zu früh / gebiehret späte reu.
Wir wollen unterdeß hieran vergnüget leben /
Was uns der stille ort und unsre zucht vergünnt.
Ich will dir mund und herz / und tausend küsse geben /
Du solst mein engel seyn / mein schatz / mein liebstes kind.
Was über dieses ist / das halt ich fest verschlossen /
Es ist von glanz gemacht / rührt mans / so bricht es bald;
Nur wir sind übel dran / ihr / wenn ihr es genossen /
Geht eurer wege fort / uns macht der kummer alt.
Denn schläget über uns angst / noth und furcht zusammen /
Ein ieder lacht uns aus / wir werden kinder-spott /
Es zeiget ieder stein von unsern geilen flammen /
Wir gehn mit schmach einher / und sind lebendig tod.
Drumb wenn du mich mit ernst und rechter treue meynest /
So schaue / daß dein wunsch mir auch nicht schädlich sey /
Und bist du in der that / wie du von aussen scheinest /
So bin ich des gewiß / und alles zweiffels frey.


Thyrsis
Wenn deinen klugen geist und hochbegabte sinnen /
(Als welchen es an witz und tugend nicht gebricht)
Ich nicht schon längst erkannt von aussen und von innen /
So würd ein hartes wort dir itzt seyn zugericht.
Ich würd ein ganzes lied von deiner falschheit singen /
Und wie dein kaltes herz mit mißtraun angefüllt /
Ach unbewegliche! mich suchet umbzubringen /
Indem dein hartseyn mich mit trauer-flor umhüllt.
Denn würd ich ungescheut dir unter augen sagen:
Kanst du mit meinem tod denn nicht zu frieden seyn?
Must du mich noch zuvor mit tausend martern plagen?
Eh in dem grabe mich dein grimm gesencket ein.
Soll denn mein treues herz und ungefärbtes lieben /
Das die beständigkeit als meisterin regiert /
Durch deinen argwohns-wind stets werden umgetrieben /
Bevor du weder fleck noch fehl an mir verspürt?
Wohlan! so will ich gern mit meinem tod bezeugen /
Daß du / o grausame! mir weit zu viel gethan;
Doch soll sich auch dein ruhm zugleich zur erden beugen /
Wenn man die ursach wird des todes sehen an.
So würd ich ohngefehr dich angeredet haben /
Wenn mir nicht deine treu und neigung wär kund;
Nun aber seh ich mehr auff deiner klugheit gaben /
Und trau dem herze zwar / nicht aber deinem mund.
Dein herze lässet dich nicht argwohn auff mich tragen /
(Wiewohl dein mund von nichts als furcht und zweiffel spricht)
Und was du pflegst von uns und unsrer list zu sagen /
Das / wie ich sicher weiß / ist nicht auff mich gericht.
Die liebe die mich hin zu deinen füssen leget /
Ist nicht von gestern her / ich hasse solchen brand /
Der sich in unsrer brust von ohngefehr erreget /
Und also fort verlescht / fast eh wir ihn erkannt.
Zwar als ich deine zier und dich zum ersten sahe /
Empfand ich alsofort von oben einen zug;
Es war was seltenes / das damahls mir geschahe /
Doch war bey weitem es zur liebe nicht genug.
Ich fieng nur nach der hand und mehlich an zu brennen /
Biß endlich mit der zeit mein feu'r zum stande kam.
Drum wird man künfftig auch mein lieben ewig nennen /
Weil es durch lange zeit recht wurzeln an sich nahm.
Ich kan dich nun nicht mehr / als du besorgst / verlassen;
Ich habe / Psyche / dich mir zu gewiß erkiest.
Ich bin dir ewig hold / ich kan dich nimmer hassen /
Weil du mein auffenthalt und mein vergnügen bist /
Laß du nur einen blick auff meine scheitel schiessen /
Und dencke: Thyrsis ist es endlich noch wohl werth.
Man laß ihn / was er längst so sehnlich hofft / geniessen /
Die braut bleibt billig dem / der treulich liebt / beschert.


Psyche
Ists mit dir so bewandt / und wilt du's also haben?
Das hätt ich nicht gedacht! Nein / Thyrsis ist kein kind;
Er ist bereits zu klug / und hat zu freye gaben /
Dergleichen einer nur bey frommen kindern findt.
Er kan von seiner lieb / ein hauffen worte machen /
Ich muß ihm endlich doch nur zu gefallen seyn /
Und glauben seinem mund und allen seinen sachen.
Wie schleicht so unvermerckt die liebe bey mir ein?
Doch will ich dieses noch hiermit voraus bedingen /
Daß er nur mir allein hinfort ergeben sey /
Und sich bemüh / dahin die meinigen zu bringen /
Daß sie mich ehelich ihm künfftig legen bey.


Thyrsis
Mein thun ist dein befehl / dein wollen mein vergnügen;
Ich ehre deinen spruch / und deine treffligkeit.
Wer wolte sich wohl nicht für einer göttin schmiegen /
Die so gar gütig sich zu unsrer hülff erbeut?
Sagt mir / ihr Najaden / was hier für götter wohnen?
Ich seh ein götter-bild / und weiß nicht wie es heißt:
Es scheint / es habe sich / mein lieben zu belohnen /
Die Venus selbst versteckt in Psychens edlen geist.
Ich glaube / dieser ort und lustige gestaden /
Die ziehen gar vielleicht die götter zu sich her;
Pflegt sich die Venus auch bißweilen hier zu baden?
Vielleicht ist euer bach ihr lieber als das meer.
Ich bleibe noch dabey / ich muß dich göttlich nennen /
Dein auge bildet mir die Juno selbsten vor.
Es möchte Jupiter vor deiner liebe brennen /
So doch schwingt / Psyche / sich dein edler glanz empor.
Die wollen-weiche hand / und deren zarte finger /
Die geben nichts nicht nach Minerven ihrer zier;
Der weissen brüste paar / die allerliebsten dinger /
Derselben schönheit geht weit Aphroditens für.
Dein wohlgesetzter fuß / und rund-gewölbte waden /
Die zeigen einen schnee / der unsre seel erqvickt /
Dergleichen Thetis auch / wenn sie sich pflegt zu baden /
Bald aus der see erhebt / bald wieder unterdrückt.
Wie glücklich mag der seyn / der deine schönheit schauet?
Wei selig aber der / so deine rechte küßt?
Ja welcher seine lust auff deinen brüsten bauet /
Da gläub ich / daß gewiß derselb halb göttlich ist.
Ach solte sich mein fuß mit deinen schenckeln paaren /
Und liessest du / mein kind / mich völlig zu dir ein?
Was meynst du / würde mir alsdann wohl wiederfahren?
Ich würde gar vielleicht mehr als unsterblich seyn.


Psyche
Ich geh in einem meer / das voll verwunderns / unter /
Vor sachen / die ich nicht versteh / erstarr ich recht;
Bald komm ich aus mir selbst / bald werd ich wieder munter /
Weil kein geborgtes lob mir meine sinnen schwächt.
Wie ist es? sucht dein mund mich etwan zu bethören?
Weil er ein iedes wort mit schmeichel-farbe ziert.
Sag an / was ist es denn? ich muß es endlich hören;
Denn wer zuvor nicht beicht / der wird nicht absolvirt.


Thyrsis
Komm / meine schöne / komm! Hier unter diesen fichten /
Das / was ich sagen will / geht mich und dich nur an.


Psyche
Was wilt du da mit mir / du loser schalck / verrichten?
Ich weiß nicht / ob ich dir so leichtlich trauen kan.


Thyrsis
Komm nur / du wirst es ja schon selbst bey zeiten sehen /
Und fürchte dich vor nichts / dieweil ich bey dir bin.


Psyche
Ja eben fürcht ich mich vor dir mit dir zu gehen.
Doch mag es seyn gewagt. Ich folge deinem sinn.


Thyrsis
Mein / setze dich zu mir hier unter diesen eichen /
Wo uns die Flora selbst ein buntes küssen schenckt.


Psyche
Was nimmst du kühner vor? was suchst du zu erschleichen?
Daß unter meinen rock sich deine rechte senckt.


Thyrsis
Es kam von ohngefehr / und hat nichts zu bedeuten /
Hat doch ein bräutigam diß der braut wohl eh' gethan.


Psyche
Ich bin zu jung dazu / drum lauff ich weg bey zeiten.
Nein / freund! es geht bey mir dergleichen ding nicht an.


Thyrsis
Fleuch nicht / du möchtest sonst die götter zornig machen.
Es ist Cupido selbst und Venus mit im spiel.


Psyche
Die götter kenn ich nicht / ich muß nur ihrer lachen /
Die mutter und der sohn die thun mir gleiche viel.


Thyrsis
Wohlan! so lerne sie anitzo denn erkennen.
Es lebt und liebt die welt allein durch ihre gunst.


Psyche
Doch sorg ich / möchten sie mich ganz und gar verbrennen /
Man sagt / ihr wesen sey ein feur / ihr arbeit brunst.


Thyrsis
Diß feuer zündet an die angenehmen flammen /
Durch welche sich bey uns ein neuer Phönix zeigt.


Psyche
Laß mich / wir kommen sonst wohl einmahl zusammen /
Schau wie sich allbereit der tag zum ende neigt.


Thyrsis
Itzt gehet Phöbus hin / der see sich zu vermählen /
Die beste buhler-zeit ist / wenn der tag gebricht.


Psyche
Du magst nach deiner art die zeit und stunden zehlen /
Ich hab hier nichts zu thun / von bulen weiß ich nicht.


Thyrsis
Das / was du nicht verstehst / kanst du von mir itzt lernen.
(Verleihe Venus mir von oben deine krafft!)


Psyche
Ihr götter steht mir bey / ach helfft ihr güldne sternen!
Wo nicht / so ists geschehn mit meiner jungferschafft.


Thyrsis
Nach deiner jungferschafft wird Jupiter nichts fragen.
Aus jungfern hat er selbst offt manche frau gemacht.


Psyche
Wenn Jupiter nicht hört / will ichs den andern klagen:
Diana rette das / was ich dir zugedacht.


Thyrsis
Ach lerne dich / mein kind / nur in die weise schicken /
Dein ruffen ist zu spät / die göttin hört dich nicht.


Psyche
Dieweil es mir denn nicht will wider dich gelücken /
Wohlan! so sey mein sinn zu deiner lust gericht.


Thyrsis
Ich gebe dir dafür mein haus und hoff zu lohne /
Hilff nur / daß unsre lust anitzt vollkommen sey.


Psyche
Mich deucht es ist genung zu einem jungen sohne.
Hör auff! du legest mir zu grosse schmerzen bey.


Thyrsis
Die schmerzen tödten nicht / sie sind zu überwinden /
So offt man weiber macht / so thuts den jungfern weh.


Psyche
Laß ab / mein liebster schatz / dich gar zu tieff zu gründen /
Auff daß mein leben nicht mit deiner lust vergeh.


Thyrsis
Verzeih / es wird sich itzt der süsse thau ergiessen /
Ich mercke / wie die lust zu meinen adern dringt.


Psyche
Und ich fühl honigseim in meinem busen fliessen /
Die wollust macht mich satt - - -


Thyrsis
- - - Mich hat sie schon umringt.
Ach schatz! ach! ach! - -


Psyche
- - Mein kind! ach liebster! ach mein leben!
Ist das nicht zucker-lust? - -


Thyrsis
- - - Ach ich bin ganz entzückt!


Psyche
O süsser lebens-thau! den mir mein schatz gegeben.


Thyrsis
O süsser lebens-quell / wie hast du mich erquickt!


Psyche
Es ist mir meine brust vor wollust auffgequollen /
Die hügel hüpffen mir vor freuden noch empor.


Thyrsis
Mein ganzer leib der ist von vieler brunst zerschwollen.
Nachdem mir deine gunst geöffnet hat das thor.


Psyche
So hast du Thyrsis doch noch über mich gesieget /
Dieweil in meiner schooß dein sieges-zeichen steckt.


Thyrsis
Den sieg hat dir vielmehr der himmel zugefüget /
Der mich für deine knie gefangen hingestreckt.


Psyche
Diana zürne nicht / daß ich mit Amors waffen /
Als andre krafft gebrach / zu felde gangen bin.


Thyrsis
Wenn gleich Diana zörnt / kan Venus doch verschaffen /
Daß dir nicht schädlich sey ihr hart erboster sinn.


Psyche
Auff! auff! wir müssen fort / es rauscht dort bey den bächen /
Wer weiß was jener baum für einen schleicher hegt?


Thyrsis
Die fichten wollen sich von unsrer lust besprechen /
Weil sie der kühle west durch seine macht bewegt.


Psyche
Ich muß nun wieder hin zu unsern schafen eilen /
Die Phyllis rufft mich selbst / leb wohl / o meine zier!


Thyrsis
Dieweil du denn allhier nicht länger kanst verweilen /
So nimm vor dieses mahl den letzten kuß von mir.


Psyche
Ich muß dem leibe nach dir itzt zwar abschied geben /
Doch mein verliebter geist wird allzeit bey dir seyn.


Thyrsis
Leb wohl / und liebe wohl / und leide wohl / mein leben!
Und dencke: Treue lieb ist nimmer ohne pein.

Aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesener
und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke) (Theil 1 S. 114-123)
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