Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Ta

XXXVI. (36)

Wie wohl der Wein die Herzen erfreut,
Wie wohl der Wind die Rosen verstreut,
So trink' doch nicht zum Lautengetön,
Denn scharf ist der Wächter.

Wenn eine Flasche oder ein Freund
Von ungefähr zu Händen dir kommt,
So trinke mäßig, und mit Verstand;
Die Zeiten sind böse.

In deinen Kuttenärmel hinein
Versteckest du mit Sorgfalt das Glas,
Sieh unsre Zeiten träufen von Blut,
Wie das Auge der Flasche.

Mit Thränen will ich waschen hinweg
Aus meiner Kutte Flecken des Weins.
Wir leben in der Mäßigkeit Zeit,
In Tagen der Faste.

Der Weltlauf ist ein blutiger Stahl,
Sieh nur als Tropfen fallen herab,
Der Nuschirwane glänzendes Haupt,
Die Kron' der Perwise. 1

Verlange von den Zeiten nicht Ruh',
Und thu' Verzicht auf Güter der Welt,
Der reinste Wein von diesem Gefäß
Ist trübe wie Hefen.

Mit deinen Liedern hast du Hafis
Bisher erobert Fars und Irack,
Tebris und Bagda harren nun dein,
Die Reih' ist an ihnen.

 

1 Ein kühnes Bild. Die Tropfen, welche dem blutigen Schwerdt des Weltschicksals entlaufen sind, Häupter von Königen, wie Nuschirwan, und Kronen von Chasroen wie Perwis.


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