Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Mim

XXXIV. (34)

Ich habe einen Liebesgötzen,
Im stillen Gemache,
Die Locken und die Wangen haben
Mich zwischen zwey Feuern. 1

Ich bin verliebt, ich bin betrunken,
Und singe zum Wein,
Und diese Tugenden verdank' ich
Den Hurisgestalten.

Wenn du der Meinung bist, ich werde
Verlieren die Sinnen,
So will ich mit den Morgenseufzern
Verwirren die Locken.

Und willst du dich bis zu dem Fenster
Der Trunkenen wagen,
So hab' ich Wein geklärt von Hefen,
Und liebliche Lieder.

Und wenn des Freundes Grünspanflaumen
So lieblich sich zeigen,
So will ich gerne meine Wangen
Mit Blute besprengen.

O bringet mir den Pfeil der Brauen,
Den Panzer der Locken,
Denn mit dem wunden Herzen hab' ich
Viel Kriege zu führen.

Hafis! da auf der Welt die Leiden
Und Freuden vergehen,
So ist es besser, daß du immer
Von frohem Gemüth seyst.

1 Der zweite Vers heißt von Wort zu Wort: Weil ich wegen der Wangen und Locken Hufeisen in's Feuer halte. Um dies zu verstehen, wisse man zuerst, daß es eine der orientalischen Zauberkünste ist, durch glühende Hufeisen Jemanden Liebe einzuflössen. Man schreibt nämlich den Namen der mit Liebe zu bezaubernden Person, und wirft es ins Feuer. Wie es zu glühen anfängt, schmilzt das kalte Herz in Liebe.
Sudi meint, daß die schwarzen Locken das Hufeisen, und die brennenden Wangen das Feuer vorstellen; Sie stehen aber beide hier unter derselben Beziehung, als der Zauber, wovon Hafisens Herz zerschmilzt.



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