Amor und Bacchus

oder

Liebe und Wein

Ausgewählte Gedichte deutscher Dichter und Dichterinnen
 

 

 



Johann Christoph Friedrich Haug
(1761-1829)


Amor und Bacchus

Der kleine Schäker Amor
Fand einst den Gott der Reben
Auf grüner kühler Thalflur
In tiefem Schlaf' - und Zecher
Mit Scharlachnasen traulich
Um ihren Herrn gelagert,
Die laut das lächerlichste
Concert gen Himmel schnarchten.
Nein! rief Cytherens Söhnchen,
Nein, Frevler, so geruhig
Sollt ihr nicht wieder schlafen!
Umflieg' ich darum rastlos
Den Menschenball, und zaub're
In Aller Herz geschäftig
Der Liebe süsse Qualen,
Der Liebe wache Sorgen,
Um hier, kein Gott, ein Knabe,
Vor Schläfern mich zu schämen? -
Gott Amor ist's! - Gehuldigt!
Im Rebensafte sollt ihr
Den Trank der Liebe schlürfen.
Er rief's, und mischte zürnend
In Becher, Krüge, Schläuche
Des süssen Giftes Tropfen,
Das sorgenfreie Zecher
Zur Liebe mählig anlockt,
Und den Verstand umnebelt. -
Seit diesem Augenblicke
Sind Wein und Liebe magisch
Verschwistert. - Dank auf ewig,
Dank deinem schönen Zorne,
Du kleiner Gott der Liebe!
Selbst Bacchus jauchzte froher
An Ariadnens Busen.
Du hast der Zecher Freuden
Vermehrt, erhöht, du Holder!
Sie trinken nun, und lieben.
Dank deinem schönen Zorne,
Du kleiner Gott der Liebe!


Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 51-52)



 

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