Diotima!

Komm und besänftige mir das Chaos der Zeit ...


Friedrich Hölderlin (1770-1843)

Ausgewählte Gedichte


 




Hyperions Schicksalslied





Ihr wandelt droben im Licht
Auf weichem Boden, selige Genien!

Glänzende Götterlüfte
Rühren euch leicht,
Wie die Finger der Künstlerin
Heilige Saiten.

Schicksallos, wie der schlafende
Säugling, atmen die Himmlischen;
Keusch bewahrt
In bescheidener Knospe,
Blühet ewig
Ihnen der Geist,
Und die seligen Augen
Blicken in stiller
Ewiger Klarheit.

Doch uns ist gegeben,
Auf keiner Stätte zu ruhn,
Es schwinden, es fallen
Die leidenden Menschen
Blindlings von einer
Stunde zur andern,
Wie Wasser von Klippe
 Zu Klippe geworfen,
Jahr lang ins Ungewisse hinab.

Aus: Friedrich Hölderlin: Sämtliche Werke und Briefe
Erster Band. Carl Hanser Verlag München 1981 (3. Auflage) (S. 229)

 

 

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