Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Waw

6.

Der Flaum um meines Freundes Wange,
Verfinsternd selbst des Mondes Licht,

Ist zwar ein schöner Hof zu nennen,
Doch einen Ausweg beut er nicht.

Des Freundes Braue ragt als Nische
Des Glücksaltares hoch empor:

An ihr nur reibe deine Wange
Und ihr nur trage Bitten vor.

Bewahre dir, du Hefentrinker
An Dschem's Gelag, den Busen rein:

Dem Wunderglase, diesem Spiegel
Kann, ach, kein Ding verborgen sein,1

Dem Thun der Zellenmänner dank' ich's
Dass ich ein Weinverehrer bin;

Betrachte diesen Rauch2: es schwärzte
Mein Buch des Lebens sich durch ihn.

 Nun treibe was er immer könne
Der böse Feind, genannt: der Gram,

Weil, Rettung suchend, meine Zuflucht
Ich zu den Weinverkäufern nahm.

O Schenke, mit des Weines Lichte
Beleuchte hell der Sonne Bahn,

Und sprich zu ihr: »An ihr nur zünde
Der Morgenstunde Fackel an.«

Begiess das Tagbuch meiner Thaten
Mit Wasserfluthen; weil nur dann

Die Menge eingeschrieb'ner Sünden
Vielleicht daraus verschwinden kann.

Ob wohl bei jenen Träumereien,
In die der Bettler sich versenkt,

Ein Tag am Ende noch erscheine
An dem der Kaiser sein gedenkt?

Hafis hat zu dem Fest Verliebter
Die Instrumente aufgestellt,3

 D'rum möge er auch niemals fehlen
Auf dieses Lustgelages Feld!
 

1 D.h. Im Weine ist Wahrheit. - Der Spiegel wird mit dem Ach in Verbindung gebracht, weil ein Ach, ein Hauch, den Spiegel trübt.

2 Den Rauch nämlich, der aus dem verborgenen Feuer des gleissnerischen Thuns der Zellenmänner aufsteigt, d.i. ihre schwarzen Verläumdungen in Bezug auf mich.

3 Die Worte Üschschak, die Verliebten, und Rast, Aufstellung, Bereitung, sind zugleich Namen musikalischer Tonweisen.

 

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