FRAUENZIMMER
So sehr wir auch nachgesonnen haben, eine richtige Definition davon zu
geben, so haben wir doch nicht dazu gelangen können. Was wir aus den
Schriftstellern hiervon nehmen könnten, ist entweder Verläumdung oder
Schmeicheley. Wir, die in dem mitternächtlichen Theile der Welt leben,
erheben sie zu hoch, und die, so in den Morgenländern wohnen, machen sie
gar zu sehr herunter; und es ist eben so ungereimt, wenn man ihnen eine
vernünftige Seele absprechen will, als wenn man Gottheiten aus ihnen
macht.
Ein alter verliebter Greiß, welcher dem schönen Geschlechte zuwider ist,
spricht bey dem Moliere
Wer sieht die Fehler nicht von unserm Frauenzimmer?
Tracht, Gang und Miene zeigt der Thorheit eitlen Schimmer,
Die Unbescheidenheit und schlaue Bosheit an.
Ihr Wille, welchen man so leichte reitzen kann,
Läßt, wenn man ihn erkennt, die größte Schwäche blicken;
Ihr wandelbarer Sinn durch Irrthum, sich bestricken.
Und dennoch heget man viel Kummer und Begier,
Auch in der ganzen Welt für solch ein falsches Thier.
Allein, wie schon gesagt, dieses ist ein verdrüßlicher alter Mann,
welcher redet, und der Verfasser, so ihn reden läßt, hatte sich von der
Gunst des weiblichen Geschlechtes nicht viel zu versprechen.
Die Weltweisen und Gelehrten gehen sehr übel mit ihnen um; aber sie sind
verdächtig, und sagen nur deswegen fast allezeit so viel böses von
ihnen, damit sie sich wieder an ihnen rächen. Warum soll man dasjenige
nicht hochschätzen, was man lieben kann. Warum wollte man ein
Geschlechte herunter machen, dessen Rache wir alle Augenblicke
ausgesetzt sind. Diejenigen, so am meisten wider sie erbittert waren,
haben doch einräumen müssen, daß eine Frau ein nothwendiges Uebel ist;
und Socrates, der ihnen so viel böses nachgesagt, hat derselben niemals
entbehren können.
Hiermit wird den Weibern genug, ja fast alles dasjenige zugestanden, was
sie verlangen.
Die Fehler, so man ihnen insgemein vorwirft, sind die Buhlerey, die
Eifersucht, welche man die Eifersucht der Weiber nennt, die überaus
große Neigung zu gefallen und die Rachgier, wenn man ihre Schönheit
verachtet hat. Was den letzten Fehler anbetrifft, so hat man gesagt, daß
eine Frau, welche zu Jahren gekommen, in eine Wuth gerathe, so bald sie
sich dessen erinnert, wofern sie sich dessen nicht mit Vergnügen
erinnern kann.
Ich habe mich oftmals recht sehr verwundert, daß die Frauen, die doch
einen so hohen Begriff von sich haben, wenn sie von einem Manne reden,
den sie verachten, bisweilen sagen: Der liebenswürdige Mann, ach,
pfuy, das ist eine Frau, das ist: ein halber Narr, welcher vom
Morgen an bis zum Abend sich an sich selbst ergötzet, und mit seinem
gekraußten Haare und netten Füßgen beständig beschäftigt ist. Was die
Verrichtung der Frauen ausmacht, gereicht einem Manne zur Schande, nach
ihrem Sinne; vermuthlich glauben sie, daß diese Kleinigkeiten nur dazu
Anlaß geben. Die vornehmste Ursache, so sie haben, diese weibischen
Männer zu hassen, ist, daß sie allzuviel mit sich selbst zu thun haben,
und sich nicht mit den Damen beschäftigen.