Heilige Liebesspur

Worte von Heiligen, Mystikern und anderen Hellhörigen
(vom 17. Mai 2010)

(c) Günter Havlena - Pixelio.de




Johann von Staupitz
(1465-1524)




Die Liebe des Gesetzes Erfüllung


Ein Wahrzeichen der Liebe Gottes ist die Vollbringung der Gebote; denn Liebe gebiert Gleichförmigkeit, macht Ein Herz, Einen Willen, Eine Seele. Steiget sie über sich, so bildet sie sich nach dem Willen des Geliebten; fällt sie unter sich, so bildet sie alle Dinge nach ihr und schätzet kein Ding nach seiner natürlichen Güte, sondern nach ihrem Selbstgefallen, und macht also böse, was in Wahrheit von Gott gut erschaffen ist. Wer Gott über alle Dinge liebt, der lässet sich Alles wohlgefallen, was Gott wohlgefällt, und hat Mißfallen an Allem, was Gott mißfällt; darum liebt er die Gerechtigkeit und hasset die Bosheit. Das Ende des Gesetzes ist die Liebe zu Gott über alle Dinge, damit reimt sich nicht: übel thun. So hält denn der Mensch, der recht liebet, Alles, was ihm Gott geboten hat, Alles, was in den göttlichen Worten verborgen liegt nach der Lehre des h. Augustinus, der sagt: Liebe und thue, was du willst. Schweigst du, so schweig aus Liebe; redest du, so rede aus Liebe; strafst du, so strafe aus Liebe. Behalte die Wurzel in dem Herzen, die rechte göttliche Liebe, dann kann nichts denn Gutes aus dir kommen, nichts denn Seliges von dir geschehen. So werden die Menschen nirgends denn in der Schule der Liebe Gottes recht unterwiesen; in ihr allein werden Wirker des göttlichen Wortes geschaffen, alle andern Gotteskünste machen nichts, denn Hörer. Zu dieser Kunst der Liebe Gottes sollen die Ältern ihre Kinder, die Meister ihre Jünger, die Geistlichen ihre oder vielmehr die Schäflein Christi anleiten; was sie sonst lernen, ist nichts denn Arbeit und Peinigung des Geistes. Es bedarf keiner andern Kunst zur Seligkeit; es ist aber auch wahr, daß sie Niemand anders, denn Gott selbst lehren kann. Darum verbietet uns unser HErr Jesus Christus, daß wir zur Kunst der Seligkeit einen andern Meister suchen, denn Ihn allein.

 

 

Text aus: Stimmen aus dem Heiligthum der christlichen
Mystik und Theosophie. Für Freunde des inneren Lebens
und der tiefern Erkenntniß der göttlichen Dinge
gesammelt und herausgegeben von
Dr. Julius Hamberger [1801-1885]
Erster Theil Stuttgart 1857 (S. 170-171)


 

Bild: (c) Günter Havlena - Pixelio.de




 

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