Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Mim

LXVIII. (68)

Ich schloß ein Bündniß mit dem Liebchen,
Daß ich, so lang ich Leben habe,
Die Liebenden, die sie besuchen,
So werth, wie meine Seele habe.

Hiemit sey kund: daß meine Freuden
Durch diese Tschügilskerze leuchten,
Daß ich das Licht des Aug's, des Herzens 1
Von diesem Monde Chotens habe.

Wenn ich nach meines Herzens Wünschen
Mich in der Einsamkeit befinde,
Was ist's, was ich von bösen Zungen
Der Neider dann zu fürchten habe?

Wenn wider mich im Hinterhalte
Sich hundert Heere Schöner lagern,
So dank' ich Gott, daß ich ein Liebchen,
Das hundert Heere tödtet, habe.

Bey Gott dem Herrn! o Nebenbuhler,
Schließ diese Nacht durch deine Augen,
Weil ich mit ihrem Mundrubin
Viel Heimliches zu sprechen habe.

Wenn ich in ihrem Rosenbeete
Herumgeh', so ist Gott mein Zeuge
Daß ich nach Tulpen, nach Narzißen,
Nach Lilien kein Verlangen habe.

O du verständ'ger guter Alter,
O halte mich nicht ab von Schenken,
Weil ich im Punkt der Becher-Untreu,
Ein kitzliches Gewissen habe.

Mir perlet süßer Wein in Bechern,
Ein Liebchen habe ich zum malen,
Ich weiß wohl, es besitzet Keiner
Ein Liebchen, wie ich eines habe.

In meinem Haus steht eine Ceder,
In deren hohen kühlen Schatten,
Ich weder Cedern noch Cypreßen,
Noch Buchs und Ahorn nöthig habe.

Es ziemt sich, daß an ihrem Ringe
Die Kräfte Salomons ich preise, 2
Ich weiß nicht, was mit diesem Namen
Vom Satan ich zu fürchten habe.

Es lebte lang Hafis im Stillen,
Nun kennet ihn die Welt als Trinker,
Was fürchte ich, so lang' ich Schönheit
Auf dieser Welt zum Hüter habe.

1 Tschigil und Choten Landschaften Turkistans, der Pflanzschule und Mutterscheide schöner Jünglinge.

2 Anspielung auf Salomons Siegel, in dem die Namen Gottes eingegraben waren, vor denen die Hölle zittert.



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