Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Dal

167.

Ich sprach: »Du warst im Irrthum,
Das war das Mittel nicht.«

Er sprach: »Was ist zu machen,
Wenn so das Schicksal spricht?«

Ich sprach: »So manche Sünde
Ward zugeschrieben dir.«

Er sprach: »Weil auf das Stirnblatt
Sie ward gezeichnet mir.«

Ich sprach: »Dein böser Nachbar
Bracht' dir dies Missgeschick.«

Er sprach: »Mein Nachbar heisset
Mein eig'nes böses Glück.«

Ich sprach: »O Mond, wesswegen
Lieb'st du mich nimmermehr?«

Er sprach: »Weil schlecht ich liebte,
Grollt mir der Himmel sehr.«

 Ich sprach: »Du leertest früher
So manchen Lustpocal.«

Er sprach: »Es liegt die Heilung
Im spätesten allemal.«

Ich sprach: »Du bist das Leben:
Was eil'st du so dahin?«

Er sprach: »Wie sollt' ich anders?
Muss doch das Leben flieh'n.«

Ich sprach: »Von hinnen reisest
Du allzu eilig ab.«

Er sprach: »Nur weil sich dieses
Als zeitgemäss ergab.«

Ich sprach: »Aus welchem Grunde
Bliebst fern du von Hafis

Er sprach: »Zu allen Zeiten
War mein Verlangen dies.«1
 

1 Der Commentator Sudi bemerkt, dass mit Ausnahme dieses letzten Distichons dieses ganze Ghasel sich Wort für Wort unter den Gedichten des Dichters Selman vorfinde, aus denen es durch irgend ein Versehen in den Diwan des Hafis überging.

 

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