Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Je

24.

Komm und behandle nimmer
Mit solchem Grolle mich;

Es binden ja die Pflichten
Der alten Freundschaft dich!

Horch meinem guten Rathe,
Der eine Perle ist,

Weit schöner als die Gemme
Die du im Schatz verschliess'st.

Komm armen Trunkenbolden
Zu Hilfe, Gott zu Lieb',

Wenn dir noch Saft der Rebe
Von gestern Abends blieb!

Allein, wann zeig'st den Zechern
Du deiner Wange Spur,

O du, dem Mond und Sonne
Als Spiegel dienen nur?

 Sprich nicht von Zechern übel,
Sei klug, o alter Mann:

Für gottgeliebte Leute
Empfändest Groll du dann.

Wie? fürchtest du dich nimmer
Vor meiner Seufzer Brand?

Du weisst ja doch, dich decket
Ein wollenes Gewand.1

Hafis, nie hört' ich Lieder
Wie deine schön und zart;

Dies schwöre ich beim Koran,
Den deine Brust bewahrt!2
 

1 D.h. Du weisst ja, dass du als Ssofi ein wollenes, folglich durch meinen Seufzerbrand leicht zu entzündendes Gewand trägst. Von diesem Gewande aus Wolle (Ssof) leitet man gewöhnlich den Namen der Ssofis ab, wenn dieser nicht vielleicht aus dem griechischen sojoz stammt.

2 D.h. Den du auswendig weisst. - Alle jene, die den ganzen Koran auswendig wissen, führen, wie eben auch unser Dichter, den Beinamen Hafis, d.i. der (den Koran im Gedächtnisse) Bewahrende.

 

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