Leonie Spitzer
(1891-1940)


Auch das leiseste Wort
streift von des heilgen Erleben
schüchternem Flügelbeben
etwas Schimmerstaub fort.

Daß es bei keinem Schlage
von seinem Reichtum verlier,
dulde, daß schweigend zu dir
mein Herz seine Liebe trage! (S. 28)
_____



Du hast mich erst gelehrt, was Leben ist!
Ich fror: jetzt stehe ich in Flammen.
Das Glück, das mir durch dich gegeben ist,
schlägt wie ein Feuer über mir zusammen.

Im Glück und Weh der allzu starken Glut
packt mich die Angst, sie könnte mich verlassen -
denn meine Hände können sie nicht fassen,
so wie mein Herz es tut. (S. 58)
_____



Alles, was ich habe ist dein.
Meine Gedanken und Handlungen tragen
deinen Stempel, die Lieder sagen
nur, was du trugest in mich hinein.
Von der Art, meine Hände zu falten
bis zur geringsten Alltäglichkeit
hab ich alles von dir erhalten,
hat dein Berühren mein Leben geweiht,
und so ist es nicht zu vermeiden
und du mußt mir gütig verzeihn,
vermag ich nicht immer zu unterscheiden
zwischen mein und dein. (S. 62)
_____


Aus: Leonie Spitzer Wandlungen der Liebe
J. G. Bläschke Verlag Darmstadt 1978