Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Ta

LIII. (53)

Blutdurchstriemt ist der Apfel des Aug's von Weinen und Klagen,
Siehe! dahin hast du liebende Augen gebracht.

Blut wird röthlicher Wein, wenn aus dem Glase des Kummers
Trink' auf das Wohl des Munds und des betrunkenen Augs.

Wenn die Sonne im Ost von deinen Wohnungen aufgeht,
Strahlet mein Stern sogleich heller, als Glückesgestirn.

Nimm mein Herz in die Hand, du gleichst den Cedern an Anmuth,
Sprich ein einziges Wort, lieblich entfließt dir das Wort.

Schenke verschaffe mir Ruh' mit einigen kreisenden Gläsern,
Denn die kreisende Welt hat mich zu Boden gedrückt.

Seit dem Augenblick, wo das Liebchen den Händen entflohen,
Ist der Saum des Kleids wie von dem Oxus durchnäßt.

Wie ist es möglich, daß sich mein trübes Inner's erfreue,
Liegt es doch nicht an ihm, sich zu erfreuen der Wahl.

Abgestorben der Welt sehnt sich Hafis nach Geliebten,
Wie ein armer Mann nach dem Vermögen Karuns.

Vom süßkosenden Munde Schirins, sang Lieder Ferhad einst,
Und das Herz Medschnun's stecket in Leilas Haar. 1

1 Ferhad und Schirin, Leila und Medschnun, zwei Paare von Verliebten, deren Geschichten von arabischen, persischen und türkischen Dichtern vielfach besungen worden sind.


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