Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Je

56.

Geh', o Frömmler, mit der Hoffnung
Die da lebt in dir:

Eine Hoffnung, gleich der deinen,
Lebt ja auch in mir.

Tulpenhände halten Becher,
Halten sonst nichts mehr:

Komm, und bring' auch du, o Schenke,
Was du hast mir her!

An die Schnur der Liebestollen
Magst auch mich du reih'n,

Denn die Trunkenheit ist besser
Als das Nüchternsein.

Hüte dich vor mir, o Ssofi,
Hüte sorgsam dich!

Denn mich selber nicht zu hüten
Das gelobte ich.

 Komm, um fest das Herz zu knüpfen
An sein Lockenhaar,

Wenn Befreiung und Errettung
Dein Verlangen war.

Brich die Reu', um Gotteswillen,
In der Rosenzeit,

Denn der Zeit der Rosen mangelt
Die Beständigkeit!

Fortgezogen, theure Freunde,
Ist des Lebens Mai:

Also ziehen Frühlingswinde
An der Flur vorbei.

Komm, Hafis, um Wein zu trinken
Roth wie ein Rubin!

Wesshalb lässt du deine Tage
Sorglos weiterzieh'n?
 

 

 

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