Die Troubadours

Lieder - Nachdichtungen der Troubadours
 

 

 


Peire Raimon von Toulouse
(etwa 1150-1200)

 

Liebe hat mich wohl vom Leid,
Das ihr Pfeil uns schafft, belehrt;
Daß auch Balsam sie gewährt,
Nichts weiß ich davon zur Zeit.
Zwar ein Arzt ist mir nicht weit,
Der allein mich heilen kann.
Doch was frommt's? Ich stehe an,
Zu entdecken ihm mein Wehe.

Ja, ich sterb' aus Thörichtheit,
Da mein Herz den Mut entbehrt
Zu gestehn, was mich verzehrt,
Während nur mir Heilung leiht
Ihres Wesens Lieblichkeit.
Dennoch fällt die Furcht mich an,
Daß ich Ihr misfallen kann,
Wenn ich Ihr mein Leid gestehe.

Ihr zu nahn auf Knie'n, so weit
Als Sie zu erschaun gewährt,
Das ist's, was mein Herz begehrt,
Mit des Sklaven Dienstbarkeit
Ihr zu huldigen bereit,
Händefaltendknechtschem Mann
Gleichend, kühn Sie flehend an,
Was mir auch vom Neid geschehe.

Herrin mein, an der zur Zeit
Uns all' Huld zu schaun gewährt,
Da mein Herz Euch so verehrt,
Meiner Vollergebenheit
Schenkt doch Eure Gütigkeit,
Da's nicht mehrverschwiegnen Mann,
Gott sei Zeuge, geben kann,
Mehr als Aya Landrie* ehe.

* Wahrscheinlich eine Person aus einem Ritterroman


Nachgedichtet von Karl Ludwig Kannegießer (1781-1861)

Aus: Gedichte der Troubadours
im Versmaaß der Urschrift übersetzt
von Karl Ludwig Kannegießer
Tübingen 1852 (S. 109-110)

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Wie wer dem Herrn gedient hat lange Zeit,
Und dann um kleinen Fehl einbüßet ihn,
So ich, der ich der Lieb' und Herrin dien'
Auf jede Weis' in Treuergebenheit.
Sie sollte wohl nicht zornig sein auf mich,
Und Scheltwort mir ersparen noch viel mehr;
Doch weiß ich, wenn man klug auch noch so sehr,
So eifriger nur muß man hüten sich.

Sehr fürcht' ich Ihre Zier und Würdigkeit,
Daß ich geneigt bin, Alles zu vollziehn,
Was Sie befiehlt; mir ist nicht Mut verliehn,
Ihr vorzuhalten all mein Herzeleid,
Und wie ich's meine treu und inniglich.
Ich seufze täglich tausendmal. Seht her!
Was ich an Ihr verschuldet, nichts ist mehr:
Zu lieben Sie hab' ich vermessen mich.

Hätt' einmal nur Sie die Gewogenheit,
Und würd' es meinem Demutsflehn, zu knien
Vor Ihr, und Ihren Reiz zu schaun verliehn,
Der Wangen Roth, der Blicke Munterkeit:
Ja dann verließen wohl die Seufzer mich,
Dann, dünkt mich, fehlte mir zum Glück nichts mehr;
Gefeßelt hat die Liebe mir so sehr
Das Herz, von Ihr abwendet's nimmer sich.

Mir fehlt der Abkunft Hochgeborenheit,
Um Ihrethalb mich Prunk zu unterziehn;
Doch wenn der Reiche Armen hold, lohnt ihn
Der Ruf, zu dopplem Lob und Preis bereit.
Mit schönstem Schmuck drum kleidete Sie sich,
Wenn gegen mich Sie hold und freundlich wär'.
Als Sie gibt's ja für mich nichts weiter mehr;
Nur Sie, nichts Andres kann erfreuen mich.

Wohl weiß ich es, ich handle nicht gescheit;
Ich liebe Sie, und sollte mich entziehn.
Ich kann es nicht; denn denk' ich auch zu fliehn,
So doppelt sich mir Wunsch und Herzeleid.
Hat zum Vergeßen Macht man über sich?
Für hundert Leiden Eine Lust - so wär'
Ich reich, und eilte hin, und hoch und hehr
Vor Ihr in Dank und Preis ergöß' ich mich.

Nehm' huldvoll Gott so holder Schönheit sich
Wie ihrer Reden an und edler Ehr'!
Ihr fehlt nur Gnad'. Ergäbe Sie sich der,
Nichts was Ihr glich' auf Erden dann, wüst' ich:

Canzone, geh nach Auramala, sprich
Zum edlen Herrn Markgrafen Conrad: er
Sei an jedweder Tugend reich; nunmehr
Sei als "Allüber" er getauft durch mich.


Nachgedichtet von Karl Ludwig Kannegießer (1781-1861)

Aus: Gedichte der Troubadours
im Versmaaß der Urschrift übersetzt
von Karl Ludwig Kannegießer
Tübingen 1852 (S. 111-113)

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Biographie (engl.): http://en.wikipedia.org/wiki/Peire_Raimon_de_Tolosa

 

 

 


 

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