Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Dal

CXI. (111)

Spiele eine Weise auf,
Daß mit Seufzern wir dazu uns schlagen,
Singe uns Gesänge vor,
Daß wir Becher an einander schlagen.

Ist es uns gegönnet,
Unsern Kopf auf ihre Thür zu legen,
O so mag wohl das Geschrey
Unsrer Herrschaft an den Himmel schlagen.

Nur für einen einz'gen Blick
Spielen beide Welten aus den Weisen,
Auf den ersten Wurf muß man
Seine Seele in die Schanze schlagen.

In das Kloster taugen nicht
Die Geheimniße des Liebesspieles,
Denn der Schenkenknaben Glas
Muß in Schenken man zusammenschlagen.

Jugend, Liebe, Trunkenheit
Sind, was ich für mich beisammen wünsche,
Sind die Wörter erst vereint,
Dann ist's leicht, den Redeball zu schlagen.

Deine Locken rauben unser Heil,
Und hierüber ist sich nicht zu wundern,
Denn ein Räuber, der dir gleicht,
Kann wohl hundert Karawanen schlagen.

Wenn auf meines Auges Quell
Meines Freundes Schatten fallen sollte,
Will ich für den Staub des Weg's,
Wasser aus dem Stein des Herzens schlagen.

Die Erkenntniß, der Verstand
Und die Wissenschaft verschönt die Rede,
Wenn dies alles sich vereint,
Ist es leicht, den Worteball zu schlagen.

Meine krumm gebeugte Form
Scheinet nur Verachtung zu verdienen,
Doch ein Bogen ist sie nur
Dessen Pfeile viele Feinde schlagen. 1

Wenn der Freundinn Hochgenuß
Eine einz'ge Thür eröffnen wollte,
Würden dieser Hoffnung voll
Töpfe auf der Schwelle sich zerschlagen.

Ich beschwöre dich, Hafis,
Bei dem Koran! laß die Gleißnereyen,
Denn nur die Aufrichtigen
Können ihrer Wünsche Ballen schlagen.

1 Mein Alter bringt mir manche Vortheile; dem Greisen gewähren die Schönen leichter manche Gunst, die sie der Jugend versagen.



zurück