Wenn je ein Schönes mir zu bilden glückte . . .

Kurze Liebesgedichte deutscher Dichter und Dichterinnen

 



Karl Mayer
(1786-1870)


Folgsamkeit

Auch die Lüfte selbst nicht schliefen;
Alle säuselten und riefen:
Liebe! Liebe!
Und ich bliebe,
Selbst zur Folgsamkeit zu blöde,
Taub für solche Himmelsrede?
(S. 56)
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Liebesglück

Eigne Lust in deinem Blick gesellt
Sich dem Wiederglanz der Wonnewelt.
Liebliche, so magst du denn verzeihen,
Daß sich schneller Kuß und Blicke reihen:
Einmal bist du selbst die Theure mir,
Wieder herz' ich dann die Welt in dir.
(S. 66)
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Das treue Bild

Gleite, riesle, kleiner Quell,
Und in deinen Spiegel hell
Lächle das Vergißmeinnicht
Gelb und blaues Himmelslicht!
Einsam fließt dahin, Minuten,
Meines Lebens leise Fluthen!
Traget mir in holdem Schimmer
Bild und Angedenken immer!
(S. 71)
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Wechsel

Süßgeschützt vor fremdem Lauschen
Hörten wir im Küssetauschen
Lieblich Quell und Blätter rauschen.

Doch, wie trübe klingt dieß Rauschen,
Seit sich der Gefühle Tauschen
Nimmer läßt an uns erlauschen!
(S. 74)
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Aus: Lieder von Karl Mayer
Stuttgart und Tübingen
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung 1833



 

 


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