L I E B E S - L E X I K O N

Die entdeckte Sprache der Verliebten
oder reelles Liebes-Lexikon
aus dem Jahre 1749

 



 




UNRUHE

Ein Poete hat in der Beschreibung, so er von einer angestammten Verliebten giebt, die Unruhe als ein unfehlbares Kennzeichen, daß man an der Liebe krank liege, mit hinein gebracht:

Ihr aufgebrachter Geist pflegt stets an ihn (an ihren Verliebten) zu denken,
So daß ihr Sorg und Qual kein Stündgen Ruhe schenken.

Ich bin in einer tödtlichen Unruhe will also sagen:
Ich will meiner Liebe alle Anstriche der Wahrheit geben etc.
Doch ist es wahr, daß in dem Reiche der reinen Galanterie die Unterthanen niemals ohne alle Unruhe sind: bald suchet man ein Mittel über einen Mitbuhler prächtig zu triumphiren; bald ein Mittel mit wenigen Unkosten stattlich einherzugehen.
Eine Schöne sucht sich für eine gewisse Unbescheidenheit in Acht zu nehmen, sie bemühet sich ein Opfer mit Gewalt wegzunehmen, so man ihr nicht mit gutem Willen giebt, man sucht eine Bedienung zu schonen, sie größer zu machen, ohne sich Mißgünstige dadurch zu erwecken, oder das Ueberbleibsel von dem Rufe der Schönheit, die von Tage zu Tage abnimmt, zu erhalten. Alles diese geschiehet wegen des Erfolges nicht ohne Unruhe; aber ohne alle diese Beunruhigung bleibt ein Gemüthe in einem trägen Zustande, welchen man eine abscheuliche Leere nennt.

Unruhe wird also im verblümten und eigentlichen Verstande genommen.

 


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