Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Je

13.

Erzählt man von dem Paradiese
Ist's die Geschichte deines Gau's,

Und schildert man der Huris Schönheit,
Spricht deiner Wange Reiz man aus.

Ein Scherz nur ist der Odem Issa's
Gen deine Lippe von Rubin,

Und Chiser's Lebenswasser deutet
Auf deines Mundes Süsse hin.

Ein jedes Theilchen meines Herzens
Erzählt vom Leid das ich erfuhr,

Und jede Zeile deiner Güte
Ist ein Erbarmungsverslein1 nur.

Durchwürzte wohl mit Wohlgerüchen
Den Sitzungssaal der Geisterschaar

Die Rose, wenn von deinem Dufte
Sie früher nicht durchdrungen war?

 Aus Sehnsucht nach dem Strassenstaube
Des Freundes bin ich ganz verbrannt;

Erinn're dich, o Morgenlüftchen,
Dass keinen Schutz ich bei dir fand.

Erblicke ich im Feuerpfuhle
Als Traumgebild dein Angesicht,

Dann, Schenke, komm, dann reizt zur Klage
Die Hölle mich ganz sicher nicht.

Mein schon gebrat'nes Herz erfüllet
Mit seinem Duft den Horizont,

Und dieser Feuerbrand des Innern
Lässt nichts, was sich ihm naht, verschont.

O Herz, die Weisheit und das Leben
Entschwanden dir im Selbstbetrug;

Du hattest hundert Capitale,
Und hattest nimmer noch genug.

Ist dir bekannt, aus welchem Grunde
Hafis hier trauernd klage? - Ei.

 Damit du freundlich auf ihn blickest,
Und der Monarch ihm gnädig sei.
 

1 Erbarmungsverse (Ajati rahmet) werden jene Verse des Koran's genannt, in denen vorzugsweise Gottes Erbarmung gepriesen wird, und deren Hersagung von besonderer Wirkung ist. - Ajet, Vers, heisst aber auch Zeichen.

 

zurück