UNRUHE
Ein Poete hat in der Beschreibung, so er von einer angestammten
Verliebten giebt, die Unruhe als ein unfehlbares Kennzeichen, daß man an
der Liebe krank liege, mit hinein gebracht:
Ihr aufgebrachter Geist pflegt stets an ihn (an ihren Verliebten) zu
denken,
So daß ihr Sorg und Qual kein Stündgen Ruhe schenken.
Ich bin in einer tödtlichen Unruhe will also sagen:
Ich will meiner Liebe alle Anstriche der Wahrheit geben etc.
Doch ist es wahr, daß in dem Reiche der reinen Galanterie die
Unterthanen niemals ohne alle Unruhe sind: bald suchet man ein Mittel
über einen Mitbuhler prächtig zu triumphiren; bald ein Mittel mit
wenigen Unkosten stattlich einherzugehen.
Eine Schöne sucht sich für eine gewisse Unbescheidenheit in Acht zu
nehmen, sie bemühet sich ein Opfer mit Gewalt wegzunehmen, so man ihr
nicht mit gutem Willen giebt, man sucht eine Bedienung zu schonen, sie
größer zu machen, ohne sich Mißgünstige dadurch zu erwecken, oder das
Ueberbleibsel von dem Rufe der Schönheit, die von Tage zu Tage abnimmt,
zu erhalten. Alles diese geschiehet wegen des Erfolges nicht ohne
Unruhe; aber ohne alle diese Beunruhigung bleibt ein Gemüthe in einem
trägen Zustande, welchen man eine abscheuliche Leere nennt.
Unruhe wird also im verblümten und eigentlichen Verstande
genommen.