Die Troubadours

Lieder - Nachdichtungen der Troubadours
 

 

 


Peire Rogier
(1160-1180)


 

Mein ist ihr Lächeln und ihr Scherz,
Und thöricht wär's, um mehr zu flehn
Und sich nicht ganz beglückt zu sehn.
Es ist kein Trug,
Sie anzuschaun ist mir genug:
Im Anschaun find' ich meinen Lohn,
Kein größres Heil
Wird mir zu Theil,
Doch hab' ich Lust und Ehr' davon,
Und brüste mich, als wär' ich reich,
Dem armen Uebermüth'gen gleich ...

Treu, wie das meine, giebt's kein Herz:
Nie hab' ich mich vor ihr erklärt,
Noch Gunst noch Freundlichkeit begehrt;
Wo sie auch weilt,
Bin ich ihr Freund, der ungetheilt
Sie still und im Geheimen liebt:
Denn nicht bewußt
Ist ihr die Lust,
Das Glück, die Ehr', die sie mir giebt,
Auch sei's dem Neidhardt nicht entdeckt,
Denn lieben will ich ganz versteckt.


Nachgedichtet von Friedrich Diez (1794-1876)

Aus: Leben und Werke der Troubadours
Ein Beitrag zur nähern Kenntniß des Mittelalters
Zwickau 1829 (S. 92-93)

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Wer sie nicht sah, begreift auch nicht,
Wie's solche Schönheit geben kann;
Wir sehn sie mit Erstaunen an,
Denn ihre Schönheit glänzt so hell:
Nacht wird zum freundlich klaren Tag,
Wenn man ihr grad' ins Auge sieht.


Nachgedichtet von Friedrich Diez (1794-1876)

Aus: Leben und Werke der Troubadours
Ein Beitrag zur nähern Kenntniß des Mittelalters
Zwickau 1829 (S. 93)

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Glaube Kläffern nicht, wer liebt,
Ja, sieht er auch ein Vergehn
Seine Freundin sich erlauben,
Trau' er seinen Augen nicht:
Was sie zu verstehen giebt,
Muß er ohne Schwur ihr glauben
Und mißtraun den eignen Blicken.

Darin hab' ich allezeit
Selbst die Klügsten fehlen sehn,
Daß sie auf dem Recht beharren
Bis daß die Geduld ihr bricht,
Und die Freude wird zu Leid,
Und ins Unglück so die Narren
Unbedachtsam sich verstricken.

Diese Weisheit ist mein Heil
Und mein Wunsch muß stets geschehn:
Denn schlägt sie auch ganz mich nieder,
Schweig' ich doch, wo jeder spricht;
Wird ein Weh mir auch zu Theil,
Duld' ich's stille, bis sie wieder
Mich mit Freuden will erquicken.
 

Nachgedichtet von Friedrich Diez (1794-1876)

Aus: Leben und Werke der Troubadours
Ein Beitrag zur nähern Kenntniß des Mittelalters
Zwickau 1829 (S. 94)

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Wann es draußen wieder mait,
Auf den Bäumen Blätter wehn,
Gräser Berg und Thal umweben,
Alles sich mit Grün umflicht:
Das ist auch der Liebe Zeit
Allen, die mit mildem Streben
Lieblich wißen sich zu schicken.

Wer da liebt, kein Ohr er leiht
Kläffern; denn auch beim Vergehn,
Dem die Freundin nachgegeben,
Traut er seinen Augen nicht.
Was sie sagt, auch sonder Eid
Muß er Zweifel nicht erheben,
Und nicht traun den eignen Blicken.

Darin hab' ich allezeit
Selbst die Klügsten fehlen sehn,
Daß dem Hader sie ergeben,
Bis daß die Geduld Ihr bricht,
Und die Freude wird zu Leid,
Und durch solch ein thöricht Streben
Sie in Unheil sich verstricken.

Denn, wer sich der Liebe weiht,
Darf nicht auf sein Recht bestehn,
Muß in Demut sich ergeben,
Kränkt die Herrin auch die Pflicht;
Wenig kümmert sie der Streit.
Wenn man Klage will erheben,
Wird Sie bald nach Andern blicken.

Das ist meine Lebensweisheit,
Und mein Wille muß geschehn.
Griffe Sie mir auch an's Leben,
Schweig' ich doch, wo Jeder spricht.
Litt' ich auch ein großes Leid,
Duld' ich's, bis Sie will erheben
Mich aufs neu und süß erquicken.

Heischt Sie's, dreißig Male Leid
Will statt Einer Freud' ich sehn;
Denn nach Höchstem ist mein Streben,
Kleine Gunst behagt mir nicht;
Denn ich schweb' in Bangigkeit,
Muß ich nur in Hoffnung leben
Bei der Nebenbuhler Blicken.

Denkt, ihr Herrn, nicht auf mein Leid!
Hold will ich die Herrin sehn,
Daß Sie Trost mir möge geben,
Denn an Kummer fehlt's mir nicht.
Dürft' ich einst zu nächtger Zeit,
Wo sie sich zur Ruh' begeben,
Hüllenlos sie dort erblicken.

Peire Rogier, sei gescheit!
Mußt du länger so noch leben,
Wirst du röchelnd bald ersticken.

Nachgedichtet von Karl Ludwig Kannegießer (1781-1861)

Aus: Gedichte der Troubadours
im Versmaaß der Urschrift übersetzt
von Karl Ludwig Kannegießer
Tübingen 1852 (S. 92-94)

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Biographie (engl.): http://en.wikipedia.org/wiki/Peire_Rogier

 

 

 


 

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