Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Ta

XLV. (45)

Daß es nicht gut an fremder Thür' zu klopfen, weiß
Der Sucher, der den Weg zur Thür' der Schenke weiß.

Wohl dem, der zu dem Wirth den Weg gefunden hat,
Weil er durchs Glas Geheimnisse des Klosters weiß.

Das Loos giebt jenem nur den Thron der Trunkenheit,
Der Erdenglück Schlafmützen gleich zu schätzen weiß.

Du fordre mir nichts mehr als Narrensitte ab,
Indem mein Scheich Vernunft für Sünde hält und weiß.

Wer in des Schenken Angesicht sein Schicksal liest,
Er ists, der uns das Glas Dschemschids zu deuten weiß. 1

Ich flehe nicht um Gnad' das Aug' des Schenken an,
Weil ich die Tyrannei der schwarzen Türken weiß. 2

Ich weine über mein unglückliches Gestirn,
So daß Nahid es hört, daß selbst der Mond es weiß. 3

O glücklich wer im Becherrand den neuen Mond,
Der Vollmond in dem Schenken selbst zu finden weiß.

Hafisens heimliches Gekos' und Trinkgelag
Ist kein Gelag wovon der Fürst, der Richter weiß.

Des Schahes Macht weit höher als der Luft Gewölb 4
Ist Probe nur, was ich vom Rang des Freundes weiß.

 

1 Wer in den Gesichtslinien des Freundes liest, kann auch im Staube die Zauberlinien, welche auf dem Becher Dschemschids eingegraben waren, lesen und verstehen.

2 Das schwarze Auge des Geliebten ist hier als schwarzer, das ist, als unbarmherziger Türke personificirt.

3 Nahid oder Sohre, der weibliche Genius des Morgen- und Abendsterns.

4 Die Macht und Herrlichkeit des wirklichen Schahes ist nur eine Musterprobe von der Größe und Herrlichkeit meines Geliebten.


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