Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Mim

XXXIII. (33)

Mein Schmerz kommt von der Freundinn,
Und auch die Arznei dazu.
Mein Herz ist aufgeopfert,
Und meine Seele auch dazu.

Die Leute sagen: dieses
Ist besser als die Schönheit noch,
Doch sie besitzet Schönheit,
Und dieses Andre auch dazu.

Der beiden Welten Schimmer
Ist nur ein Abglanz ihres Lichts,
Dies sage ich vor Allen,
Und sag' dies heimlich auch dazu.

Ihr Freunde, ich erzähle
Verhüllt im Schleier Euch das Wort,
Doch sagt es immer wieder
Und macht Erzählungen dazu.

Die trunkene Narzisse, 1
Die Locken helfen auch dazu.
Erinnert Euch der Freundinn,
Die blos aus Durst nach meinem Blut
Den Bund zuerst gebrochen,
Und die Verträge auch dazu.

Die Nächte des Genusses
Mit ihrem Himmel sind vorbei,
Doch tröstet Euch, die Nächte
Der Trennung schwinden auch dazu.

Das Bild von ihrem Maale, 2
O weh! vergoß so oft mein Blut,
Zuerst vor allen Leuten,
Und später heimlich auch dazu.

Es fürchten sich Verliebte,
Nur keinem Richter bringe Wein,
Und wenn du willst, so bringe
Des Sultans Wein-Verboth dazu.

Es weiß des Weines Wächter, 3
Er weiß, Hafis sey tief verliebt,
Und nicht allein der Weinvogt,
Es weiß es der Wesir dazu. 4

1 Die trunkene Narzisse das Auge der Geliebten.

2 Das Bild ihres Maales, das mir vor Augen schwebte, war die Ursache, daß ich blutige Thränen vergoß, erst öffentlich, dann auch heimlich.

3 Der Vogt des Weines, der Polizeibeamter, dessen Pflicht es ist, über die strenge Aufrechterhaltung des Weinverbothes zu wachen.

4 Der Aßaf Salomons. Aßaf war nach der Sage der Morgenländer der weise Großwesir des großen und weisen Königs Salomon.



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