Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Dal

88.

Ob des Zechens und der Liebe
Schmäht mich jener Stolze nur,

Der da leugnet das Geheimniss
Einer höheren Natur.

Sieh nur auf der Liebe Fülle,
Auf der Sünde Mängel nicht:

Denn auf Fehler sieht nur Jener,
Dem es an Verdienst gebricht.

So gewaltig auf den Islam
Stürmt des Schenken Wimper ein,

Dass sich nur der Wein, der rothe,
Noch enthält vom rothen Wein.

Süsser Duft, wie ihn die Huris
Nur verhauchen, füllt das Land,

Wenn mit meiner Schenke Staube
Er durchwürzet Sein Gewand.

 Nur der Beifall weiser Männer
Öffnet uns des Glückes Schatz:

Ziehe Niemand je in Zweifel
Diesen sinnerfüllten Satz.

Jener Hirt aus Eïmen's Thale
Kömmt zu der gewünschten Macht

Erst, wenn treu in Jethro's Dienste
Manches Jahr er zugebracht.1

Blut nur ist's, das aus dem Auge
Bei Hafisens Liede dringt,

Wenn er von der Zeit der Jugend
Und des Alters Tagen singt.
 

1 Moses, der als Hirte im Thale Eimen in Arabien lebte, wo ihm Gott im Dornbusche erschien und wo er die Zauberruthe fand, mit der er später seine Wunder wirkte, hatte wegen eines an einem Ägyptier verübten Mordes sich dahin geflüchtet. Jethro (Sch'oaib), ein Priester der Madianiten, nahm ihn daselbst für mehrere Jahre in seine Dienste.

 

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