Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Dal

CXXV. (125)

Ein Morgen war, wo mir ein Glas
Von Wein ist zugefallen.
Wo von dem Mund des Schenken Wein
Mir auf den Gaum gefallen.

Der Jugend-Zeiten wollte ich
Zurücke wieder führen,
Ach leider! daß schon lange her
Die Scheidung vorgefallen.

In eine Ecke träumt' ich mich,
Von seinem trunk'nen Auge,
Ach leider! daß mir die Geduld
Ob seinen Brau'n entfallen!

Verkündigt Freudenkunde nun,
Weil in dem Morgenschlafe
Noch gestern in mein Kämmerlein
Ein Sonnenstrahl gefallen.

Wohin ich immer gieng und kam,
Erfuhr ich, daß die Heilung
Von seiner Blicke süßem Spiel
Sehr weit entfernt gefallen.

O Schenke gieb den Becher her,
Denn wer auf diesem Pfade
Nicht wie Verliebte gehet, ist
In Heuchelei verfallen.

Vernehmet, daß Hafisens Geist,
Als er dies Lied geschrieben,
Gleich einem Vogel in das Netz
Von der Begier gefallen. 1

1 Während ich dichtete, sagt Hafis, trug mich die Fantasie auf ihren Fittigen zur Freundinn hin, wo ich mich im Netze der Begier fieng.


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