Liebes-Balladen, Romanzen u. ä.

Frederic Leighton Der Fischer und die Sirene um 1856-58




Johann Christoph Friedrich Haug
(1761-1829)


Inhaltsverzeichnis der Balladen:
 





Adelstan

Ein stilles Mahl begann.
Besiegt von König Adelstan
Saß König Udalrick,
Und eine Wehmuthsthräne rann;
Er dachte sein Geschick.

Ach, keine Rettung mehr!
Vernichtet war die Gegenwehr,
Durch Feindes Uebermacht
Geschlagen sein Spartaner-Heer.
Er floh in tiefer Nacht.

Die Fessel klirrt. Geschwind! -
Mit seiner Harf' und seinem Kind
Verließ er Thron und Land;
Ihm folgte treu sein Hofgesind,
Und treu sein Ritterstand.

"Ist auch mein Reich dahin, -
Wohl mir, daß ich geborgen bin!
Geliebte Tochter, du!
Du Harfe, süße Trösterin,
Fielst Adelstan nicht zu!"

Iduna hört's und schwieg.
So bang, so stürmisch wallend stieg
Und sank ihr Busen nie;
Ach, sie verwünschte nur den Sieg,
Den Sieger liebte sie!

Ein stilles Mahl begann.
Besiegt von König Adelstan
Saß König Udalrick,
Und eine Wehmuthsthräne rann;
Er dachte sein Geschick.

Da tönte Harfenklang,
Und mit den Zaubertönen drang
Ein Trostlied in sein Ohr.
Der König sprach: "O habe Dank!
Wo bist du? - Tritt hervor!"

""Mein König, sei gegrüßt!""
So rief der Harfenspieler traut,
In weißem Bart und Haar:
""Heil dir, Iduna, schöne Braut!
Willkommen, Ritterschaar!

Nicht um ein Lorbeerreis,
Du Harfenkönig! wagt ein Greis
Den Saitenkampf mit dir;
Doch, wenn ich siege, gib zum Preis,
O, gib Iduna mir!""

Der König wundernd spricht:
"Ein Lorbeerreis gilt Sängern viel,
Und solcher Lohn sei Pflicht;
Doch wenn du siegst im Harfenspiel,
Iduna geb ich nicht."

""Nicht um ein Lorbeerreis,
Du Streiterfahrner! wagt ein Greis
Den Waffenkampf mit dir;
Doch, wenn ich siege, gib zum Preis,
O, gib Iduna mir!""

Der König wundernd spricht:
"Ein Kranz genügt der Tapferkeit,
Und solcher Lohn sei Pflicht;
Doch wenn du siegst im Waffenstreit,
Iduna geb' ich nicht."

""Vergib den stolzen Ton:
Dein Reich und deiner Väter Thron
Erobern will ich dir
;
Doch, König, zum verdienten Lohn,
O, gib Iduna mir!""

"Ist dein Erbot nicht Hohn,
Eroberst du mir Reich und Thron,
Von Lieb und Muth beseelt:
So bist, o Harfner, du mein Sohn,
Wenn - dich Iduna wählt."

Iduna bebt und weint:
""Unmöglich, - seid mein erster Freund!
Verzeihung, Biedermann!
Ich liebe meines Vaters Feind,
Den König Adelstan.""

""O süßer Himmelslaut!
Fort, Greisenhülle! - Hört und schaut!
Ja, Reich und Thron sind dein!
Seht Adelstan! - O meine Braut!
Iduna, bist du mein?""
(S. 96)
_____



Die drei Ritter

Drei Ritter tafeln und trinken Wein.
'Laßt hören!' ruft Gaddo, 'hier von uns Drei'n -
Weß Liebe mag wohl die feurigste seyn?

Ein Knappe des Grafen Theodorich,
Liebt' ich das Fräulein; es liebte mich,
Und bat: O schwinge zu Ehren dich!

Da zog ich wohl manchen Schlachtenzug;
Mein Roß mich immer zum Siege trug,
Daß mich der König zum Ritter schlug.

Nun kehr' ich zur Holden, zu Minneglück
Mit Wunden und Beut' und Lorbeern zurück.
Der Lieb' ist gelungen das Wagestück.' -

"Ja," spricht der Zweite, "du liebest sehr;
Doch, Ritter, verzeiht! Ich liebe mehr:
Denn keine Gräfin ist mein Begehr.

Ihr wißt, daß ich stamme vom Herzog Aquin,
Und reich an Burgen und Schätzen bin;
Doch meine Herzbraut ist - Schäferin."

""Ja,"" spricht nun Robert, ""du liebest sehr;
Doch, Ritter, verzeih! Ich liebe mehr:
Mir fällt der Palm' Erringen nicht schwer.

Mein Liebchen entriß mir Verrätherei;
Es weint in Kloster-Einsiedelei;
Doch bleib' ich auf immer der Nonne treu."" -

Er sprach's, die nassen Blicke gewandt;
Ihm drückten Aquin und Gaddo die Hand:
"Du liebst, wie Keiner im deutschen Land!"
(S. 97)
_____


Aus: Deutschland's Balladen- und Romanzen-Dichter
Von G. A. Bürger bis auf die neueste Zeit
Eine Auswahl des Schönsten und charakteristisch Werthvollsten
aus dem Schatze der lyrischen Epik
in Balladen und Romanzen, Mären, Legenden und Erzählungen
nebst Biographieen und Charakteristiken der Dichter
unter Berücksichtigung der namhaftesten kritischen Stimmen
von Ignaz Hub Zweite, gänzlich umgearbeitete und stark vermehrte Auflage
Karlsruhe Verlag von Wilhelm Creuzbauer 1849

 

 

 


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