Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Ja

XLVII. (47)

Komm', o Schenke, mit Wein sind der Tulpen Kelche gefüllet,
Wie lange noch den Mönchebrauch!

Laß den Stolz und laß Schmeicheleien bei Seite,
Wo sind die Kaiser Sina's? Rom's? 1

Sey' vernünftig, es hat der Vogel sich eben betrunken.
Erwach'! der Schlaf des Nichts harrt dein.

Ast des Frühlings, wie schön ist deine Schaukelbewegung!
Dich treffe nicht der Sturm des Winters!

Freunde, glaubet mir, traut den glatten Worten des Glücks nicht,
Weh' dem! der sich darauf verläßt.

Morgens warten Huris auf uns in Edens Gefilden,
Und heut die Schenken mit dem Glas.

Es erinnert der Ost an die Zeiten der Fürsten von Saba,
Gieb uns das Glas zur Seelenkur,

Sieh' nicht auf die Pracht, und auf den Schimmer der Rose,
Der Wind zerstreut jedes Blatt.

Auf die Gesundheit Hatems gieb uns ein Glas von zwey Maaßen,
Man bürde uns den Geiz nicht auf!

Dieser Wein von röthlicher Farb' und süßem Geschmack
Macht meinen Liebling roth und süß.

Bringe den Polster heraus, es warten auf dich in dem Garten
Die Ceder und die Flöte schon.

Höre die Sänger der Flur, sie haben zusammengestimmet
Die Flöten und das Barbiton.

Deine Zaubergesänge, Hafis, sind durchaus verbreitet,
Von Sina bis nach Griechenland.

1 Eigentlich mein Hafis unter den Kaisern nicht den römischen, sondern den griechischen, wie dieses auch aus dem Schlußverse erhellet. Doch führten ja auch die griechischen Kaiser den Titel der römischen, und Romanien (Rumili) war damals in Asien, wie heut in Europa.


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