Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Mim

XXXIX. (39)

O löse nicht die Locken auf,
Daß du mich nicht in Staub auflösest,
O fange nicht zu kosen an,
Daß du nicht meinen Bau zerstörest!

Entflamme deiner Wangen Gluth,
Der Rosen kann ich dann entbehren,
Nicht deines Wuchses Höhe auf,
Ich thu' Verzicht auf die Cypreßen.

Mach' dich nicht allzuviel berühmt,
Sonst muß ich in's Gebirge wandern.
Liebkose mir nicht wie Schirin,
Sonst wirst du zum Ferhad mich machen.

O trinke Wein mit Andern nicht,
Sonst trinke ich das Blut des Herzens,
Erinnre dich nicht Jedermanns,
Damit ich Deiner mich erinnre.

O ringle deine Locken nicht,
Sonst würdest du für stets mich fesseln,
Und schmücke nicht dein Angesicht,
Sonst richtest du mich ganz zu Grunde.

Den Fremden schenke nicht dein Herz,
Damit ich noch bei Sinne bleibe.
Um Andrer Leiden gräm' dich nicht,
Daß du mich nicht zu viel betrübest.

Sey nicht in jedem Kreis das Licht,
Sonst wird das Feuer mich verzehren,
Und setze deinen Kopf nicht auf,
Sonst schrey ich auf bis zu dem Himmel.

Erbarm' dich meiner, ich bin arm,
Und komm' mir endlich doch zu Hülfe,
Daß zu dem Thor des Großwesirs
Mein Winseln und mein Schreyn nicht dringe.

O Schicksal sey nicht ungerecht,
Daß man Hafisen nicht ermordet,
Erzeige dich vielmehr mir gut,
Daß ich Gerechtigkeit erfahre.


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