Eddy Beuth (1872-1938) - Liebesgedichte



Eddy Beuth
(1872-1938)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 





Wie ich Dich träumte
Gedicht in Prosa

Mir träumte, Du wärst ein machtvoller König und
säßest auf einem goldenen Throne.
Du hattest die Augen, die Dir auch im Leben eigen sind,
hellstrahlend wie die Sommersonne und
unergründlich tief wie das ewige Meer.
Und Du schautest weit in die Lande mit Deinen tiefen,
unergründlichen Augen, und das Volk beugte sich vor Dir.
Evoë! – – –
Du aber sahest über sie hinweg und lächeltest
ihrer Unterwürfigkeit.
Deine Blicke suchten mich.
Ich stand im weißen Gewand und wartete Deiner,
mit wehendem Haar, in welchem
der Sommerwind spielte.
Und ich harrte Deiner, nicht demutsvoll und zitternd,
sondern in stolzer, sündiger Liebe.
Mit ausgebreiteten Armen
erwartete ich mein Schicksal.
Du wolltest mit meiner Jugend spielen
und ich schenkte Dir meine Jugend in stolzem Triumph.
Evoë!
Du nahtest, mein stolzer Sieger, und ich schloß die Augen
bei Deinen flammenden Küssen.
Du fragtest nicht, ob ich Dich liebe,
du nahmst mich hin als erbeutetes Gut –
und ich lächelte.
Unser Brautbett war mit glühenden Rosen bedeckt,
rot und golden schimmerten sie
durch das mondverklärte Dunkel
und dufteten uns entgegen.
Eine süße, heimliche Musik trug von fernher
seltsame, traurige Melodieen
zu uns herüber,
wir fühlten die Töne,
als wären's Ausklänge unsrer Seelen.
Und die sterbenden Rosen dufteten schwer,
und die süße Melodie berauschte,
da sank ich vor Dir in den Staub,
und mit erhobenem Haupte
sah ich Dir tief in die strahlenden,
unergründlichen Augen.
Du aber trugst mich auf das Rosenlager,
und die duftenden Blüten umschlossen
unsre selige Jugend wie ein stilles Grab. – –
Du schlangest meine dunklen Haare
um Deinen Herrschernacken,
als wolltest Du mich an Dich ketten für alle Ewigkeit.
Und Deine Küsse brannten wie die sengende Sommersonne
und thaten mir weh, mein König.
Ich aber lächelte,
doch Du sahest es nicht in unserm Rosensarg.
Da hörten wir durch die liebliche Melodie hindurch
einen müden Ton, wie fernes Glockenläuten.
Ich fühlte es, sie riefen Dich in Dein Reich zurück,
sie forderten ihren jungen König.
Du schütteltest die locken und gingst,
ohne Gruß, ohne Wort, Du mein stolzer, junger König.
Ich horchte auf Deinen enteilenden Schritt,
das junge Haupt gesenkt in demutvoller Scham.
Ich sah Deine Augen nicht mehr,
Deine leuchtenden, siegenden Augen,
und ich schämte mich vor Dir,
der Du mich verlassen hattest.
Fröstelnd zog ich mein Gewand zusammen
über meiner jungen, jungen Brust,
dann starrte ich in die Nacht hinaus
mit thränenlosem Blick und sah Dich auf Deinem Throne,
und das Volk wand sich vor Dir im Staube
und jauchzte Dir zu, Dir, dem jungen König.
Und stolz schautest Du auf sie herab,
Deine Augen suchten mich nicht mehr, – – das war vorbei. –
Die sterbenden Rosen entblätterten,
schwerduftend und sinnbethörend,
ich aber nahm sie und warf sie ins Meer,
eine nach der andern.
Und der Sturm zerpflückte sie
und trug sie hinaus, weit, weit, dorthin,
wo das Land meiner Sehnsucht liegt.
– – – – – – – – – –
Es war einmal ein junger König,
der hatte strahlende, unergründliche Augen,
hell wie die Sonne und tief wie das ewige Meer.
(S. 25-28)
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Tanze mit mir!

Komm, tanze mit mir! In den Flackerschein
meiner wilden Wünsche hüll ich Dich ein.
Die Geigen locken so süß, so leis,
ich bin so jung und ich bin so heiß
und ich schenke Dir in der einen Nacht,
was Deine Sehnsucht nie sterben macht.
Tanze mit mir!

Und lache mit mir und gieb mir Wein!
In mein goldnes Märchenhaar spinn ich Dich ein.
Ich bin so bleich – nun küsse mich rot,
küß meine wühlende Sehnsucht tot,
die in mir aufschluchzt mit zitterndem Laut. –
Der, den ich liebe, – der küßt seine Braut.
(S. 28)
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Komm, laß Dich umfangen . . .

Komm, laß Dich umfangen, fest, so fest,
daß sehnend mein Herz das Deine fühlt.
Ist's Dir nicht, als wenn der Sommerwind
in spielender Glut in dem Haar Dir wühlt?

Du bist meiner wilden Sehnsucht Ziel,
daß Du Mich begehrest, glühend und heiß,
nur einmal, Du Stolzer, einmal nur!
O Du – und wie süß ich zu küssen weiß.

Meine Lieb' ist gestorben. Sie schläft, sie schläft
beim toten Geliebten. Doch ist entfacht
meine Sehnsucht nach sinnbethörendem Glück,
geschenkt in berauschender Sommernacht.

In einer Nacht, da Du zitternd flehst
auf den Knieen vor mir um den höchsten Preis,
dann schenk ich Dir hin, was Dich selig macht.
O Du – und wie süß ich zu küssen weiß!
(S. 29)
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Wie's kommen wird

Wirst vor mir knieen einst und wirst mich bang umfassen,
einstmals, wenn alle Wünsche erwacht,
wirst einstmals lieben mich – und wirst mich hassen,
wenn ich zum Sklaven Dich gemacht.
Und – – wirst mich doch verlassen.

Du wirst mich küssen einst und an Dein Herz mich pressen,
einstmals, wenn lockend die Nacht sich neigt.
Wir werden selig sein, nicht zum Ermessen,
wenn alle Sehnsucht zitternd schweigt.
- - Und wirst mich doch vergessen.
(S. 30)
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Lieder einer Verlorenen

I.
Und weißt Du, wer ich bin, die buhlend küßt?
O, frag mich sacht, daß ich die Antwort finde.
Fühlst Du, wie zitternd Dich mein Arm umschließt?
Ich bin das qualgeborne Kind der Sünde.

Einst war ich keusch und rein wie ein Gebet.
Einst glich auch ich dem Frühlingssonnenkinde.
Ich kann nicht mehr zurück – es ist zu spät.
Ich bin das qualgeborne Kind der Sünde.

Nun küß ich in den Nächten, fieberheiß,
daß die Erinn'rung aus der Seele schwinde.
Einst war ich keusch und rein – ich weiß – ich weiß
– – ich bin das qualgeborne Kind der Sünde.
(S. 30-31)


II.
Weißt Du, ich hab an den andern gedacht,
als ich bei Dir ruhte heute Nacht, heute Nacht,
verzweifelt war schier mein Sehnen.
Und als Du mich dann so wild geküßt,
da war's mir, als ob ich ertrinken müßt,
ertrinken in meinen Thränen.

Und als Du mich fest und fester umfaßt,
da hab ich Dich abgrundtief gehaßt,
mir graute vor Deinen Küssen.
Es schrie in mir auf in unendlicher Qual:
Laß einmal mich denken, ein einzig Mal!
Mein Haupt sank müd in die Kissen.

Und ich träumte von ihm, der mein junges Sein
lockt' in den Abgrund der Sünde hinein,
und ich wähnte, er sei mir zur Seite
wie damals, als ich so bleich wie der Tod,
ein zitterndes Kind, meine Jugend ihm bot!
O Gott – und ich lieb ihn noch heute.
(S. 31-32)
_____

Aus: Liebeslieder moderner Frauen
Eine Sammlung von Paul Grabein
Gedruckt und verlegt bei Berlin Hermann Costenoble 1902

 

 


Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Marie_Cohn


 

 


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