Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Ja

LIV. (54)

Die Untreu' ist zum Modebrauch geworden,
Und niemand weiß von Freundschaft und von Treu';

Es nahen Würdige sich jetzt Nichtswerthen,
Und strecken ihre Hand um Gaben aus.

Wer in der Welt heut tugendhaft und weis' ist,
Ist keinen Augenblick von Gram und Sorgen frey.

Im Ueberfluß hingegen lebt der Dumme,
Mit Ehren und mit Gold stets überhäuft,

Und singt ein Dichter fließend wie das Wasser
Gefühlvoll, sprechend zum Gemüth, zum Sinn,

So schenket ihm der Geiz doch keinen Heller,
Säng' er auch Sprüche Abusina's werth.

Zu dem Verstand sprach die Vernunft noch gestern:
Geh' fort, gedulde dich und klage nicht;

In der Zufriedenheit such' deinen Reichthum,
Und trinke Wein statt andrer Arzney.

Hafis! du folge diesem guten Rathe,
Denn fällt dein Fuß, so hebt dein Kopf sich auf.


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