Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Dal

XCVIII. (98)

Der Morgenwind will nun
Den Hauch des Moschusdufts verstreu'n,
Die alte Erde will
Ein andermal verjünget seyn.

Die Tulpe will ihr Glas
Aus Onyx geben dem Jasmin,
Und der Narziße Aug'
Mit Anemonen sich erfreu'n.

Der harte Trennungsschmerz
Der auf die Nachtigallen fällt,
Wird in den Rosenhain
In kurzem vorgedrungen seyn.

Wenn ich aus der Moschee
Zur Schenke gehe, hadre nicht,
Die Predigt ist so lang.
Die Zeit wird bald vorüber seyn.

Mein Herz, wenn du die Lust
Von heut auf Morgen stets verschiebst,
Für das geborgte Gut,
Wer wird Gewährsmann seyn?

Gieb in dem Mond Schaban 1
Den Becher nimmer aus der Hand,
Denn so was wird im Mond
Des strengen Ramasans nicht seyn.

Sprich mit der Ros', ergreif',
Ergreife die Gelegenheit,
Hier kam sie auf, die Flur,
Bald wird sie weggegangen seyn.

O Sänger, nun beginn dein Lied,
Versammelt ist der Freunde Kreis,
Das Lied: so war es einst,
Und so wird es auch ferner seyn.

Hafis kam deinethalb
In dieses Daseyns Land allein,
Geh' doch des Abschieds halb
Zu ihm, bald wird er ferne seyn.

1 Schaban, der Monat vor dem Ramasan oder Fastenmonde.


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