L I E B E S - L E X I K O N

Die entdeckte Sprache der Verliebten
oder reelles Liebes-Lexikon
aus dem Jahre 1749

 



 




VERLIEBTE

Diejenige, so sich bemühet, die Mannspersonen an sich zu ziehen, und sich nicht an einen binden will, welche sich nur darum bekümmert, daß sie für liebenswürdig und schön gehalten werde, bey welcher die Eitelkeit und Leichtsinnigkeit die Herrschaft führen. Aber ihre vermeynte Unempfindlichkeit mag so groß seyn als sie wolle, so hat sie doch ihre critischen Stunden, wie die andern. Wenn man nach seiner Gemüthsneigung gehen will:

Die eingezognen bringen Ruhm,
Doch die Verliebten mehr Vergnügen.

Verliebte Briefe. Schöne Billetgen

Soll eure Lieb' in Flammen bleiben,
So müßt ihr täglich Briefe schreiben.

Hat Herr von Bussy gesagt.
Diese Klugheitsregel konnte zu ihrer Zeit gut seyn; voritzo gelten alle Briefe des Voiture, des Pays, des Herrn von Bussy in den Augen der Schönen nicht so viel als ein Wechselbrief.

Sucht man die Grausamkeit der Schönen zu bezwingen;
So wird die Rednerkunst sie bald zu rechte bringen,
Die alte Thaler zählt. Denn die vermag so viel,
Was sag ich? ja weit mehr als blosser Worte Spiel.
Erblickt die Schöne nur im Brief ein Blättchen liegen,
Davon die Theile sich genau zusammen fügen,
Das von dem Briefe selbst noch abgesondert ist,
Und das, so bald sie ihn erbrochen hat und liest,
(Das Zettelchen muß hier so gleich ins Auge stechen,
So bald die Hände nur des Siegels Band erbrechen)
Aus Neubegierde gleich die Augen an sich zieht;
So daß man folgendes zu lesen sich bemüht:
Herr Variander wird auf diese Schrift gebethen,
Zweytausend Thaler paar der Jungfer abzutreten:
So bald er einen Schein von ihr darüber hat,
Der recht und gültig ist. Ein solcher kluger Rath,
Kann nach Gelegenheit noch vielmehr gutes stiften,
Als des Demosthenes und Ciceronis Schriften.

Bisweilen läßt ein Stutzer in Gegenwart seiner Freunde die Briefe einer Frau entfalten, welche er vielleichte nur den Namen nach kennt.
Er will glücklich scheinen: dieses ist ein Siegeszeichen, so er seinen Verdiensten aufrichtet; aber dieser vermeynte Triumph hat manchmal traurige Folgen. Wenn der Leser mehr davon wissen will, so frage er den Giblas um Rath, er wird erfahren was es dem Herrn von Sylva gekostet, daß er mit einem Liebesbriefgen, so er durch seinen Cammerdiener schreiben lassen, Staat gemachet.

 


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