Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Dal

46.

Jedem Blicke eine Sonne
Strahle deiner Reize Licht!

Schöner noch als selbst die Schönheit
Sei dein schönes Angesicht!

Eines Falken Glanzgefieder,
Einem Huma gleicht dein Haar:

Alle Königsherzen schirme
Dieser Flügel immerdar!

Wer von deinen Locken nimmer
Freudig sich gefesselt fühlt,

Sei, wie deine eig'nen Locken,
Stets verworren und durchwühlt!

Und das Herz, das für dein Antlitz
Nicht entbrennt in Liebesgluth,

Sei getaucht für alle Zeiten
In des eig'nen Busens Blut!

Wenn, o Götze, deine Wimper
Ihren Pfeil vom Bogen schnellt,

Sei's mein wundes Herz, das freudig
Ihm den Schild entgegenhält!

Und wenn einen Kuss verschenket,
Süss wie Zucker, dein Rubin,

Sei der Gaumen meiner Seele
Voll von Zucker stets durch ihn!

Jeden Augenblick erweckest
Frische Liebe du in mir:

D'rum verleihe jede Stunde
Eine and're Schönheit dir!

Innig sehnt Hafisens Seele
Sich nach deinem Angesicht:

O entziehe doch die Blicke
Sehnsuchtsvollen Männern nicht!
 

 

 

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