Karoline von Fidler (1801-1874) - Liebesgedichte

 



Karoline von Fidler
(1801-1874)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 



Ueberlistet

Verrathe mich nicht
Himmlisches Licht!
Schreite mir nimmer voran
Schatten auf heimlicher Bahn!
Die Nachtigallen
Sie rufen mir -
Die Tropfen fallen,
Ich geh' zu ihr!

Klopfende Brust
Schweige der Lust
Oft, wenn der Nachtwind gerauscht,
Hat mich mein Mädchen belauscht,
Doch heute müssen
Sie ungeseh'n
Die Lippen küssen
Wie Windesweh'n.

Bald bin ich da -
Ha! was geschah?
Decket ein Zauber den Blick?
Kann weder vor noch zurück!
Wie ich mich wende
In süßer Noth,
Die kleinen Hände
Löst kein Gebot.

Himmel, sie lacht!
Was ich erdacht,
Hin ist's im süßen Genuß,
Mich traf der früheste Kuß!
O wie vermessen,
In tiefster Nacht
Je zu vergessen,
Wie Liebe wacht!
(S. 8-9)
_____




Das Vöglein

Ein Vöglein im Kerker -
Sein Jubel erklang,
Wenn draußen verstummet
Der Brüder Gesang,
Wenn spottend der Winter
Die Rose gekühlt,
Den ewigen Frühling
Im Busen es fühlt;
Es singet, und singet der Liebe!

Doch wenn von dem Baume
Die Flocken verweht,
Und Nacht ihn mit Silber
Der Blüthen besät,
Dann hebt sich die Sehnsucht
In Vögeleins Brust,
Es regt sich zum Fluge
Die glühende Lust,
Es klaget und klaget der Liebe.

Im heißen Verlangen
Entbrennet die Kraft,
Es breitet die Schwingen -
Doch eng ist die Haft.
Es flattert und flattert
Sich müde und matt,
Und wird doch nicht müde,
Und wird doch nicht satt,
Da schweigt es, und schweiget der Liebe.

Die Liebe erkennet
Des Vögeleins Treu',
Sie öffnet den Kerker,
Geh', du bist frei! -
Das Vögelein stehet
An offener Thür,
Und schauet ins Freie -
Die Liebe bleibt hier?
So fragt es, und seufzet der Liebe.

Es dehnet die Flügel
Noch einmal und spricht:
Ich mag ohne Liebe
Die Freiheit nicht!
Durch himmlische Weiten
Bewegt sich der Klang,
Und fern von der Liebe
Verstummt mein Gesang,
Ich singe allein nur der Liebe!

Und wenn einst das Vöglein
Zum Tode müd'
Der Liebe gehauchet
Das Schwanenlied,
Wenn ewige Freiheit
Ihm löset das Wort,
Es schaut nach der Liebe
Und will nicht fort -
Kann Liebe scheiden von Liebe?

Ade, treues Vöglein! -
Es lebte und sang
der Liebe im reinen
Allmächtigen Drang;
Und mußt' es auch sterben,
Es schwinget sich neu
Hinauf zu des Himmels
Unendlichem Mai -
Und singet nun ewig der Liebe!
(S. 22-25)
_____



Seufzer

Sah'st du die Rose nicht,
Die mich so hold geschmückt,
Daß mir in's Angesicht
Jeder wohl gern geblickt?
Spiegel im Kämmerlein,
Wo mag die Rose sein?

Sah'st du das Lächeln nicht,
Das um die Lippen floß,
Und mir der Jugend Licht
Frisch auf die Wangen goß?
Morgenroth, Abendschein,
Wo mag das Lächeln sein?

Sah'st du die Thräne nicht,
Schwellend in sel'ger Lust?
So, wenn der Himmel spricht,
Weinet die Menschenbrust -
O all' ihr Seufzer mein,
Wo mag die Thräne sein?

Herzlein besinn' dich nur,
Findest den Trost dir nah,
Sieh' des Verlor'nen Spur
Führet zum Liebsten ja!
Auf, all' ihr Boten mein,
Wo mag der Liebste sein? -
(S. 26-27)
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Meine Welt

Ein Herz ist meiner Erde Rund,
Ein Auge ist mein Licht,
Mein Sommer ist ein Flammenmund,
Mein Lenz ist ein Gesicht,

Ein feuchter Blick mein Ocean,
Und meines Himmels Luft
Sie weht mich wonneflüsternd an
Aus eines Athems Duft;

Mein Abend ist ein scheidend Geh'n,
Ein hoffend Lebewohl;
Mein Morgen ist ein Wiederseh'n,
An Strahlen übervoll!

Gewitterluft ein Druck der Hand,
Er preßt die volle Brust -
Und aller Blitze Himmelsbrand
Ist der Umarmung Lust!

Und was vom unsichtbaren Thron
Die süße Welt durchzieht,
Das ist ein seelenvoller Ton,
Das ist ein göttlich Lied.
(S. 28-29)
_____



Herzklopfen

Was klopft an die Brust?
Ist's etwa die Lust?
Herein, nur herein!
Doch kann's ja nicht sein -
Längst wohnte sie dort
Am heimlichen Ort.

Was klopft an dem Herzen?
Sind's etwa die Schmerzen?
Ach nein, ach nein!
Die können's nicht sein -
Sie schlichen bei Nacht
Herein unbewacht.

Die Liebe ist's nimmer!
Ihr glühender Schimmer
Zog siegend herein
Wie Morgenroths Schein,
Der Schlüssel ein Kuß,
Ein seliges Muß!

Die bangende Noth -
Ist's etwa der Tod?
Ach nein, ach nein!
Der wird es nicht sein -
Jung ist noch das Glück,
Noch flammet der Blick!

Da blitzt es empor!
Wohl war ich ein Thor -
Es klopft ja drinn
Im stillen Haus,
Es ist ein Lied,
Das will hinaus!
(S. 32-33)
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Herz

In Lieb' und Dank sich selig auszudehnen
Ist meines Herzens heiligster Beruf!
Ob Himmelslust, ob ungestilltes Sehnen
Den feuchten Strahl im Seelenspiegel schuf,
Er thauet kühlend auf die heiße Brust,
Die der Bedeutung Tiefe sich bewußt.

Wenn stolz der Geist im kühnen Flügelschlagen
Zum Aether dringt und sich mit Göttern mißt,
Wenn die Gedanken ihn zur Sonne tragen,
Geschieht es leicht, daß er das Herz vergißt;
Dann klopft's verlassen, arm, sich müd' und matt,
Und bleibt doch einsam, macht's nicht Liebe satt.

Aus allen Pulsen sehnt sich's hinzufließen
Ein Liebesmeer, des Lebens warme Fluth,
Und für die Theuren freudig auszugießen
Den letzten dieser reinen Gluth;
Der Liebe Dauer zeigt sein Schlag mir an,
D'rum lieb' ich auch, so lang' es klopfen kann!

Und wie der Geist die Götterschwingen breitet,
So breite du die Menschen-Arme Herz!
Wie er sich füllend ewig neu sich weitet,
So habe Raum für Liebes-Lust und -Schmerz!
Und wenn er dir in solchem Kampf entschwebt,
Dann schlafe nur, du hast genug gelebt!
(S. 48-49)
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Zuversicht

Liebster ich sterbe!
'S ist mir so bang und weh -
Saget ihr Augen,
Wo ich euch wiederseh'?
Blüthen und Freuden,
Küsse und Leiden,
Alles will scheiden?
Nun denn Ade!

Muß ich hinüber,
Ewiges Morgenroth?
Ach wie so gerne
Trüg' ich der Erde Noth!
Glühen und Lieben
Ihr seid geblieben!
Wo steht's geschrieben:
Heiß sei der Tod?

Wollt' ich nicht kämpfen
Vor einer Welt Gericht?
Wo sind die Narben,
Wenn mir das Schwert zerbricht?
Wollt' ich nicht streben,
Jauchzen und geben?
Muß ich nicht leben?
Liebster ich sterbe nicht!
(S. 50-51)
_____



Nacht

Streife über meine Saiten
Feuchter Hauch der stillen Nacht,
Laß die Töne schwellend gleiten,
Wo der Liebe Sehnen wacht;
Hebe leicht wie Blüthenflocken
Mir die losgebund'nen Locken,
Daß sich rein das sanfte Licht
In des Auges Thräne bricht.

Oeffnet euch verborg'ne Pforten,
Heil'ge Schauer weht mich an!
Daß gewiegt auf Engelsworten
Meine Seele schlummern kann,
Daß begraben unter Düften,
Von des Mondes thau'gen Lüften
Aufgelöst, mein Herz vergißt,
Daß es Tag gewesen ist.

Ach aus tausend Götteraugen
Strömt der Blicke Himmelslust,
Und sie durstig einzusaugen
Thut sich auf die heiße Brust;
Ew'ge Liebesarme breiten
Sich in ungemess'ne Weiten,
Durch den festverschloss'nen Mund
Wird der Geist dem Geiste kund.
(S. 53-54)
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Wahl

Du sagst: auf theuren Lippen wiegt
Sich Deines Lebens Lust,
Wirst, wenn sich Mund dem Munde fügt,
Dir erst des Heils bewußt.

Nicht so entscheidet mein Gefühl,
Ob's auch von Liebe schwer;
Ein Kuß gilt mir unendlich viel,
Ein Blick unendlich mehr!

Er fliehet leicht den kalten Zwang
Und fürchtet kein Gericht,
Giebt Wonnen aus und bringt den Dank -
Frei ist er wie das Licht!

Aus seinen Flammen spricht die Gluth
Des Herzens und der Zeit,
In seiner Tropfen Himmelsfluth
Taucht sich die Ewigkeit.

Und nahmst du einst den letzten Kuß
Von kalter Lippe mir,
Dann schickt den allerletzten Gruß
Das treue Auge Dir.
(S. 55-56)
_____



Glaube

Warum ist mein Herz so weich?
Warum kann's so leicht vergeben?
Warum schwimmt's in Wehmuth gleich,
Wenn die fremden Lippen beben?

War der Dank mir immer treu?
Hat mir nie ein Blick gelogen?
Trieb mich nicht zu stiller Reu'
Oft ein Wort das mich betrogen?

Wohl geschah's, doch saget, wie
Kann man Gluth der Flamme rauben?
Was ich liebte, log mir nie -
Liebend muß ich ewig glauben!
(S. 57)
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Winterabend
Zum Liebchen

Fort durch die stille Pracht
Schweigender Winternacht
Send' ich den Liebesgruß,
Eile zum Flammenkuß!

Wenn mich der Frost umweht,
Doppelt die Kraft ersteht,
Sprühet im leichten Muth
Fröhlich des Herzens Gluth.

Schau, wie das Sternenlicht
Zitternde Strahlen bricht,
Fünklein vom Himmelsraum
Wiegt sich auf jedem Baum.

Alles ist still und traut,
Hör' meines Trittes Laut;
Still, es verräth der Schnee,
Daß ich zum Liebchen geh'.

Heimlicher Flamme Rauch
Fliehet des Lebens Hauch
Sichtbar vom Munde mir,
Starret am Fenster ihr.

Haltet ein, silberne Flöckchen,
An des Lenzes blühender Schwelle,
Bis die Hand zog an dem Glöckchen -
Spielet weiter, ich bin zur Stelle!
(S. 63-64)
_____



Winternacht
Vom Liebchen

Hu, wie in kalter Fluth
Rinnet das heiße Blut,
Nachtfrost durchschüttelt mich,
Winter ist fürchterlich.

Athem aus off'ner Gruft
Strömet die eis'ge Luft,
Schlägt an die Wange rauh,
Färbt mir die Locke grau.

Sieh' wie die Schatten zieh'n,
Lichtlein in Nacht verglüh'n,
Alles ist todt und weiß,
Bin wohl allein nur heiß?

Echo vom Abschieds-Gruß
Seufzt unter meinem Fuß,
Trägt mich von Lust durch Graus
Heim zu dem öden Haus.

Schnee in dem weißen Arm
Halt' mir die Knospen warm!
Liebchen an deiner Brust
Ließ ich des Lebens Lust.

Kalt auch das Stübchen?
Warm sind die Lieder -
Gute Nacht Liebchen!
Ich seh' dich wieder!
(S. 65-66)
_____



Schwermuth

Die Rosen sind begraben.
Wohl giebt es Blumen noch;
Könnt' ich sie alle haben,
ich wäre traurig doch.
Wie ist so schwül, so todeskühl,
Ein Bangen ohne Schmerzen -
O daß ein sanfter Westwind käm'
Und mir vom schweren Herzen
Die dunk'le Wolke nähm'!

Das Flämmlein ist verglommen,
Wo blieb die lichte Pracht?
Verschwieg'ne Seufzer kommen
Wie Schauer in der Nacht;
Ein ruhend Geh'n, ein ringend Steh'n,
Ein Frieden ohne Freude -
O daß ein Sturm von Osten flög'
Und mich dem stummen Leide
Mit kräft'ger Hand entzög'!

Dort liegt die welke Blüthe,
Und hier ein Häufchen Staub,
Ein Aug', das Seele glühte,
Des Abendwindes Raub -
Die schöne Brust voll Lebenslust
Auch sie dahin? - O Zagen,
Das namenlos die Pulse drückt,
Wer kann, wer darf dich fragen:
Welch Lächeln du erstickt?

Und auch die liebste Habe
Und auch die treuste Hand
Verfällt dem dunklen Grabe -
Kein göttlich Liebesband
Befreit das Roth vom blassen Tod -
D'rum wollt's geduldig sehen,
Wenn ich so still so tief betrübt,
Weil Alles muß vergehen,
Was Er und ich geliebt.
(S. 75-76)
_____



Gefühl

Ein Menschenherz - was hat's zu tragen,
Was hat's zu leiden, weil es lebt!
Kann's einen Tag wohl ruhig schlagen,
Wenn's nicht lebendig sich begräbt?

O namenloser Zug der Erde,
Warum durchwühlst du meine Brust?
O sag' mir, wann ich enden werde
Mit deiner bittersüßen Lust?

Es drückt die Seele kein Verschulden,
Und Lieb' und Hoffnung sind so nah -
Und immer ist ein Weh zu dulden?
Und immer ist die Thräne da?

Dich schwor der Himmel zu beglücken,
Du bist's mein Herz durch eigne Wahl -
Ach und in Meeren von Entzücken
Find'st du den einen Tropfen Qual?

An Wonnegluthen sich verzehren,
Zu schmelzen in der Wehmuth Schooß,
Auf neue Lust den Kelch des Schmerzes leeren
Ist deines Klopfens unbezwinglich Loos! -

Und doch - für welche Götterfreude
Tauscht' ich dein wollustreiches Weh? -
So trinke denn getrost mein Herz und leide,
Und sprich den Segen und vergeh'!
(S. 79-80)
_____



An Ferdinand

Und hätt' ich auch zum Letztenmal
Auf dieser Welt gesungen,
Wär' mit des Abends letztem Strahl
Der letzte Hauch verklungen,
Heut würd' ich menschlich wieder wach,
Und pries' im sehnsuchtsvollsten Ach
Die schöne Erdensonne
Sammt Herzeleid und Wonne.

Wohl ist der Raum zu eng, zu weit,
Zu kalt für meine Lieder,
'S kam über mich die stille Zeit -
Und käm' sie oftmals wieder,
Heut lös't der Bann sich frei und groß,
Bleibt's doch des Menschen einzig Loos,
Ihm göttlich zugeschrieben.
Zu weinen und zu lieben.

Nur wenig Worte sind vergönnt
Dies tiefe Loos zu deuten,
Doch wenn's die Seele einmal kennt,
Kennt sie's für alle Zeiten;
Sie weiß: es kann nicht besser sein,
Sie liebt und weint, und schickt sich d'rein,
Frei bleibt in Tod und Leben
Die Macht, sich zu ergeben!

Hier meine Hand, geliebter Freund,
Ich kenne keine Klagen!
So lang' mir heut die Sonne scheint,
Will ich die Erde tragen!
Und thut sie's einst nicht mehr mit mir,
So bleibt mein Lieben doch bei Dir,
Mein Lieben unermessen!
Das Weinen sei vergessen.
(S. 91-92)
_____



An Ferdinand

Gekommen und gegangen
Ist nun schon manches Jahr,
Seit ich in Lust und Bangen
An Deiner Seite war;
Wir freuten uns und blickten
Voll Muth hinaus in's Land;
Wir weinten - und wir drückten
Einander still die Hand.

So auf bescheid'nen Wegen,
In Schmerz und Seligkeit,
Führt' uns ein stiller Segen
Durch die entschwund'ne Zeit;
Wir zählten nicht die Schritte,
Und fragen zweifelnd nun:
Ob auf des Lebens Mitte
Schon unsre Augen ruh'n?

Er sagt's, wie lang' wir Beide
Zusammen schon gelebt,
Er, dem in Himmelsfreude
Mein ganzes Herz erbebt,
Er, dessen Haupt das meine
So weit schon überragt,
Aus dessen Blick die reine,
Die kräft'ge Jugend tagt.

In ihm sind uns're Lenze,
Er wuchs an ihrem Licht,
Er sammelte die Kränze,
Ich fühl's, sie welkten nicht!
Und immer neue blühen
Zu neuer Lebenslust,
Denn junge Herzen glühen
Uns hoffend in der Brust.

Sie wollen wir bewahren,
Mein treu geliebter Freund!
Sie fragen nicht nach Jahren,
So lange sie vereint.
Ob Mond auf Mond sich treiben
Im wechselvollen Schwung,
Wir lieben uns und bleiben
Mit Gottes Hülfe jung!
(S. 98-99)
_____



Gebete

1.

Herr, du kennest meine Sorgen,
Meine Wünsche kennest du,
Rängen sie auch tief verborgen
Namenlos dem Himmel zu.

Gieb aus deiner Gnaden Fülle,
Du der beten mich gelehrt,
Was in ahnungsvoller Stille
Stumm ein Mutterherz begehrt.

Gieb, wonach die Lippen beben,
Gieb, wonach das Auge weint,
Gieb, wonach die Seufzer streben,
Ihm, den meine Seele meint!


2.

Und was ich auch ersinnen mag
In Furcht und Zuversicht,
Wie auch ein Wörtlein Tag für Tag
Sich bebend ringt an's Licht,

Kann ich's doch sagen nimmermehr,
Was in der Seele quillt,
Die Zeichen bleiben kalt und leer,
Das Sehnen unerfüllt.

Doch weiß ich's ja, weiß wohl, warum
Ich kämpf' in süßer Pein -
Die rechte Lieb' ist göttlich stumm,
Gehört von Gott allein.

Gehört von ihm in Lust und Schmerz,
Auch stammelnd nicht verschmäht -
Was willst du mehr mein flehend Herz?
Dein Schlag ist dein Gebet.


3.

Du holde Lebenswonne,
Du süßes Erdenglück,
Gieb seinem Herzen Sonne,
Gieb Klarheit seinem Blick;

Schick' fröhliches Gelingen
Zu Allem, was er treibt,
Daß auch in ird'schen Dingen
Ihm heitrer Glaube bleibt.

Mach' durch ein tröstlich Hoffen
Ihm leicht der Tage Last,
Und immer halt' ihm offen
Den Weg zu süßer Rast.

O all ihr Frühlingsdüfte
Tränkt ihn mit Jugend-Lust!
Ihr milden Sommerlüfte
Weht Kühlung seiner Brust!

Ein Fleckchen, schöne Erde!
Voll Blumen und voll Licht,
Darauf er glücklich werde,
Versag' dem Theuren nicht.

Und du, o Herr, sprich Amen,
Du Herr der Herrlichkeit!
Du, der durch seinen Namen
Die Lust am Leben weiht;

Der alles fromm Begehrte
Für seine Menschen schuf,
Der sie sich freuen lehrte,
Du höre meinen Ruf!
(S. 100-103)
_____



Liebe

Die Lieb' ist Alles! Wer zu lieben weiß,
Der kennt des Daseins einzig werthen Preis;
In ihm ist Gott - er hat das Licht, die Kraft,
Er hat den Glauben und die Wissenschaft!

Wer liebt, der lebt, und giebt des Lebens Lust
All' dem, was er umschließt mit warmer Brust;
Er theilet aus - sieht seinen Schatz nicht an,
Er weiß es, daß er endlos geben kann.

Die Liebe hat nicht Zweifel, hat nicht Noth,
Die Sünde kennt sie nicht, kennt nicht den Tod -
Die Lieb' ist ewig! - und darum allein,
Weil ich geliebt, werd' ich unsterblich sein!
(S. 110)
_____


Aus: Gedichte von Karoline Fidler
Als Handschrift [Berlin] 1844

 


 

Biographie:

Fidler, Frau Karoline von, geboren 24. August 1801 bei Glogau in Schlesien, gestorben 6. September 1874, sie war die Gattin des königlichen preussischen Generallieutenants Ferdinand v. Fidler. Ihre Gedichte wurden als Manuskript gedruckt. [Gedichte 1844]

aus: Lexikon deutscher Frauen der Feder. Hrsg. von Sophie Pataky
Berlin 1898

 

 


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