Die Troubadours

Lieder - Nachdichtungen der Troubadours
 

 

 


Peirol
(1180-1225)

 

Hat mir Liebe Jahre lang
Leid und Unheil zugefügt,
Hält sie jetzt mich doch vergnügt,
Drum behagt mir der Gesang:
Wißt, daß ich ein hohes Glück
Unverdient erreichte,
Und wie sich die Hoheit neigte,
Hub die Demuth stolz den Blick.

Dank der Herrin drum! sie hat
Diese Freuden mir verliehn.
Nie vergess' ich es forthin,
Was sie Liebes sprach und that.
Jene soll mich nicht mehr fahn,
Der ich war ergeben:
Treu und redlich will ich leben
Mild'rer Herrschaft unterthan.

Oft würd' ich zu gehn mich freun
Zu der Schönsten weit und breit,
Müßt' ich nicht zu gleicher Zeit
Den Verdacht der Leute scheun.
Doch mein Herz beut ihr sich dar,
Wo es sich befindet:
Denn Treuliebe eint und bindet
Auch von fern ein liebend Paar.

Das macht mir Vergnügen, seht,
Wenn aus reinen Herzens Trieb
Sich zwei Freunde haben lieb,
Keins das andre hintergeht,
Und sie nehmen, wie's gehört,
Ort in Acht und Stunde,
Daß in ihrem edlen Bunde
Sie der Neider keiner stört.

An ein Sprüchlein wohlbekannt
Halt ich mich mit Zuversicht:
Stehst du gut, so rühr' dich nicht.
Nein gewiß, ich halte Stand:
Wenn mich Tag und Nacht verzehrt
Ihrer Liebe Feuer,
Werd' ich ihr nur immer treuer,
Wie sich Gold in Flammen klärt ...


Nachgedichtet von Friedrich Diez (1794-1876)

Aus: Leben und Werke der Troubadours
Ein Beitrag zur nähern Kenntniß des Mittelalters
Zwickau 1829 (S. 311-312)

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Als die Liebe meine Brust
Von der Sehnsucht sah befreit,
Rief sie mich mit Fehdelust
So heraus zum Liederstreit:
Freund Peirol, es thut mir leid,
Daß ihr böslich wollt entfliehn;
Aber sagt, wenn ihr forthin
Des Gesangs und mein entbehrt,
Worin sucht ihr euren Werth?

Lang, o Liebe, dient' ich dir,
Doch dich rührt nicht meine Pein:
Denn mein Dienen brachte mir,
Wie du weißt, nichts Gutes ein.
Sieh, ich will es dir verzeihn,
Aber fürder laß mir Ruh,
Weiter muth' ich dir nichts zu;
Keinen sonst, als diesen Lohn,
Trag' ich so vergnügt davon.

Freund Peirol, ihr wollt fürwahr
Der Geliebten euch entziehn,
Die euch stets so freundlich war,
Stets so liebevoll erschien,
Meinen Willen zu vollziehn?
Ihr seid zu veränderlich,
Und gewiß, ihr täuschet mich,
So voll Lust und Liebesdrang
Zeigtet ihr euch im Gesang.

Liebe, seit ich Sie erblickt,
Hab' ich sie geliebt und bin
Noch ihr Freund, so sehr entzückt
Fühlt' ich mich gleich am Beginn,
Dort bethört ist nicht mein Sinn.
Mancher zwar mit Ach und Weh
Sagt dem Liebchen nun Ade,
Der vergnügt zu Hause blieb',
Wenn ihn Saladin nicht trieb'.

Denkt nicht Freund, daß ihr im Sturm
Araber und Türken zwingt,
Zu verlassen Davids Thurm!
Einen Rath, der besser klingt,
Hab' ich: seid verliebt und singt!
Ihr wollt ziehn und noch entzweit
Führen hier die Kön'ge Streit!
Habt doch auf die Freiherrn Acht,
Sie sind nur auf Zwist bedacht.

Liebe, nie hab' ich gefehlt,
Nur aus Noth die Pflicht verletzt,
Habe Gott zum Hort erwählt,
Bitt' ihn, daß er Schranken jetzt
Dem Gezänk der Kön'ge setzt,
Da Verzug nur Unheil droht:
Denn es thut gewißlich noth,
Daß der tapfre Markgraf bald
Findet einen neuen Halt.

Freund Peirol, mit Ach und Weh
Sagt gar mancher nun Ade,
Der gewiß hier bei uns blieb',
Wenn ihn Saladin nicht trieb'.

Liebe, wisse vom Delphin,
Wenn die Kön'ge auch nicht ziehn:
Nicht der Krieg zu Lieb' und dir
Bleibt der edle Degen hier.
 

Nachgedichtet von Friedrich Diez (1794-1876)

Aus: Leben und Werke der Troubadours
Ein Beitrag zur nähern Kenntniß des Mittelalters
Zwickau 1829 (S. 313-315)

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Gleichwie sterbend singt der Schwan,
Sterbend sing' auch ich.
Denn ich weiß, um mich gethan
Ist's, doch sänftiglich.
Lieb' hatt' umgarnt mich schon vorher,
Gelitten hab' ich oft und schwer;
Doch merk' ich an der jetzgen Pein,
Es mochte wohl nicht Liebe sein.

Gott, was hab' ich anzufahn,
Daß ich rette mich?
Hülf' ist dort nicht zu empfahn,
Alle Hoffnung wich.
Doch schwankt mein Herz nicht hin und her,
Wie aus Verzweiflung mich verzehr',
Und Sie, die Holde, ganz allein
Nimmt mein Gefühl, mein Denken ein.

Kein', als die mir's angethan,
Edler Weib kenn' ich;
Doch, daß ich Ihr unterthan,
Berg' ich stetiglich.
Wenn Sie nur hold und freundlich wär',
Ich strebte nimmerdar nach mehr;
Denn wollt' ich Ihr aufdringlich sein,
Sie scheute wohl die Nähe mein.

Nicht mit Bitten ist's gethan,
Des enthalt' ich mich.
Ohn' ein Wörtchen anzufahn,
Nur mit Blick bitt' ich.
Ist Sie geneigt, erhört wird er;
Das gäbe Wonnen desto mehr.
Stimmt Herz mit Herzen überein,
Wird Rede nicht vonnöthen sein.

Bricht Freimüthigkeit sich Bahn,
Fördert Liebe sich.
Hohe Abkunft ist dir Wahn,
Gold nicht kümmert dich.
Und wären Schlechtre noch weit mehr,
Durch die die Welt befleckt wird sehr;
Doch gibt es Fraun, die nur allein
Das Wesen ansehn, nicht den Schein.

Lied, nun mach' dich auf die Bahn!
Halte stille dich!
Dennoch laß die Kund' empfahn,
Wie es steht um mich.
Sag' Ihr, obgleich ich leide sehr,
Sei ich ergeben Ihr nur mehr,
Ihr Sklav sei ich und werd' ich sein,
Um Sie gern duldend Todespein.

Frau, die Ihr mir gefallt so sehr,
Schweb' überall Freud' um Euch her:
Nur diß soll meine Bitte sein;
Doch fällt mir wohl noch Süßres ein.


Nachgedichtet von Karl Ludwig Kannegießer (1781-1861)

Aus: Gedichte der Troubadours
im Versmaaß der Urschrift übersetzt
von Karl Ludwig Kannegießer
Tübingen 1852 (S. 212-214)

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Wohl muß ich singen, Lieb' hat selbst gegeben
Mir schöner Liederdichtung Kunst und Lehre,
So daß ich ohne sie kein Sänger wäre,
Und von so vielen Wackern nicht gekannt.
Nun weiß ich wahrhaft, wie's mit mir bewandt:
Abkaufen soll ich ihr die schönen Gaben.

Was nun? Soll ich Geduld nicht länger haben?
Nein! Eher leid' ich eitel und begehre
König- und Kaiserthum nicht, wenn ich wäre
Der Liebe baar, von welcher ich entbrannt.
Bin ich nicht reich, Sie liebend? Traun, nicht Tand,
Nein, Ehr' ist's mir, daß Sie beherrscht mein Leben.

Wollt mir auch nur zum Schein ein Zeichen geben,
O Gütge, das mir Freudenstrahl gewähre;
Ihr wißt, daß ich sonst alles Trosts entbehre,
Daß meinen Schmerz nur Euer Lächeln bannt.
So könnt' Ihr, ziehend mich an langem Band,
Ein Theilchen Herz zurück mich laßen haben.

O gütge Frau, Ihr müst's wohl inne haben,
Wie sehr ich lieb' Euch, und doch nichts begehre;
Jedoch bei Eurem Adel, Eurer Ehre,
Schenkt Ihr mir Gnade, sagt mir mein Verstand.
Schlingt mir um Sinn und Herz drum Euer Band;
Doch denkt an Eure Hoheit nicht daneben!

Soll ich, ob Sie mir kehret, Acht nicht geben?
Wer weiß? obwohl ich dem Gedanken wehre;
Denn Sie, die liebliche zugleich und hehre,
Strahlt so hervor durch That und Würd' und Stand,
Daß mir ertheilt die Weisung mein Verstand,
Sie dürfe mich den Niedern so nicht laben.

Ich hoffe, soll ich denn Ihr Herz nicht haben,
Daß, Sie zu lieben, mir Sie doch nicht wehre,
Indem ich duldend, flehend Sie verehre,
Dem Schwatzen und dem Plaudern abgewandt.
Auf den Beding bin ich für Sie entbrannt,
Die's nicht vergönnt, mich ganz Ihr zu ergeben.

Peirol ist es, der diese Vers' erfand,
Nichts ist drin arg, nein Alles gut und eben.

Sei, Bote, nach Merroil zu Ihr gesandt,
Und Gott erhalt' Ihr edelfrohes Leben!


Nachgedichtet von Karl Ludwig Kannegießer (1781-1861)

Aus: Gedichte der Troubadours
im Versmaaß der Urschrift übersetzt
von Karl Ludwig Kannegießer
Tübingen 1852 (S. 214-216)

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Schlimmes hör' ich Manchen sagen
Ueber meine Schweigsamkeit;
Aber die mich so verklagen,
Wißen nicht, wie lange Zeit
Mich schon hielt in bitterm Leid,
Die in Feßeln mich geschlagen,
Die mir raubt die Fröhlichkeit,
Daß ich gänzlich muß verzagen.

Fand die Herrscherin Behagen
Auch an mir in erster Zeit,
Jetzo zeigt mir Ihr Betragen
Mittelmäßige Gütigkeit,
Kennend meine Innigkeit.
Soll mir diß als Lohn behagen,
Lieb' anthäte dann mir Leid,
Solches Ihr nicht nachzutragen.

Alle Lust mir zu verjagen,
Das ist fern von Rühmlichkeit.
Löge Sie, Dank würd' ich sagen
Hold nur aus Gefälligkeit.
Lieb' ich nicht in Thörichtheit?
Muß ich freilich jetzo fragen;
Ernt' ich doch nur Schimpflichkeit
Mit so vielen eitlen Klagen.

Laß' ich Sie? Ach, so zu fragen
Hemmt mich Ihre Lieblichkeit;
Dazu kann ich Ja nicht sagen.
Wär' es nicht zu wechseln Zeit?
Waßer füllt den Schwamm, und Leid
Füllt mich dann mit solchem Zagen,
Daß trotz aller Grausamkeit
Jene Pein mir wird behagen.

Mag die Liebe denn mich plagen
Morgens wie zur Abendzeit!
Ihren Krieg will ich ertragen;
Denn es ruhet nie der Streit.
Bringt mir Lohn auch keine Zeit,
Weiß ich doch bei meinen Plagen:
Vorzieh' ich mein jetzig Leid
Allem andren Wohlbehagen.

Was auch Andre Schlimmes sagen,
Trag' ich mit Gleichgültigkeit,
Könnt' ich jemals Ihr behagen,
Macht' all Andres mir kein Leid.
Drang nach Ihr füllt meine Zeit,
Nicht kann dann mich Hunger plagen.
Nichts, was sonst voll Mächtigkeit,
Kann mein Feuer niederschlagen.

Lied, in Wahrheit sag' ich, Leid
Wäre dir nicht nachzusagen,
Hülfe Sie mir, wie Gott Leid
Ihr abwend' in allen Tagen.


Nachgedichtet von Karl Ludwig Kannegießer (1781-1861)

Aus: Gedichte der Troubadours
im Versmaaß der Urschrift übersetzt
von Karl Ludwig Kannegießer
Tübingen 1852 (S. 216-218)

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Hat mir Liebe Jahre lang
Unheil zugefügt und Leid,
Letzt mich jetzt doch Fröhlichkeit;
Drum behagt mir der Gesang,
Der ich hohe Freude mehr,
Als ich werth, gefunden.
Hoheit stieg herab; empfunden
Hat sich Demut hoch und hehr.

Dank der Herrin drum und Ehr',
Hoch sei Sie gebenedeit!
Wort und That war Lieblichkeit,
Ich vergeß' es nimmermehr.
Fort mit ihr nun, der mein Hang
Einst in Lust verbunden!
Milder hab' ich Sie erfunden,
Ihr drum widm' ich treuen Drang.

Oft erstrebte Sie mein Gang,
Die die Höchst' an Lieblichkeit,
Fürchtet' ich zu gleicher Zeit
Nicht der Afterrede Zwang.
Doch nach Ihr allwärts begehr'
Ich zu allen Stunden.
Durch Treuliebe wird verbunden,
Wie getrennt ein Paar auch wär'.

Das erfreut und labt mich sehr,
Wenn durch Herzens Lauterkeit
Freundschaft zwischen Zwein gedeiht,
Keins das Andre täuscht, vielmehr
Sie beachten lebenslang
Orte sowie Stunden,
Und so leben engverbunden,
Sicher vor Verrath und Rank.

Dem, was einst ein Weiser sang,
Folg' ich drum mit Festigkeit:
"Rühr' dich nicht zu guter Zeit!"
Stand auch halt' ich sonder Wank.
Tag und Nacht werd' immermehr
Ich entflammt gefunden,
Lauterer mit Ihr verbunden,
Gleichwie Gold im Feuermeer.

Paradieses Lieblichkeit
Hielte doch mich nimmermehr.
Sie ist meiner Seele Hang,
Gänzlich Ihr verbunden.
Nicht könnt' ohne Sie mir munden
Aller Freuden Ueberschwang.

Lied, zu Ihr, - nicht weile lang, -
Schnell den Weg gefunden!
Mich zu sehn, wie würd's Ihr munden!
Wie wird dir Sie lauschen, Sang!

Dürft' ich meines Herzens Drang
Laßen wen erkunden,
Euch, Delphin, mir eng verbunden,
Gern geständ's euch mein Gesang.


Nachgedichtet von Karl Ludwig Kannegießer (1781-1861)

Aus: Gedichte der Troubadours
im Versmaaß der Urschrift übersetzt
von Karl Ludwig Kannegießer
Tübingen 1852 (S. 218-220)

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Als von des Verlangens Drang
Mich die Liebe sah befreit,
Rief hervor sie mich zum Sang,
So mich kirrend zu dem Streit;
Freund Peirol, es thut mir leid,
Daß ihr böslich wollt entfliehn;
Doch wenn ihr euch wollt entziehn
Dem Gesange sowie mir,
Sprecht, was ist dann eure Zier? -

Lieb', ich dient' euch sonder Wank,
Doch euch rühret nicht mein Leid;
Denn nichts half des Dienstes Zwang,
Wie ihr wißt, mir all die Zeit.
Zum Verzeihn bin ich bereit;
Doch nun laßt mich ruhig ziehn!
Diß allein sei mir verliehn,
Hienach hab' ich nun Begier,
Wird auch sonst nicht Lohnes mir. -

Freund Peirol, ich seh', der Zwang
Süßer Liebe wird euch leid,
Und Ihr lieblicher Empfang,
Die mit solcher Freundlichkeit
Mir zu dienen stets bereit.
Leichtsinn, traun, ihr zeigt mir ihn,
Trug ist's, was an euch erschien.
Liebeslust und Glutbegier
Zum Gesang bewieset ihr. -

Lieb', ich hab' Ihr treuen Hang,
Seit ich Sie gesehn, geweiht,
Lieb' und liebte sonder Wank
Sie gleich von der ersten Zeit;
Doch ich blieb dabei gescheit.
Manches Lieb sieht jetzo ziehn
Ihren Freund, sieht weinen ihn.
Trieb' ihn Saladin nicht, hier
Blieb' er frohen Muts bei ihr. -

Türk' und Araber errang
Davids Thurm, und ihr befreit
Nicht ihn mit des Speeres Klang.
Rath geb' ich euch beßer weit:
Seid verliebt und Sänger seid!
Trotz den Fürsten wollt ihr ziehn?
Ihren argen Zwist, seht ihn!
Auf sich selbst die Kampfbegier
Richten unsre Freiherrn hier. -

Lieb', aus Noth nur und aus Zwang
Hab' ich je die Pflicht entweiht;
Gott folgt' ich auf meinem Gang,
Bittend, mög' in kurzer Zeit
Enden er der Fürsten Streit!
Unheil droht ein lang Verziehn,
Da es nöthig längst erschien,
Daß des Grafen Kriegspanier
Zünd' in Vielen Ruhmbegier. -

Peirol, manches Lieb sieht ziehn
Ihren Freund, sieht weinen ihn.
Trieb' ihn Saladin nicht, hier
Blieb' er frohen Muts bei ihr. -

Liebe, wiße vom Delphin,
Wenn die Kön'ge auch nicht ziehn:
Nicht aus Lieb' und Streitbegier
Bleibt der edler Degen hier.


Nachgedichtet von Karl Ludwig Kannegießer (1781-1861)

Aus: Gedichte der Troubadours
im Versmaaß der Urschrift übersetzt
von Karl Ludwig Kannegießer
Tübingen 1852 (S. 221-223)

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Biographie (engl.): http://en.wikipedia.org/wiki/Peirol

 

 

 


 

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