Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Je

49.

Düfte jener Moschuslocke
Hauch'st du aus, o Morgenluft:

Bleibe mir als Angebinde,
Denn du mahn'st an Seinen Duft.

Dies mein Herz, worin der Schönheit
Und der Liebe Perle ruht,

Konnte ich gar leicht dir schenken,
Wahrtest du es nur auch gut.

Das Gewand der stolzen Reize
Passt nur deinem Wuchs allein,

Denn die Eigenschaft der Rose:
Duft und Farbe, nennst du dein.

Anspruch machen wie die Sonne
Auf der Schönheit weites Reich

Kömmt dir zu, denn Diener hast du
An Gesicht dem Monde gleich.

 Deine holden Eigenschaften
Trifft der einz'ge Vorwurf nur,

Dass du Wächter um dich duldest
Von gar trotziger Natur.

Rose, kannst du Lust empfinden
Bei des Sprossers Melodien,

Du, die plauderhaften Vögeln
Des Verstandes Ohr gelieh'n?

Mich berauschte deine Hefe;
Deinem Wohle einen Toast!

Doch aus welchem Kruge fliesset
Was du in der Kanne hast?

Trotze nicht auf deine Spröde,
Du Zipresse dort am Bach,

Denn in Seiner Nähe neigest
Du das Haupt bedeckt mit Schmach!

Als ich für Sein Wohl gebetet,
Lacht' er schlau und sprach zu mir:

 »Du, wer bist du und was hast du
Denn mit mir zu reden hier?«

Such', Hafis, der Liebe Perle
In der Zelle Winkeln nicht:

Tritt heraus, wenn sie zu suchen
Es an Lust dir nicht gebricht.
 

 

 

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