Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Schin

XIV. (14)

Frommer komm' und pflücke Rosen,
Häng' die Kutte an die Dornen,
Tausch' das bittre Ordensleben
Ein mit lieblich süßem Weine.

Klosterbrauch und Mönchessitte
Laß beim Ton der Laute fahren;
Rosenkranz und Stole schenke
Für den guten Wein der Trinkern.

Schwere Tugend, die der Schenke
Der Geliebte dir nicht abkauft,
Gieb im Kreis des Flurenfestes
Zum Geschenk den Frühlingswinden.

Der Rubin bezeichnet meinen
Weg, o Herrscher der Verliebten,
Schenke weg mein Blut an's Grübchen
Von dem Kinne meines Freundes.

Freund, der du den Weg zum Trinkort
Deines Wunsches hast gefunden,
Schenke an mich Armen einen
Tropfen dieses Wonnemeeres.

Dankbar, weil dein Auge niemals
Hat gesehen diese Götzen,
Wirst du gerne mein Verliebtseyn
Gottes Gnade überlassen. 1

Schenke! Wenn nun dein Gebiether
Seinen Morgensegen trinket,
Sag' ihm: schick' den goldnen Becher
An Hafis, der Nächte wachet.

 

1 Aus Dankbarkeit dafür, daß du nie diese Schönheit schautest, und also nie in Versuchung gesetzt wurdest, wirst du wohl meine Liebe nachsichtiger und gelinder beurteilen.


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