Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Lam

3.

O du, mit Wangen, schön wie Eden,
Und Lippen gleich dem Selsebil!1

Der Selsebil setzt dir zu Liebe
So Herz als Seele auf das Spiel.

Der junge Flaum um deine Lippe,
Gehüllt in grünliches Gewand,

Ist einer Schaar von Ämsen ähnlich
Rings um des Selsebiles Rand.

O kühle, Herr, das helle Feuer
Das stets die Seele mir durchwühlt,

Auf gleiche Art wie du für Jenen
Den Freund du nanntest, es gekühlt!2

Ich finde nicht in mir, o Freunde,
Die Kraft um Ihm zu widersteh'n,

Denn Er ist im Besitz von Reizen
Die reizender man nie geseh'n.

 Lahm ist mein Fuss und von dem Ziele
Trennt mich ein himmelweiter Raum;

Kurz ist mein Arm und lockend winket
Die Dattel auf dem Dattelbaum.

Die Pfeile deines Auges haben
Bereits in jedem Winkel dir

Wohl hundert Leichen schon geopfert,
Die alle fielen, ähnlich mir.

Hafis der, durch die Macht der Liebe
Zum holden Liebling, ward besiegt,

Gleicht einer Ämse die zu Füssen
Des mächt'gen Elephanten liegt.

Dem Könige der Welt sei Dauer,
Glück und Zufriedenheit beschert:

Sammt allen Gütern dieser Gattung,
Die er sich wünschet und begehrt!
 

1 Selsebil, der Name eines Quelles im Paradiese.

2 Gott hatte das Feuer, in welches Nimrod Abraham, der Chalil-üllah, d.i. Freund Gottes heisst, werfen liess, für ihn in eine kühle Rosenlaube verwandelt.

 

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