Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Dal

LXIII. (63)

Des Herzens eingeweihter Freund,
In dem Harem der Freundinn bleibt,
Und wer davon nicht Kunde hat,
Gewiß ein Läugner bleibt.

Wenn aus dem Schleier dieses Herz
Hervorgetreten; schmähe nicht!
Gott sey gebenedeit, daß es
Mit Wahn umhüllt nicht bleibt.

Ich trage eine Kutte zwar,
Die aber hundert Fehler deckt,
Die Kutte ist schon lang versetzt,
Nur noch der Gurt mir bleibt.

Die Frommen haben von dem Pfand
Die Kutten wieder ausgelößt,
Nur meine ist es, die bis jetzt
Als Pfand beim Wirthe bleibt.

Das Feuerwerk der Liebe ist
Der Angedenken herrlichstes,
Ein schöner's Denkmal giebt es nicht,
Das hier zurücke bleibt.

Auch andre Frommen giengen schon,
Betrunken wie wir sind, voraus,
Indessen von uns ganz allein,
Die Sage heute bleibt.

Mein Herz, das schon von Ewigkeit,
Durch alle Ewigkeiten liebt,
Dies ausgenommen, ist kein Mensch,
Der stets beschäftigt bleibt.

Rubinenfarber Wein, den ich
Aus dem Kristall des Freundes nahm,
Ward mir zur bittern Schmerzensfluth,
Die in dem Auge bleibt.

Es wundert Sina's Schönheit sich,
Durch deine Reize so verwirrt,
Daß sie in jeglichem Gemach
An Wänden hangen bleibt. 1

Seht die Narziße schwach und krank,
Aus Eifersucht des trunknen Augs,
Da sie dasselbe nicht erreicht,
Sie krank zurücke bleibt.

Das Herz Hafisens wallte einst
Den Pfad zu deinem dunkeln Haar,
Es sann, demselben zu entflieh'n,
Doch ewig es nun bleibt.

1 Die Formen sinesischer Schönheit sind berühmt im Morgenlande; Sina's Schönheiten sind so verwirrt, wenn sie dich anstaunen, daß sie aus Verwirrung an der Wand hängen bleiben. Daher die sinesischen Gemälde auf den Wänden.

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