Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Sad

2.

O komm, auf dass ein Duft der Seele
Aus jener Wange mich erquicke,

Da ich des eig'nen Herzens Zeichen
An jener Wange froh erblicke.

Was Commentare von den Reizen
Und von der Huld der Huris sagen,

Darüber magst, zu näh'rer Deutung,
Du jene Wange selbst befragen.

Es liegt die stattliche Zipresse
Vor jenem hohen Wuchs im Staube;

Erröthend weilt vor jener Wange
Die Rose in der Rosenlaube;

Beschämt muss des Jasmines Körper
Zurück vor jenem Leibe treten;

Im Blute muss, ob jener Wange,
Das Herz des Ergawan's sich betten;

 Den Moschusduft hat China's Nabel1
Nur jenem Lockenhaar entnommen,

Den Himmelsduft das Rosenwasser
Von jener Wange nur bekommen.

Dein liebes Antlitz hat der Sonne
Des Thaues Schweiss herausgetrieben,2

Und schmächtig ist ob jener Wange
Der Mond3 am Firmament geblieben.

Ein wahres Lebenswasser träufet
Stets aus Hafisens holdem Sange:

So träufen Seelen, hold verwandelt
In zarten Schweiss, von jener Wange.
 

1 Der aus dem Nabel des in China einheimischen Moschusrehes gezogene Moschus.

2 D.h. Der Morgenthau ist der Schweiss, der der Sonne aus Neid über dein liebes Antlitz herausgetrieben ward.

3 Eben so ist der Neumond, aus Eifersucht auf jene Wange, schmächtig geblieben.

 

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