Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Je

51.

O du, mit dessen Grame mich
Vereint ein ew'ges Band!

Ich klage nicht, wenn fruchtlos auch
Um dich mein Leben schwand.1

Das Glück der Hunde deines Gau's
Begreift nicht wer's nicht kennt;

O wär' in jener Gegend doch
Zu wohnen mir vergönnt!

Mein nasses Auge gab, o Freund,
Dir mein Geheimniss Preis:

Erbarm' dich meiner Thränen, du
Der was mir mangelt weiss!

Kein Schöner kennt der Treue Pflicht:
Ihr mit dem reinen Sinn,

Erwartet Treue nicht von dem,
Dem Schönheit ward verlieh'n!

 Vorbei am Lebensquelle ging
Mit durst'ger Lippe ich:

So labe denn, o Schenke, du
Mit süssem Wasser mich!

Verlassen hab' ich dir zu Lieb'
Den Glauben und die Welt,

Aus Leidenschaft für dich entsagt
Der Ruhmsucht und dem Geld;

Und wenn auf deiner Schwelle Staub
Hafis sein Leben schliesst,

So lebt ein neues Leben er
Das unvergänglich ist.
 

1 Die zweite Hälfte jedes Distichons dieses Ghasels ist immer arabisch.

 

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