Hero und Leander

Die Sage von Hero und Leander in der Dichtung

 

Evelyn de Morgan (1850-1919) - Hero hält die Fackel




Hero und Leander
von Johann Baptist von Alxinger (1755-1797)

Nach dem Musäus

1.
Sing, Göttinn, mir die Fackel, die Vertraute
Verstohlner Freuden, sing, wie von Abydus her
Leander durch das stille Meer
Nach Küssen schwamm, die nie Aurora schaute.
Sing von dem Eiland, wo dem holden Paar
Durch Liebe sanft gebettet war.
Mich däucht, ich seh' schon dieser Fackel Schimmer,
Seh' am Gestade schon den liebevollen Schwimmer!

2.
O hätte Jupiter die Leucht' ans Firmament
Versetzet, und den Stern der Liebenden genennt!
Sie, Aphroditens Bothinn; die Gesandte
Der Hero, sie, die oft in schlummerloser Nacht,
Eh' jener wilde Sturm erwacht,
Vor der Verliebten Bett, ein Sinnbild Amors, brannte.
Doch bald, ach bald erlosch mit einem Mahl
Leanders Leben und ihr Strahl!

3.
Von Sestus über krümmt Abydus in die Wogen
Des Hellesponts den nachbarlichen Port:
Cytherens Knabe spannet seinen Bogen,
Und sieh! in beyde Städt' ist Ein Pfeil schon geflogen.
Leander brennet hier, die Jungfrau Hero dort.
Sie glichen beyde sich, sie glänzten an dem Ort,
Den sie bewohnten, beyde, wie im Dunkeln
Zwey überschöne Sterne funkeln.

4.
Du kannst, führt dich dein Weg in diese Gegend hin,
Vom Thurme, dessen Fuß der Hellespont befeuchtet,
Und wo die schöne Sesterinn
Leanders nasse Bahn erleuchtet;
Auch kannst du von dem Meeresstrand,
Der noch um beyde klagt, die Traurgeschicht' erfragen;
Doch wo zuerst der Jüngling Lieb' empfand
Und Gegenlieb' erhielt, soll dieses Lied dir sagen.

5.
Die Jungfrau Hero stammt' aus einem edlen Blut
Und war, wiewohl sie noch kein Liebeskuß erfreute,
Cytherens Priesterinn; selbst eine zweyte
Cythere, wohnte sie nah' an der Meeresfluth,
Von ihren Aeltern fern, in einem Thurm; sie scheute
Der Weiber Lästerzunge, die nicht ruht,
Wo Andrer Schönheit glänzt; drum wollte sich beym Reigen
Und in Versammlungen die Kluge niemahls zeigen.

6.
Wohl aber goß sie oft nach priesterlicher Pflicht
Uranien und ihrem Sohn, des Köcher
Sie fürchtete, den heilgen Söhnungsbecher,
Doch sie entfloh darum den Flammenpfeilen nicht.
In Sestus feyert man ein Freudenfest Adonen
Und Venus jedes Jahr; nun kehrte dieses Fest,
Zu dem der Mädchen keins zu wallen unterläßt,
Die in Cyther' und rings in allen Inseln wohnen.

7.
Auch in des Libanus süß düfterndem Gesträuch
Bleibt mancher Reigen unvollendet;
Das Eiland Cyperns auch, der Phryger Königreich,
Hämonien, Abydus sendet
Nach Sestus Schaar auf Schaar; darunter wallen hin
Viel Jünglinge von mädchenholdem Sinn,
Weit minder um das Fest mitopfernd zu begehen,
Als vieler Mädchen Reiz an einem Ort zu sehen.

8.
Hold, wie der Silbermond, ein ganzes Rosenbeet
Auf ihrer Wangen Wölbung geht
Die Jungfrau Hero durch die Hallen
Des Tempels; milder Glanz umstrahlt sie; ihr Gewand
Sieht man, so weiß wie Schnee, zum Fuße niederwallen.
Die Alten haben nur drey Grazien genannt,
Doch irrten sie; es schaute süß verwundert,
Wer Hero lächeln sah, in jedem Auge hundert.

9.
Schön war sie, wie kein Weib, so schön, daß sie der Ehre,
Die Nebenbuhlerinn der reizenden Cythere,
Nicht ihre Priesterinn nur, zu heißen würdig schien.
Sie war durchs Haus der Göttinn nie gegangen,
Ohn' aller Männer Herz und Auge mitzuziehn;
In jedem Busen pochte das Verlangen:
O schmücke die mein Brautgemach!
Und einer aus der Schaar, wollüstig staunend sprach:

10.
Ich war in Sparta, sah mit lüsterner Begier
Viel nackter Schönen Kampf; doch dieser hier glich keine;
Matt schau' ich mich, nicht satt; o Venus dungst du eine
Der jungen Grazien? für eine Nacht mit ihr
Gäb' ich mein Leben hin, wählt' ihres Bettes Decken
Vor einem Göttersitz: doch darf vielleicht
Nach deiner Priesterinn sich meine Hand nicht strecken;
So gib, gib ein Weib, das diesem Mädchen gleicht.

11.
So einer aus der Schaar; noch mancher war darunter,
Der seine Qual verbarg, still und in sich gekehrt;
Doch konntest du es nicht, Leander, tief Verwundter!
Hell glänzt' in deinem Blick das Feur, das dich verzehrt,
Gleich Amors Fackel; Hero zu erstreben
Schwurst du dir selber, oder nicht zu leben.
Denn keusche Schönheit trifft das Herz in größrer Eil'
Und tiefer, als der schnellste Pfeil.

12.
Die Augen sind der Weg; von hier aus schleicht
Das Weh zum Herzen: dieß erfuhr Leander.
Furcht, Staunen, Kühnheit, Scham bestürmten nach einander
Den armen Jüngling; endlich weicht
Der Liebe Furcht und Scham; mit schlauen Seitenblicken,
Mit stummem Winken, leisem Schritt
Und liebendem Vertrauen tritt
Er vor sein Mädchen hin, die Holde zu bestricken.

13.
Sie, diese List bemerkend, freut
Ob seiner Schönheit sich, vergilt mit Gegenwinden
Die seinen, läßt voll Sittsamkeit
Ihr liebliches Gesicht in ihre Rechte sinken,
Und hebts erröthend wieder auf.
Er sieht es, jauchzt und wünscht, daß bald vom Meer herauf
Mit Rabensittichen die dunkle Nacht sich schwinge
Und heimlich ihn mit ihr zusammen bringe.

14.
Auch sieht er Hespern kaum durch graue Wolken glühn;
So fleugt er schon zu seiner Schönen;
Er drücket ihr, vertraut und liebekühn
Die Rosenfingerchen, nicht ohne zärtlich Stöhnen;
Sie zieht die Hand, als wie erzürnt, zurück
Und schweigt; doch er bemerkt mit schlauer Freude
Der Liebe ganzen Sieg im unentschloss'nen Blick
Und faßt sie dringender beym schön gewebten Kleide.

15.
Sie sträubet sich und - folgt, ins innerste Gemach
Des Tempels folget sie dem kühnen Jüngling nach,
Doch endlich droht sie ihm mit weiblich sanfter Stimme:
Wie Fremdling? rasest du? legst du die freche Hand
An mich, mich Jungfrau? weg! laß fahren mein Gewand.
Reich ist mein Vater, reitz', o reitz' ihn nicht zum Grimme!
Auch Venus zürnte dir ob dieser Frevelthat;
Zu einer Jungfrau Bett führt kein so ebner Pfad.

16.
So droht ihm Hero mädchenhaft;
Er nimmt es weise für Gewährung,
Denn Drohn erschöpft der Mädchen letzte Kraft,
Denn Drohn verkündiget dir Stunde der Erhörung.
Er waget, schon verwegener und ganz
Von Amors Wonne hingerissen,
Des Mädchens Hals, dem Elfenbein an Glanz,
An Duft den Rosen gleich, mit heißem Mund zu küssen.

17.
O du, mit größerm Reitz als Irdische geschmückt,
So rufet er, du gleich Cytheren, gleich Athenen,
Beglückt sind sie, die dich erzeuget, hochbeglückt!
O wolltest du doch meine Wünsche krönen!
Unwiderstehlich reißt mich Liebe zu dir hin.
Erbarme dich des Zärtlichen, erhöre
Sein Bitten, fliehe nicht die Freuden der Cythere,
Du kannst, du darfst es nicht, als ihre Priesterinn.

18.
An dem Altar der Liebenden zu dienen
Ziemt einer Jungfrau nicht; sie kann sich nimmer freun
Ob einer Jungfrau Dienst; o dürft ich mich erkühnen,
Zu ihren Orgien dich einzuweihn!
Die, willst dus wissen, die bestehen in den Freuden
Des hochzeitlichen Betts; selbst deine Priesterpflicht
Verstattet dir in Zukunft nicht,
Die Herzenschmelzerinn, die Liebe, zu vermeiden.

19.
Drum nimm mich zum Gemahl, nimm mich zum Diener nur;
Ich bin ja deine Beut', erjagt mit Amors Pfeilen.
So hieß vor dem der Gott mit goldnem Stab, Mercur
Alciden zu dem Dienst der Tochter Jardans eilen;
Doch mich schickt Venus dir, nicht Hermes; flieh, o flieh
Der Göttinn Zorn, durch den bestrafet Atalante
Bald heftig in Milanion entbrannte,
Den sie erst stolz verschmäht; flieh ihn und fürchte sie.

20.
So lenkt mit Lieb' erregenden Gesprächen
Leander Hero's Sinn, so sehr sie widerstrebt;
Sie wagt nicht, ihn zu unterbrechen,
Berührt den Boden kaum mit leichtem Fuße, bebt,
Verbirgt die rothe Wang' und schweiget: doch wer hätte
Dieß Schweigen nicht verstanden? deutlich zeigt
Des Herzens leisen Wunsch ein Mädchen, wenn es schweigt;
Ihr Schweigen selber ruft den Jüngling in ihr Bette.

21.
Nun fühlet Hero ganz die bittre Süßigkeit
Der Liebe, staunet hoch erfreut
Des Jünglings Schönheit an und senkt nun wieder
Ihr Augenpaar verschämt zum Boden nieder.
Indeß betrachtet er mit Amors süßer Wuth
Der Jungfrau zarten Hals: fest kleben seine Blicke,
Nie satt, daran; sie schweigt, doch endlich kehret Muth
Und Stimm' in ihre Brust zurücke.

22.
Sanft sagt sie ihm, und während daß sie spricht,
Träuft Scham ein Purpurroth ihr auf das Angesicht,
O Jüngling, deß Gespräch auch selber Steine rührte,
Wer wies dir jeden Gang der schlauen Redekunst?
Wer wars, der dich, weh mir! in unsre Mauern führte?
Du strebst umsonst nach meiner Gunst;
Nie würden Hero's Aeltern einen Gatten,
Der fremd und unstät ist, zu wählen ihr verstatten.

23.
Auch irrest du, dafern du ja gehofft,
Als Gast in Sestus zu verweilen
Und in geheim mein keusches Bett zu theilen,
Spitz ist der Menschen Zung' und liebt Verleumdung, oft
Hört man erstaunt auf allen Gassen,
Was man im Stillen that; doch, Jüngling, unbekannt
Ist mir dein Nahme noch, ist mir dein Vaterland;
Willst du mich die nicht wissen lassen?

24.
Mein Nahme, so wie du, wie jeder Fremdling weiß,
Ist Hero; meiner Aeltern streng Geheiß
Gab einen hohen Thurm mir außer Sestus Mauern
Am Meer zur Wohnung; dort, mit einer Magd allein,
Muß ich von den Gespielen, von den Reihn
Der muntern Jugend fern, des Alters Lenz vertrauern;
Denn Tag und Nacht umrauschet meinen Thurm
Die Meereswog', umsauset ihn der Sturm.

25.
So sagt sie, schämt sich wieder, hüllt
Die purpurfarbne Wang' in das Gewand und schilt
Sich selbst ob dem Gespräch; Leander aber sinnet,
Wie er den süßen Kampf der Liebe kämpfen kann;
Denn Amor ist verschmitzt, er heilet auch den Mann,
Den er verwundet hat; weß Herrschaft er gewinnet,
(Und welches Herz ist nicht des Listigen Gewinn?)
Dem gibt er klugen Rath und Weisheit in den Sinn.

26.
Leander, welcher auch durch ihn sich weiser fühlte,
Antwortet schlau: Geliebteste, zu dir
Eilt' ich durchs Meer, wenns auch ein Sturm durchwühlte,
Wenns auch von Feuer sötte; was ist mir,
Der hineilt, daß er Hero's Gürtel löse,
Des Sturmes Heulen und des Meers Getöse?
Ja von Abydus aus, wo ich zu seyn begonnt,
Durchschwimm' ich in der Nacht den wilden Hellespont.

27.
Nur halte von dem Thurm ins Meer mir eine Leuchte,
Mit diesem Leitstern steur' ich durch die feuchte,
Nachtvolle Bahn, ein Schiff der Liebe, fort
Und morgens wiederum nach meiner Heimath Port.
Mag Arctos auch, die nie ins Meer sich tauchet,
Mag mir Orion drohn, Bootes untergehn;
Nur, Theure, daß kein Wind in deine Fackel hauchet!
Wenn dieser Führer fischt, so ist um mich geschehn.

28.
Noch wisse dieß: Leander nenn' ich mich,
Der schön gekränzten Hero Gatten.
Mit Recht nannt' er sich so; denn sie verbanden sich,
Zu küssen Hymens Kuß, wenn wieder sich die Schatten
Vom Himmel senkten; sie verspricht, das Meer
Zu hellen, durchzuschwimmen schwöret er;
Sie fühlen schlaflos schon den Vorschmack süßer Freuden,
Doch ach! der Morgen kommt und zwinget sie zu scheiden.

29.
Sie schleicht nach ihrem Thurm, er aber schifft zurück,
Doch als ein Merkmahl legt er Stein' an das Gestade,
Daß sie in dunkler Nacht zum Thurme seine Pfade
Hinleiten: beyde sehn mit sehnsuchtsvollem Blick
Der Nacht entgegen, die das süße
Geschwätz der Liebe berg', und Hymenäens Küsse;
Sie kommt auch mit dem schwarz verschleyerten Gesicht;
Bringt allen Menschen Schlaf, nur dem Leander nicht.

30.
Der stand schon, seit der Abend graute,
Am hallendem Gestad' und schaut' und schaute,
Ob nicht die Fackel ihm der Liebe Botschaft bringt.
Auch, wie die Schatten dichter werden, schwingt
Sein Mädchen sie empor: mit ihr zur Wette brannte
Des Jünglings Herz, durch das nun doch ein Schauer fährt,
Wie er die Woge laut aufrauschen hört,
Bis daß er endlich sich mit diesem Trost ermannte:

31.
Zwar grausam ist das Meer, doch grimmer ist die Liebe,
Denn die ist Feuer, jenes Wasser nur.
Schwor ich nicht einen heilgen Schwur?
Winkt mir nicht Hero? und ich bliebe?
Ha Wellen, raset fort! du flammst auch fort, mein Herz!
Was fürcht' ich? von der See geboren ist Cythere?
Und so wie über Liebesschmerz,
So waltet sie auch über Meere.

32.
Sprachs, riß mit beyden Händen das Gewand
Vom schön gebauten Leibe, band
Es überm Haupte fest und warf sich in die Wellen,
Die sich von Hero's Fackel hellen.
Hier, selber Ruderer und Schiff und Steuermann,
Schwimmt er der Leuchte nach, die sie entgegen strecket
Und vor feindselgem Wind oft mit dem Kleide decket,
Auch kommt er endlich matt im Golf von Sestus an.

33.
Sie führt ihn in den Thurm, umfaßt schon an der Thür
Den Keichenden, dem noch von Meerestropfen
Die Locken träufeln, läßt ihr Herz an seinem klopfen
Und öffnet ihm die Hochzeitkammer, hier
Wäscht, trocknet, salbt sie ihn mit Oehl, gepreßt aus Rosen,
Nimmt in ihr Bett, das sie von Fellen hoch erbaut,
Den Keichenden, schmiegt dann vertraut
An ihn sich an und spricht mit süßem Kosen:

34.
Schwer, o mein Bräutigam, ists dir geworden schwer,
Wie keinem Bräutigam: komm, laß in diesen Armen
Den lästigen Geruch vom fischevollen Meer
Verduften, laß den starren Leib erwarmen.
Sie sagts, indem sie sich den Gürtel rauben läßt;
Nun lehret er sie schnell der holden Aphrodite
Geheimniß, ohne daß bey ihrem Hochzeitfest
Ein Dichter Jugen rief, die Fackel Flammen sprühte.
| Juga=Juno

35.
Kein Tänzer schwebete durch muntre Reihn:
Kein Hymenäus scholl von froher Aeltern Munde;
Das ernste Schweigen hat allein
Den neu Vermählten in der Liebesstunde
Gebettet, Finsterniß und Nacht die Braut geschmückt,
Aurora nie bey ihr den Bräutigam erblickt.
Der schwamm schon früh zurück mit küsseheißen Wangen
Und nie gesättigtem Verlangen.

36.
So denn bey Tage Jungfrau, Weib bey Nacht,
O Hero, täuschest du das Paar, das dich gezeuget,
Und weil der Liebe Glück dir nur im Dunkel lacht,
Klagst du den Tag oft an, der sich zu langsam neiget.
Doch selber dieses Glück, so theur gekauft es war
Und so verstohlen, hat das arme Paar
Nur eine kurze Zeit genossen;
Denn vom Verhängniß ward sein früher Tod beschlossen.

37.
Der Winter kommt, der Wirbelwinde Schaar
Erregt das Meer vom Grund auf, bange fliehet
Das Schiffervolk die dräuende Gefahr,
Indems auf trocknen Sand die wunden Schiffe ziehet.
Leander aber stürzt mit allzu kühnem Muth,
So bald verrätherisch ihm von dem hohen Turme
Die Hochzeitfackel winkt, dem Sturme
Hohn sprechend, in die wilde Fluth.

38.
Unglücklich Mädchen, misse deinen Lieben
Den Winter durch! o zeige nicht
Ein allzu bald verlöschend Licht!
Umsonst! sie zeigts, sie zeigts, getrieben
Von Lieb' und Schicksal, weh dir, weh!
Der Parzen Fackel ists, was deine Hand erhoben,
Nicht Amors Fackel! sieh! die Winterstürme toben
An das Gestad', und Nacht bedeckt die See.

39.
Auf ihrem lauten Rücken schwebt Leander
Voll süßer Hoffnungen, doch das Gewässer schwillt,
Schwillt himmelan, wälzt ihn von Wog' auf Wog', es brüllt
Der Winde grimme Schaar, sie rücken auf einander
Laut heulend zu dem furchtbarn Streit.
Vom Weste wird der Ost, vom Nord der Süd bedräut:
Leander, eingedreht in fürchterliche Kreise,
Fleht den Unsterblichen: o schirmet meine Reise!

40.
Zur seegebornen Venus bethet er;
Er bethet zum Neptun, dem Herrscher auf dem Meer,
Beschwöret Boreas bey Orythyjens Küssen:
Vergebens! Amor hat den Parzen weichen müssen.
Von allen Seiten stürmts, des Jünglings Stärck' erschlafft,
Schon sinkt matt Hand und Fuß, schon wird er fortgerafft,
Schon läuft verderblich ihm viel Wassers in die Kehle,
Die Fackel lischt, mit ihr Leanders Lieb' und Seele.

41.
Doch Hero schlaflos blickt stets auf des Meeres Rücken;
In ihrer Seel' auch stürmts; sie kann ihn nicht erblicken,
Obgleich das Morgenroth die Gegend schon erhellt:
Doch itzt, itzt sieht sie ihn am Fuß des Thurms zerschellt
Und todt, sie siehts, zerreißet die Gewänder
Und ihre Brust und wirft vom hohen Thurmgeländer
Sich mit Geräusch herab auf ihren todten Freund:
So starb das arme Paar im Tode noch vereint.
(S. 33-55)
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Aus: Johann von Alxinger's
sämmtliche Werke
Siebenter Band: Gedichte Erster Theil
Wien Im Verlage der Franz Haasischen Buchhandlung 1812







 

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