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Helene von Hülsen
(1829-1892)
Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
Rose und Lilie
In Lenzes Pracht beisammen
Zwei Schwesternblumen steh'n,
Geküßt von einer Sonne,
Von eines Zephyrs Weh'n.
Dieselben Sterne blinken
Sie Abends traulich an,
Es darf der Strahl des Mondes
Zugleich nur Beiden nahn!
Und doch, wie ungleich sprießen
Sie aus des Schöpfers Hand,
Und werden deshalb Rose
Und Lilie benannt.
Verschieden ist ihr Weben,
Duft, Farbe, Form und Glanz,
Sieht man sie so verbunden,
Durchschaut man dies erst ganz.
Es strebt der Lilie Krone
Zum Himmel stattlich auf,
Und spricht zur zarten Rose:
"Ich ziehe dich hinauf!"
Doch wird der Kelch der Lilie
Zu reich mit Thau getränkt,
So stützt sie nur die Rose,
Auf die sie matt sich senkt.
Die Lilie zeigt den Himmel, -
Die Rose trinkt ihn ein,
So sollen Glaube, Liebe,
Stets treu beisammen sein.
Und alle, die da Rose
Und Lilie blühen seh'n,
Sie mögen fromm der Blumen
Geheimen Sinn versteh'n!
(S. 35-37)
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Gedenken
(Nach dem
Englischen)
Nie warf ich eine Blume hin,
Die Gabe Eines, dem ich lieb,
Denn in dem Blümchen lag ein Sinn,
Daß klein und welk es werth mir blieb.
Nie weilt' mein Blick zum letzten Mal
Auf Orten, theuer mir und traut,
Daß ich nicht fühlte bitt're Qual
Und sehnend oft zurückgeschaut.
Nie haucht mein Mund den Abschiedsgruß,
Als leisen Klang's und halb gebrochen,
Das Herz seufzt, das sich fügen muß,
O, würd' er nimmermehr gesprochen! -
(S. 42)
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Liebesträumen
Wie gern ich doch an dieser Quelle
Auf weichem Grase ruh'! -
Es rinnt so leis die klare Welle,
Ich seh' ihr träumend zu.
Viel Liebesworte, treue, süße,
Singt plätschernd mir ihr Lied,
Und bringt mir täglich tausend Grüße
Von ihm, der trauernd schied.
(S. 46)
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Ständchen
Im hellen, klaren Mondenschein
Steh' ich vor deinem Fensterlein,
Sanft schimmern die goldenen Sternelein,
Süß Liebchen, gute Nacht! -
Es ist so ruhig rings umher -
Kein Lufthauch streift die Bäume mehr,
Ganz dumpf nur von ferne erbrauset das Meer,
Hold Liebchen, schlummere sanft!
Hinauf zum Fenster will ich seh'n,
Bis Mond und Sterne untergeh'n,
Und will für dich zum Himmel flehn -
Mein Liebchen, träume süß.
(S. 47)
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Botschaft
1864
Flieg' hin mein Gruß, weit über Thal und Auen,
Bis zu den Grenzen der Lagunenstadt,
Wo von Balkonen holde Mädchen schauen,
Der Mönch noch immer eine Zuflucht hat.
Wo die Paläste stolzer Dogen ragen,
Die Barke leise durch die Wogen rauscht,
Indessen heimlich, ihr sein Leid zu klagen,
Der Goldolier auf seine Schöne lauscht.
Dort in der Heimath süßer Melodien,
Entschwund'ner Größe, ungeahnter Pracht,
Zu der noch immer müde Herzen fliehen,
Dort wünsche dem Geliebten gute Nacht.
Und wenn die dunkelblauen Himmelsräume
Mit Silberhauch der klare Vollmond füllt,
Dann wieg' ihn still in holde Heimathsträume
Und zeig' ihm mein, und meiner Sehnsucht Bild! -
(S. 52-53)
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Auf dem Wasser
Durch die stillen Fluthen gleiten
Wie in leichter Barke hin,
Eine Fahrt aus alten Zeiten
Kommt dabei mir in den Sinn.
Drüben, in des Kirchleins Schatten,
Seh' ich noch mich harrend steh'n,
Fröhlich dann am Arm des Gatten
Um die Inselspitze geh'n.
Alles noch an alter Stelle,
Ruhig blühend, still beschränkt,
Selbst der Mond, der silberhelle,
Droben ew'ge Bahnen lenkt.
Du allein hast dich erneuert,
Stilles Leben meiner Brust,
Was sich fremdem Blick verschleiert,
Bleibt mir selbst doch klar bewußt.
Längst ist alter Harm vergessen,
Alte Lust ist längst verrauscht,
O, wer wagt wohl zu ermessen,
Was der Stunden Wechsel tauscht.
Eines nur ist treu geblieben,
Unverändert, wie es war,
Meiner Seele frisches Leben,
Dir, o Ew'ger, bring' ich's dar! -
(S. 57-58)
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Aus: Aus Herz und
Leben
Gedichte von Helene
Berlin 1867
Verlag der Königlichen Geheimen
Ober-Hochbuchdruckerei
Biographie:
https://de.wikipedia.org/wiki/Helene_von_Hülsen
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