Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Mim

68.

Ich kam ja nicht an diese Pforte
Auf dass ich Rang und Ruhm begehre:

Ich kam auf dass vor Missgeschicken
An diesem Ort ich sicher wäre.

Ich wandle nach dem Haus der Liebe,
Und fernher von des Nichtseins Strande

Kam ich den weiten Weg gegangen
Bis in des Daseins frohe Lande.

Ich sah den Flaum auf deiner Wange
Im frischen Grün, gleich einer Wiese.

Und kam, um dieses Kraut der Liebe
Zu holen, her vom Paradiese.

Mit einem solchen Schatz des Wissens,
Bewacht vom treuen Geist1, dem Horte,

Kam ich, so dürftig wie ein Bettler.
Zu eines Königshauses Pforte.

Wo ist der Anker deiner Milde,
O Segensschiff, lass mich ihn finden!

Denn auf dies Meer der Gnade kam ich
Ganz eingetaucht in meine Sünden.

Der Glanz vergeht. O Wolke, tilge
Das Unrecht das ich mochte üben!

Ich kam ja, in das Buch der Thaten
Mit schwarzen Lettern eingeschrieben.

Hafis, befreie dich für immer
Von diesem wollenen Gewande:

Denn dieser Karawane folgend,
Kam ich mit einem Feuerbrande.2
 

1 Der treue Geist ist der Erzengel Gabriel.

2 D.h. Denn ich folge dieser Karawane der Gleissner mit dem Feuerbrande meiner heissen Seufzer, um sie zu verbrennen.

 

zurück