Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Dal

CLVII. (157)

Wollte wegen jeder Sünde
Gott der Herr den Sünder greifen.
O da würde Weh und Klagen
Eine ganze Welt ergreifen.

Ihm sind Stroh und Berge Eines; 1
Manchesmal wird er den Bergen
Ihre Sündenlast verzeihen,
Manchesmal das Stroh ergreifen,

Immer sündig'st du auf Erden,
Weißt du nicht, daß in dem Himmel
Sie den Mond, wenn er gesündig't,
Ob der Mißethat ergreifen; 2

Freilich schein'st du rein am Saume, 3
Aber deine Mißethaten
Werden morgen sich erst zeigen,
Wenn zur Strafe sie dich greifen.

Ueber meine Sünden will ich
Eine Nacht so bitter weinen,
Daß den Freund der Strom der Thränen
Aller Orten soll ergreifen.

O Hafis, sobald der König
Einen will zum Tod hinrichten,
Sage, wer alsdann im Stand ist,
Seine Faßung zu ergreifen

1 Vor dem Herren sind Große und Kleine, Berge und Strohalmen gleich.

2 Wenn der Mond etwas verbrochen, wird er ergriffen und gezüchtigt. Daher die Sonnen- und Mondfinsternisse. Eine mehreren Völkern in der ersten Kindheit gemeinsame Vorstellung.

3 Der Saum deines Kleides ist zwar nicht mit Staub befleckt. Du bist rein von Lastern.


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