Liebeslyrik - Miniaturen

Gedichte und Gedicht-Zitate (Stichwort: Amor / Eros/ Cupido)
 


Franz Marc (1880-1916)
Liebespaar


 



 

Stichwort: Amor / Eros/ Cupido

16./17. Jh.      18. Jh.      19/20. Jh.

 

16./17. Jh.

 

  • Hans Aßmann Freiherr von Abschatz (1646-1699)

    Die krancke Fillis

    Ach
    Amor / soll ich dir nicht klagen meine Noth!
    Ich seh die Fillis hier in meinen Armen liegen;
    Die matte Seele will dem siechen Leib‘ entfliegen;
    Stirbt sie / so ist dein Ruhm und meine Freude todt.

    Ach / schick ihr kühle Lufft mit deinen Flügeln zu /
    Laß deine zarte Sehn ihr kranckes Haubt umschlüssen /
    Gib deinen Köcher her zu legen unters Küssen /
    Damit ihr Leib erhöht kan nehmen seine Ruh.

    Verwechsle mit Betrug dem Tode seinen Pfeil /
    Daß sie dein heilsam Gold empfind in ihrem Herzen /
    Wenn ihr sein rauher Stahl soll bringen Todes-Schmerzen /
    So machest du (in ihr und mir) zwey Herzen heil.
    _____


    Der unglückliche Spieler

    Soll ich mich zu spielen wagen?
    Herzen wird mir abgeschlagen /
    Amor kehret bey dir ein /
    An des Klebern Buben Stelle /
    Was ich auch für Urtheil fälle /
    Muß das Spiel verlohren seyn.
    _____


    Die Küsse

    Cupido raubt einmahl den Bienen ihren Safft /
    Und ward dabey verlezt. Er trug voll Zorn und Rache
    Den angenehmen Raub auff meiner Fillis Mund /
    Sprach: Daß die Welt niemahls vergesse dieser Sache /
    So schmecke / wer dich küßt / des Honigs süsse Krafft /
    Und werde / gleich wie ich / doch an dem Herzen / wund!
    _____


    Der bestohlne
    Cupido

    Es fand auff einen Tag das schöne Schäffer-Kind /
    Das meinen freyen Sinn mit tausend Fässeln bindt /
    Der Venus zarten Sohn ins grüne Graß gestreckt
    Mit Rosen / Lilien und Nägeln überdeckt.

    Er hatte Bogen / Pfeil und Köcher weg gethan /
    Hing seiner Ruhe nach; Schaut / was Cordilla kan!
    Sie schleicht sich unvermerckt mit leisen Schritten hin /
    Nimmt Pfeil und Bogen weg / verwundet meinen Sinn

    Und tausend andre noch; doch soll mir solche Pein
    Von ihrer schönen Hand gar lieb zu leiden seyn /
    Wenn sie nur stille steht / und nicht zu ihrer Flucht
    Auch seines Flügelwercks sich zu bedienen sucht.
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  • Anonyme Barockdichter

    Auff zwey zusammen schlaffende

    Spiele
    Cupido du lüsternes kind!
    Brauche die waffen /
    Wo du zu schaffen /
    Wo man dich kennet /
    Und Söhnigen nennet /
    Itzo beschlaffen wir unsere lust /
    Decken mit federn die nackichte brust.

    Hätte gleich heute dein bogen verletzt
    Unsere herzen /
    Sind doch die schmerzen /
    Wieder gedämpfet /
    Du selber bekämpfet /
    Weil uns vergnüget die finstere nacht /
    Die uns vom springen zur ruhe gebracht.

    Andre bediene / wir achten es nicht /
    Schiesse / verletze /
    Wieder ergötze /
    Brauche vergnügen /
    Wo liebgen nun liegen /
    Itzo besieget dein bogen uns nicht /
    Weil es uns allen am besten gebricht.

    Flammen entzünden nur flammen und glut /
    Wilstu bekriegen /
    Wilstu besiegen /
    Sollen wir brennen /
    Gefangen uns nennen /
    Müssen es feuer und brände nur thun /
    Die uns entzünden und lassen nicht ruhn.

    Aber wir wissen: wir fühlen itzt nichts /
    Unsre gedancken /
    Bleiben im schrancken /
    Unsere glieder /
    Erquicken sich wieder /
    Dieses gefieder ist unsere lust /
    Wärmet uns weil uns nichts bessers bewust.

    Ruhet ihr täubgen / vertreibt euch die zeit /
    Biß euch das herzet
    Was euch ietzt schmerzet /
    Biß euch ergötzet
    Was itzo verletzet /
    Biß ihr in armen was männliches drückt /
    Das euch mit fließendem zucker erquickt.
    _____


     

  • Paul Fleming (1609-1640)

    An
    Amorn

    Geh/
    Amor/ fleug geschwind/ und sags ihr eilend an;
    Es ist umm mich geschehn; Ich lieg' in letzten Zügen.
    Das Blut ist außgedorrt: Das heisse Marck versiegen.
    Ich singe selbst mein Lied/ ich Tode naher Schwan.
    Geh/ eile/ sag es jhr/ es ist umm mich gethan.
    Die Wichtigkeit der Pein ist über mich gestiegen:
    Das müde Herze klopfft/ ich kan nicht Odem kriegen.
    Es ist mir müglich nicht/ daß ich mehr leben kan.
    Jedoch/ verzeuch noch hier/ biß mein gewisser Todt
    dich fertigt bald von hier. Diß kanst du hoch bewehren,
    Ich brenne liechter Loh und schwimm' in meinen Zehren.
    Erzehls ihr/ was du siehst/ von meiner Todesnoth.
    Ich kan nicht todt-arm seyn. Verschonen mich die Flammen/
    So schlägt diß Thränen Meer doch über mich zusammen.
    _____


    An Ambrosien

    Ambrosie/ mein Schatz/
    Mit welcher ich im lieben
    so manche Zeit vertrieben/
    komm mit mir auff den Platz/
    Auff der Caninchen Hatz/
    Da
    Amor uns will üben.
    Der Preiß ist angeschrieben/
    Es gilt umm einen Schmatz.
    Und das noch ist das beste/
    wir bleiben seine Gäste
    auff dieses zahme Wild.
    Für Tranck schenkt er uns Küsse.
    Ambrosie/ du süße/
    komm weil es küssens gilt.
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    Er beklaget die Unglücksseligkeit seiner Liebe

    Rubelle die ist todt. Rosille lebt nicht mehr.
    Die schöne Basilen die muß ich nun verlassen.
    Was ich vor liebte so/ das muß ich gleichsam hassen/
    als ob mir niemahls wol von ihr gewesen wär'.
    Ist/
    Amor/ diß der Lohn/ daß ich dich also ehr'.
    O grausamer! was Trost? was Hertze soll ich fassen?
    Weh' euch/ Ihr Augen/ weh'/ ihr traurigen/ ihr nassen/
    ihr weinet doch nicht gnung, und weint ihr noch so sehr.
    Leander/ Pyramus/ und wer ihr andern seyd/
    die ihr noch itzt beklagt der liebe Grausamkeit/
    was ist doch eure Pein für meiner Angst gewesen?
    Ein milder Augenblick entfreyt euch aller Noth/
    Halff allen Schmertzen ab. Vor mir fleugt auch mein Todt/
    darmit ich dermahl eins ja möge nicht genesen.
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    Als er zu Schaden am Auge kommen

    Ich fühl', ach gar zu spat, o
    Amor, deine Rach'.
    Halt' an, du großes Kind, halt' an und tu gemach!
    Ich muß bekennen itzt, ich triebe fast nur Possen
    aus deiner Bogen Kunst und tötenden Geschossen.
    Nun siehst du dir an mir gar viel ein ander Ziel.
    Da ich des Herzens Zweck getroffen haben will,
    da wendest du das Rohr, verletzest mein Gesichte.
    Ach, Rächer meiner Schuld, wie scharf ist dein Gerichte!
    Vor kunt' und wolt' ich nicht, itzt kan ich sie nicht sehn,
    wie gern' ich immer will. Ist mir nicht recht geschehn?
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    Amor

    Des kleinen Schützen heiße Polzen,
    die stecken allzu tief in mir;
    seither so ist mir für und für
    von ihnen Leib und Sin zerschmolzen.
    Wer zweifelt, sehe mich nur an,
    ob
    Amor sei ein bloßer Wahn!
    Man hat mich oft bereden wollen,
    die Liebe sei nichts als ein Wahn.
    Itzt wird mir an mir kund getan,
    was ich nicht hätte gläuben sollen.
    Wer zweifelt, sehe mich nur an,
    ob
    Amor sei ein bloßer Wahn!
    Ja, was noch mehr von diesem Knaben,
    obschon der Pövel anders spricht:
    er traf und dennoch zielt' er nicht.
    Er muß ja ein Gesichte haben.
    Wer zweifelt, sehe mich nur an,
    ob
    Amor sei ein bloßer Wahn!
    So kan ichs auch in mich nicht bringen,
    daß er ein schwaches Kind soll sein.
    Ich Armer bins nicht nur allein',
    er kan die Götter auch bezwingen.
    Wer zweifelt, sehe mich nur an,
    ob er nicht mehr sei als ein Man!
    Ein Teil der spricht, er soll wol hören.
    O, das ist wol ein großer Schnitt!
    Ich ruf', ich seufz', ich fleh', ich bitt':
    umsonst ists, daß wir ihn so ehren.
    Wer spricht, daß
    Amor hören kan,
    und gläubts, der sehe mich nur an!
    Wie schändlich hat auch der gelogen,
    der michs beredt' und schwur darbei,
    daß
    Amor nichts als Freude sei!
    Itzt fühl' ichs, daß ich bin betrogen.
    Wer zweifelt, sehe mich nur an,
    ob
    Amor nicht betrüben kan!
    Ein Ieder traue seinem Sinne,
    wer
    Amor sei und wie und was!
    Man sage diß, man sage das;
    ich bin es leider worden inne.
    Was
    Amor nicht kan oder kan,
    das zeiget mein Exempel an.
    _____


    An Dorinnen

    Die Amarellen hier, die Oepfel, diese Pfirschen,
    las
    Amor für sich selbst aus seiner Mutter Schoß
    und legte sie bei sich in den betauten Moß.
    Sein Gartenman, Priap, brach ihm auch diese Kirschen,
    die aussehn wie dein Mund und ohne Kernen knirschen.
    Diß alles trug das Kind auf einer Schalen bloß.
    Ich kame gleich darzu, da man den Lustwald schloß,
    der ringsum wird verwacht mit Gemsen und mit Hirschen.
    Er lachte mich halb an und bote mir die Schüssel.
    Da sprach er: Nim es ganz und hier ist auch der Schlüssel,
    besuch' uns, wenn du wilt. Lieb, dieses send' ich dir.
    Gefällt es dir wie mir, so laß uns ohne Säumen
    noch heute gehen hin zu solchen süßen Bäumen.
    Bringst du die Schüssel nur, der Schlüssel ist bei mir.
    _____


    An
    Amorn, wie er wolle von ihm abgebildet sein

    Lauf,
    Amor, suche bald dein Reißzeug zu der Hand,
    bild' Augen, welche stets mit blassen Tränen quellen,
    mal' Wangen, die der Tod heißt seine Mitgesellen.
    mach' einen bleichen Mund und truckner noch als Sand,
    ein Herze, welches steckt die lichte Loh' in Brand,
    die Hände lasse sich den Schmerzen gleiche stellen,
    die Füße matt und krank und die sich selbsten fällen,
    daß menschlich werde Nichts als die Gestalt erkannt.
    Diß nim und bring' es bald zu meiner Filidorden,
    von welcher Schönheit ich so ungestalt bin worden,
    ich weiß, sie kennt das Bild, so balde sie's erblickt.
    Und daß sie desto eh' zur Güte sich mag kehren,
    so zeichne straks hierbei und neben diesen Zären
    auch meine Seufzer an, die ich nach ihr geschickt!
    _____


    Von sich selber

    Ich feure ganz und brenne lichter Loh.
    Die Tränen hier sind meiner Flammen Ammen,
    die mich nicht läßt diß stete Leid vertammen.
    Ich kenn' es wol, was mich kan machen froh,
    daß ich fortan nicht dürfte weinen so.
    Wo aber ists? So müssen nun die Flammen
    hier über mir nur schlagen frei zusammen.
    Mein Schirm ist weg, mein Schutz ist anderswo.
    Ist ganz Nichts da, daran ich mich mag kühlen
    in solcher Glut, die meine Geister fühlen?
    Der Liebesdurst verzehrt mir Mark und Bein.
    Diß Waßer ists, die Kühlung meiner Hitze,
    das ich zum Trunk' aus beiden Augen schwitze.
    Ich zapfe selbst und
    Amor schenkt mir ein.
    _____


     

  • Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616-1679)

    Auff die abbildung des
    Cupido /
    wie er die pfeile wetzte

    Cupido / der dich mehr als seinen köcher liebt /
    Will seinen schleiffer-zeug in deine kammer tragen /
    Ich weiß / daß er dir schon im geiste küsse giebt /
    Und dir manch schlüpffrig wort wird in die ohren sagen.
    Er stellt sich nackt und bloß für deinen augen ein /
    Sein weisser attlaß ist der schnee von brust und lenden;
    Denn wahre liebe soll recht offenherzig seyn /
    Und unsre augen nicht durch schminck und schmuck verblenden.
    Er lehrt dich / wie man recht vertraulich lieben kan /
    Wie heisse liebe sich nicht leichtlich läst verdecken /
    Die paradieß-tracht steht ihm mehr als zierlich an /
    Denn reiner liebe zeug ist rein von staub und flecken.
    Beyneben tröstet mich die gute zuversicht /
    Er werde gegen dich auch meiner treu gedencken /
    Und sagen / wie mir offt mein mattes herze bricht /
    Mein herz / das sich allein will nach Ambretten lencken.
    Ich weiß / er wird nicht weit von deiner lager-statt /
    (Sein schleiffen wird dir ja nicht deine ruh verstören /)
    Nach seiner kühnen art / bewegen stahl und rad /
    Und was hier ferner folgt dich deutlich lassen hören:
    Ambrette / wo dein geist nicht meinen rath veracht /
    So laß beständigkeit und Liebe sich vermählen.
    Wer auff veränderung und neue funcken tracht /
    Dem wird es nimmermehr an wermuths-körner fehlen.
    Ich lobe / was bißher dein treuer geist verübt /
    Ich will ein kostbar oel in deine flammen giessen /
    Wo deine seele nicht die neben-züge liebt /
    So will ich deine gunst / so gut ich kan / versüssen.
    Ich weiß / wie redlich dir Cretin sein herze schenckt /
    Wie willig sich sein geist nach deinem willen beuget /
    Und wie er mehr auff dein als seine wohlfahrt denckt /
    Ja wo es dir gefällt / zu seinem grabe steiget.
    Ich hab ihn neulich noch mit wehmuth angeschaut /
    Als du aus zeitvertreib von ihm dich weggerissen /
    Wie er aus trauer-sucht ihm hatt' ein haus gebaut /
    Und er in einsamkeit sich dachte zu verschliessen.
    Die armen macht er ihm zum spiegel seiner noth /
    Ambrett' / Ambrette / rieff er aus dem bleichen munde /
    Dein aussenbleiben wär ihm herber als der tod /
    Und deine wiederkunfft bezuckert' ihm die stunde.
    Es hat
    Cupido mir auch ferner zugesagt /
    Ein mehrers wegen mein bey ihr noch anzubringen /
    Eh' als er mich verließ / so hat er mich gefragt /
    Wie tieff mein auge dörfft in deine gegend dringen?
    Ich hoffe / weil er so beweglich bitten kan /
    Er werd' / Ambrette / dich noch endlich wohl erweichen.
    Ach freundin! hör ihn doch mit offnem herzen an /
    Und laß mein freyes aug in berg und thäler streichen.
    Cupido mag itzund verschleissen tag und nacht /
    Du wirst ihm ja bey dir den engen raum vergönnen /
    Es hat der kleinste gott die allergröste macht /
    Wer wird / was ihm beliebt / doch wohl verwehren können?
    Doch wenn er einmahl dich entblöst im bette schaut /
    Und an der zarten haut sein auge kan ergetzen /
    So schleifft er ferner nicht / und ruffet überlaut:
    Ambrette soll allein hier stumpffe pfeile wetzen.
    _____


    Scherz-gedancken

    Cupido faßte dich vergangen zu gesichte /
    Er nahm den besten pfeil / und griff den bogen an /
    Ich schaute / wie er ihn nach deinem herzen richte /
    Ich sprach: es ist nunmehr um Flavien gethan.
    Als aber dieser schalck genugsam angeschauet
    Des angesichtes glanz / so heller ist als tag /
    Das haar / wo ihm das gold ein bergwerck auffgebauet /
    Und sonnen-strahlen selbst mit ehren trotzen mag;
    Die schönen zauberin / die fleischichten rubinen /
    Die augen / wo das pech sich in den schnee gesetzt /
    Die wangen / welchen selbst Aurora wünscht zu dienen /
    Der hals / der auch den schwan in seiner pracht verletzt /
    Die brüste / so den witz in kurzem können blenden /
    Die schultern / so den stuhl der schönheit angericht;
    So fiel der bogen ihm aus den geschwinden händen /
    Und sprach: dergleichen pracht führt auch die Venus nicht.
    Er sanck ihr auff den hals mit mehr als tausend küssen /
    Es konte nicht sein mund von ihren lippen gehn /
    Er ließ das süßte gifft auf ihre zunge fliessen /
    Und in der reinen flut die heisse glut entstehn.
    Er bließ ihr in den mund was buhlschafft kan erregen /
    Was amber in sich hält / und bisem mit sich führt /
    Was Paphos geben will / und Cypern denckt zu hegen /
    Was kalte geister regt / und schlaffe sehnen rührt.
    Er schwur bey seinem pfeil und seiner mutter brüsten /
    Der schönen Flavia zu gönnen ihre ruh;
    Er sagte: Werd' ich mich mehr wider diese rüsten /
    So schlage Jupiter mit blitz und donner zu!
    So tadle mich nun nicht / weil ich dir stets gesaget /
    Daß deine küsse sind mit anmuth angethan;
    Das / was mir itzt an dir am meisten mißbehaget /
    Ist dieses / daß dein geist mich nicht recht lieben kan.
    _____


    Cupidinis testament

    Cupido lag im krancken bette /
    Und stellte sich recht kläglich an /
    Als wenn er lust zu sterben hätte /
    Es war um alle krafft gethan;
    Drum wünscht er wegen seiner sachen /
    Ein richtig testament zu machen.

    Er schickte nach dem advocaten /
    Alsbald kam ein notarius /
    Der halff in allen sachen rathen /
    Und also fiel indeß ein schluß:
    Verlaß ich was nach meinem sterben /
    So soll das frauenzimmer erben.

    Die lieben jungfern sollen haben
    Den überaus verliebten geist /
    Auch alle andre leibes-gaben /
    Und alles was sonst männlich heist;
    Und zwar wie alles steht und liget /
    Ich weiß sie sind damit vergnüget.

    Den weibern will ich gleichfalls dienen /
    Vor die sind meine flügel gut /
    Dieweil dergleichen haußrath ihnen
    Am allermeisten nöthig thut /
    Sie brauchen sie zu flederwischen /
    Und zu der männer federpüschen.

    Was aber mach ich mit den alten?
    Mein letzter stulgang ist zu schlecht:
    Gelt! wenn der podex wird erkalten /
    Der ist vor alte weiber recht.
    Ja ja es soll darbey verbleiben /
    Der herr beliebe nur zu schreiben.

    Crumpisicus war wohl zu frieden /
    Er sprach: der herr thut wohl daran /
    Denn so bleibt aller streit vermieden;
    Doch ehe diß geschehen kan /
    So muß ich sieben zeugen sehen /
    Sonst kan kein testament geschehen.

    Cupido lag in letzten zügen /
    Die zunge ward almählich schwer /
    Er sprach aus lauter unvergnügen:
    Holt sieben reine jungfern her /
    Die noch von keinen männern wissen /
    Die sollen dieses werck beschliessen.

    Er lieff als wenn er flügel hätte /
    Cupiden fiel indeß ein fluß /
    Und also starb er auff dem bette /
    Zugleich kam auch Crumpisicus;
    Und hatt' in vier- und zwanzig stunden
    Nicht eine reine jungfer funden.
    _____


    Der aus dem Himmel verbante
    Cupido

    Der kleine Wunder-Gott / der Meister meister Herzen /
    Der zuvermählen weiß die Schmerzen mit dem Scherzen /
    Und unsre Thränen ihm vor seinem Balsam hält /
    Der ward so bald er nur aus Mutter-Leibe kommen /
    Auch in die Bürgerschaft des Himmels aufgenommen /
    Und als ein kleiner Gott den Göttern zugesellt.
    Der grosse Jupiter der nahm ihn auf die Armen /
    Die stolze Juno ließ ihn auf der Brust erwarmen /
    Die reine Suada sprach ihm selbst die Wörter für /
    Diana lehret ihn den ersten Bogen führen /
    Mars wolt ihn alsobald mit einem Helme zieren /
    Nur die Minerva sprach: Mein gröster Feind ist hier.
    Die Götter ehrten ihn mit mehr als tausend Küssen /
    Man schaute nichts als Lust umb seine Lippen flüssen /
    Sein helles Auge war ein Thron der Freundligkeit
    Sein schreien konte selbst den Nektar süsse machen /
    Saturnus muste stets des klugen Kindes lachen /
    Ja auch die Trauersucht war durch sein Spiel erfreut.
    Doch wolte dieses Lob nicht lange hir bekleiben /
    Die Boßheit kam den Ruhm der Anmuth zuvertreiben /
    Sein Scherzen roch nach List / sein Spiel nach Büberey /
    Auf allgemeinen Ruhm kam allgemeines klagen /
    Ein ieder wust ihm itzt was böses nach zusagen /
    Und der Beschwernüß war auch nicht der Vater frey.
    Bald miste Cynthia den allerbesten Gürtel /
    Den Parcen den verschob er manchesmahl die Wirtel /
    Den Ganymedes nannt er oft ich weiß nicht wie /
    Der Mutter Taube selbst berupft er Schwanz und Flügel /
    Der Juno träuft er Wachs auf ihren besten Spiegel /
    Und keine Göttin war so sehr geplagt als sie.

    Den weiten Thierekreiß besucht er alle Wochen /
    Da ließ die Mutter ihn oft allenthalben suchen /
    Hier that er Vieh und Mensch viel tausend Schalkheit an /
    Er wolt einmahl dem Krebs die eine Scheere rauben /
    Der Juno sie verkehrt zusetzen auf die Hauben /
    Die weil sie seine List der Mutter kund gethan.
    Diß und der gleichen kam dem Jupiter zu Ohren /
    Der Lieb und auch Gedult nun allbereit verlohren /
    Er sprach / der kleine Schalk der muß vertrieben seyn /
    Er düfte mir einmahl die Donnerkeul entführen /
    Und seine schlaue Hand mit einem Zepter zieren /
    Für dem sich itzund bückt der goldne Sonnen-Schein.
    Er ließ den Himmel bald sein strenges Urtheil wissen /
    Mercurius ruft aus der Erz-Gott ist befliessen
    Zuzeigen / daß sein Grimm wie Blitz und Brand verzehrt
    Er will den kleinen Gott der sich
    Cupido nennet /
    Und dessen Büberey der ganze Himmel kennet /
    Verbannen und ihm sey hirmit das Reich verwehrt.
    Die Venus zog den Bann ihr treflich zu Gemüthe /
    Sie sagte bey sich selbst / so sol ich mein Geblüthe /
    Das Göttlich ist wie ich / ja meiner Sinnen Lust
    Von mir gerissen sehn; was soll ich aber machen?
    Es wird der Jupiter nur meiner Thränen lachen /
    Diß naget mir das Herz und ängstet meine Brust.
    Sie rufte bald den Sohn / sie ließ bey tausend Küssen
    Ihm eine heisse Bach umb beyde Schultern flüssen /
    Man schaute wie ihr Mund von trauren trächtig stund /
    Sie sprach die Wichtigkeit des Werks heist mich schweigen /
    Mein Auge wird dir mehr als meine Zunge zeigen /
    Und dieser Seufzer thut dir meine Wehmuth kund.
    Dich heisset Jupiter in seinem Zorne scheiden /
    Du solst das weite Reich der grossen Götter meiden /
    Ach daß ich Göttin bin und nicht zusterben weiß!
    Hat Schaum und Muschel dann mich Göttin lassen werden /
    Daß man mich itzt verlacht im Himmel und auf Erden /
    Und fast geringer hält als Schwämme / Schnee / und Eyß.
    Doch wirst du gleich itzund aus meiner Schoß gerissen /
    Wird gleich dein zarter Fuß die Erde fühlen müssen /
    So wird den Nahme doch durch dieses nicht vergehn /
    Die Göttin des Gerichts die wird ihn höher führen /
    Als wo der Donner-Gott läst seinen Blitzen spüren /
    Ich weiß er heist ihn noch um seine Crone stehn.
    Drauf nahm sie ein Geschirr gemacht von Berg-Cristallen /
    Und sprach / laß diesen Schatz bald auf die Erden fallen /
    Wenn du berühren wirst den Kreiß der Unter-Welt /
    Der Liebe heisser Trieb der lieget hier beschlossen /
    So selbst aus meiner Hand in dieses Glaß geflossen /
    Und als ein fester Leim die Welt zusammen hält.

    Cupido wuste fast kein Wort nicht anzubringen /
    Er nahm das edle Pfand und kehrte seine Schwingen
    Der schweren Erden zu. die Mutter schaut ihm nach /
    Es kam ihm ohngefehr ein Marmel zu Gesichte /
    So macht er den Cristall mit steiffer Hand zunichte /
    Und warf ihn daß er wol in tausend Stücken brach.
    Es schwam der werthe Saft der nicht geschätzt kan werden /
    Nach dem das Glaß zerbrach / vergossen auf der Erden /
    Der starke Dampf umzog den weiten Erden-Kreis /
    Ein süsses etwas drang dem Menschen um die Stirne /
    Und pflanzt / ich weiß nicht was / ihm heimlich ins Gehirne /
    So man zwar fühlen kan / doch nicht zunennen weiß.
    Die Welt ward ein Spittal an tausend / tausend Krancken /
    Der Schmerzen war gestärckt durch schlüpfrige Gedancken /
    Der Geist fühlt einen Zug der mehr als fleischlich hieß /
    Die Flüsse lieffen an / von viel verliebten Thränen /
    Die Winde stärckten sich durch Seufzerreiches Sehnen /
    So das entbrandte Herz aus seinem Schrancken bließ.
    Die Kräuter von der Noth und Schwachheit zugenesen /
    Die waren nirgendwo zufinden und zulesen /
    Man nennt es allbereit die Kranckheit ohne Rath /

    Ich weiß nicht wie es hat der Zufall so geschicket /
    Daß einer ohngefehr den süssen Fund erblicket /
    Und ihm durch einen Kuß gewünscht gerathen hat.
    Nachdem das Pflaster nun für diese Liebes-Wunden
    Der menschliche Verstand ergründet und erfunden /
    So fiel in einem Nu des Kummers Uberfluß:
    Den Krancken und den Arzt den fand man stets beysammen /
    Die Flammen leschten sich nicht selten in den Flammen /
    Der Becher war der Mund / der Saft ein heisser Kuß
    So lange nun das Rund der Erden wird bestehen /
    So wird die schöne Noth der Liebe nicht vergehen /
    Die Liebe bleibet doch die Stütze dieser Welt /
    Das Pflaster so man braucht / trägt oftmals selber Wunden /
    Oft hat das Pflaster selbst der Wunden Pflaster funden /
    Wann diß / was es verletzt / ihm wird hinzugesell't.
    Mein Bruder darff ich itzt noch eine Sylbe sagen /
    So schwer' ich daß du nicht nach Mitteln hast zufragen /
    Das Mittel deiner Noth wünscht itzt bey dir zuseyn /
    Die Rose / so der Braut die zarten Wangen zieret /
    Und Zeugin ist der Zucht so sie im Herzen führet /
    Stellt als ein Eigenthum sich itzo selber ein.
    Sie krancket gleich wie du / sie scheuet zubekennen /
    Daß Flammen gleich wie dir / ihr um das Herze brennen /
    Daß sie der Dampf bestrickt der aus Cristallen kam /
    Ihr Geist ist allzukeusch zu melden den Gebrechen /
    Und ist sie gleich bereit ein Wort davon zusprechen /
    So wird ihr doch der Mund versiegelt durch die Scham.
    Du wirst ohn alle Müh' erlernen und verspüren /
    Wie dir die Kranckheit ihr zuheilen sol gebühren /
    Betrachte doch nur recht ihr keusches Augen-Licht /
    Das wirstu selber dir mit treuen Farben zeigen /
    Als spräch' es / dieses Bild / das wünsch' ich mir zu eigen /
    So sagt der Augen-Glanz spricht gleich die Zunge nicht.
    Hier ist es keine Zeit zu bitten und zu fragen /
    Der Liebe Flügel seyn Geschwindigkeit und Wagen /
    Hier buchstabiret man gar selten J und A.
    Das Frauenzimmer steht den Parthen an der Seiten /
    Sie zeigen durch die Flucht oft ihre Lust zustreiten /
    Und ein erzürntes Nein / ist oft ein süsses Ja.
    Es ist um hohe Zeit die tieffe Lust zubüssen /
    Die Stunden die vergehn / die Sternen die verschüssen /
    Cupido zeucht dir selbst den leichten Fürhang auf /
    Die Röthe / so der Braut in das Gesichte steiget /
    Wil itzt Aurora seyn / so auf / die Sonne zeiget /
    Die durch der Lüfte Kreiß sol nehmen ihren Lauff.
    Und du / O keusche Braut / schlägst dein Gesichte nieder /
    Das Mittel heil zuseyn / das ist dir fast zuwieder /
    Du wilst und wilst auch nicht: die eingepflanzte Zucht /
    Die lehret dich itzund die reinen Augen sencken /
    Der unbekannten Lust verwehrtes Angedencken
    Bringt alle Freudigkeit dir schleunig auf die Flucht.
    Heb nur die Augen auf / die reinen Liebes-Flammen /
    Dadurch sich Herz und Herz verknüpfen läst zusammen /
    Beflecken dir ja nicht die Schwanen-reiche Brust /
    Ja die Verleumbdung selbst / so sich durch Tadel speiset /
    Und auch der Tugend oft ein falsches Auge weiset /
    Die steht itzund bereit zu loben deine Lust.
    Die Lieb ist ja ein Werck so aus dem Himmel kommen /
    Und so der Erden Kreiß mit Lust hat eingenommen /
    Wer reine Liebe hast / liebt Gott und Menschen nicht.
    Die Tugend wie mich deucht die tadelt dein Verweilen /
    Und heisset dich itzund zu der Ergötzun eilen /
    Die dir der Himmel selbst mit reiner Hand verspricht.
    Dein ander Leben kommt itzt auf dich zugegangen /
    Entrück ihm nicht den Mund / entzeug ihm nicht die Wangen /
    Ein Kuß verbleibet doch ein Aufboth unsrer Brunst /
    Er reichet dir die Hand / der Ernst steht bey dem Scherzen /
    Er giebet mit der Hand dir auch zugleich das Herzen /
    Und heist es Siegel seyn der ungefärbten Gunst.
    Laß itzt die Reinligkeit geschwätziger Rubinen /
    Mit Küssen angefüllt ihm zu der Schale dienen /
    Und tritt die erste Lust mit frischem Herzen an /
    Gehorsam wil allhir die beste Tugend heissen /
    Und der Vertrauligkeit mustu dich itzt befleissen /
    Die dich die Liebe lehrt und ich nicht meldn kan.
    Seht rüstig zu der Ruh und last die heissen Sinnen /
    Ein ungespieltes Spiel / zu dieser Zeit beginnen /
    Das Gott hat ausgeführt und Adam aufgebracht /
    Ein mehres weiß itzund die Feder nicht zuschreiben /
    Sie neiget sich forthin in meiner Hand zubleiben /
    Sie wüntscht euch ferner nichts als eine süsse Nacht.
    Ich weiß der Hymen wird euch alles dieses lehren /
    Was die verliebte Lust geschickt ist zuvermehren /
    Ein süsses Ach und Ach reist keine Wollust ein /
    Eh noch das andre Jahr die Rose wird verblühen /
    Und das Geflügel wird das andre Nest beziehen /
    So wird ein junger Fürst aus Flandern kommen seyn.
    _____


    Der reisende
    Cupido

    Die Göttin / so die Welt ihr zinsbar hat gemacht /
    Fuhr einen Morgen aus / gleich als des Phöbus Pracht
    Sich erstlich sehen ließ umb der Gebirge Spitzen /
    Sie zog durch Feld und Wald geschwinder als der Blitzen /
    Und faßte sich zuletzt in ein begrüntes Thal /
    Mit Blumen und mit Graß bekleidet überal.
    Sie sagte kümmerlich wo muß mein Sohn verweilen /
    Den ich zu WintersZeit mit Bogen und mit Pfeilen
    Den Mohren zugeschickt / darmit das wilde Land
    Entzündet möchte seyn durch einen süssen Brand /
    So meine Glut erweckt. Der Lecker macht mir Schmerzen /
    Ich weiß er nimmt mein Wort ihm nicht gar sehr zu Herzen /
    Geht seinem Wesen nach / treibt Scherz und Kinderspiel /
    Verübt in Mohrenland diß was er selber wil /
    Wie es gewohnet ist. Wie kan mein Reich bestehen /
    Wenn dieser kleine Schalck wil ewig müssig gehen /
    Und seine Waffen nur aus Hoffart bey sich hält?
    Ich glaube sicherlich daß endlich noch die Welt
    Durch diesen Bösewicht wird müssen einsam leben /
    Wer wird doch meine Macht und meinen Thron erheben /
    Wenn mein Gewehre schläft? Ihr Mund war nun bereit /
    Zu lehren diesen Ort des Sohnes Eitelkeit.
    Als das berühmte Kind kam selbst herbey geflogen /
    Vor Hitze ganz verbrant mit Unflath überzogen /
    Der Köcher war geraubt / der Bogen halb entzwey /
    Die Pfeile waren weg / so er aus Barbarey
    Verlohren und verderbt. Die Mutter schaut ihn kommen /
    Und ob sie gleich zuerst ihr gäntzlich fürgenommen /
    Ihm schleunig scharff zuseyn; Doch fragte sie woher /
    Woher mein kleiner Sohn? Was bringstu über Meer?
    Wird bald ganz Mohrenland von meinen Flammen brennen?
    Ach Mutter fieng er an / ich muß es nur bekennen /
    Und fiel als wär er todt in Venus schöne Schoß /
    Daß ihr der Thränen Bach für ihre Füsse floß.
    Was Heuchler / sagte sie / soltu mich so betrüben /
    Wo ist dir die Gestalt / wo sind die Pfeile blieben?
    Wer ist des Köchers Herr? was hastu doch gethan?
    Vor weisser als der Schnee / itzt schwärzer als Vulcan /
    Ach Mutter! fuhr er fort / Ach wär ich nie gebohren!
    Die Pfeile sind hinweg der Köcher ist verlohren /
    Als ich in Mohrenland nicht weit vom Ufer gieng /
    Und mir das schwere Ding an meiner Seite hieng /
    So ließ ich mich ein Spiel ich weiß nicht wie bewegen /
    Das Wesen neben mich ganz sicher hinzulegen /
    Ich war nicht weit davon / als eine Welle kam /
    Und meinen Bogen mir samt allen Pfeilen nahm.
    Verschonet / und bedenckt es hats die See genossen /
    Die See daraus ihr selbst vor diesem seyd entsprossen /
    Verschonet sagte sie / du arger Bösewicht /
    Als iemahls angeschaut des hellen Tageslicht /
    Heist diß die süsse Glutt in alle Menschen bringen?
    Sol so der LiebesPfeil durch alle Herzen dringen?
    Wann du ihm dem Neptun hast für das Maul gelegt /
    Daß itzt ein frembder Gott mein bestes Wapfen trägt /
    Und meine Pfeile führt. Mich wundert daß den Bogen /
    Nicht auch Neptunus hat den Köcher nachgezogen /
    Und nahm von grossen Zorn entzündet und gebrand
    Den Bogen / so er trug / in ihre rechte Hand.
    Sie schmidt die Sehn entzwey / und schlug mit zweyen Stücken
    Den kleinen ReiseMann erbärmlich umb den Rücken /
    Biß daß das klare Blut von seinen Lenden gieng /
    Und ihr die Wehmuth selbst die Kraft zustreichen fieng.
    Die Liebe trieb sie doch ihn endlich noch zuküssen /
    Cupido lag gestrackt zu seiner Mutter Füssen /
    Sie sagte lieber Sohn / diß was ich itzt gethan /
    Nihm als die Züchtigung der lieben Mutter an /
    So niemahls Feindin ist. Doch lehre mich auch ehren /
    Und durch die gantze Welt mein hohes Lob vermehren.
    Weil dir denn auch der West nicht allzu dienen wil /
    So setz ich deinem Pfeil hiermit ein ander Ziel.
    Du solst auf mein Befehl von hier nach Norden eilen /
    Hiermit verseh' ich dich mit zweyen goldnen Pfeilen /
    Mit Köcher / und was mehr zum Treffen nöthig ist /
    Nur daß dein Wesen ihm ein rechtes Ziel erkist /
    Und suche wie er soll zwey recht bequeme Herzen /
    So beyde würdig sind zufühlen meine Kerzen /
    Wird dieser mein Befehl recht von dir ausgericht /
    So nenn ich dich forthin mein Leben und mein Licht.
    Die Thränen lieffen nach / der Schalck fieng an zulachen /
    Und ob ihn wohl der Schmerz nicht ließ viel Worte machen /
    So nahm er doch den Pfeil und Bogen in die Hand /
    Und sagt ich bin bereit zu reisen in das Land
    So von der Mitternacht den Nahmen hat bekommen /
    Die Pfeile so ich itzt aus eurer Faust genommen /
    Und als ein werthes Pfand in meine kommen sind /
    Die ehr' ich williglich als euer liebstes Kind.
    Ich weiß ich wil damit zwey schöne Herzen zwingen /
    Und auch in kurzer Zeit die gute Zeitung bringen /
    Was meine Faust gethan. Drauf hört er plötzlich auf /
    Fuhr über Stock und Stein / und nahm den schnellen Lauf
    Durch manch berühmtes Land / durchreiste Städt' und Felder /
    Durchzog manch schönes Thal und manche grüne Wälder /
    Durchgieng diß was die Hand der Alten hat gesetzt /
    Wo Donau / Schelde / Rein / viel schöne Mauren netzt /
    Und ihre Macht bezeugt / doch war noch nichts zufinden /
    Was ihm der kleine Sohn erwählte zu entzünden /
    Drum fuhr er weiter fort und kam in eine Stadt /
    So umb den Oderstrom nicht ihres gleichen hat.
    Da ließ der kleine Gott sich dürftiglich darnieder /
    Durchkroch den ganzen Orth lieff schleunig hin und wieder /
    Den Bogen in der Hand die Mutter in den Sinn /
    Und kam fast unbemerckt auf eine Hochzeit hin.
    Da traff er bey der Nacht auf einem grossen Saale /
    Da alles frölich war bey Liedern / Tanz und Schaale /
    Ein angenehmes Paar zwey junge Herzen an /
    So die Verachtung selbst nicht tadeln wil / noch kan.
    Er ließ sein gut Geschoß nicht länger mehr verweilen /
    Und traff das schöne Volck mit seinen göldnen Pfeilen /
    Es hatte das Geschoß ihr Herze kaum geritzt /
    So war ihr junges Blut beweget und erhitzt /
    Sie wusten nicht woher doch diese Schwachheit käme /
    So ihnen alsobald die besten Kräfte nehme /
    Die Lippen waren bleich die Augen waren roth /
    Und kanten noch nicht recht den kleinen Liebes-Gott /
    Biß daß die reine Glut den gantzen Leib bekriegte /
    Und ihnen durftiglich in ihrem Herzen siegte /
    Da mercketen sie erst woher die Kranckheit kam
    So ihnen diesesmahl Muth / Herz und Sinnen nahm
    Und ihre Freyheit fieng.
    Cupido ward ergötzet /
    Daß er das junge Volck so meisterlich verletzet /
    Drum ließ er dieses Paar durchwandern Herz und Brand /
    Und eilte schleunig fort nach seiner Mutter Land
    Und auf sein Cypern hin. Er war nicht weit geflogen /
    So kam die Venus selbst aufs prächtigste gezogen /
    Zuschauen ob ihr Sohn der oftmahls tückisch ist /
    Nicht wie er vor gethan / das spielen hat erkist
    Und Pfeil und Bogen läst an allen Orten liegen /
    Cupido / das sein Sieg nicht lange sey verschwiegen /
    Rieff bald der Göttin zu / ach Mutter folget mir
    In einen schönen Ort nicht allzuweit von hier /
    Wo zweyer Ströhme Fluth zusammen sich vermählen /
    Da wil ich euch den Sieg / so ich gehabt erzehlen /
    Und daß man heute noch dahin gelangen kan /
    So spann ich mich zugleich in eurem Wagen an /
    Und führe die mich führt und alle Welt kan blenden.
    Doch stehet diß allein in deinen kleinen Händen /
    Sprach Venus / und befahl man solte fleisig seyn /
    Cupido führte sie schnell über Stock und Stein /
    Und brachte sie alsbald in einen Pusch voll Buchen /
    Rieff seiner Mutter zu / hier möget ihr euch suchen /
    Die Stelle / so mit recht kan zieren euren Thron /
    Ich laß euch itzt allein und eile bald darvon
    Zu finden dieses Paar so eure Satzung liebet /
    Und auf die Stunde hoft / so ihnen Freyheit giebet /
    Zuschmecken was die Lust für Nektar in sich hällt /
    Durch welches schmeltzen muß der Circul dieser Welt
    Und in ein süsses Land zusammen sich verbinden /
    Bereitet einen Thron / ich hoffe bald zufinden
    Das Flammen-reiche Paar / so eure Satzung hört' /
    Und nichts als euren Thron und meinen Bogen ehrt /
    Die Mutter hieß den Sohn sich schleunig weiter schwingen /
    Ihr die Verliebten zwey bald vor den Tag zubringen:
    Cupido war gemüht / die Venus säumte nicht /
    Ihr grüner Ehren Thron war plötzlich aufgericht.
    Mit Laubwerg um und um aufs zierlichste bekleidet /
    Mit Blumwerg untermengt / und was die Zeit nicht leidet
    Hier völlig darzuthun / das bilde selbst dir ein:
    Der Haare schöner Glantz der Augen schönet Schein /
    Des Leibes Wunder Werck / der Lippen rothes Prangen /
    Des Kleides weisser Schnee damit sie war umhangen /
    Ersetzten überall wo noch ein Mangel war.
    Die Venus satzte sich / es kam das edle Paar /
    So Schönheit / Tugend Zucht mit reichen Gaben zieret /
    Von Flammen ganz entzündt / durch Venus Sohn geführet /
    Und trat / wie sichs gebührt / für diesen hohen Thron:
    Die Göttin war entfernt: Es sprach ihr kleiner Sohn /
    Nun Mutter schaut das Paar / so mein Geschoß gefället /
    So sich vor diesen Thron zu euren Füssen stellet /
    Und euren Satzungen die Ohren offen hält /
    So ewig rühmen muß das grosse Rund der Welt /
    Gefält euch dieses Paar und diß was ich gethan /
    So nehmt die lieben zwey aus meinen Händen an:
    Verknüpfet ihren Geist und gebet sie zusammen /
    Verbindet Herz und Herz / vermischet Flamm und Flammen /
    Die Venus rührte sich: Sie sprach: Ihr schönes Paar /
    Dem vor der FreyheitsSchatz das beste Kleinod war /
    Legt allen Kummer hin / gedenckt an keinen Schmerzen /
    Ergetzet euren Sinn / eröfnet eure Herzen /
    Die Lieb' ist zwar ein Band doch so nach Honig schmeckt /
    Und diesem der recht liebt mehr Liebligkeit erweckt /
    Als Jupiter nicht läst aus seinem Becher fliessen /
    Der so ihm ewig wünscht die Freyheit zugenüssen /
    Wil ewig dienstbar seyn / und schickt den leichten Sinn
    Bald gegen Mitternacht / bald gegen Morgen hin /
    Und pfleget sich durch diß / was er Ergetzung nennet.
    Wol euch die ihr itzund von reinem Feuer brennet /
    So keine Sorgen kennt / und keinen Kummer weiß /
    Läst manch erhartes Herz ersterben / Stein und Eiß
    Scheut meine Flammen nicht / so euch itzund bestricken /
    Es sol euch das Gelück aus allen Seiten blicken /
    Und ewig um euch seyn / hier habt ihr meine Hand
    Auf euer Haupt gelegt / als meine Liebe Pfand /
    So euch zu keiner Zeit sol von der Seite weichen /
    Doch weil die kurze Zeit beginnet zu verstreichen /
    So laß ich euch alsbald ihr liebes Paar von mir /
    Geht / stellt ein Opfer an / dazu euch die Begier
    Glut / Messer und Altar wird vor den Augen zeigen /
    Und wenn der süsse Rauch wird gegen Himmel steigen /
    So denckt / daß Venus euch gewiß zugegen sitzt /
    Und durch der Liebe Strahl das Opfer selbst erhitzt
    Und euer Wesen liebt. Geht folget meinem Sohne /
    Ich bin nu schon bereit zusteigen von dem Throne /
    Geht / opfert / daß die Welt von eurem Wesen weiß /
    Und dieses schöne Land erhebet euren Fleiß
    Und eure Thätigkeit. Die Venus wich zurücke /
    Und die Verliebten zwey vermischten ihre Blicke /
    Und sprachten durch die Hand / weil Venus grosse Pracht
    Und ihre Gegenwart sie gleichsam stumm gemacht.
    Sie dachten wie itzund die vorgehabten Schmerzen
    Durch manchen heissen Kuß / durch manches süsses Scherzen
    Ganz würden hingelegt.
    Cupido stund bereit /
    Erregte neben ihm viel tausend Liebligkeit /
    Und brachte sie dahin / von dar sie ausgegangen /
    Da ward das junge Volck mit vieler Pracht empfangen.
    Es rief die ganze Stadt / daß beyder Sinn und Hand
    Verbunden möchten seyn durch ein so festes Band /
    So keiner Zeiten Biß vermochte zuversehren /
    Cupido war gemüht die Kurzweil zuvermehren /
    Erdachte nach Gebrauch viel tausend Gauckelspiel /
    Und schaute hin und her / wo er ein neue Ziel
    Vor seinen Wunder-Pfeil inskünftig könt' erwehlen /
    Man ließ die ganze Zeit nichts an Ergetzung fehlen.
    Biß die berühmte Glut zu grossen Kräften kam /
    Und unser liebstes Paar ihm selbst die Freyheit nahm
    Zuweichen / und die Frucht der süssen Lust zuschmecken /
    Und ihm die Schlüpfrigkeit mit Freuden zu erwecken /
    So billich ehren muß die ganze weite Welt
    Als einen süssen Leim / der sie zusammen hält.
    Sie gaben gute Nacht und spielten mit den Küssen /
    So zu der letzten Lust den Schlüssel reichen müssen /
    Und schlossen sich zuletzt in eine Kammer ein /
    Die kan der süssen Lust der beste Zeuge seyn.
    Was ferner ist geschehn wird dieser künftig sagen /
    Der ihren Nahmen wird und ihre Tugend tragen.
    Doch schrieb der kleine Gott der niemahls schweigen kan /
    Diß was nach diesem folgt in ihre Kammer an.

    Auf zarte Jungfrauschaft! nun ist es Zeit zuweinen /
    Das Feuer gehet an / das Opfer ist allhier /
    Du schaust doch durch die Treu der EheLiebe scheinen /
    Und der dich schlachten wird / steht gar nicht weit von dir.
    Erhebe deinen Mund / laß deine Lippen zagen /
    Man rühret allbereit dein reines Wesen an /
    Doch ehe du noch Ach / und wieder Ach wirst sagen /
    So bistu / Aermeste / gewißlich abgethan.
    _____


     

  • Ernst Christoph Homburg (1607-1681)

    Der verlohrne
    Cupido

    Hoert was Newes/ Venus suchet
    Ihren Amor/ schilt und fluchet/
    Venus suchet/ was sie kan/
    Ob er wo zu treffen an.

    Er ist von ihr weg geschlichen/
    Innerst in mein Hertz gewichen/
    Sitzt mit Zittern/ schmaucht sich ein/
    Wil gar nicht gefunden seyn.

    Ich/ beängstet sonder massen/
    Weis nicht/ was zu thun und lassen/
    Thun und Lassen hat Gefahr/
    Bin fast ausser Sinnen gar.

    Ich weis wol/ daß ohn Verschulden
    Ich ein Unglück muß erdulden/
    Ist des einen Haß vorbey/
    Bin ich nicht des andern frey.

    Ach ich wolte lieber leyden/
    Daß ich pflichtbar allen beyden/
    Daß ich were beyder Freund/
    Als ihr abgesagter Feind!

    Venus strenge Rache ubet/
    Auch
    Cupido sehr betrübet
    Den/ der seines Bogens Macht
    Mit so stoltzem Sinn verlacht.

    Bleibt er nun bey mir verhohlen/
    Bin ich lauter Fewr und Kohlen/
    So wird lauter Asch und Mist/
    Das/ so umb und an mir ist.

    Wolt ich aber solches wagen/
    Und es seiner Mutter sagen/
    Daß ihr Amor/ voller Witz/
    Hette bey mir seinen Sitz;

    Doppelt würd' er mir vergelten
    Diese Mißthat/ dieses melden/
    Ja er liesse nimmer ab/
    Mich zu bringen in das Grab.

    Zartes Kind/ sey sonder Sorgen/
    Du solt seyn bey mir verborgen/
    Setze deine Furcht hindan/
    Ich wil dich nicht melden an.

    Schaffe nur du Flammen-Stiffter/
    Daß dein Pfeil mir nicht vergiffter
    Falle/ und mehr bringe Pein/
    Du solt desto sichrer seyn;

    Und weil Freundschafft Freundschafft gibet/
    Mache/ daß mich Chloris liebet/
    Schaffe/ daß aus gleicher Brunst
    Sie mir reiche Liebes-Gunst.
    _____


    Aus seiner Tragico-Comoedien

    Weg mit deiner Phantasey!
    Weg mit der Betriegerey!
    Grosser Höllen-Commendant/
    Wahrer Frewden Widerstand/
    Weg mit deiner Liebes-Pein!
    Wer mag dir doch zinsbar seyn?

    Amor kluger Sinnen Todt/
    Ein uhrstiffter frischer Noht/
    Was du gibest/ ist bewust/
    Gantzen Unmuht/ halbe Lust/
    Weg mit deiner Liebes-Pein!
    Wer mag dir doch zinsbar seyn?

    Hercules ein braver Heldt/
    Welt erschollen durch die Welt/
    Du hast ihn dahin gebracht/
    Daß man ihn ein Weib geacht/
    Weg mit deiner Liebes-Pein!
    Wer mag dir doch zinsbar seyn?

    Troja die berühmbte Stadt/
    So kaum ihres Gleichen hat/
    Ward zerstöret nur durch dich/
    Amor/ du Ertz-Bösewich!
    Weg mit deiner Liebes-Pein!
    Wer mag dir doch zinsbar seyn?

    Thisbe/ das getrewe Hertz/
    Kam in Todtes Noht/ und Schmertz/
    Auch ihr Piramus darzu/
    Diese/
    Amor/ stifftest du/
    Weg mit deiner Liebes-Pein!
    Wer mag dir doch zinsbar seyn?

    Daß Leander auff der See
    Starb mit heissem Ach und Weh/
    Ihm auch Hero folgte nach/
    Woher kam dis Ungemach?
    Weg mit deiner Liebes-Pein!
    Wer mag dir doch zinsbar seyn?

    Weil es dann Betriegerey/
    Schlimme Possen/ Phantasey/
    Ey so nehme ja kein Heldt
    Amor von dir Werbe-Geldt/
    Wann er fort wil deiner Pein
    Los/ und uberhaben seyn.
    _____


    Proceflus
    Amoris

    Die Liebe schlieret sich zu erst den Augen ein/
    Alsdann so kreucht sie fort gar in das Hertz hinein;
    Sie bleibet nicht vergnügt/ sie immer förder lencket/
    Biß sie sich vollens gar wo anders hin gesencket.
    _____


    Auff eine Liebes-Ungedult

    Kom Todt! kom süsser Todt! Enbinde mich der Schmertzen/
    Entzeuch mich
    Amors Grimm/ stich/ stoß mir nach dem Hertzen;
    Wie aber? Wann er mich gebracht ins Grab hinein/
    Wird auch die Seele dann der Flammen ledig seyn?
    _____


    Elegia
    An den Liebes-Gott
    Cupido

    Du strenger Liebes-Gott/
    Cupido/ der du übest
    Ein scharffes Regiment/ und dessen Hertz betrübest/
    So höhnet deine Krafft/ ach kehre dich zu mir/
    Ach nim in Gnaden auff/ was ich dir bringe für/
    Nicht Silber oder Gold/ damit die Welt kan prangen/
    Nicht ein gegossen Bild/ ein Bild/ das anzuhangen
    In deines Tempels Haus/ zu deinem grossen Ruhm/
    Nein: Was ich bringe dir/ ist dein selbst Eigenthum.
    Die erste Nutzbarkeit von meinem ersten Lieben/
    Ein ungelehrter Vers/ darinn mein Geist getrieben
    Zu schallen deine Glut/ zu singen deinen Pfeil/
    Der manchen starcken Held gefället in der Eil'.
    Mit dieser Gabe dich die Clio recht verehret/
    Sie kommet von dir her/ auch wieder zu dir kehret/
    Ich diese Gabe dir darreiche mit Gebühr/
    Weil ich sie anders nicht gelernet/ als von dir.
    Gleich wie die Danckbarkeit dem Bacchus pflegt zu geben
    Die Traube/ so man erst entzeucht den milden Reben/
    Ingleichen sehen wir den frommen Ackermann
    Die erste reiffe Aehr der Ceres bieten an.
    Ihr Musen dreymal drey/ mir ist zwar unvergessen/
    Daß ihr bißher in mir gantz schläfferig gesessen/
    Die Ader meiner Kunst war sonder ihrem Lauff/
    Biß daß der Liebes-Gott euch hat gewecket auff/
    Und meiner Ader Gang/ die/ wie gesagt/ verklüfftet/
    Durch eine süsse Pein hat wiederumb gelüfftet/
    Daß ich durch Chloris Pracht/ durch Chloris Augenschein/
    Viel besser/ als zuvor/ kan meiner mächtig seyn.
    Nun hab ich uberall/ daß meine Flöht erklinget/
    Itzt sie der Chloris Zucht/ itzt ihre Schönheit singet/
    Bald ihr Gold-gelbes Haar/ bald ihre weiche Hand/
    Drauff ihren roten Mund/ und was ihr sonst bekand.
    Auch offters ihren Grimm aus Ungedult anklaget/
    Im Fall sie wider Recht und Billigkeit mich plaget;
    Bald drauff kömt sie mir für so freundlich und so gut/
    Daß schier mein Geist nicht weis vor Frewden/ was er thut.
    In Chloris Augen Liecht das Lieben dieses findet/
    So der Gedancken Witz sonst hette nie ergründet:
    Bald wird mein Hertz entbrandt durch dis erlangte Gut/
    Daß nichts dann nur ein Vers kan dämpffen diese Glut.
    Gleich wie sonst eine Magd/ die durch den Tag muß spinnen/
    Versuchet/ was sie sol/ und was sie kan ersinnen/
    Sie singet/ was sie kan/ sie pfleget/ was sie mag/
    Betreugt so durch die Lust die Arbeit/ und den Tag.
    Ihr Musen/ saget doch/ wie könnet ihr dann meiden
    Die Venus/ und ihr Kind? Was ist doch solches Neiden?
    Gewißlich welcher euch von diesem Götter-Paar
    Abhaltig machen wil/ ist aus der Feinde Schaar.
    Dann keine Götter sind/ die näher köndten kommen
    Durch sonderbare Hülff/ ach wer euch hat benommen
    Das angenehme Thun des Liebens/ hat zugleich
    Der guten Ader Krafft/ der Kunst beraubet euch!
    Und wer der Lieb' entzeucht die Kunst von ewrem Dichten/
    Der wird sie gantz und gar entwaffnen und hinrichten;
    Weil beyde Theil nicht wol gelangen zu dem Ziel/
    Im Fall sie nicht zugleich antreten dieses Spiel.
    _____


    An den Liebes-Gott
    Cupido/
    sampt dessen Mutter Venus
    Ode Jambica

    Cupido/ blinder Gott!
    Du Venus/ auch ingleichen
    Gescheuder Sinnen Todt!
    Weg! weg! ich wil durch Pein
    Euch nicht mehr pflichtbar seyn/
    Besondern ewren Spiel
    Hier stecken auff ein Ziel.

    Mein angefrischter Geist
    Beküsset das/ so bleibet/
    Dem Sterben uns entreist/
    Fort lencket sich mein Sinn
    Vielmehr zur Tugend hin/
    Als daß durch Phantasey
    Er stets bethöret sey.

    Was ist/
    Cupido/ doch
    Dein sauer-süsses Leben/
    Dann nur ein leichtes Joch/
    Ein' angenehme Noht/
    Ein lebendiger Todt/
    Sampt freyer Dienstbarkeit/
    Ein liebes Hertze-Leid?

    Was/ Venus/ deine List?
    Ein Netz'/ in dem du selbsten
    Zuvor gefangen bist;
    Ein Gifft/ der sacht/ und sacht
    Die Klugen närrisch macht/
    Der hohen Sinn und Geist
    Verformet allermeist.

    Drumb weg/ du schnöder Gott/
    Mit deinem Pfeil/ und Bogen/
    Du bist mir nur ein Spott:
    Weg! Venus/ scheide hin/
    Du Unglücks-Stiffterin/
    Du Pest der jungen Zeit/
    Weg! weg von hinnen weit!
    _____


    Sonnet
    An den geflügelten
    Cupido

    Was unerschöpffte Macht pflegt an uns auszuüben
    Der kleine Liebes-Gott/ der geilen Venus Sohn/
    Der Erden beut er Trotz/ dem Himmel selbsten Hohn/
    Wird weder durch die Zeit/ noch herben Todt vertrieben.

    Ach Todt! ach grimmer Todt/ was hegest du das Lieben?
    Das Lieben/ das doch gibt so ungerechten Lohn/
    Man muß seyn/ weis nicht was/ ja gar ein Corydon/
    Erdulden Hitz und Frost/ sich Tag und Nacht betrüben.

    Die Liebe bleibet stets/ sie blühet in der Noht/
    Der Todt nimt alles hin/ das Lieben aus den Todt/
    Vor ihm dis sämptlich all mit nichten kan bestehen.

    Vor Lieb ist nicht befreyt der klugen Götter Zunfft/
    Allhier erligt ihr Witz/ es gilt hier nicht Vernunfft/
    Wer wolte/ kleiner Schalck/ doch dieses dir ansehen?
    _____


    Wider der Venus/ und
    Cupido Gottheit

    Die Götter allesampt die Gottheit lassen sehen
    Durch ihre Gütigkeit/ so sie an uns begehen/
    Darumb so scheinet es Betrug/ und lauter Spott/
    Daß Venus Göttin sey/ und ihr
    Cupido Gott.
    _____


    Sonnet

    Cupido sage mir/ wie das/ der ich verpfendet
    Mein Hertz/ von der ich mag von nun an lassen nicht/
    Die Chloris meynet man/ ihr Sonnen-klares Liecht/
    Der Sternen-Augen Glantz stets würdig von mir wendet.

    Es ist/
    Cupido sprach/ daß sie dich nicht verblendet/
    Dann daß anitzo mir das sehen gantz gebricht/
    Das kömpt von Chloris her; Ich habe mein Gesicht'
    Ob ihrer Liebligkeit in einem Huy geendet.

    Wolan/ du Damen-ruhm/ verblende Chloris hin/
    Verblende/ was du kanst/ die Augen/ und den Sinn/
    Dann wird dein grünes Lob bald ausgeschrien werden

    Durch die gesamte Welt/ wann dessen sonder Spott
    Wir beyde Zeugen seyn;
    Cupido/ als ein Gott
    Im Himmel/ als ein Mensch hiernieden ich auff Erden.
    _____


     

  • Christian Friedrich Hunold (Menantes) (1681-1721)

    Als Rosantes die Liebe
    vieler Marter beschuldigte

    So die Liebe ja betrübet/
    Ist die Schuld nur dem/ der liebet.
    Wer sein Leiden stets verschweigt/
    Und mit stillen Seuffzern klaget/
    Dem ist
    Amor nicht geneigt.
    Weil er nicht nach Hülffe fraget.
    Gönnt die Brust
    Sich die Lust/
    So muß sie auf selbe dencken/
    Wo man sie ihr weiß zu schencken.

    Frage die/ so dich besieget/
    Selbe weiß auch was vergnüget.
    Nur bey sich verliebt zu seyn
    Heist in Schatten Sonne suchen/
    Und die machen offt die Pein/
    Die auf ihr Verhängniß fluchen
    Einen Brand
    Mehrt die Hand
    Die noch Qvaal wie heise Kohlen
    Zu der Liebes Glut will hohlen.

    Wer den Zucker nicht will speisen/
    Kan ihn auch nicht süsse heissen/
    Auch der Muscateller Most
    Muß vor Liebe bitter werden/
    Ja es kommt der Götter Kost
    Durch die Liebe nur auf Erden.
    Glaube diß
    Bleibt gewiß:
    So die Liebe ja betrübet
    Ist die Schuld nur dem der liebet.

    - - - - - - - - - - - - - - -

    Ach süsse Stunde brich doch an/
    Mein Hoffen zu vergnügen.
    Mein Hertze dencket stets daran
    Durch Lieb und Treu zu siegen.
    Drum
    Amor komm und sey bereit/
    Zu krönen die Beständigkeit.

    Was kan wohl ein süßre Lust/
    Und frohern Sinn verstatten?
    Als wenn die allerschönste Brust
    Sich wird mit meiner gatten.
    Drüm
    Amor/ komm und sey bereit/
    Zu krönen die Beständigkeit.

    Doch bist du gantz von Stahl und Stein/
    Soll ich zuletzt verderben?
    So laß mich nur so glücklich seyn/
    In deinen Arm zu sterben.
    Ach!
    Amor komm/ ich bin bereit/
    Zu küssen deine Sterblichkeit.
    _____


     

  • Zacharias Lund (1608-1667)

    Der Kuß

    Ich hatte/ Liebstes Lieb/ es ist nicht lang/ im willen
    Die Flamme meiner Lieb' in feuchte Küß zu stillen
    Ich gieng für Liebe kranck/ sah' aus umb Hülff und Rath/
    Am selben Ort/ von da mein Fewr den Ursprung hat.

    Deß eyfert
    Amor sehr. Was/ sprach er/ soll denn kosten
    Ein Mensch der sterblich ist/ die unsterbliche Lusten?
    Was will das Irrdische dann immer truncken seyn
    Von dem das Himlisch heist/ vom süssen Nectar Wein?

    So gehts/ derselbe Gott der mich erst bracht ins Leiden/
    Mißgönnet nochmals mir die süsse Frucht der Frewden:
    Zog eine Feder aus/ und sprach/ sieh/ nimb sie dir/
    Was dein Anligen ist/ setz eylends zu Pappier.

    Ja recht: ohn Ursach nicht. Ich hetts mir nicht vornommen/
    Hett' ich von diesem Gott die Feder nicht bekommen:
    Als ich mich aber noch gar hoch beschweren thet/
    Ich könte nichts nicht thun/ es wer dann/ daß ich hett

    Des Dinges Wissenschafft. Da ließ mich
    Amor sehen
    Des Nachts im süssen Traum ein Mägdlein für mir stehen/
    Dasselbe schmutzernd was aus tieffster Seelen Grund/
    Das feucht und laulicht war/ mir bließ in meinen Mund.

    O Zucker Süssigkeit: O liebliche Geträncke/
    Damit uns
    Amor speist! wann ich noch dran gedencke/
    Beraubt es mich der Seel und aller Sinnen Krafft/
    So daß ich nunmehr sitz' in einer frembden Hafft.

    Allein die kurtze Nacht must gar zu bald hinfliessen/
    Daß ich der Lust nicht mocht nach Hertzens wundsch geniessen/
    Wie/ daß nicht meine Nacht so lang als die mocht seyn/
    Da Jupiter hieng' an Alcmenen Hälselein/

    Und gab jhr Kuß umb Kuß: wie ist so gar verstoben
    Die Lust/ die noch bey mir kaum recht war angehoben!
    Gleich einem schnellen Kuß/ den die Diana gab
    Endymion/ als er den Latmus Berg hinab

    Sanfft eingeschlaffen lag. O allerkürtste Frewden/
    Da wir so unverhofft uns haben müssen scheiden:
    Wie ist doch alles nichts; wie daß die Lust zerrinnt
    Eh' als ich noch von jhr recht truncken werden kont!

    Den Schaden kan ich zwar jetzt nicht herwieder bringen/
    So wil ich doch davon mit aller Lust noch singen:
    Ich wil die Kürtze mir mit Reimen bringen ein/
    Daß ich des küssens noch stets ingedenck kan seyn!

    Ach Kuß/ wenn ich dich mag in meinem Sinn erwegen/
    Da müssen sich alsbald die schweren Sorgen legen:
    Wenn Kummer sonst nicht weicht/ zeigstu jhm bald die Bahn/
    Ein Schwamm damit ich stets die Augen trucknen kan.

    Du bist/ O süsser Kuß/ der Außtrag meiner Flammen/
    Du ziehest meine Wündsch als ein Magnet zusammen:
    Ein köstliches Ungvent/ ein Pflaster den ich seh/
    Und heilet eusserlich das innerliche Weh.

    Ich bleibe mannigmahl durch eigenes Verlangen
    In deiner Süssigkeit/ eh' als ich weis/ behangen:
    Wie wann im Leime sich der Vogel selbst erhengt:
    Wie wann im Wasser offt der Korb die Fische sengt.

    Der liebliche Geruch/ und süsser Schmack der Zungen
    Hat offt im Schlaffe sich heimlich ins Hertz geschwungen
    Biß daß ers außgelockt/ und gar mit Strick umbringt:
    Wie wann der Speck die Mauß in eine Falle bringt.

    Du bist der Führer und Vorläuffer derer Dingen/
    Die ich allmehlig mir noch hoffe zu erzwingen:
    Du bist als eine Bien/ die süsses Honig stielt/
    Und jhren Bienenkorb aus meinem Munde füllt.

    Dein Mund ist eine Kolb'/ in der du distilirest/
    Von Küssen einen Safft/ und nachmals mir zuführest:
    Mein ist den Kasten gleich mit Lefftzen so gestalt/
    Daß/ was man jhm vertrawt/ er ziemlich wol behalt.

    Nun wann dann solche Gab' und Gifft dir angehören/
    So wirstu meinen Lohn der langen Dienst vermehren:
    Sey du mein liebste mir die Göttliche Dian/
    Ich halte mich wiedrumb als der Endymion:

    Ich halte mich als Mars/ wiltu mir Venus bleiben:
    So können wir zugleich die lange Zeit vertreiben:
    So bleibt das alte new: so hab ich noch fortan
    Wovon ich träumen muß/ und ferner schreiben kan.
    _____


     

  • Benjamin Neukirch (1665-1729)

    Auff die liebe

    Ach! was wird durch
    Amors hand
    Nicht auff erden ausgericht?
    Man vergißt das vaterland /
    Aber seine liebste nicht.
    Man verlässet hoff und hauß /
    Man versäumet freund und schmauß /
    Aber seine liebste nicht.
    _____


    Auff Rosetten

    Amor / willstu / daß ich sage /
    Amor / willstu / daß ich klage /
    Was du mir zu viel gethan?
    Du entzündest meine liebe /
    Und doch hilffstu meinem diebe /
    Und trägst ihm Rosettgen an.

    Jenem gläubt sie / wann er scherzet /
    Mir verwirfft sie / was mich schmerzet;
    Beydes ist zu viel gethan.
    Amor / hilff ihm doch nicht stehlen /
    Laß sie / wen sie will / erwehlen /
    Beut sie nur nicht selber an.
    _____


     

  • Martin Opitz (1597-1639)

    Warumb wird
    Amor blos von mahlern fürgestalt?
    Je nackter die Lieb' ist / je minder ist sie kalt.
    _____


    Sirenus im I. Buche der Verliebten Diane

    ISt vnser
    Amor gleich an beiden Augen blindt /
    So trifft er dennoch wol das mittel in dem Hertzen /
    Vnnd fügt vns Wunden zu die mehr als Fewer schmertzen /
    Vnd nichts nicht heilen kan. er ist zwar nur ein Kindt/
    Doch daß der strenge Marß vnd seine Mutter sind
    Gerhaten in die Pein kömpt bloß von seinem schertzen:
    Er hat mir mein Gemüt' entzünd mit seiner Kertzen;
    Er herrschet vber Erd' vnd vber Meer vnd Wind.
    Wann wir den schwartzen Todt gleich sehn vor Augen  stehen/
    Vnd sollen in den Wust des ärgsten Kerckers gehen/
    Bringt doch die gegenwart der Lieb' vns fröligkeit:
    Wann sie vns Menschen wohnt in vnsrer Seel' vnd Sinnen /
    So schafft sie daß wir Noth vnd Pein verachten können /
    Vnd ganz sind vber jhr vnd ihrer macht erfrewt.
    _____


    Der Schäffer Herbanius daselbst

    WEr recht Vernünfftig ist soll allzeit standthafft bleiben /
    Soll haben vnverwandt ein Hertz' vnnd einen Sinn:
    In einem Augenblick' ist alle Freyheit hin.
    Die Tugendt / wo sie gantz ohn anstoß soll bekleiben /
    Muß nimmer lassen sich vom mittelwege treiben:
    Man sieht die Flamme stets nach hohen Spitzen ziehn /
    Vnd vnsrer
    Amor ist der art von anbegin
    Daß er an Hoffart sich pflegt allermeist zu reiben.
    Ohn jhn lebt niemand nicht: er hatt mir weggerafft
    Die Freyheit so ich hatt' vnd meines Lebens Krafft.
    Geh' /
    Amor / wieder hin / geh' hin nur wie du kömpst:
    Thue weg die heisse Glut durch die du mich entzündest /
    Thue weg das harte Band mit welchem du mich bindest /
    Den Bogen auch damit du mir das Leben nimpst.
    _____


    Ein anderer Schäffer daselbst

    WIe köndten mir doch mehr der
    Amor vnd das Glücke
    Entzünden meinen Sinn? kein Mensch ist weit vnd breit
    Der minder trawt als ich / vnd mehr in noth sich frewt;
    Das macht nur bloß die Lieb' / vnd jhre weise tücke.
    Ich sterb' vnd lebe doch: es sind jhr' alte stücke /
    Bald giebet sie mir Trost / bald Angst vnd Hertzenleidt.
    Ihr Augen / könnet jhr so eine lange Zeit
    Noch tawren in der quall? geht kein mal dann zurücke
    Die marter / oder leßt mich noch das Leben nicht?
    O schmertzen / ist es dann / O Alcide / mein Liecht /
    Dir viel zu wenig noch? mein lieben vnd mein hassen
    Wie lange helt es mich in dieser grimmen pein?
    Wann du mich hast von dir befreyet wollen seyn /
    Warumb dann wilt du mich der Bande nicht erlassen?
    _____


    Die Jagt deß
    Cupido

    IN der schönesten der Zeiten /
    Wenn verjüngt wirdt alle Welt /
    Wann die Flora Blumen spreiten
    Thut / durch Wisen / Wald vnd Feldt /
    Kam der Venus Sohn gegangen /
    Eh sich Lucifer eräugt /
    Eh Aurora jhre Wangen
    Vnd goltgelbes Haare zeigt /
    Venus lag ohn sorg vnd zagen
    Gantz deß sanfften Schlaffes voll /
    Mutter / sagte er / ich geh jagen /
    Vnder deß gehabt euch wohl /
    Da erwachte die Göttinne /
    Sprach:
    Cupido liebes Kindt /
    Weil du dieses hast im Sinne /
    Sey es gerne dir gegünt /
    Vnd ich wünsche daß dein Bogen /
    Richtig schiesse für vnd für.
    Wann du dann diß Werck vollzogen /
    Komm auch wieder her zu mir.
    Diß derhalben zu vollführen /
    War er baldt zur Jagt bereit /
    Nicht zur Jagd nach wilden Thieren /
    Wie Adonis vor der Zeit /
    Sondern daß er möchte zwingen /
    Diese grosse weite Welt /
    Vnd in seine Netze bringen /
    Was der Himmel in sich helt.
    Als der Zephyrus vernommen /
    Was das Kind gesonnen wer /
    Ist er mit der Aura kommen /
    Zu verkünden diese Mähr /
    Doch thät er sich plötzlich nähen /
    Eh man für jhm fliehen kundt:
    Eh man seiner sich versehen /
    Hat er schon sehr viel verwundt.
    Also wirdt sehr offt betrogen
    Die gelehrte Nachtigall /
    Eh sie kaum hinzu geflogen /
    Ist sie kommen schon zu fall /
    Juppiter / der Donnerkeile
    Nur für Spiel vnd schertze helt /
    Wardt durch dieses Kindes Pfeile /
    In der Buhler zahl gestellt /
    Phoebus hatte Kunst vnd Witzen /
    Pluto war an Golde reich /
    Es kont jhnen doch nicht nützen /
    Es war
    Amor alles gleich /
    Mars der sonst sich außzurüsten
    Vnd zu streitten war bedacht /
    Sauget an der Venus Brüsten /
    Vnd vergaß der Kriegesmacht /
    Bacchus wuste nichts von Trauben /
    Gantz entzündt in süsser Pein /
    Muste Liebes Speise klauben /
    Thränen giessen vor den Wein /
    Eolus ließ Nort vnd Osten /
    Pan ließ Schaf vnd Hirten stehn /
    Götter vnd Göttinnen musten
    Nach des Kindes Willen gehn /
    Alle Menschen wurden innen /
    Wie
    Cupido sehr geschwindt /
    Wie er jhren Muth vnd Sinnen
    Mit dem Pfeil regieren künt.
    Alles wurde gantz verheeret /
    Alles war mit Leyd erfüllt /
    Biß sich hat der Tag gekehret /
    Vnd die Sonn jhr Haupt verhüllt /
    Da flog
    Amor heim zur stunden /
    Zeigte seiner Mutter an /
    Wie er alles vberwunden /
    Wie jhm alles vnderthan.
    Bald hat sie jhn angenommen /
    Vnd am Nectar voll gemacht /
    Biß der süsse Schlaff ist kommen /
    Vnd jhn hat zu Ruh gebracht.
    _____


    Von der Cynthia Thränen

    Ach
    Cupido / leidestu
    Daß die Zehren jmmerzu /
    Dieser klaren Augen glantz
    Wässern / vnd verschwemmen gantz /
    So der Thränen weite Fluth
    Außlöscht jhres Fewers Gluth /
    Sage wo man künfftig kan /
    Deine Fackel zünden an?
    _____


    CVpido / so du bist nichts anders als ein Kind /
    Wie kömpts daß ich von dir so vielmal sagen hören /
    Daß Herrn vnd Könige dich Tag vnd Nacht hoch ehren?
    Wie kömpts daß deine Hand so sehr viel vberwindt?
    Cupido / bist du auch / wie man dich mahlet blindt /
    Vnd die Poeten selbst / dein' eigne Diener / lehren /
    Wie kanst du dann dein Reich so mächtiglich vermehren?
    Wie daß dein Pfeil so recht mir in mein Hertze findt?
    Nein / glaub' es wer da wil; du kanst mit deinen Händen
    Der Menschen Stärck' vnd Krafft nach deinem Willen lenden:
    Nein / nein / du bist ein Gott dem alles ist bekandt.
    Triff auch der Liebsten Hertz' / vnd halt es für mich inne /
    Daß sie mich / wie ich sie / auch wieder lieb gewinne /
    So sag' ich / du brauchst recht dein Vrtheil vnd Verstandt.
    _____


    Aus dem Griechischen

    Cupido / must du ja mit deinen Bogen schertzen /
    So triff mich wie du wilt / nur ziehle nicht zum Hertzen.
    _____


    Aurelius eben daselbst

    ICh selber bin stock blindt/ ich bin es / nicht die Liebe /
    Der ich mich stürtz' in Pein ohn vrtheil vnnd verstandt:
    Ich bin ein Kindt / nicht er; der ich diß harte bandt
    Voll weinens / lachens / furcht' vnnd hoffnung' auff mich  schiebe.
    Wir selbst entzünden vns / das sonst dem kleinen Diebe
    Cupido allezeit von vns wird zuerkandt.
    Solt' er geflügelt seyn? das billich vnser tandt
    Vnd hochgefaßter Wahn selbselbsten von sich schriebe.
    Kein Waffen hat die Lieb' vnd keine Pfeile nicht /
    Als diese welche der dem Witz vnd Sinn gebricht
    Ihm selber macht vnd giebt. ein Trawm der bald vergehet /
    Vnd von Poeten kömpt die voller Windes sind;
    Ein schein der eilends wird / vnd eilends auch zerrinnt.
    Schaw' hier worinnen doch des Gottes thun bestehet?
    _____


     

  • Jacob Regnart (1540-1599)

    Venus du und dein Kind/
    seit alle bayde blind/
    Und pflegt auch zu verblenden/
    wer sich zu euch thut wenden/
    Wie ich wol hab erfahren/
    in meinen jungen Jaren.

    Amor du Kindlein bloß/
    Wem dein vergifftes Gschoß/
    Das Hertz einmal berhüret/
    Der wird als bald verführet/
    Wie ich wol hab erfahren/
    In meinen jungen Jaren.

    Für nur ein freud allein/
    Gibstu vil tausent pein/
    Für nur ein freundlichs schertzen/
    Gibstu vil tausent schmertzen/
    Wie ich wol hab erfahren/
    In meinen jungen Jaren/

    Drumb rath ich jederman/
    Von Lieb bald abzustahn/
    Dann nichts ist zu erjagen/
    In Lieb/ dann weh und klagen/
    Das hab ich alls erfahren/
    In meinen jungen Jaren.
    _____


     

  • Johann Rist (1607-1667)

    Von der Mühseligkeit seiner Liebe
    Sonnet

    O Lieb O blinde Lieb wie hast du mich verführet/
    Daß ich mein arme Seel/ mein Leben und mein Gut
    Hab auffgeopffert gantz mit unerschrocknem Muht
    Der allerliebsten/ nur so bald ich sie berühret

    Ach
    Amor du Tyrann/ das heisset mehr als veriret/
    Daß du mein junges Hertz gebracht in solche Gluht
    Darinn es Tag und Nacht erbärmlich brennen thut
    Und daß durch ein Göttin/ die Himlisch ist gezieret.

    Nun muß ich fort und fort/ mit Tränen/ Angst und Pein
    Mich martern biß ans End und lebendig Tod seyn.
    Doch weiß ich daß zuletzt von dieser liebe Bande

    Der grawsahm bleiche Tod mich wird erretten bald/
    Wenn nun mein schwacher Leib/ liegt geistloß/ blind und kalt/
    Denn bin ich einmahl frey/ und
    Amor wird zu schanden.
    _____


    Omnia vincit
    Amor et nos cedamus Amori
    Ode Jambica

    Was thut man mirs viel wehren
    Daß ich nicht lieben soll/
    Dazu mein Hertz beschweren
    So ohn das trawrens voll/
    Soll ich die Schuldt den tragen
    Die ich verdienet nicht/
    Thut Venus Sohn anklagen
    Den kleinen Bösewicht

    Sagt mir wo ist zu finden
    Ein solcher kühner Mann/
    Der diesen kleinen Blinden
    Gott wiederstehen kan?
    Wer ist der in der Jugend
    Niemals empfunden hat
    Cupido grosse Tugend
    Und Pfeile mit der That?

    Ein Thorheit ists zu nennen
    Wann man sich wiedersetzt
    Der Macht/ so wir nicht kennen
    Fürwahr der wird verletzt/
    Der wenig recht betrachtet
    Mit wem er streiten sol/
    Der seinen Feind verachtet/
    Zuletzt empfindets wol.

    Als ehemahls die Giganten
    Mit Bergen und Geschoß
    Heuffig zusammen ranten/
    Und meinten also bloß
    Die Götter zu bezwingen
    In jhren Himmels sitz:
    Da that man jhnen bringen
    Zum Willkom Fewr und Blitz.

    Da Jupiter vernommen
    Daß nun der Hauffe gar
    Der Riesen war ankommen
    Rieff er der Götter schaar.
    Schawt an die grosse Menge
    Dort in der Ordnung stehn
    Mit Eiffrigem getrenge
    Den Himmel anzugehn

    Vulcan der muste schmieden
    Bliez/ Fewr und Donnerstral/
    Die wolte man dort nieden
    Schencken den Riesen all/
    Die fielen an mit Schnauben
    Gleich wie ein Windesbrauß
    Vermeynten zu berauben
    Olympi schönstes Hauß.

    Die Götter aber liessen
    Die starcke Donnerstral
    Auff diese Stürmer schiessen
    Auß jhres Himmels Saal/
    Biß das ward abgetrieben
    Der Riesen grosse Zahl/
    Ja endlich auffgetrieben
    Die Schnarcher allzumahl.

    O Menschen ohne Sinnen/
    Die durch den kühnen streit
    Vermeynen zu gewinnen
    Was zu der Herrligkeit
    Der Götter thut gehören/
    Es ist ein eitles Werck/
    Wie sehr lest sich betöhren
    Menschliche Witz und Stärck/

    Wer wil den wieder streben
    Amor dem starcken Gott/
    Und jhm sich nicht ergeben/
    Sondern viel eh mit Spott
    Und Schaden innen werden/
    Daß niemand vor jhm frey
    Mag leben hier auff Erden/
    Und er der stärckste sey

    Kan er die Götter zwingen/
    Daß sie so offt er wil
    Sein Liedlein müssen singen/
    Ey lieber schweig du still/
    Thu dich doch nicht vergleichen
    Dem grossen Jupiter/
    Der aller Königreiche
    Ist ein Monarch und Herr.

    Noch dann hat ihn bewogen
    Cupido mannichmahl
    Daß er herab geflogen
    Von seinen hohen Saal
    Und hat der Götter Orden
    Verlassen lange Zeit/
    Ja ist zum Ochsen worden
    In seinem güldnen Kleid

    Pflegt Mars nicht auffzuhangen
    Die Waffen und das Schwerdt/
    Wann er offt mit verlangen
    Venus allein begehrt/
    Und war er noch von Sinnen
    So grawsam und gefehr?
    Amor kont jhn gewinnen/
    Ja binden ohn beschwer.

    Ob schon Apollo führet
    Das gantze Regiment
    Am Himmel/ und auch zieret
    Die Erd an allem End/
    Noch da jhm Amor zeiget
    Daphne die schöne Magd/
    Sein Hertz sich zu jhr neiget/
    Daß er jhr auch nach jagt.

    Echo ward auch betrogen
    Von diesem Knäbelein/
    Wie Narcissus geflogen
    Das zarte Jungfräwlein
    Die sein doch so begehret/
    Lieff über Berg und Thal
    Biß daß sie ward verkehret
    In einem wiederschall.

    Hievon weiß auch zu sagen
    Actaeon/ der da pflag
    Im finstren Busch zu lagen/
    Da er die Nymphen sach/
    Die thaten jhn begiessen/
    Darauff er also baldt
    Von Hunden ward zerrissen
    In einem dicken Waldt.

    Was Arethusa klaget
    Das ist auch wol bekandt/
    Alpheus ihr nachjaget
    Durchs gantze Griechenlandt
    Sie ward von lautren Tränen
    Ein schneller Wasserfluß
    Daß macht Alpheus sehnen
    Und ihrer Lieb verdruß.

    Hat
    Amor nicht betrogen
    Tereus deß Königs Hertz/
    Daß er durch jhn bewogen
    Sich selbst in grossen Schmertz
    Und Philomel daneben
    Gebracht elendiglich
    Da er jhr Ehr und Leben
    Geraubet jämmerlich.

    Und wer kan doch beschreiben
    Cupido Wunderspiel/
    Daß er täglich thut treiben
    Ohn alle Maß und Ziel
    Er schonet nicht der Jugendt/
    Unschuldt/ noch frommigkeit/
    Kein Alter/ Zucht noch Tugendt/
    Vor jhm ist nicht gefreit.

    Mein Hertz so du wilt schweben
    Friedlich in guter Ruh/
    Und fein im sanfften Leben
    Dein Alter bringen zu/
    Cupido must du meiden/
    Daß er dich treffe nicht/
    Und etwa bring in leyden
    Durch ein zart Angesicht.

    Der ist ein Mann zu schätzen/
    Der ist von Tugendt groß/
    Der sich nicht lest verletzen/
    Amor das Knäblein bloß
    Der seine Pfeil verachtet/
    Und durch Beständigkeit
    Ihn selbst zum Sclaven machet
    Seins gantzen Lebens Zeit.

    Ade du Gott der Liebe
    Mit deiner tollen Hitz/
    Hinfort wil ich mich üben
    Auff des Parnassus Spitz
    Ich wil nun Lieb gewinnen
    Apollo Töchterlein/
    Die dreymal drey Göttinnen/
    So bleib ich sonder Pein.
    _____


    Felix qui non amat
    Oder Jambica

    O Wie glückselig ist der Mann/
    Wiewol stehn doch desselben Sachen:
    Den
    Amor nicht bezwingen kan/
    Noch jhn zu einen Sclaven machen.

    Ein solcher bringt sein Leben zu
    In frewen/ und darff niemand schewen/
    Sein Leib und Geist bleibt nur in ruh
    Sein thun sicht man jhn nie gerewen.

    Wann er Apollo dienen wil
    Und seinen Töchtern den Göttinnen/
    So sitzet er fein in der still/
    Thut schönen Künsten nur nach sinnen.

    Er schawet an die grosse Welt/
    Bemühet sich recht zu betrachten
    Was droben ist/ daß schnöde Geldt
    Pflegt er gantz hönisch zu verachten.

    Wenn andre bey des Mondes Liecht/
    Für jhrer liebsten Thür hergehen
    Weil sie für Liebe schlaffen nicht/
    Thut er das Firmament ansehen.

    Wann andre sehr beklagen sich/
    Daß sie für liebe gar verbrennen!
    So mühet er sich embsiglich
    Die schöne Kräuter zu erkennen.

    Wann andre mit betrübtem Sinn
    Sehr weit durch alle Felder lauffen/
    Und suchen ihre Schäfferin:
    Pflegt dieser Pallas Wahr zu kauffen.

    Sein hoher Geist und tapffrer Muht
    Verlachet nur den blinden Knaben/
    Cupido mit dem Pfeil und Glut
    Der muß sein vor ihm übertraben.

    Sein höchstes Gut ist Weißheit nur/
    Sein beste Frewd ist zu erkünden
    Der Vögel/ Fisch und Thier Natur
    Ja alles was sonst ist zu finden.

    Er wandelt auch ins Himmels Saal
    Bey Sonne Mond und alle Sterne:
    Auff Erden kennt er Berg und Thal/
    Ja Städt und Länder in der ferne.

    Wie Wasserflüß und Brünnelein/
    Auch alle Meer weis er zu nennen/
    Er kans dir auch erklehren fein
    Warumb die grossen Berge brennen.

    Und daß er alles recht erfahr/
    So kreucht er in die schwartzen Erden/
    Und sicht wie Metallen zwar
    Künstlich daselbst gebohren werden.

    Er kan durchs Fewr gantz wunderlich
    Auß Kreutren/ Ertz und andren Dingen
    Saltz/ Wasser/ Geist behendiglich
    Und andre schöne Sachen bringen.

    Der Himmel ist sein Gold und Geldt
    Der ihn allein kan frölich machen
    Dazu der Mensch die kleine Welt
    Verstendigt jhn von allen Sachen.

    Und so bringt er sein Leben zu/
    Helt nichts von seufftzen/ weinen/ klagen/
    Er bleibet bey der wahren Ruh/
    Weiß von
    Cupido nichts zu sagen.

    Die Weißheit ist sein höchster Schatz/
    Von Venus mag er gar nicht hören/
    Und
    Amor findet keinen Platz
    In seinem Sinn/ jhn zu bethören.

    Drumb/ ey wie selig ist der Mann/
    Wie wol stehn doch desselben Sachen/
    Den
    Amor nicht bezwingen kan
    Noch jhn zu seinem Sclaven machen.
    _____


    An sein falsches Lieb
    Sonnet

    Bedenck/ o falsches Lieb/ wie offt hast du geschworen/
    Das nichts in dieser Welt dein Hertze trennen soll
    Von meinem/ welches ist rechtschaffner Liebe voll
    Ach leider hat sich trew so bald bey dir verlohren?

    Wie offt hab ich es wol gehört mit meinen ohren/
    Daz der so
    Amor folgt sey lauter blind und toll
    Das diesem nun so sey/ hab ich erfahren wol/
    So daz ich offt gewünscht/ ich were nie gebohren.

    Nun leider ist dahin mein Muht/ Witz unnd Verstandt/
    Ja werde noch dazu
    Cupido Sclav genandt.
    Wie/ ist denn nicht genug/ daß du mir hast genommen

    Die Freyheit/ und du suchst mein Leben noch dazu?
    Ach sey damit begnügt/ laß ein wenig Ruh
    Ich werde doch dem Tod bald in die Gruben kommen.
    _____


    An
    Cupidinem Daß er ihn doch verschonen wolle
    Sonnet

    Cupido laß doch ab mein Hertz so zu beschweren/
    Es hilfft dich lauter nichts/ daß ich so grosse plag
    Erduld in Liebespein und schmertz von Tag zu Tag/
    Ich kan doch leider nicht erlangen mein begehren

    Cupido wilt du mir meins Hertzens Wunsch gewehren
    So hilff daß endlich sich mög enden meine Klag/
    Daß mein betrübte Seel in trawren nicht verzag/
    Die sich zu jederzeit von Thränen muß ernähren.

    Ach het ich einmal ruh: Ach wer mein Hertz befreyt/
    Wolt ich in schneller eil vergessen all mein Leid.
    Cupido kan ich dich mit zehren nicht erweichen/

    Daß du mit deinem Pfeil lest ab zu plagen mich/
    So laß die Fackel nur verbrennen jämmerlich
    Mein Hertz/ so kan ich bald mein End und Tod erreichen.
    _____


    An sein falsches Lieb
    Sonnet

    Bedenck/ o falsches Lieb/ wie offt hast du geschworen/
    Das nichts in dieser Welt dein Hertze trennen soll
    Von meinem/ welches ist rechtschaffner Liebe voll
    Ach leider hat sich trew so bald bey dir verlohren?

    Wie offt hab ich es wol gehört mit meinen ohren/
    Daz der so
    Amor folgt sey lauter blind und toll
    Das diesem nun so sey/ hab ich erfahren wol/
    So daz ich offt gewünscht/ ich were nie gebohren.

    Nun leider ist dahin mein Muht/ Witz unnd Verstandt/
    Ja werde noch dazu
    Cupido Sclav genandt.
    Wie/ ist denn nicht genug/ daß du mir hast genommen

    Die Freyheit/ und du suchst mein Leben noch dazu?
    Ach sey damit begnügt/ laß ein wenig Ruh
    Ich werde doch dem Tod bald in die Gruben kommen.
    _____


     

  • Johann Hermann Schein (1586-1630)

    A
    mor/ wie ist dein Lieblichkeit/
    so gar ein bitters leiden/
    Du machst mir so viel trawrigkeit/
    das ich so offt mus meiden/
    Mein einig freud/ Bey der allzeit/
    Ich stets mir wünsch zu wohnen/
    Dein Diener trew/ mit heucheley/
    Und falschheit thust ablohnen.

    Mein krafft ist schwach/ verkert mein sinn/
    durch dein geschoß verwundet/
    Mein hertz im Leib wird fahren hin/
    ob ich mich wol erkundet/
    Artzney behend/ An allen end/
    Kan mir doch niemandt helffen/
    O weh mein wund/ nimbt zu von stund/
    Es ist umbsonst mein gelfen.
    [gelfen=schreien]

    Ob sichs bißweilen schon anlest/
    als wolt sie sich verkleinen/
    Bleibt es doch nicht bestendig fest/
    wie ich wol thet vermeinen/
    Dieweil der Pfeil/ Der mir in eil/
    Mein Hertz gantz thet auffspalten/
    Noch steckt darin/ Hertz/ marck und Sinn/
    Elend plagt mannigfalten.

    Rühmstu dich denn noch Lieblichkeit/
    und freundliches wolleben/
    Magst wolsein eine bitterkeit/
    die mich noch bringt umbs Leben/
    Heist zwar
    Amor/ Bist Amaror/
    die du gar manchem Ritter/
    In grosser noth/ ja auch im Todt/
    Bist gnug gewesen bitter.

    [Akrostichon:
    AMOR]
    _____


    Amor das blinde Göttelein/
    Hat mich ja wol veriret!
    Unlengst in einem Gärtelein/
    Saß es und lamentiret
    Kund sich so kleglich stellen/
    Als hets sein zartes Füsselein/
    Getretten in ein Dörnelein/
    Daß es davon thet schwellen.

    Was gschicht? Ich armer Coridon
    Laß mirs zu Hertzen gehen/
    Verhoff des kriegen guten Lohn/
    Wil nach sein Füßlein sehen/
    Als ichs auffhub gar sachte/
    Da schnellt das kleine Schälckelein
    Ein Pfeil von seinem Bögelein/
    Tieff in mein Hertz und lachte.

    Ach weh/ sprach ich/ ist das der Lohn/
    Für mein bärmlich Mitleiden?
    Ach ach mir armen Coridon
    Nun kenn ich erst die Kreyden/
    Daß es Betrug gewesen/
    Drumb Filli zart/
    der Wälder zier/
    Du kanst noch einig helffen mir/
    Sonst werd ich nicht genesen.
    _____


    Filli die schöne Schäfferin/
    Beschlossen hat in jhrem Sinn/
    Amor zu wiederstehen/
    So offt sie merckte sein Geschoß/
    Verwand sie sich/
    gab sich nicht bloß/
    Daß solcher fehl must gehen.

    Amor erdacht ein ander List/
    Sprach/ Filli du zwar witzig bist
    In deinem stoltzen Sinne/
    Verstellet sich in Hirtn gestalt/
    Und stahl jhr jhren Stab alsbald/
    Daß sie es nicht wurd inne.

    Legt hin dafür sein spitzig Pfeil/
    Mein gute Filli wil in eil
    Auff jhren Stab sich bücken/
    Ergreifft den Pfeil/
    Und den hienein
    Gar tieff in jhr zart Hertzelein/
    Thet unversehens trücken.

    Ach weh/ schrey sie/ du kleiner Schalck/
    Wer ich geschwind gleich wie der Falck/
    Könt ich dir nicht entfliehen/
    Schon meiner/ Ach ich geb mich dir/
    Thu doch dem Pfeil/
    so brint in mir/
    Aus meinem Hertzen ziehen.
    _____


    Der edle Schäffer Coridon
    Einsmals in trawren tieff/
    Dacht an sein liebste Filli schon/
    Daß er darübr entschlieff.
    Und als er eingeschlaffen kaum/
    Sein Augen zugeschlossen/
    Da macht jhm durch ein süssen Traum
    Amor ein Liebespossen.

    Als ob die schöne Filli kehm/
    Gantz leise zu jhm gieng/
    Ihn freundlich in jhr Armlein nehm/
    Zu küssen auch anfieng/
    Davon er gantz voll Frewden ward:
    Wie sol ich dz verstehen/
    Sprach er/ mein liebste Filli zart/
    Daß mirs so wol thut gehen?

    Abr solche Frewde wert nicht lang/
    Damit er wurd bethört/
    Als er gemacht kaum den Anfang/
    Sie/ leider/ wiedr auffhört/
    Amor mit seinem Flügelein
    Ein gros geräusche machte/
    Daß Coridon vom Schlaffe sein/
    Durch solches wiedr erwachte.

    Ach sprach der gute Coridon
    Schaffstu mir solche Frewd/
    O Allerliebste Filli schon/
    Wenn ich Schlaff von dir weit!
    Was würd den dein lieb Mündelein
    Für grosse frewd mir machen/
    Wenn ich bey dir/
    O Liebelein selbst schlaffen solt und wachen?
    _____


    Amor heut Triumphiret/
    Zwey Lieb gefangen führet/
    Die er in grosser Eil/
    In grosser Eil/
    Verwund durch seinen Pfeil.

    Solchs thut den Göttern allen/
    Von Hertzen wolgefallen/
    Gar laut mit heller Stim/
    Mit heller Stim/
    Congratuliren ihm.

    Lieblich sie intoniren
    Zu Ehrn jhm Musiciren/
    Viva viva
    l'Amor
    Viva
    l'Amor/
     Rufft laut der Ninfen Chor.
    _____


    Bleich wie ein armes Hirschelein/
    Das man gejaget hat/
    In einem grünen Wäldelein/
    Bin ich so müd und matt/
    Nicht lengr ich mich salviren kan:
    Amor mir fort nachstellt/
    Er wil auch nicht ehe abelan/
    Er hab mich denn gefellt.

    O Filli schön dein Liebes-Stral
    Aus deinen Eugelein/
    Braucht er zum schiessen allzumal/
    An statt der Pfeile seyn/
    Sein Jäger Hund/
    Dein Tugend viel
    Mein Hertz ergriffen han/
    Daß ich gefellt muß ligen still/
    Und nicht entspringen kan.

    Abr Filli from/ sich an mein Noth/
    Bitt
    Amor noch für mich/
    Daß er nit gar mich schieß zu tod/
    Aus Zorn so grimmiglich/
    Ich wil dafür in deinem Wald
    Mich allzeit stellen ein/
    (Ach eil/ Ach eil/ Mein Lebn erhalt!)
    Dein trewes Hirschlein fein.
    _____


    Ach weh/ bin ich
    Amor
    So hoch geförcht zuvor?
    Wo sind nun meine Pfeil?
    All meine List und Macht/
    Wird jtzt verspott/ verlacht/
    Dem raub bin ich zu theil.

    Filli die schäffrin zart
    Mich hat gebunden hart/
    Gemachet gantz wehrloß/
    Hin fort es jhr gelingt/
    Mich/ wie sie will/ bezwingt/
    Durch mein selbst eign Geschoß.

    Ach seht jhr Götter all
    Denn zu in diesem Fall?
    Löst doch auff meine Band/
    Laßt als ein Göttlein mich
    Doch nicht so gar im stich/
    Es wer euch alln ein schand.
    _____


    O Berg und Thal/ Ihr Felsen all/
    Helfft meine Lieb beweinen/
    So gar umbsunst/ Ohn einig gunst/
    Kein gegenblick will scheinen/
    Weil mich
    Amor mit seinem pfeil
    Biß auff den Todt verwundt in eil.

    O Brünnelein/ Ewr Bächelein
    Laßt mir für Thränen fliessen/
    Ob wol despect/ Gantz ohn effect
    Mein Augen sie vergiessen:
    Neptun befihl/ daß deine Wind
    Mir jetzt anstadt der seufftzen sind.

    O Nachtigall/ Ihr Vöglein all/
    Ach helfft mir exprimiren
    Den Liebesschoß/ Mit schmertzen groß/
    Vergeblichs lamentiren:
    Macht kund der Filli grausamkeit/
    Und meine Lieb Und stetigkeit/

    O kühner Held/ In Liebesfeld/
    Amor thu dich erbarmen/
    Der schäffrin hertz/ In Liebes schmertz
    Laß gleicher gstalt erwarmen/
    Damit sie doch mitleidendlich
    Einmal erbarme meiner sich.
    _____


    Cupido klein/ dz Göttlein blind
    Dz tausent schälckelein
    Hat abermal in lieb entzünd
    Zwey Edle Hertzelein/
    Vor kurtzer Zeit im Herbste kalt
    Ihr Schäffelein im grünen Wald
    Beysammen theten weyden
    Hirt Coridon und Filli zart
    Das Göttlein jhr ansichtig ward/
    Geschwind stellt nach den beyden.

    Denn als die zarte schäfferin
    Die kält nicht kunt vertran/
    Da fieng dz kleine schelmelein
    Sein lose possen an:
    Partirt dahin sein Liebesbränd/
    Mit seinen Flügelein behend
    Auffechelt da ein Fewer:
    Dasselbe Filli bald ersach/
    Zu wärmen dran sich/ ward jhr jach/
    Merckt nicht solch Abenthewer.

    In dem sie nun jhr Mundelein
    Zu nah den bränden reckt/
    fuhr jr ein funck ins hertz hinein/
    Und sich darin versteckt:
    Sie fühlet schmertz/ und seufftzet sehr/
    Darvon der Funck je mehr und mehr
    Darin ward auffgeblasen/
    Biß darauß ward ein grosse flamm/
    Die ubr jr hertzlein schlug zusamm/
    Kunds seufftzen doch nicht lassen.

    Hirt Coridon sah jhren schmertz/
    In seine Arm sie nahm/
    Wolt leschen jhr entzündtes hertz/
    Und dempffen solche flamm:
    Je mehr er lescht/ je mehr es brandt/
    Das Fewer nahm gantz uberhand/
    Sein Hertz selbst thet anzunden/
    Nach hülff sie schreyen alle beyd
    In solchem jhren Hertzeleid/
    Da war kein hülff zu finden.

    Cupido uberlaut deß lacht/
    Ließ sich von jhnen sehn/
    Sprach/ fühlet jhr nun meine macht?
    Euch ist gar recht geschehen/
    Vorhin all meine Kunst und List
    Euch nur ein schertz gewesen ist/
    Mein Namn ihr nicht gern nennet/
    Nun ligt jr hie/ und brennt allbeyd
    Vergebens rufft umb hülff und schreyt/
    Gelt/ Jetzt jhr mich recht kennet.
    _____


     

  • David Schirmer (1623-1687)

    Gleich und ungleich

    Mein Lieb das redet wol: Der
    Amor auch ingleichen
    Sie schlägt die Augen auf: Er thut es auch wie sie.
    Sie schläft: Er schläfft mit ihr. Sie steh alleine hie:
    Er auch. Sie lacht: und Er. Sie giebet Freuden-Zeichen:

    Er freuet sich auch mit. Sie hüpfft: Er wil nicht weichen/
    und hüpffet auch. Sie singt: und Er. Sie weint: die Müh
    nimt er auch an. Sie spielt ein Lied: das läst Er nie.
    Sie geht: Er gehet auch mit ihr herumb zuschleichen.

    Was nur mein Lieb vor Lust und Kurtzweil nimmet für/
    das thut
    Amor nach/ und findet sich bey Ihr
    In einem eintzigen nur/ in einem eintzigen Stücke/
    da treffen allebeyd auch gar nicht über ein.

    Er ist gelind und gut/ wie er sonst pflegt zuseyn
    bey denen/ die er liebt: Sie aber voller Tücke.
    _____


    Cupido von Marnien

    Hier laß ich Pfeil und Glut/ die Rosen mit den Myrten/
    durch die ich vor der Zeit in Himmel kunte gehn.
    Hier laß ich Krantz und Riet/ und alle Waffen stehn.
    Ich flieh/ ich fliehe fort/ und laß es euch/ ihr Hirten.

    Kein Spiel/ kein frölich-seyn/ kein süsses Hals-ümbgürten/
    und keine Nymphe sol mit Schallen und Gethön/
    mich fürterhin durch Thal/ durch Püsch und Auen sehn.
    Kein Westwind sol mich mehr mit süssen Thau bewirthen/

    Weil Marnia mit Glantz/ Gluth/ Feuer/ Liecht und Gifft/
    Pfeil/ Köcher/ Krantz und Spiel und alles übertrifft.
    Ade! ich gehe fort zu den entfernten Wüsten.

    Doch nehmt hier Warnung an/ und höret noch ein Wort/
    ihr Sterblichen/ wenn ich ietzund von euch bin fort/
    last euch nach Marnien (sie tödtet) nicht gelüsten.
    _____


    An den
    Cupido

    Wo bistu/ Kleiner/ nicht mit deiner List zu finden?
    Die mir den frohen Sin pflegt ofters zu entzunden.
    Stets folgestu mir nach. Stets kehrstu bey mir ein/
    Weil ich dein runder Ball und leichtes Spiel mus seyn.
    Sitz ich im Schatten hier/ ümb Ruhe mir zu schaffen/
    So fällestu mich an mit deinen göldnen Waffen.
    Die Flügel wehn mir zu den süssen Liebes-Wind/
    Daß sich von dem Geräusch mehr Angst und Schmertzen findt.
    Sing ich den grünen Ruhm der Weltberühmten Helden/
    So sitzestu bey mir und hebest an zu melden/
    Wie schöne Laura sey/ daß ich auf mein Papyr/
    An stat der Helden- That/ muß mahlen Ihre Zier.
    Wein ich/ so weinestu. Laß ich die Seufzer fahren/
    So seufzestu mit mir. Setz ich mich zu den Bahren/
    Darauf mein bleicher Leib soll fortgetragen sein/
    So wilst auch du zugleich mit mir ins Grab hinein.
    Entdeck ich dir mein Leid/ und die gemachten Wunden/
    Die ich von deinem Stahl/ du blinder Schütz/ empfunden/
    So träuffelstu behend die scharffen Zähren drein/
    umb daß sie Linderung und Artzney sollen sein.
    Deck ich sie wieder zu/ so breitestu die Flügel/
    Als eine Binde/ drauf. Laß ich der Sinnen Zügel
    Hinschiessen durch die Luft/ ümb daß ich werde frey/
    So bistu neben mir mit deiner Gauckeley.
    Flieh ich bey Finsternüs durch die Kohl schwartzen Wüsten
    Wo nichts als Ungethüm/ und wilde Geister nisten/
    So trägstu mit der Hand ein brennend Hertze vor/
    Das zeiget mir den Weg/ den ich vorhin verlohr.
    Gefällets aber mir in meiner Brunst zu leben/
    So schickestu dich bald/ mehr Pfeile mir zugeben.
    Geh ich aus alter Noth in eine neue Pein/
    So muß der alte Schmertz auch neu gedupelt seyn.
    Folg ich dem Lager nach/ so bringstu mich in Eisen.
    Mein Haupt ümbzierestu/ nach alten Ritters-Weisen/
    Mit Federpusch und Helm/ Die Seite führt das Schwert/
    Den Leib durchs ofne Feld ein geil-verliebtes Pferd.
    Schwing ich mich/ durch den Nord/ hin in des Meeres Wellen/
    Pflegst meinem Leben du zum Nachen darzustellen/
    Dein breites Flügel-Paar/ das es auf einem Kahn
    Kan ohne Schifbruch dort zu Lande kommen an.
    Weil ich/ Cupido/ nun nicht sonder Angst soll Leben/
    Hat deine Mutter dich mir zum Geferten geben.
    Und weil die Liebes-Glut soll immerwehrend sein/
    Stell ich/ ein Folger/ mich bey dir/ als Führern ein.
    _____


    Sie hat jhn versehret

    Der Jupiter trägt Glut und Blitze.
    Die Pallas führt Medusen Schild.
    Der Ocean die dreyzackspitze.
    Den Mars macht Schwert und Harnisch wild.
    Wie kömpts denn/ daß
    Cupido stehet/
    Und ohne Pfeil und Bogen gehet?

    Ist seine Fackel denn verglommen?
    Ist denn sein heisses Feuer kalt?
    Wer hat jhm denn die Glut genommen?
    Wer machet jhn so ungestalt?
    Die Venus/ die mir gibt zu schaffen/
    Trägt in den Augen seine Waffen.

    Die Venus/ die ist Amarylle/
    Mein Auffenthalt/ mein Rosenblat.
    Das schöne Licht/ der Augen Fülle
    Ists/ das mich so versehret hat.
    Sie sendet mir die scharffen Pfeile/
    Weil ich nach jhrem Feuer eyle.

    Kom/ meine Venus/ Amarylle/
    Ich stelle dir ein Opfer an.
    Daß ich an mir den Schmertzen stille/
    Hab ich mich selbst dir abgethan.
    Dir bau ich ietzt ein Hauß von Rosen/
    Vom Purpur-Blut/ und Gold-Türckosen.

    Da will ich deine Göttlichkeiten
    Verehren wie ein Mensche soll.
    Brecht an/ jhr angenehmen Zeiten/
    Brecht an und macht mich Freuden voll!
    Daß sich nicht sehne mein Verlangen.
    Der Abendstern ist aufgegangen.
    _____


     

  • Johann Georg Schoch (1627 - um 1690)

    An Fleurien

    Ihr frischen Wangen ihr/ und du so weicher Mund/
    Der schönen Fleurien/ die mich nunmehr verwundt/
    Von der ich hab geschrieben
    Manch Blat und Seite voll/
    Daß das mein höchst Belieben/
    Daß ich sie lieben soll:/:

    Du
    Amor/ der du nur auff mich die Sehne spanst/
    Und mich in Fleurien verliebet machen kanst/
    Gebrauche deinen Bogen/
    Daß Sie ihn auch empfindt/
    Und mach' auch mir gewogen
    Das noch was stoltze Kind:/:

    Der aller-erste Kuß der sol dein Opffer seyn
    Den ich von Fleurien sol künfftig samlen ein.
    Nach ihrer Brüste Klippen
    Der Hertzens Felssen-Stein
    So weich nur als die Lippen/
    So muß Sie meine seyn:/:
    _____


    Die Liebes-Belagerung

    Nun hab' ich die Freyheit und alles verlohren/
    Dieweil ich der Venus zur Fahne geschworen.
    Ich habe verkauffet die Freyheit/ das Leben/
    Dieweil ich mich wieder in Dienste begeben.

    Die Buhler/ so mänlich zu Felde gestritten/
    Das sind Officierer zum besten beritten/
    Feld-Marschall ist
    Amor/ dem wil es gebühren
    Der gantzen Armee die Truppe zuführen.

    Denn wer es im lieben am kühnste wil wagen/
    Der wird auch für andern zum Ritter geschlagen/
    Und wer sich im Küssen am besten gehalten/
    Der muß dann die höhesten Chargen verwalten.

    Die Augen der Liebsten/ die feurigen Blitze/
    Das seynd die Cartaunen das Mörsel-geschütze/
    Durch welche die Kugeln/ die glümmenden Ballen
    Wie tieff in die Vestung der Hertzen einfallen.

    Die zitternden Seufftzer/ die stündlich wir lassen/
    Seynd helle Trompeter die Lermen nur blasen/
    Die starcken Begierden seynd Piquen und Lantzen/
    Die Hoffnung das Bollwerck/ Vertröstung die Schantzen.

    Vermeynt man/ es möchten die Stürme gelingen/
    So lest die Verzweiflung die Mine nicht springen/
    Und wenn man der Liebsten muß leben beraubet/
    So seynd die Petarten ans Hertze geschraubet.

    Untreue/ so täglich zur Losung geblieben/
    Die stehet im Fähnel mit Blute geschrieben/
    Im Wappen da stehen gedoppelte Zungen/
    Zwo Hertzen in trummern und stücken gesprungen.

    Der Todt auch der stehet zur Seite gemahlet/
    Der Kummer und Schmertzen zur Löhnung bezahlet;
    Bley/ Kugeln und Pulver seynd Thränen und Zehren/
    Die/ die wir kein Augenblick können entbehren.

    Haß/ Zwietracht und Mißgunst/ Verleumbdung und Lügen
    Seynd Feinde/ mit denen man stündlich zu kriegen;
    Furcht/ Rachgier und Eyffer seynd unsre Gesellen/
    Mit welchen wir fleissig die Posten bestellen.

    Viel tausend Gedancken seynd die uns ploquiren/
    Und die uns für Augen Verblendungen führen;
    Die Mißtreu die schildert auff unsern Pasteyen/
    Und hilfft uns das: Wer da! zum fleissigsten schreyen.

    Drumb/ welcher der Venus zur Fahne geschworen
    Der hat schon die Freyheit und alles verlohren;
    Und/ wer sich bey
    Amor in Dienste begeben/
    Derselbe verkauffet die Freyheit/ das Leben.
    _____


    An Rubellen/ Als Er jagen ritte

    Ich mag nicht/
    Amor/ mehr mit dir auf deine Hätze/
    Es ward mir deine List/ wie from du scheinst/ bekandt.
    Die Tücher/ die du hier umb deinen Busch gespannt/
    War Hoffnung und Begier; Die Liebe/ Jäger-Netze;

    Ein Schmatz und Kuß umb Kuß/ das war das Wald-Gesetze;
    Mein Wind-Spiel war die Lust/ das führt ich an der Hand;
    Dieweil ich Brunst und Geist rumb auf die Spur gesand/
    Der Sperber war mein Sinn/ den ich verlohren schetze.

    So ward ich ausgerüßt. Die Seufftzer die ich liese/
    Diß war das Jäger-Hifft/ das ich so helle bliese.
    So gut schon kunt' ich mich in dieses Jagen schicken.

    Was geht denn/ fragt' ich drauf/ hierumb für rohtes Wild?
    Da wars Rubelle selbst/ das Adeliche Bild/
    Ich wolte fangen Sie/ da hing ich selbst in Stricken.
    _____


     

  • Sibylle Schwarz (1621-1638)

    Ach /
    Amor / nimb dein schwäres Joch von mir /
    kans müglich seyn / nimb wegk die Liebes Plagen /
    dein Joch ist schwer / drümb kan ichs nicht mehr tragen /
    du bist zu süß / drümb klag ich über dir.

    Nimb wegk die Last / sie unterdruckt mich schier:
    was sol ich doch vohn deinen Pillen sagen /
    die bitter sind / und doch mir wohl behagen?
    Ich steh und geh im Zweiffel für und für:

    wo sol ich hin? Im fall ich bin allein
    so denck ich nuhr: Ach möcht ich bey Ihr seyn!

    bin ich bey Ihr / so steht mir vohr das Scheiden;
    liebt sie mich dan / das ich so sehr begehr /
    so ist mir doch die Süßigkeit zu schwär;
    Ich will den Tod wohl für die Liebe leiden.
    _____


    Lieben ist nicht müßig stehen /
    Lieben lauffet Tag und Nacht;
    ein verliebet Herze kracht /
    und wil fast vohr Müh vergehen.

    Liebe wird nicht faul gesehen /
    Lieb' ist / wen sie schläfft und wacht /
    auff der Liebsten Gunst bedacht /
    sie läst alle Winde wehen /

    nichts mag ihr beschwärlich seyn
    als die schwäre Liebespein;

    Lieben kan man Mühe nennen /
    Amor ist ein feurig Joch /
    und zu weilen laulecht doch /
    sonsten würd eß viel verbrennen.
    _____


    Man sagt / es sey kein Ort / da
    Amor nicht zu finden /
    eß sey kein öder Wald / eß sey kein Teil der Welt /
    da dieser große Fürst nicht seine Hoffstadt helt;
    man sagt / eß sey kein Man / den er nicht könne binden:
    noch hat er meinen Muht nicht können überwinden /
    weil mir sein schnödes Thun zu keiner zeit gefält;
    ob er schon noch so weit ihm bawet sein Gezelt /
    daß in Arabia man ihn auch stets kann finden.
    Europa ist zwahr sein / er sitzt in Africa /
    er wohnt in Asia / und kent America /

    In summ / eß ist kein Haus / das er nicht innen hatt /
    eß ist kein Menschlich Hertz / das er nicht könte lencken /
    mich doch / ob er schon nah mir ist / kan er nicht krencken /
    dan ist er auff dem Dorff / so bin ich in der Stadt. Oder:
    bin ich dan auff dem Dorff / so ist er in der Stadt.
    _____


    Wans fragen gelten solt / so möcht ich billich fragen:
    wer bringet mir mein Leid? wo rührt mein Lieben her?
    mein Lieben / das mir ist ein liebliches Beschwär:
    Cupido / bringest du mein Herz in solche Plagen?

    so wil ich über dich und deinen Bogen klagen;
    kompt aber dis mein Feur mir etwan ungefehr /
    hat derer Tugend schuld / die da ist mein begehr /
    wie kan ich doch alsdan vohn Venus Rencken sagen?

    Ist
    Amor nicht so starck / daß er mein Hertze rührt /
    so hat die Charitas mich an dis Joch geführt.

    Mein Lieben hat die Art der Buhler angenommen /
    drümb bringt eß
    Amor auch; doch das wil mir nicht ein /
    weil ich und du / mein Lieb / nuhr guhte Freunde seyn /
    wo doch sey immermehr die Freundschafft hergekommen?
    _____


     

  • Kaspar Stieler (1632-1707)

    Der verbrannte
    Amor

    Solt'
    Amor wol geflügelt sein?
    ich bild es mir nicht ein.
    Längst ist er bey mir eingezogen
    nie ist er wieder fort geflogen/
    solt' er geflügelt sein:
    ich bild' es mir nicht ein.

    Es macht uns zwar Apelles Hand
    den
    Amor so bekand.
    Hätt' aber er ie können fliegen
    er würde so nicht stille liegen.
    Ja wol geflügelt sein
    ich bild' es mir nicht ein.

    Doch/ st! aniezt besinn' ich mich:
    er hatte was an sich
    Als er zu mir kahm eingefahren/
    mich dünket daß es Federn waren.
    Er muß wol halten Stand
    die Federn sind verbrannt.

    Er aber hat selbst Schuld daran
    daß er nicht weiter kan.
    Er hat ein Feur in meinem Herzen
    entzündet mit der Liebes-Kerzen.
    ich gönnt' es/
    Amor/ dir/
    wärstu nur erst auß mir.
    _____


    Brenn/ aber lindre auch

    Was hab' ich/ kleiner/ dir getahn
    daß ich nicht Ruhe haben kan/
    willstu mich denn zu Aschen brennen?
    Ich bin ohn diß entädert bleich
    und einem schwarzen Schatten gleich
    von meinen Brüdern kaum zu kennen.

    Ich gebe dir die Sieges-Fahn'
    und flehe dich in Demuht an/
    laß deinen Diener nicht verderben.
    Es gibt dir/
    Amor/ schlechten Preiß
    wenn/ der sich nicht zu retten weiß
    soll auff gebognen Knien sterben.

    Genade zieret einen Held.
    Ich räume dir des Herzens Feld/
    mein blosser Busem steht dir offen.
    Zieh ein/ und gönn mir nur die Lehn
    ich wil dir zu Gebote stehn/
    was hastu mehr von mir zu hoffen.

    Wer wird/ hastu mich umgebracht/
    alsdenn erheben deine Macht?
    Wer wird von deinen Tahten singen?
    Werd' ich noch etwas übrig sein:
    so bleibt die Ehr' alleine dein.
    Mein Staub kan dir nicht Nuzzen bringen.
    _____


    Die Liebe ist blind

    So bildstu darum dir was ein/
    Oenindchen/
    leichtes Kindchen/
    daß ich dich allein
    zu der Schönheit Preiß und Pracht
    vor dehm gemacht?
    O nein. Die Worte sind nicht theur.
    des
    Amors Feur
    blendte mich/
    daß ich
    dich so ungleublich schön
    angesehn/
    da dir viel doch übergehn.

    Wie offt verglich' ich deinen Mund
    Korallen/
    die gefallen
    auß Ozeans Grund/
    da er doch kaum noch so roht
    sah/ als der Tod:
    Die Augen musten Sonnen-schein
    und Sternen sein/
     dennoch war
    es gar
    offt um dich lauter Nacht.
    Nu betracht/
    hab' ich dich nicht außgelacht?

    Die Worte bließ mir
    Amor zu/
    der Lekker/
    Jungfern-Gekker/
    und du Närrin/ du
    meinst/ daß diese Gekkerey
    die Wahrheit sey.
    Ey nim doch nur den Spiegel für
    du heßlichs Tiehr!
    die Gestalt
    wird bald
    verrahten deinen Wehrt.
    Auff der Erd'
    ist kein Mensch/ der dich begehrt.

    Sey immer stolz/ die Welt ist weit/
    Oeninden
    kan man finden
    auch bey Abends-zeit.
    Nunmehr seh' ich allzu klar
    auff falsche Wahr'
    hin immer hin! die Schuld ist dein/
    schlaff nun allein.
    Mit der Zeit/
    wird Leid
    und Weh dich bald beziehn.
    Fahr nur hin!
    Gott Lob/ daß ich ledig bin!
    _____


    Ich wiche hin zum strengen Norden/
    und dennoch fühlt' ich Liebe.
    Ich bin Gradivens eigen worden/
    ich pflügt' ein hartes Feld/
    ich schiffte durch Ozeans Wellen-welt/
    und dennoch fühlt' ich Liebe.
    Woher? ist denn vor Liebe nicht ein Raht?
    Ach! jezt besinn' ich mich/ daß
    Amor Flügel hat.
    _____


    Verzweiflung/ Sorge/ Furcht und Schrekken/
    Schmerz/ Leiden/ Angst und Quaal/
    ein Regiment von Gekken/
    Verspottung ohne Zahl/
    das ist der Liebe Leib-gedinge.
    wer das nicht kennt/ der weiß auch nicht/ was
    Amor ist.
    Sey nu geehrt/ geliebt/ geküßt/
    und sey darbey ein Haubt der Narren.
    Wißt ihr/ wem ich das Lieben wolte gönnen?
    dem (mein' ich) der mich nie hat lieben können.
    _____


    Es ist nicht wahr/
    daß
    Amor den und die verzaubern kan.
    hier komt es nicht auf einen Segen an/
    nicht auf ein wächsern Bild.
    Kein Kraut hegt Tessalis das zu dem Lieben gilt/
    kein Laubfrosch tuhts kein Jungfer-Haar.
    es ist nicht wahr.
    Die Zauberey sizzt in den Augen
    sie läßt sich durch den Kuß einsaugen.
    Sich sie nicht an die Eitelkeit/
    verschweer das Küssen/
    so wirstu nichts vom Lieben wissen.
    _____


     

  • Gottlieb Stolle (Leander aus Schlesien) (1673-1744)

    Amor, ein fischer

    Die liebe, so allhier die flügel weggelegt,
    Stellt sich, als einen fischer ein:
    Die trübe bach beperlter zähren
    Soll mit gewalt ihm einen fang gewähren.
    Deßwegen muß ein haar, so meine Phyllis trägt,
    Und ein blick, der in den seelen eine kühne lust erregt,
    Der köder und das garn, ihr aber fische, seyn.
    Doch, herzen! last euch nicht nach dieser kost verlangen!
    Ich kenn' ihn schon, den kleinen bösewicht,
    Er locket euch nur an, und kommt wahrhafftig nicht,
    Um euch zu sättigen, er kommt nur euch zu fangen.
    _____


    Er vergleicht ihre augen mit dem
    Amor
    Aus dem welschen des Gasparo Murtola

    In Daphnes schönen augen
    Wird
    Amor uns gar artig vorgestellt.
    Das reine licht, so hier durch enge circkel fällt,
    Kan ihm zu seiner fackel taugen.

    Die sternen hat er ihm zum bogen auserwehlt,
    Die pfeile schnitzet er aus ihren scharffen blicken;
    Und daß es endlich auch an keinen flügeln fehlt,
    So müssen sich dazu die augen-lieder schicken.
    _____


    Als sie im scherz gesagt: daß die
    liebe bey ihr nur in den augen, bey ihm
    aber im herzen wohne
    Aus dem welschen des Marc' Antonio Virtuani

    Dein scherz stimmt mit der wahrheit ein,
    Weil ich der liebe glut in meinem herzen spüre.
    Ja, Chloris! du hast recht, denn deiner augen schein
    Beweist, daß
    Amor selbst derselben blicke führe.
    Nur bloß die würckung macht bey uns den unterscheid,
    Nachdem der lose dieb dein kaltes herz ergetzet,
    Mich aber nur in angst und heiße flammen setzet.
    Wie wär ich demnach so erfreut,
    Wenn es der himmel fügen solte,
    Daß
    Amor seinen platz in uns verwechseln wolte!
    _____


    Vergnügungen, die schon ein groß geräusche geben,
    Sind lange nicht der kern vollkommner süßigkeit.
    Die liebe sucht die still' und die zufriedenheit.
    Und also muß man nur nach einem buhler streben,
    Der diesen punct versteht, und dessen folg' erkiest:
    Daß die verschwiegenheit der liebe zucker ist.
    Den solche Thyrsiße, die viel zu prallen wissen,
    Nicht aber das verstehn, daß sie verräther seyn,
    Hört man nur überall von ihrem glücke schreyn,
    Und singen, was sie hier und da vor gunst genießen.
    Denn ihrer unvernunfft will dieses gar nicht ein:
    Daß Mars und
    Amor nicht von gleichem sinne seyn.
    Denn
    Amor liebt die still, und Mars liebt das getümmel;
    Wo man die trommel rührt, wo der trompeten schall,
    Die rauhe lufft erfüllt, und der carthaunen knall
    Ras’t donnert, kracht und tobt, da baut ihm Mars den himmel;
    Hingegen
    Amor will nach stillen hölen ziehn,
    Und auch den schwächsten hall wie blitz und donner fliehn.
    _____


    Auf ihre schönen augen

    Aus was vor ungemeinem zeuge
    Sind dieser sternen pracht,
    Vor welchen ich mein herze beuge,
    O Liebe? doch gemacht?
    In wahrheit, so viel glanz in enge circkel bringen,
    Und eine solche glut in zartes fleisch zu zwingen,
    Ist etwas, das kein witz, der irdisch ist, erdenckt;
    Jedoch die lieb' ist blind, so kan ich sicher schlüßen:
    Daß du, o
    Amor! dir augen ausgerissen,
    Und sie des Sylvia geschenckt.
    _____


    Madrigal

    Waer ich die nachtigall, die Florabelle liebt,
    Und der sie nichts als küß' und zucker giebt;
    So wären ihr auch meine liebes-lieder
    Vielleichte nicht zuwider.
    Drum,
    Amor! der du einst den Jupiter zum schwan
    Und weiß nicht, was gemacht, schau meine sehnsucht an,
    Die sich so gerne möcht' in Florabellen spiegeln.
    Verwandle mich demnach fein bald
    In diese zart' und artige gestalt;
    Mach alle regungen zu flügeln;
    Mach' aus den seuffzern reine lufft,
    Damit ich nach dem ziele streiche,
    Dahin mich mein verlangen rufft,
    Und in ihren schönen augen mein gewünschtes nest erreiche!
    Doch was vor furcht hemmt meinen heißen schluß?
    Muß ich die flügel finden lassen?
    Darff denn mein herze nicht die süße kühnheit fassen?
    Nein, nein! weil es so netz' als pfeile fürchten muß.
    _____


    Als er sich in sie verliebet

    Indem ich mein gesichte
    Auf Flaviens gerolltes haar,
    Und ihre schönen augen richte,
    So fällt mein herz in doppelte gefahr.
    Kurz:
    Amor will mich töden oder fangen:
    Um nun das letzte zu erlangen,
    So muß ihr sauber haar ihm statt des netzes seyn.
    Die augen aber sind die bogen;
    Die pfeilen liefert ihm der holden blicke schein.
    Jedoch wer hat sich ie dergleichen garn entzogen?
    Kommt, pfeile! selbst, kommt häuffig angeflogen!
    Ihr seyd doch allzusüß und schön,
    Um euch aus bloser furcht des todes zu entgehn.
    _____


    Als er von ihr reisete

    Ich reise weit von meiner sonne weg.
    Wie find ich aber weg und steg?
    Kan man auch reisen ohne herze?
    Geht man auch sicher ohne kerze?
    Doch
    Amor tritt an meines herzens stat,
    Sein feuer kan mich schon bewegen,
    Und seine fackel ist ein licht auf meinen wegen.
    Der kommt wohl sicher fort, der diesen leitstern hat.
    _____


    Von seinem herzen

    Cupido schlug mein herz Arminden in die hand.
    Ach! rieff ich: Holdes Kind! verwahr dis zarte pfand,
    Und laß es weiter nicht ergrimmte schläge fühlen:
    Man muß mit herzen nicht, wie mit dem balle spielen.
    _____


    Gedancken bey einem gemahlten
    Cupido mit einer verloschenen fackel

    Ist dir, o Liebe! doch die fackel ausgegangen:
    Hat irgend Daphne dir den possen angethan?
    Geh, zünde sie alsbald von ihren augen an!
    Vielleichte kanst du noch dein hohes ziel erlangen;
    Allein du folgest nicht, ich finde kein gehör:
    Du lässest dich den blitz in ihren augen schrecken;
    Doch komme nicht zu mir, die fackel anzustecken,
    Was asche worden ist, das giebt kein feuer mehr.
    _____


    Auf ein schönes kind einer schönen mutter

    Zart und schnee-weißes kind! das an der Daphne brüsten,
    Nach denen so viel händ' und münd' umsonst gelüsten,
    Als eine muntre bien' an süßen rosen hängt,
    Und sich, an statt der milch, mit nectar-säfften tränckt;
    Mein auge kan in dir nichts menschliches erkennen.
    Weil du nun göttlich bist, wie soll ich dich denn nennen?
    Zwar wenn ich Daphnen seh' so kömmt mir Venus ein,
    Drum wirst du, als ihr sohn, gewiß
    Cupido seyn.
    _____


    Aus dem welschen der Andreini

    Cupido ist in Sylvien entbrannt,
    Drum opffert er mit demuth-voller hand,
    Als einer göttin ihr meine herze.
    Es brennt auch schon als eine lichte kerze.
    Doch, himmel! ist das recht?
    Cupido trägt den lohn,
    Die Sylvia den ruhm, und ich nur schmerz davon.
    _____


    Auf einen hyacinth, der zwischen ihren brüsten hieng

    Beliebter hyacinth! der den rosen-hügeln,
    Um die
    Cupido lauscht, und auf die hertzen paßt,
    Die crone sencket und erblaßt,
    Es kan mein zustand sich recht in dem deinen spiegeln.
    Denn Amarillis ist uns allen beyden scharff:
    Dich hat sie von dem stock und mir das herz entrissen;
    Allein dir ist vergönnt, das paradies zu küssen,
    Dahin sich nicht einmahl mein auge wagen darff.
    _____


     

  • Georg Rudolf Weckherlin (1584-1653)

    Sie ist steinin

    Was kan uns,
    Amor, doch vor ihrem stoltz bewahren?
    Umbsunst seind deine pfeil, umbsunst ist mein Unfall,
    Ie mehr Ich unsre schand mit ihrem lob erschall,
    Ie weniger Sie mich vermeinet zu entfahren.

    Dem blaichen Agstein gleich ist der strom ihrer haaren,
    Ihr runde kehl und halß ist pur als ein Cristall,
    Ein Marber ihre brust, das wärtzlein ein Corall,
    Ein alabaster glat die hände offenbahren:

    Und ihre zween augstern seind funckende Saphir,
    Ein lachender Rubin auff ihrem mund prachtieret,
    Von hartestem deemant hat Sie ein hertz in ihr.

    Ist es ein wunder dan, daß Sie (stoltz) triumfieret,
    Amor, und ist so hart stehts gegen dir und Mir,
    Wan Sie die Natur selbs gantz steinin geformieret?
    _____


    Amor betrogen

    Cupido einmahl sehr verdrossen,
    Das Er hat sovil pfeil umbsunst
    Auf meine Myrta loß-geschossen,
    Welche verachtet seine kunst,
    Erwöhlet ihre zarte schoß,
    Zu wunden ein scharpfes geschoß.

    Also flog Er bald in den garten,
    Da Er dieselb zu sein gedacht,
    Und nemend-wahr von fern der zarten,
    Die Ihn in dise welt gebracht,
    Wolan, sprach er, Myrta dein blut
    Soll ietzt büssen deinen hochmuht.

    Er spannet (unweiß) seinen bogen,
    Zihlet nach dem hertzen ohn gnad,
    Und schoß ihn plötzlich loß (betrogen)
    In seiner muter brust gerad;
    Also das ein grewlicher schmertz
    Vergifftet ihr götliches hertz.

    Ach weh! was magst du wol gedencken,
    Sprach Sie, du undanckbarer knab,
    Wie kanst du so tödlich bekräncken
    Die, welche dir das leben gab?
    Und sparest gleichwol deine macht
    Gegen deren die dich verlacht?

    Solches das kind so sehr erschröckte,
    Das es bald seine wängelein
    Mit haissen zehern überdöckte,
    Und schryh, Ach! liebes müterlein,
    Ach! verzeihet mir, ich nam Euch
    Für Myrta, deren Ihr gar gleich.
    _____


    Stumme red der Lieb

    Wan zu reden und still-zu-schweigen
    Zumahl verhindert unser glück,
    So laß uns unser hertz bezeugen
    Durch sich besprachende anblick,
    Amor, welchen wir allzeit ehren,
    Wirt uns solche stumme sprach lehren.

    Laß die anblick hin und herfliegen,
    Getrewe botten deiner gunst,
    Der Neyder torheit zu betriegen,
    Toll und dölpisch zu diser kunst;
    Dan
    Amor, welchen sie nicht ehren,
    Wirt sie die stumme sprach nicht lehren.

    Wan aber diser blicken fahrt
    Auch irgends iemand solt verdriessen,
    So laß uns, nach der Engeln art.
    Uns mit den gedancken begrüssen:
    Amor, welchen wir allzeit ehren,
    Wirt uns solche stumme sprach lehren.

    Also durch die listige kunst
    Wollen wir die schwetzer betrüegen,
    Und lachend ab ihrer ungunst,
    Unsre hertzen nach lust vernüegen;
    Weil Sie torrecht
    Amorn nicht ehren,
    Wirt Er sie dise sprach nicht lehren.
    _____


    Musicalische Lieb

    Meinen gaist, muht, sehl und hertz,
    Amor mit klag, forcht und schmertz
    Recht componieret;
    In laid ändert sich mein schertz,
    Angst mit mir accordieret.

    Marter ist mein Music-klang,
    Ach und weh ist mein gesang,
    Gantz ohn pausieren,
    Dan allein das mich oft lang
    Amor macht suspirieren.

    Lieblich kan es zwar nicht sein
    Einig singend stehts von pein
    Nicht zu mutieren;
    Aber weil ich sing allein
    Muß ich wol colorieren.

    Ach hertzlieb thu doch mit mir
    (Greiffend den thon nach gebühr)
    Nur moderieren;
    Und alsdan will ich mit dir
    Schon tief gnug intonieren.
    _____


    Amors Wohnung

    Amor, der allsigende Got,
    Von hochmuht einmahl überwunden,
    Rhümet sich den Göttern zu spot,
    Das Sie all Ihm allein verbunden.

    Sie endlich (und billich) zumahl
    Ab dises kinds frechheit verdrossen,
    Haben ihn auß des himels sahl
    Verjaget und gantz außgeschlossen.

    Also ist Er, folgend dem glantz,
    In meiner Myrten augen kommen,
    Da Er auß so bequemer schantz
    Sich zu rechen ihm fürgenommen.

    Aber dises orts lieblichkeit
    Hat Ihn alsbald so sehr besessen,
    Das Er alle rachgihrigkeit,
    Götter und himel gar vergessen.
    _____


    Lieb gegen lieb

    Demnach mich
    Amor selbs nu mehr ein lange Zeit
    Gezüchtiget, und recht zu kriegen underrichtet,
    Hat endlich sich mein muht, mein lang-erwünschte beut,
    Oder den schönsten tod zuerwerben, verpflichtet.

    Darumb als in dem feld sich Myrta, nicht mehr weit
    Von mir, forchtloß befand, und newe list erdichtet,
    Hab, wie sie wider mich, ich wider Sie (den streit
    Anfangend) die geschoß der anblick stracks gerichtet.

    Das treffen war sehr groß. Dan ihrer augen blick
    Nicht nur wie pfeil und plitz, sondern wie grosse stück,
    Zerschmetterten mein hertz, vorhin voll taussent wunden.

    Endlich hat meine kunst und müh den weg gefunden,
    Daß, wie Mein, so ihr hertz, numehr mit gleichem glick
    Verwundet, sich ergab, sigreich und überwunden.
    _____


     

  • Philipp von Zesen (1619-1689)

    Das Eilffte Lied

    Von Jambischen Versen
    Nach der Erfindung und Melodey:
    An einem Sontag thets geschehen / etc.
    Auff begehren also verbässert

    ALs einst
    Cupido zu den Höhen
    Wolt in Dianen Tempel gehen /
    Der Opfferung zu wohnen bey;
    ist er zu späte dahin kommen /
    Die Stühle waren eingenommen /
    Doch trängt Er ein sich ohne scheu;
    Der Korydon war gleich auch da /
    Dem Er in etwas trat zu nah /
    Drümb ihn der Hürte schäl ansah.

    Sprach / Lecker / bistu toll von Sinnen?
    Wiltu noch Schalckheit hier beginnen?
    Damit trat Er Ihm auff das Bein /
    Cupido muste diß verschmertzen /
    Wie wohl ihm solcher Schimpff im Hertzen
    Ein heimlich Kreutze mochte seyn.
    Er rechte Koridons Gewalt
    und nam im Augenblick alsbald
    An sich der Delien Gestalt.

    Es mochte Koridon wol wissen /
    Daß Delia stets war geflissen
    Dem Opffer gern zu wohnen bey /
    Drümb wolt' er Sie allda sehn stehen /
    und dann mit ihr nach Hause gehen:
    Cupido aber treugt ihn frey;
    Schlägt wie die Hürtin an die Brust /
    und reitzt den Koridon zur Lust;
    Es war Ihm keine List bewust.

    Als nun das Opffer war geendet /
    Cupido sich nach Hause wendet /
    Denckt Koridon / nun ist es Zeit /
    Daß ich die Liebste mag begleiten /
    und fügt sich an
    Cupidons Seiten /
    Der lacht ihn an mit Freundligkeit:
    Der Hürte war erfreut so gar /
    Denn Er diß vor gewohnet war /
    Weil er sie schon geliebt viel Jahr.

    Er nam
    Cupido bey den Händen /
    Der ihn so artlich konte bländen /
    und sprach / ich lieb' euch träfflich sehr /
    Küsst ihm hiermit auff seine Wangen /
    und will mit Freuden Ihn ümbfangen /
    Er meint / daß Er im Himmel wer:
    Es fielen viel der Liebes-Wort /
    Der Koridon eylt mit Ihm fort
    Zu kommen an den schönen Ort.

    Da eben nun kam her geschritten
    Die Delia von Ihrer Hütten /
    und Koridon von fern erkant /
    Küsst ihn
    Cupido noch der kleine /
    sprach / tritt forthin auff deine Beine:
    Hiermit von stunden er verschwandt.
    Der Hürte gantz betrübet stund /
    In dieses sich nicht schicken kunt /
    Bald Delia thet auff den Mund:

    Sie sprach / halt! was war das vor Eine /
    Mit der du gingst im Feld' alleine /
    Wars deine Delia? O nein /
    O falscher Hürt' / ich kan nun spüren /
    Daß du viel andre pflegst zu führen /
    Will nicht mehr deine Hürtin seyn.
    Der Hürte sagte gantz kein Wort /
    Sie aber lieff und ließ ihn dort
    Sehr traurig sitzen fort und fort.
    _____


     

18. Jh.

 

  • Therese von Artner (1772-1829)

    Amors Schrift

    Amor schreibt in Männerherzen
    Mit der Kreide leichtem Zug;
    Was daran vorüber schwebet,
    Tilgt die Innschrift leicht genug.
    Aber in der Weiber Herzen
    Gräbt er, wie in festen Stein,
    Mit dem Griffel und mit Schwärze
    Der Geliebten Namen ein.
    So, verwittert auch die Farbe,
    Muß die tiefgeprägte Narbe
    Dennoch ewig sichtbar seyn.
    _____


     

  • Johann August von Beyer (1732-1814)

    An Phillis

    Phillis, sieh die todten Felder!
    Sieh, der Nord entweiht die Wälder,
    Wiese, Bach und Hain erstarrt,
    Alles in den rauhen Gründen,
    Falbe Kräuter, nackte Linden,
    Fühlt des Winters Gegenwart.

    Vögel, die uns zärtlich girrten,
    Fliehn die Gegend ohne Hirten,
    Fliehn die sterbende Natur.
    Amor, Bachus mit den Scherzen,
    Fliehn mit kummervollem Herzen,
    Fliehn die kalte stille Flur.

    Komm, o Phillis, flieh mit Freuden!
    Dort macht jeder Anblick Leiden,
    Hier macht nichts als Liebe, Noth;
    Uns macht keine Stadt gebunden,
    Uns beglücket alle Stunden,
    Amor und der Rebengott.

    In den warmen Winterzimmern
    Siehst du tausend Lampen schimmern,
    Ist jedweder Abend, Fest;
    Laß die öden Fluren frieren,
    Amor muß uns immer rühren,
    Wenn uns Bachus nie verläßt.
    _____


    Vorzug des Herbstes

    Frühling! Lehrer süsser Freuden,
    Phillis liebet dich,
    Denn, ihr braunes Haar zu kleiden,
    Färbt die Rose sich.

    Aber Herbst! die rechten Freuden,
    Die nur schenkest du,
    Im October trinkt uns beyden
    Amor Räusche zu.
    _____


     

  • Joachim Christian Blum (1739-1790)

    An den
    Amor

    So lohnst du, Sohn der himmlischen Cythere,
    Die tausend Opfer, die ich dir gebracht,
    Seit ich in allen Tempeln deine Gottheit ehre,
    Und deines Bogens Macht?

    Also die Lieder, die in Paphos Haine,
    Mein frommer Mund bey deinen Festen sang,
    Wann ich mit Götterkünsten unbeseelte Steine
    Zu deinem Dienste zwang?

    Was führst du mich in deine Rosenauen,
    Wenn ich davon nicht Blumen brechen soll?
    Der Quaalen schrecklichste ist: Götterspeise schauen,
    Die man nicht kosten soll.

    Im Tartarus straft nicht der Sündenrächer,
    Den keine Zähre, kein Gebet bewegt,
    Mit ärgrer Marter die tantalischen Verbrecher,
    Als du auf mich gelegt.

    Grausamer, gib mir meine Freude wieder,
    Die mit Glyceren mir entrissen war!
    Ich biete für das Mädchen alle meine Lieder,
    Mein ganzes Glücke dar.

    Willst du Gebet nicht hören, Ungeheuer:
    So höre Fluch! Bild, Tempel und Altar,
    Zerstöre Beil und Glut, und die verfluchte Leyer,
    Die dir gewidmet war!
    _____


    An den
    Amor

    Holder
    Amor, komm auf meine Bitte,
    Komm zu meiner armen, kleinen Hütte;
    Mit den gürtellosen Grazien,
    Müße Phyllis dir zur Seiten gehn!

    Auch den wackern Bacchus hab' ich gerne,
    Eile: denn es glänzen schon die Sterne,
    Und nur allzubald ist eine Nacht
    Bey so lieben Gästen hingebracht.
    _____


    Lobgesang auf den
    Amor

    Singt, ihr Hirten, singt den
    Amor,
    Cythereens holden Sohn!
    Amor ist der Mädchen Liebling,
    Amor ist der Hirten Freund.

    Pan ist nicht der Gott der Wälder,
    Nicht der Heerden Schutzgott mehr;
    Amor ist der Mädchen Liebling,
    Amor ist der Hirten Freund.

    Singt, ihr Mädchen! in den Wäldern,
    Cytheerens holden Sohn,
    Singt den Schöpfer eurer Freuden,
    Euren Liebling, euren Freund!

    Amor schützt die bangen Heerden,
    Amor leitet sie zum Busch,
    Amor führt dem treuen Hirten
    Sein erwähltes Mädchen zu.

    Ihm erzieh' ich Rosenwälder,
    Eine ganze Blumenflur;
    Was ich künftig sing' und spiele,
    Alles soll ihm heilig seyn.

    An den lauten Silberbächen,
    In der tiefen Thäler Nacht,
    Auf den Höhen, in den Hainen,
    Ruf ich seinen Namen aus.

    Amor ist der Gott der Götter:
    Singt, ihr Hirten, singt sein Lob!
    Amor ist der Mädchen Liebling,
    Amor ist der Hirten Freund.

    Amor, hier an diesem Hügel,
    Wohne künftig unter uns,
    Unter diesen breiten Buchen,
    Sey dein liebster Aufenthalt!
    _____


     

  • Aloys Blumauer (1755-1798)

    Das Mädchen und der Vogel

    Ein Vogel kam geflogen
    Jüngst in mein Kämmerchen
    Auf Flügeln, wie der Bogen
    Der Iris, bunt und schön.
    Er flog um mich im Kreise,
    Und sang ohn' Unterlaß
    So rührend, sanft und leise,
    Als bät' er mich um was.

    Er machte da sich immer
    Um mich etwas zu thun,
    Und ließ mich Arme nimmer,
    Wenn ich allein war, ruh'n.
    Bald tippt' er mir die Wangen,
    Bald sang er mir in's Ohr,
    Bald hatt' er mit den Spangen
    Am Mieder etwas vor.

    Mir war sein Spiel behäglich
    Und unterhielt mich sehr;
    Der Vogel wurde täglich
    Mir unentbehrlicher;
    Und daß ich sicher wäre,
    Ihn stets um mich zu seh'n,
    Stutzt' ich mit einer Scheere
    Ihm beide Flügelchen.

    Nun war er nur noch zahmer,
    Und glücklicher sein Loos:
    So oft ich rief, so kam er,
    Und schlief in meinem Schoos.
    Er spielte manche Stunde
    Um meines Mieders Rand;
    Er trank mir aus dem Munde
    Und aß mir aus der Hand.

    Doch während ich ihn pflegte,
    Wuchs ihm sein Flügelpaar:
    Und ach! zu spät entdeckte
    Ich, daß er flügge war.
    Er flog vor meinem Blicke
    Davon, und sang im Flieh'n;
    Ich kehre nicht zurücke,
    So wahr ich
    Amor bin!
    _____


    Der Rechenmeister
    Amor

    Der Tausendkünstler
    Amor ließ
    Sich bei der jungen Dorilis
    Zum Rechenmeister dingen,
    Und wußt in einer Stunde da
    Die ganze Arithmetika
    Ihr spielend beizubringen.

    Im Rechnen und im Lieben sind
    Fünf Species, mein schönes Kind,
    Die will ich dich dociren:
    Ich küsse dich - ein - zwei - dreimal,
    Du zählest diese Küßchen all,
    Und das heißt Numeriren.

    Zu meinen Küssen setzest du
    Dann auch die deinigen hinzu,
    So lernest du Addiren:
    Zählst du mir deine Küßchen her,
    Und findest dann um Einen mehr:
    So kannst du Subtrahiren.

    Die vierte Species, mein Kind,
    Könnt' ich zwar eben so geschwind
    Dir praktisch expliciren;
     Allein das Einmaleins ist lang,
    Und jungen Mädchen wird oft bang
    Vor dem Multipliciren.

    Dies, Mädchen, merke dir nur an,
    Wo eins der Faktor ist, da kann
    Man nicht Multipliciren;
    Doch käm' ein Nullchen noch hinzu -
    Auch noch so klein - so würdest du
    Gar bald das Faktum spüren.

    Drum laß in dieser Specie
    Nicht früher dich, als in der Eh',
    Durch Hymen instruiren;
    Denn auf's Multipliciren kömmt,
    Wie man sich auch dagegen stemmt,
    Von selbst das Dividiren.
    _____


    Amor's Waffen

    Traut, Mädchen,
    Amorn nicht, er zieht
    Zwar auf als wie ein Krieger;
    Doch wenn man näher ihn besieht,
    Ist er nur ein Betrüger.

    An seinen Waffen, die er führt,
    Hat manche sich betrogen;
    Zu einer Angelruthe wird
    Nur allzuleicht sein Bogen.

    Der Köcher, den ihr gern begafft,
    Ist nichts als eine Falle
    Für's liebe Mäuschen Jungfrauschaft,
    Darin fängt er euch alle.

    Und wie, wenn man den Teufel bannt,
    Das Gold wird oft zu Kohlen,
    So wird der Pfeil in
    Amors Hand
    Zu Dolchen und Pistolen.

    Rupft ihr ihm dann die Flügel aus,
    So will ich mit euch wetten,
    Es werden eitel Flaumen d'raus
    Für euch zu Federbetten.

     Und aus der Binde des Gesichts
    Die Venus ihm geliehen,
    Wird sicherlich am Ende nichts
    Als Windeln - und Charpien.
    _____


    Amor, als französischer Sprachmeister

    Als
    Amor jüngst kam aus Paris,
    Lehrt' er die schöne Dorilis
    Die Sprache aller Sprachen:
    Courage, rief er, liebes Kind,
    Sie werden unter mir geschwind
    Den besten Fortgang machen.

    Wie die gesammten Sterblichen
    Aus männlichen und weiblichen
    Geschöpfen nur bestehen;
    So sind auch die Buchstaben all',
    Der - Consonant und der - Vokal,
    Wie wir im Curas sehen.

    Der Consonant, beraubt des Schalls,
    Kann ohne Hülfe des Vokals
    Nicht ausgesprochen werden.
    Drum ist der Mann stets der Vokal,
    Das Weibchen aber überall
    Der Consonant auf Erden.

    Bei jedem Substantivo wird
    Nur der Artikel deklinirt,
    So wie in mehrern Sprachen,
    Und aus dem Singularis kann
    Mit einem kleinen Schlängchen man
    Leicht den Pluralis machen.

    Und jedes noch so männliche
    Hauptwort kann durch einzig E
    Zum Femininum werden;
    Die Regel ist sehr general,
    Denn durch die Ee wird überall
    Der Mann zum Weib auf Erden.

    Und wissen Sie dies Alles schon,
    Will ich zur Conjugation
    Nunmehr Sie weiter führen,
    Und da für's erste, merken Sie:
    Ganz ohne Hülfswort läßt sich nie
    Auf Erden conjugiren.

    Nur der Indikativ erkiest
    Den Mann, mit dem ihr Mädchen müßt
    Den Conjunctivus schließen;
    Und aus dem Conjunctivus wird
    Dann der Imperativ formirt,
    Wie alle Männer wissen.

    Und kaum sind oft neun Monden um,
    So setzt es ein Gerundium;
     Da läßt der Mann sich hören:
    Gern wollt' ich die Gerundia,
    Wenn nur die Participia
    Nicht gar so nahe wären.

    Was die Madam la Roche doch
    Von Interjektionen noch
    Zu guter Letzt uns lehret,
    Ist dies: daß man im Brautstand He!
    Und! Heyda! nur - und in der Eh'
    Helas! und Ah! nur höret.
    _____


     

  • Louise Brachmann (1777-1822)

    Eros und Hymen

    Eros
    Blumen glühen, Haingeflüster
    Spielt um meiner Bäche Rand:
    Dornicht, sagt man, öd' und düster
    Sei Dein frostig Sclavenland.

    Zarte Nachtigallen flöten
    Süß durch meiner Haine Nacht.
    Dir ist mit des Morgens Röthen
    Langeweil' und Sorg' erwacht.

    Hymen
    O, mein Bruder, wie so feindlich
    Trennst Du unser göttlich Reich?
    Laß uns schließen, hold und freundlich,
    Den beglückenden Vergleich!

    Sieh, an Deiner Flamm' entzündet,
    Lodert meiner Fackel Brand;
    Heilig wallt sie auf und findet
    Himmelwärts ihr Vaterland.

    Du bewähr an meiner Weihe
    Deine himmelvolle Glut,
    Daß auf Vesten edler Treue
    Die verklärte Wonne ruht.

    Und in mein geweihtes Leben
    Birg', o Du, den lichten Schein,
    All der holden Töne Schweben,
    All den süßen Lenz hinein.
    _____


     

  • Friederike Brun (1765-1835)

    Freundschaft und Liebe

    Hand in Hand und unzertrennbar wandeln
    Freundschaft und reine Liebe mit einander!
    Wo die Freundschaft entflieht, da senkt der keusche
    Eros die Fackel.
    _____


     

  • Leopold Friedrich Günther von Goeckingk (1748-1828)

    An Nantchen
    Die Erscheinung Apolls und Amors

    Unter meinem Lindenbaume
    Lag ich schlafend hingestreckt,
    Als mich aus dem schoensten Traume
    Nahes Gehn und Reden weckt.

    Denn ein Mann am Blumenstabe,
    Gieng da hoher Würde voll,
    Auch ein wunderschoener Knabe;
    Amor war es und Apoll.

    "Sieh! wer ist das? Meinen Bogen,
    Weiss ich sicher, hab' ich noch
    Nie für diesen aufgezogen;
    Endlich treff' ich ihn nun doch."

    Ich erschrak, doch blieb ich liegen,
    That, als schlief ich; denn Apoll
    Rief: Halt ein! Wenn ihn besiegen
    Keine zweyte Sapho soll.

    "Lehrt' ich nicht genug ergründen?
    Alles Schoene ward durch mich!
    Aber solch ein Maedchen finden:
    Lieber! das gehoert für dich!"

    Amor sprach's, und eine Zaehre
    Schlich Apollens Wang' herab.
    "Ja! wenn Plutus hier nicht waere!
    Alles reisst er von mir ab!

    Doch sey ohne Saphos Schmerzen,
    So wie Sapho, die gepflegt,
    Die das schoenste aller Herzen
    In dem schoensten Leibe trägt.

    Plutus soll mit allen Narren
    Stutzen, dass durch unsre Macht,
    Nicht durch seine Silberbarren,
    Edle Wollust beyden lacht."

    Gut! rief
    Amor froehlich, spannte
    Seinen Bogen, und der Pfeil -
    Ha! da sass er! Nante! Nante!
    Rief er, macht die Wunde heil!

    Grade da kamst du gegangen.
    Goetter! o wie ward mir da,
    Als ich schon auf deinen Wangen
    Die verheissne Wollust sah!
    _____


     

  • Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

    Amor bleibet ein Schalk, und wer ihm vertraut, ist betrogen!
    Heuchelnd kam er zu mir: »Diesmal nur traue mir noch.
    Redlich mein ichs mit dir: du hast dein Leben und Dichten,
    Dankbar erkenn ich es wohl, meiner Verehrung geweiht.
    Siehe, dir bin ich nun gar nach Rom gefolget; ich möchte
    Dir im fremden Gebiet gern was Gefälliges tun.
    Jeder Reisende klagt, er finde schlechte Bewirtung;
    Welchen
    Amor empfiehlt, köstlich bewirtet ist er.
    Du betrachtest mit Staunen die Trümmern alter Gebäude
    Und durchwandelst mit Sinn diesen geheiligten Raum.
    Du verehrest noch mehr die werten Reste des Bildens
    Einziger Künstler, die stets ich in der Werkstatt besucht.
    Diese Gestalten, ich formte sie selbst! Verzeih mir, ich prahle
    Diesmal nicht; du gestehst, was ich dir sage, sei wahr.
    Nun du mir lässiger dienst, wo sind die schönen Gestalten,
    Wo die Farben, der Glanz deiner Erfindungen hin?
    Denkst nun wieder zu bilden, o Freund? Die Schule der Griechen
    Blieb noch offen, das Tor schlossen die Jahre nicht zu.
    Ich, der Lehrer, bin ewig jung, und liebe die Jungen.
    Altklug lieb ich dich nicht! Munter! Begreife mich wohl!
    War das Antike doch neu, da jene Glücklichen lebten!
    Lebe glücklich, und so lebe die Vorzeit in dir!
    Stoff zum Liede, wo nimmst du ihn her ? Ich muß dir ihn geben,
    Und den höheren Stil lehret die Liebe dich nur.«
    Also sprach der Sophist. Wer widerspräch ihm? und leider
    Bin ich zu folgen gewöhnt, wenn der Gebieter befiehlt. -
    Nun, verräterisch hält er sein Wort, gibt Stoff zu Gesängen.
    Ach, und raubt mir die Zeit, Kraft und Besinnung zugleich;
    Blick und Händedruck, und Küsse, gemütliche Worte,
    Silben köstlichen Sinns wechselt ein liebendes Paar.
    Da wird Lispeln Geschwätz, wird Stottern liebliche Rede:
    Solch ein Hymnus verhallt ohne prosodisches Maß.
    Dich, Aurora, wie kannt ich dich sonst als Freundin der Musen!
    Hat, Aurora, dich auch
    Amor, der lose, verführt?
    Du erscheinest mir nun als seine Freundin und weckest
    Mich an seinem Altar wieder zum festlichen Tag.
    Find ich die Fülle der Locken an meinem Busen ! Das Köpfchen
    Ruhet und drücket den Arm, der sich dem Halse bequemt.
    Welch ein freudig Erwachen, erhieltet ihr, ruhige Stunden,
    Mir das Denkmal der Lust, die in den Schlaf uns gewiegt! -
    Sie bewegt sich im Schlummer und sinkt auf die Breite des Lagers,
    Weggewendet; und doch läßt sie mir Hand noch in Hand.
    Herzliche Liebe verbindet uns stets und treues Verlangen,
    Und den Wechsel behielt nur die Begierde sich vor.
    Einen Druck der Hand, ich sehe die himmlischen Augen
    Wieder offen. - O nein! laßt auf der Bildung mich ruhn!
    Bleibt geschlossen! ihr macht mich verwirrt und trunken, ihr raubet
    Mir den stillen Genuß reiner Betrachtung zu früh.
    Diese Formen, wie groß! wie edel gewendet die Glieder!
    Schlief Ariadne so schön: Theseus du konntest entfliehn?
    Diesen Lippen ein einziger Kuß! O Theseus, nun scheide!
    Blick ihr ins Auge! Sie wacht! - Ewig nun hält sie dich fest.
    _____


    Der neue Amor

    Amor, nicht das Kind, der Jüngling, der Psychen verführte,
    Sah im Olympus sich um, frech und der Siege gewohnt;
    Eine Göttin erblickt' er, vor allen die herrlichste Schöne,
    Venus Urania wars, und er entbrannte für sie.
    Ach! die Heilige selbst, sie widerstand nicht dem Werben,
    Und der Verwegene hielt fest sie im Arme bestrickt.
    Da entstand aus ihnen ein neuer lieblicher
    Amor,
    Der dem Vater den Sinn, Sitte der Mutter verdankt.
    Immer findest du ihn in holder Musen Gesellschaft,
    Und sein reizender Pfeil stiftet die Liebe der Kunst.
    _____


    Ehret, wen ihr auch wollt! Nun bin ich endlich geborgen!
    Schöne Damen und ihr, Herren der feineren Welt,
    Fraget nach Oheim und Vetter und alten Muhmen und Tanten,
    Und dem gebundnen Gespräch folge das traurige Spiel.
    Auch ihr Übrigen fahret mir wohl, in großen und kleinen
    Zirkeln, die ihr mich oft nah der Verzweiflung gebracht.
    Wiederholet, politisch und zwecklos, jegliche Meinung,
    Die den Wandrer mit Wut über Europa verfolgt.
    So verfolgte das Liedchen >Malbrough< den reisenden Briten
    Einst von Paris nach Livorn, dann von Livorno nach Rom,
    Weiter nach Napel hinunter; und wär er nach Smyrna gesegelt,
    Malbrough! empfing ihn auch dort! Malbrough! im Hafen das Lied.
    Und so mußt ich bis jetzt auf allen Tritten und Schritten
    Schelten hören das Volk, schelten der Könige Rat.
    Nun entdeckt ihr mich nicht so bald in meinem Asyle,
    Das mir
    Amor der Fürst, königlich schützend, verlieh.
    Hier bedecket er mich mit seinem Fittich; die Liebste
    Fürchtet, römisch gesinnt, wütende Gallier nicht;
    Sie erkundigt sich nie nach neuer Märe, sie spähet
    Sorglich den Wünschen des Manns, dem sie sich eignete, nach.
    Sie ergötzt sich an ihm, dem freien, rüstigen Fremden,
    Der von Bergen und Schnee, hölzernen Häusern erzählt;
    Teilt die Flammen, die sie in seinem Busen entzündet,
    Freut sich, daß er das Gold nicht wie der Römer bedenkt.
    Besser ist ihr Tisch nun bestellt; es fehlet an Kleidern,
    Fehlet am Wagen ihr nicht, der nach der Oper sie bringt.
    Mutter und Tochter erfreun sich ihres nordischen Gastes,
    Und der Barbare beherrscht römischen Busen und Leib.
    _____


    Der Becher

    Einen wohlgeschnitzten vollen Becher
    Hielt ich drückend in den beiden Händen,
    Sog begierig süßen Wein vom Rande,
    Gram und Sorg auf einmal zu vertrinken.

    Amor trat herein und fand mich sitzen,
    Und er lächelte bescheiden-weise,
    Als den Unverständigen bedauernd:
    »Freund, ich kenn ein schöneres Gefäße,
    Wert, die ganze Seele drein zu senken!
    Was gelobst du, wenn ich dir es gönne,
    Es mit anderm Nektar dir erfülle?«

    O wie freundlich hat er Wort gehalten!
    Da er, Lida, dich mit sanfter Neigung
    Mir, dem lange Sehnenden, geeignet.

    Wenn ich deinen lieben Leib umfasse
    Und von deinen einzig treuen Lippen
    Langbewahrter Liebe Balsam koste,
    Selig sprech ich dann zu meinem Geiste:

    »Nein, ein solch Gefäß hat, außer
    Amorn,
    Nie ein Gott gebildet noch besessen!
    Solche Formen treibet nicht Vulkanus
    Mit den sinnbegabten, feinen Hämmern!
    Auf belaubten Hügeln mag Lyäus
    Durch die ältsten, klügsten seiner Faunen
    Ausgesuchte Trauben keltern lassen,
    Selbst geheimnisvoller Gärung vorstehn:
    Solchen Trank verschafft ihm keine Sorgfalt!«
    _____


    Froh empfind ich mich nun auf klassischem Boden begeistert;
    Vor- und Mitwelt spricht lauter und reizender mir.
    Hier befolg ich den Rat, durchblättre die Werke der Alten
    Mit geschäftiger Hand, täglich mit neuem Genuß.
    Aber die Nächte hindurch hält
    Amor mich anders beschäftigt;
    Werd ich auch halb nur gelehrt, bin ich doch doppelt beglückt.
    Und belehrt ich mich nicht, indem ich des lieblichen Busens
    Formen spähe, die Hand leite die Hüften hinab?
    Dann versteh ich den Marmor erst recht; ich denk und vergleiche
    Sehe mit fühlendem Aug, fühle mit sehender Hand.
    Raubt die Liebste denn gleich mir einige Stunden des Tages,
    Gibt sie Stunden der Nacht mir zur Entschädigung hin.
    Wird doch nicht immer geküßt, es wird vernünftig gesprochen;
    Überfällt sie der Schlaf, lieg ich und denke mir viel.
    Oftmals hab ich auch schon in ihren Armen gedichtet
    Und des Hexameters Maß leise mit fingernder Hand
    Ihr auf den Rücken gezählt. Sie atmet in lieblichem Schlummer,
    Und es durchglühet ihr Hauch mir bis ins Tiefste die Brust.
    Amor schüret die Lamp indes und denket der Zeiten,
    Da er den nämlichen Dienst seinen Triumvirn getan.
    _____


    Herbstlich leuchtet die Flamme vom ländlich geselligen Herde,
    Knistert und glänzet, wie rasch! sausend vom Reisig empor.
    Diesen Abend erfreut sie mich mehr; denn eh noch zur Kohle
    Sich das Bündel verzehrt, unter die Asche sich neigt,
    Kommt mein liebliches Mädchen. Dann flammen Reisig und Scheite,
    Und die erwärmete Nacht wird uns ein glänzendes Fest.
    Morgen frühe geschäftig verläßt sie das Lager der Liebe,
    Weckt aus der Asche behend Flammen aufs neue hervor.
    Denn vor andern verlieh der Schmeichlerin
    Amor die Gabe,
    Freude zu wecken, die kaum still wie zu Asche versank.
    _____


    Brautnacht

    Im Schlafgemach, entfernt vom Feste,
    Sitzt
    Amor, dir getreu, und bebt,
    Daß nicht die List mutwilliger Gäste
    Des Brautbetts Frieden untergräbt.
    Es blinkt mit mystisch heilgem Schimmer
    Von ihm der Flammen blasses Gold;
    Ein Weihrauchswirbel füllt das Zimmer,
    Damit ihr recht genießen sollt.

    Wie schlägt dein Herz beim Schlag der Stunde,
    Der deiner Gäste Lärm verjagt!
    Wie glühst du nach dem schönen Munde,
    Der bald verstummt und nichts versagt!
    Du eilst, um alles zu vollenden,
    Mit ihr ins Heiligtum hinein;
    Das Feuer in des Wächters Händen
    Wird wie ein Nachtlicht still und klein.

    Wie bebt vor deiner Küsse Menge
    Ihr Busen und ihr voll Gesicht!
    Zum Zittern wird nun ihre Strenge
    Denn deine Kühnheit wird zur Pflicht
    Schnell hilft dir
    Amor sie entkleiden
    Und ist nicht halb so schnell als du
    Dann hält er schalkhaft und bescheiden
    Sich fest die beiden Augen zu.
    _____


    Laß dich, Geliebte, nicht reun, daß du mir so schnell dich ergeben!
    Glaub es, ich denke nicht frech, denke nicht niedrig von dir.
    Vielfach wirken die Pfeile des
    Amor: einige ritzen,
    Und vom schleichenden Gift kranket auf Jahre das Herz.
    Aber mächtig befiedert, mit frisch geschliffener Schärfe
    Dringen die andern ins Mark, zünden behende das Blut.
    In der heroischen Zeit, da Götter und Göttinnen liebten,
    Folgte Begierde dem Blick, folgte Genuß der Begier.
    Glaubst du, es habe sich lange die Göttin der Liebe besonnen,
    Als im Idäischen Hain einst ihr Anchises gefiel?
    Hätte Luna gesäumt, den schönen Schläfer zu küssen,
    O, so hätt ihn geschwind, neidend, Aurora geweckt.
    Hero erblickte Leandern am lauten Fest, und behende
    Stürzte der Liebende sich heiß in die nächtliche Flut.
    Rhea Sylvia wandelt, die fürstliche Jungfrau, der Tiber
    Wasser zu schöpfen, hinab, und sie ergreifet der Gott.
    So erzeugte die Söhne sich Mars! - die Zwillinge tränket
    Eine Wölfin, und Rom nennt sich die Fürstin der Welt.
    _____


    Saget, Steine, mir an, o sprecht, ihr hohen Paläste!
    Straßen, redet ein Wort! Genius, regst du dich nicht?
    Ja, es ist alles beseelt in deinen heiligen Mauern,
    Ewige Roma; nur mir schweiget noch alles so still.
    O wer flüstert mir zu, an welchem Fenster erblick ich
    Einst das holde Geschöpf, das mich versengend erquickt?
    Ahn ich die Wege noch nicht, durch die ich immer und immer,
    Zu ihr und von ihr zu gehn, opfre die köstliche Zeit?
    Noch betracht ich Kirch und Palast, Ruinen und Säulen,
    Wie ein bedächtiger Mann schicklich die Reise benutzt.
    Doch bald ist es vorbei ; dann wird ein einziger Tempel,
    Amors Tempel, nur sein, der den Geweihten empfängt.
    Eine Welt zwar bist du, o Rom; doch ohne die Liebe
    Wäre die Welt nicht die Welt, wäre denn Rom auch nicht Rom.
    _____


    Amor als Landschaftsmaler

    Saß ich früh auf einer Felsenspitze,
    Sah mit starren Augen in den Nebel;
    Wie ein grau grundiertes Tuch gespannet,
    Deckt' er alles in die Breit und Höhe.

    Stellt' ein Knabe sich mir an die Seite,
    Sagte: Lieber Freund, wie magst du starrend
    Auf das leere Tuch gelassen schauen?
    Hast du denn zum Malen und zum Bilden
    Alle Lust auf ewig wohl verloren?

    Sah ich an das Kind und dachte heimlich:
    Will das Bübchen doch den Meister machen!

    Willst du immer trüb und müßig bleiben,
    Sprach der Knabe, kann nichts Kluges werden;
    Sieh, ich will dir gleich ein Bildchen malen,
    Dich ein hübsches Bildchen malen lehren.
    Und er richtete den Zeigefinger,
    Der so rötlich war wie eine Rose,
    Nach dem weiten ausgespannten Teppich,
    Fing mit seinem Finger an zu zeichnen.

    Oben malt' er eine schöne Sonne,
    Die mir in die Augen mächtig glänzte,
    Und den Saum der Wolken macht' er golden,
    Ließ die Strahlen durch die Wolken dringen;
    Malte dann die zarten leichten Wipfel
    Frisch erquickter Bäume, zog die Hügel,
    Einen nach dem andern, frei dahinter;
    Unten ließ ers nicht an Wasser fehlen,
    Zeichnete den Fluß so ganz natürlich,
    Daß er schien im Sonnenstrahl zu glitzern,
    Daß er schien am hohen Rand zu rauschen.

    Ach, da standen Blumen an dem Flusse,
    Und da waren Farben auf der Wiese,
    Gold und Schmelz und Purpur und ein Grünes,
    Alles wie Smaragd und wie Karfunkel!
    Hell und rein lasiert' er drauf den Himmel
    Und die blauen Berge fern und ferner,
    Daß ich, ganz entzückt und neugeboren,
    Bald den Maler, bald das Bild beschaute.

    Hab ich doch, so sagt' er, dir bewiesen,
    Daß ich dieses Handwerk gut verstehe;
    Doch es ist das Schwerste noch zurücke.

    Zeichnete darnach mit spitzem Finger
    Und mit großer Sorgfalt an dem Wäldchen,
    Grad ans Ende, wo die Sonne kräftig
    Von dem hellen Boden widerglänzte,
    Zeichnete das allerliebste Mädchen,
    Wohlgebildet, zierlich angekleidet,
    Frische Wangen unter braunen Haaren,
    Und die Wangen waren von der Farbe
    Wie das Fingerchen, das sie gebildet.

    O du Knabe! rief ich, welch ein Meister
    Hat in seine Schule dich genommen,
    Daß du so geschwind und so natürlich
    Alles klug beginnst und gut vollendest?

    Da ich noch so rede, sieh, da rühret
    Sich ein Windchen und bewegt die Gipfel,
    Kräuselt alle Wellen auf dem Flusse,
    Füllt den Schleier des vollkommenden Mädchens
    Und, was mich Erstaunten mehr erstaunte,
    Fängt das Mädchen an, den Fuß zu rühren,
    Geht zu kommen, nähert sich dem Orte,
    Wo ich mit dem losen Lehrer sitze.

    Da nun alles, alles sich bewegte,
    Bäume, Fluß und Blumen und der Schleier
    Und der zarte Fuß der Allerschönsten,
    Glaubt ihr wohl, ich sei auf meinem Felsen
    Wie ein Felsen still und fest geblieben?
    _____


    Cupido, loser, eigensinniger Knabe!
    Du batst mich um Quartier auf einige Stunden.
    Wie viele Tag und Nächte bist du geblieben!
    Und bist nun herrisch und Meister im Hause geworden!

    Von meinem breiten Lager bin ich vertrieben;
    Nun sitz ich an der Erde, Nächte gequälet;
    Dein Mutwill schüret Flamm auf Flamme des Herdes,
    Verbrennet den Vorrat des Winters und senget mich Armen.

    Du hast mir mein Geräte verstellt und verschoben;
    Ich such und bin wie blind und irre geworden.
    Du lärmst so ungeschickt; ich fürchte, das Seelchen
    Entflieht, um dir zu entfliehn, und räumet die Hütte.
    _____


    Zwiespalt

    Wenn links an Baches Rand
    Cupido flötet,
    Im Felde rechter Hand
    Mavor drommetet,
    Da wird dorthin das Ohr
    Lieblich gezogen,
    Doch um des Liedes Flor
    Durch Lärm betrogen.
    Nun flötets immer voll
    Im Kriegesthunder,
    Ich werde rasend, toll -
    Ist das ein Wunder?
    Fort wächst der Flötenton,
    Schall der Posaunen,
    Ich irre, rase schon -
    Ist das zu staunen?
    _____


     

  • Friedrich Wilhelm Gotter (1746-1797)

    Amor, ein Kind

    Gott
    Amor wollt ihr Treue lehren?
    Ihr wollt den Schmetterling bekehren,
    Der nur auf Wechsel sinnt?
    Und fängt ihr, mit Amphions Feuer,
    Erhabne Weisheit in die Leyer,
    Ihr sänget in den Wind!
    Wegflatternd wird er euch verlachen -
    Was könnt ihr mit dem Leichtsinn machen?
    Er ist ein Kind!

    Gefesselt habt ihr ihn durch Schätze;
    Ach, er zerreißt auch goldne Netze,
    Wann sie ihm lästig sind.
    Unsteter ist er, als die Welle;
    Seht, wie schon dort mit einer Schelle
    Ein Andrer ihn gewinnt!
    Weg wirft er eure schönen Sachen -
    Was könnt ihr mit dem Schalke machen?
    Er ist ein Kind!

    Ihr zürnt, an ihm ist Zorn verloren;
    Ihr scheltet, er verstopft die Ohren;
    Ihr grinzet, er ist blind;
    Ihr wähnt, daß euer Dräun ihn schrecke?
    Seht, wie er schelmisch in der Ecke
    Dort neue Ränke spinnt!
    Er spottet Löwen, spielt mit Drachen -
    Was könnt ihr mit dem Trotzkopf machen?
    Er ist ein Kind!

    Und greift ihr endlich nach der Ruthe,
    Schnell läßt er ab vom Uebermuthe;
    Sanft, wie ein Frühlingswind,
    Schlingt er den Arm euch um den Nacken;
    Seht, wie ihm von den rothen Backen
    Die falsche Thräne rinnt!
    Seht ihn mit nassem Auge lachen -
    Was könnt ihr mit dem Schmeichler machen?
    Er ist ein Kind!
    _____


     

  • Johann Nikolaus Götz (1721-1781)

    Hymen und die Truppen
    Amors

    Hymen stand im Hinterhalte:
    Als ein Heer von Amuretten
    Seines Reiches Grenzen nahte!
    Wer da! rief er halberschrocken,
    Wer da! - oder soll ich schiesen?
    Holder Bruder, sprach ihr Führer,
    Fürchte nichts von
    Amors Truppen.
    Unser Endzweck ist nicht dieser,
    Deine Lande zu verheeren
    Oder in Besitz zu halten:
    Wir verlangen nur den Durchzug!
    _____


     

  • Amalie von Helvig (1776-1831)

    An
    Eros

    Grausam übst du die Macht über Götter und Menschen, o
    Eros!
    Kein Gesetz ist dir heilig; du überschreitest nach Willkür
    Kühn die Schranken der Pflicht, die streng den Menschen gebietet.
    Frevelnd versendest den Pfeil du, den leichtbeschwingten, vom goldnen
    Bogen, wie dirs gelüstet. Der sittlichen alten Gewohnheit
    Achtest du nicht, und zerreissest die himmlischen
    Bande der Freundschaft.
    In der Jünglinge Brust, in den reichen Busen der Jungfraun
    Giessest du lodernde Gluthen, der Liebe schmerzliche Sorgen
    Und die bittere Qual des Vorwurfs beiden bereitend.
    Keiner ist je dir entronnen, und sicher wähnt oft sich noch mancher,
    Dem dein verderblicher Pfeil schon tief in den Busen sich senkte.
    Scheust du sogar dich doch nicht, den Wolkenversammler Kronion,
    Lieb' in der göttlichen Brust ihm entflammend vom hohen Olympos
    Schmeichelnd oft herab zu ziehn in der Sterblichen Wohnung.
    Ja, in wildumgreifendem Frevel schonest du selber
    Nicht der lächelnden Mutter, der mirtenbekränzten Dione.
    Aber allein geschützt vor dir und deinem Geschosse
    Sind Mnemosynes Töchter, die lieblich redenden Musen,
    Sie, die kundig des Lieds, und kundig der tönenden Leier,
    Thaten der Menschen singen, so wie der unsterblichen Götter,
    Welche die Liebe bethört; doch sie beschützt des Gesanges
    Zauber; den Busen bewegt allein der liebliche Wohllaut.
    _____


     

  • August Friedrich Ernst Langbein (1757-1835)

    Amors Kriegswesen

    Mit einem Pfeilchen schoß
    Cupid
    In seinen jüngern Tagen,
    Wie uns Anakreon, Ovid
    Und andre Dichter sagen.
    Jetzt führt das kindische Gewehr
    Der stolze Liebesfürst nicht mehr,
    Und weiß durch stärkre Waffen
    Sich Ruhm und Sieg zu schaffen.

    Sein Kriegsgeschütz und Pulverthurm
    Sind schöner Mädchen Augen,
    Die trefflich, wie er weiß, zum Sturm
    Der Herzensfestung taugen.
    Doch wird zur Uebergabe sie,
    Eh' noch die volle Batterie
    Unwiderstehlich lodert,
    Durch Seufzer aufgefordert.

    Ein solcher Herold kann recht schön
    Vom Friedensglück erzählen,
    Und listig den Belagerten
    Die Festungsschlüssel stehlen.
    Die Armen strecken das Gewehr;
    Sie küssen
    Amors goldnen Speer,
    Und träumen sich im Grünen,
    Wenn sie dem Sieger dienen.

    Er streckt sofort auf ihren Hut
    Sein saubres Kriegeszeichen:
    Gemalte Herzen, die, voll Glut,
    Zwei Feueressen gleichen.
    Das Handgeld ist ein Liebesgruß,
    Und der Geliebten erster Kuß.
    Dann schwimmen die Rekruten,
    Wie Fisch', in Wonnefluten.

    Man sieht, gehüllt in Rosenduft,
    Sie fröhlich aufmarschieren;
    Bald aber schnappen sie nach Luft,
    Und möchten desertiren.
    Der Lebensodem, Freiheit, ist
    Nun weggescherzt und weggeküßt.
    Kein Schrittchen wird gelitten,
    Ohn' Urlaub zu erbitten.

    Von Eifersucht scharf commandirt,
    Muß Mancher Schildwacht stehen,
    Und, wenn der fernste Laut sich rührt,
    Ein helles: Wer da? krähen.
    Wer: Gut Freund! ruft, den läßt er durch;
    Doch plündern seine Liebesburg
    Mehr, als die schlimmsten Feinde,
    Oft herzensgute Freunde.

    Und welche Löhnung streicht man ein
    Für alle die Strapatzen?
    Etwa der Treue Gold? - O nein!
    Der Untreu Kupferbatzen.
    Klagt Einer ob dem schnöden Gold,
    So heißt es kalt: "Herr, wenn ihr wollt
    Bei uns nicht länger bleiben,
    Laßt euch den Laufpaß schreiben!"

    Das ist fürwahr! ein feiner Lohn
    Für
    Amors wackre Streiter!
    Ei großen Dank, Herr Venussohn!
    Ich suche Dienste weiter.
    Wird aber Jenny's Herz erweicht,
    Daß mir ihr Mund das Handgeld reicht,
    Dann sollst du gleich mich hören
    Zu deiner Fahne schwören!
    _____


     

  • Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)

    Der schwörende Liebhaber

    Ich schwör es dir, o Laura, dich zu hassen;
    Gerechten Haß schwör ich dir zu,
    Ich schwör es allen Schönen, sie zu hassen;
    Weil alle treulos sind wie du.
    Ich schwör es dir, vor
    Amors Ohren,
    Daß ich.. ach! daß ich falsch geschworen.
    _____


     

  • Friedrich von Matthisson (1761-1831)

    Eros

    Wenn du lächelst, o Knabe, säumt mit Golde
    Sich die donnernde Wolke, ruhn Orkane,
    Spriessen Blumen, wo nie des lauen Zephyrs
    Odem gewandelt.

    Selig! lächelst du mit Aurorens Milde!
    Aber, wehe dem zarten Flügel Psyches,
    Wenn vom Auge der niedern Herzenswildheit
    Flamme dir lodert.
    _____


     

  • Johann Gaudenz von Salis-Seewis (1762-1834)

    An
    Amor

    Wirf sie weg, o Amor! die Pfeile, den goldenen Bogen,
    Und die Fackel, die sonst Herzen entzündet und schmelzt.
    Sieh, ihr Aug' ist voll Feuer; die wölbenden Braunen sind Bogen,
    Und ihr schimmernder Blick sprühet der Pfeile genug.
    _____


     

  • Klamer Eberhard Karl Schmidt (1746-1824)

    Amor der Joujouspieler

    Ach!
    Amor, Herzenzieler,
    Wie falsch, wie falsch bist du!
    Du spielst, o kleiner Spieler,
    Mit Menschenglück und Ruh!

    An einem dünnen Faden
    Führst du die ganze Welt:
    Hochwürdigkeit und Gnaden,
    Den Weisen und den Held.

    Oft lässest du uns laufen;
    Doch traun! ein kurzes Glück!
    Man glaubt sich schon entlaufen;
    Dann ziehst du schnell zurück.

    In all des Spieles Neuheit,
    Wer merkt, wie falsch es sey?
    Bald spannenlange Freiheit,
    Bald wieder Sclaverei!

    Ach!
    Amor, Herzenzieler,
    Wie falsch, wie falsch bist du!
    Du gleichst dem kleinen Spieler
    Des artigen Joujou!
    _____


    Das Grübchen im Kinn

    Amor, hold von Scherzen umflogen,
    Die er selber sich erzogen,
    Spielt' einmal mit Psychen ein Spiel.
    Und als Psyche nun, zerstreut,
    Weit vom Spiele war, sehr weit,
    Da mit einem Lilienstiel
    Tippt' er auf der Schwärmerin
    Schöne Wange lächelnd hin:
    "Psyche, nicht so weit vom Spiel!"
    Sieh! so ward das Grübchen im Kinn.
    _____


     

  • Christian Graf zu Stolberg (1748-1821)

    An die Schwalbe
    Anakreons drei und dreißigste Ode

    Du liebe kleine Schwalbe,
    Du kehrest jährlich wieder,
    Und baust dein Nest im Sommer.
    Wenn dann der Winter nahet,
    So fliehst du zu dem Nile;
    Doch
    Amor bauet immer
    Sein Nest in meinem Herzen.
    Ein
    Amor ist schon flücke,
    Das Ei verbirgt noch jenen,
    Und diesem birst die Schale.
    Ohn' Ende schallt die Stimme
    Der Nestlinge, die pipen.
    Die grössern
    Amorn ätzen
    Die kleinen
    Amoretten,
    Und die Geäzten hecken
    Geschwinde wieder Junge.
    Was soll ich wol ersinnen?
    So viele Liebesgötter
    Vermag ich nicht zu hausen!
    _____


    Amors Pfeile
    Anakreons fünf und vierzigste Ode

    Der Gatte Cythereens
    Nahm Stahl in Lemnos Esse,
    Und schmiedet'
    Amors Pfeile.
    Die Spizen tauchte Cypris
    In Honigseim; doch
    Amor
    That in den Honig Galle.
    Jüngst kehrte Mars vom Treffen,
    Schwang seine hohe Lanze,
    Und spottet'
    Amors Pfeile.
    Sieh, der ist schwer! sprach
    Amor;
    Du kannst ihn selbst versuchen!
    Mars nimt das kleine Pfeilchen
    Und lose lächelt Cypris:
    Doch keuchend rief der Kriegsgott:
    Schwer ist er! Nim ihn wieder!
    Doch
    Amor sprach: Behalt ihn!
    _____


     

  • Christoph August Tiedge (1752-1841)

    Eros

    Weih', o Lenz, dem Gotte
    Keuscher Sympathien
    Eine Rosengrotte!
    Wölb' ein Baldachin
    Liedervoller Bäume,
    Die um seine Träume
    Grüne Schatten ziehn!

    Liebe sucht die Stille,
    Wo sie, grün umbaut
    Von des Lenzes Fülle,
    Sich dem Hain vertraut,
    Wenn im Abendflüstern
    Hesper kommt, und lüstern
    Durch die Zweige schaut.

    Liebe liebt vor allen
    Einen dunkeln Wald,
    Der von Nachtigallen
    Feiernd wiederhallt.
    In die süßen Lieder
    Schauern Blüten nieder
    Um die Huldgestalt.

    O! das sind die Töne,
    So die Liebe wählt,
    Wenn sie ihre schöne
    Fabel uns erzählt,
    Und, ihr hingegeben,
    Einem schönern Leben
    Sich das Herz vermählt.
    _____


     

  • Johann Peter Uz (1720-1796)

    An
    Amor

    Amor, Vater süsser Lieder,
    Du mein Phöbus, kehre wieder!
    Kehre wieder in mein Herze!
    Komm, doch mit dem schlauen Scherze.
    Komm und laß zugleich Lyäen,
    Dir zur Seite lachend gehen.
    Komm mit einem holden Kinde,
    Das mein träges Herz entzünde,
    Und durch feuervolle Küsse
    Zum Horaz mich küssen müsse.
    Willst du, Gott der Zärtlichkeiten!
    Laß auch Schmerzen dich begleiten:
    Ich will lieber deine Schmerzen,
    Als nicht küssen und nicht scherzen.
    _____


    Amor

    Mädgen lernet
    Amorn kennen!
    Läßt er sich nur Freundschaft nennen:
    Seht ihm ins Gesicht.
    Seht ihr feuervolle Blicke,
    Voll Zerstreuung, voller Tücke,
    Das ist
    Amor, zweifelt nicht.

    Seht ihr einen Proteus lauern,
    Der bald lacht, bald nur von Trauern,
    Halb verzweifelt spricht;
    Heute lauft und morgen schleichet,
    Und sich keine Stunde gleichet,
    Das ist
    Amor, zweifelt nicht.

    Artig weis er liebzukosen:
    Seine Lippen düften Rosen,
    Wenn er mit euch spricht.
    Seht ihr ihn urplötzlich wüthen,
    Anfangs bitten, dann gebiethen,
    Das ist
    Amor, zweifelt nicht.

    Kommt er ohne Pfeil und Bogen,
    Wie die Unschuld selbst geflogen:
    Seht ihm ins Gesicht.
    Seht ihr ihn, bey Scherz und Spielen,
    Nach dem Busen lüstern schielen,
    Das ist
    Amor, traut ihm nicht.
    _____


    An ***

    Mit finstrer Stirne stehn wir da,
    Und ordnen das Geschick der Staaten,
    Und wissen, was bey Sorr geschah,
    Und wissen Oesterreich zu rathen.

    Indeß wird nicht daran gedacht,
    Daß itzo Zeit zu küssen wäre.
    Denn steigt nicht schon die braune Nacht,
    Die Freundin
    Amors, aus dem Meere?

    Erkennet euren Eigensinn
    Und daß die Zeit geflügelt scheide.
    Ihr schwatzt, sie fliegt, sie ist dahin,
    Mit aller angebotnen Freude.

    Ich will zu jenen Büschen gehn,
    Die sanft von Zephyrs Ankunft beben.
    Da hoff ich, Lesbien zu sehn,
    Wann sichre Schatten uns umgeben.

    Bereits ertönt in stiller Luft
    Der Nachtigall verliebte Klage.
    Sie hüpft von Zweig auf Zweig und ruft
    Mit süssern Liedern, als am Tage.

    Was wunder, wenn sie brünstig girrt,
    Seit
    Amor mit gespanntem Bogen,
    Bey dem ein voller Köcher schwirrt,
    Dem jungen Frühling nachgeflogen.
    _____


     

  • Christian Felix Weisse (1726-1804)

    Zweykampf mit dem
    Amor

    Vernunft bewaffnet mich:
    Nun
    Amor, streit' ich wider dich!
    Du magst ein Gott, ich sterblich seyn!
    Doch streite, so wie ich, allein!

    Ich sieg', ich schwör' es dir!
    Nur musst du, diess beding' ich mir,
    Den Bacchus nicht um Hülfe flehn: -
    Ein andrer streite wider zween!
    _____


    Der geflügelte
    Amor

    Es wartet
    Amor hier auf dich,
    Bezaubernde Klimene!
    Hier in den Büschen, wo ich mich
    Nach deinen Küssen sehne;
    Er nimmt oft deine Minen an,
    Damit er sichrer siegen kann:
    O! um geschwinder hier zu seyn,
    Lass dir itzt seine Flügel leihn!
    _____


    An den
    Amor

    Lieber
    Amor, leihe mir
    Einen doch von deinen Pfeilen!
    Ich schwör' auch den Raub mit dir,
    Chloens Herz, mit dir zu theilen. -

    Falscher! du verweigerst sie?
    Wart! ich will's der Mutter klagen!
    Chloens Augen leihst du sie,
    Und mir willst du sie versagen?
    _____


    Der verschwundene
    Amor

    Ich trank mit Chloen Malaga:
    Schnell war der Gott der Liebe da.
    Ach! seufzte Chloe, sieh, schon stört er unsre Freuden!
    Hasch' ihn mit mir; ich will die Flügel ihm beschneiden.
    "Halt, liebste Chloe! sagt' ich, halt!
    Die Flügel wachsen ihm zu bald,
    Dem kleinen Bösewicht! Wir wollen ihn ersticken:
    Nicht wahr? so kann er uns in Zukunft nicht berücken."

    Wir haschten: eh man sich's versah,
    War er bald dort, bald wieder da.
    Zuletzt verschwand er gar; doch als wir ausgetrunken,
    Da fühlten wir, er war in unsern Wein gesunken.
    _____


     

  • Christine Westphalen (1758-1840)

    Cytherens Tauben-Feder

    Eine Feder hatte
    Amor
    Jüngst mir heimlich hingeleget,
    Und als ich begann zu schreiben,
    Lief die Feder, ungewöhnlich,
    Wie im Fluge, auf dem Blatte.
    Was ich schrieb - wie haucht' es Leben!
    Alle Bilder glänzten schöner,
    Alle Farbentöne heller;
    Alle Worte sprachen Seele;
    Alle Laute tönten zarter.
    Doch entströmten meinem Liede
    Lauter sanfte schöne Flammen!
    Und das Ganze schmückt' ein Liebreiz,
    Von der Charis selbst entliehen.
    Hoch erstaunt, sann ich, verwundert,
    Was die Feder so regiere?

    Ich besah' sie nun genauer,
    Ob es an der Fahne läge,
    Die nicht abgestreift ich hatte.
    Da erschien mir, lächelnd,
    Amor.
    "Gieb mir," sprach er, "meine Feder,
    Sie gehört Cytherens Taube." -
    Doch er ging, und ließ sie liegen.
    Seit ich mit der Feder schreibe,
    Weiß ich selbst nicht, daß ich dichte!
    Wie? warum ich immer dichte!
    Lauter süße Lieder dicht' ich, -
    Lauter frohe Weisen sing' ich, -
    Nur mit Nachtigallen klag' ich; -
    Erato nickt immer lächelnd,
    Und ich nicke lächelnd wieder.
    _____


    Mädchen-Unschuld

    Ohne Köcher, ohne Pfeil und Bogen,
    Fand ich einst den schönen Knaben
    Amor! "Ruhe will ich haben!"
    Sprach er. "Schon die Welt durchflogen
    Bin ich, spendend meine Gaben;
    Dennoch wähnt man sich betrogen!
    Vor dem Pfeil und vor dem Bogen
    Kann nun jeder Ruhe haben!
    Und ich wollte schon entfliehen,
    Ängstlich mied ich
    Amors Schimmer.
    Meid' ihn, sprach die Mutter, immer! -
    "Warum willst du diesmal fliehen?"
    Rief er. "Wähnst du dich betrogen?
    Sieh mich ohne Pfeil und Bogen." -
    Und fast traut' ich schon dem Kleinen;
    Hört' ich ihn doch bittend weinen.
    Lächelnd kam er itzt geflogen,
    Und es fühlte schnell mein Herz
    Einer leichten Wunde Schmerz.
    Ach, durch seiner Augen Licht
    Hatte
    Amor mich betrogen!
    Diesmal trug er Pfeil und Bogen
    In der holden Augen Licht:
    Nur ich, Arme, sah sie nicht.
    _____


    Verwechslung

    Man spricht so viel von einem schönen Knaben,
    Ein jeder will ihn ja gesehen haben;
    Er sey geflügelt, läch'le hold und schön,
    In Myrten-Hainen sehe man ihn gehn;
    Er tändle nie mit Köcher, Pfeil und Bogen;
    Nie sey durch ihn ein schuldlos Herz betrogen:
    Er heiße
    Amor, sey dem Licht verwandt,
    Der hohe Himmel sey sein Vaterland,
    Doch sey auf Erden er vermählt,
    Und Psyche sey die Braut, die er gewählt.
    Ich armes Kind! den
    Amor sah ich nicht.
    Ist Poesie das, was man von ihm spricht?
    _____


    An eine Nachtigall

    Liebekranke Nachtigall!
    Deiner Wechseltöne Hall
    Wecket mir, in tiefster Brust,
    Meiner Liebe Schmerz und Lust.
    Schweige, süße Nachtigall!
    Doch sie sang mit süßerm Hall:
    "Horch! durch
    Amor ward ich einst gebohren,
    Als er mit dem Chaos sich vermählt.
    Seit dem Chaos hat er mich erwählt,
    Zur Verkünderin erkoren
    Eurer Schmerzen, seiner Götterlust;
    Nimmer schweigt ihm meine Brust!"
    _____


    Der himmlische
    Amor

    Erster der Götter, vor allem Erzeugeten warest du,
    Amor!
    Regtest Chaos und Nacht; da ward der Äther, der Tag.
    Finsterm und Tiefem entstieg das Erhab'ne; allmächtige Liebe
    Rief es zum ewigen Licht, Liebe, die göttliche Kraft!
    Niemals kehret zurück zu dem Rohen Gebildetes; denn was
    Himmlische Lieb' uns erschuf, das ist auch ewig wie sie.
    _____


    Indiens und Griechenlands
    Amor

    Indiens
    Amor gebar, gesegnet vom Himmel, die Täuschung.
    Kama ward er genannt, Smara, der glänzende Gott!
    Seiner Abkunft treu, enthüllt' er sich, irdisch, ätherisch,
    Bleibt nicht ewig ein Kind, wie der Geflügelte, den
    Kypris heimlich geboren - gezeugt mit dem mächtigen Ares -
    Der uns kriegerisch droht, tändelnd und heuchlerisch liebt;
    Mit geschärfteren Pfeilen im Lächeln tödtlich verwundet,
    Unbesonnen und wild, Herzen mit Fackeln versengt;
    Ja, mit kindischer Freude beschauet, ruhig und müssig,
    Wie sein versandtes Geschoß Länder und Städte verheert;
    Bald uns, rosenbekränzt, und im Morgenthaue gebadet,
    Wonnen des Nektars beut, der sich in Wermuth verkehrt;
    Bald die Hymnen verspottet, von Glücklichen ihm nur gesungen,
    Die das Schicksal vereint, nicht der geblendete Gott.
    Kama wählet zur Gattin sich Ratty, die Zärtlichkeit selber;
    Wassant, den blumigen Lenz, nennt er den ewigen Freund.
    Dieser Lächelnde füllt ihm den Köcher mit Blüthen des Amra;
    Pfeile, so lieblich geschärft, schaffen den wonnigen Schmerz.
    Seinen Bogen bereitet er künstlich vom Rohre des Zuckers,
    Bienenflügel-Gespinnst wählt er zur Sehne für ihn.
    Als ihn zerstörende Kraft, des Hara's Feuer, verbrannte,
    Wurde die Asche bewegt; Nektar belebte sie neu.
    Schöner stieg er hervor, der Gott ätherischer Dichtung:
    Liebe bildete ihn zärtlich und liebend, wie sie.
    _____


    Der schlummernde
    Amor

    Schlummerst du, Kleiner? du lächelst? O, sicher gaukelt die Schalkheit,
    Dir die süßeste Lust, selber in Träumen um dich,
    Ha, schon seh' ich die Hand sich heben! Du fassest den Bogen,
    Den gespannten! - O fleuch! -
    Amor, der Lächelnde, droht!
    _____


    Wielands, von den Grazien mit Blumenketten
    gefesselter,
    Amor

    "Fliehet, nicht, Mädchen," rief
    Amor, "ich trage Ketten von Blumen!"
    Aber die Nymphen der Flur flohen nur schneller davon.
    Diesmal traut ihm, ihr Kinder! Der sonst nicht achtet der Ketten,
    Achtet, wahrlich, sie hier; Grazien fesselten ihn.
    _____


    Amor unter Blumen

    Schau den lächelnden Gott! wie das Gift und den Honig er sondert
    Dieser Blumen! wie kühn taucht er die Pfeile darin!
    Ha, nun seh' ich ihn beydes vermischen und andre benetzen:
    Amor, der Kenner, entdeckt, was und wie Jedes uns frommt.
    _____


    Der verwundete
    Amor

    Fühlst du selbst jetzt Schmerzen, o
    Amor? Verwundet die Hand nur,
    Bleibt dein Busen in Ruh, fühlt nicht die Wunde das Herz;
    Und du kühlest und heilst sie am Herzen der liebenden Mutter:
    Nichts, ach, heilet noch kühlt Wunden der Seele von dir!
    _____


    Der gefangene
    Amor

    Zitternd dehnst du die Schwingen, o
    Amor! Thränen im Auge?
    Muthlos sinkt dir der Arm? Nimmer wirst du dich befreyn:
    Denn dich bändigt ein Gitter von Eisen! Den stolzen Beherrscher
    Jeglichen Reiches der Welt hält ein metallenes Schloß.
    "Ha!" rief
    Amor entrüstet, "nicht fesseln Bande von Demant
    Den, dem ein lächelnder Blick Riegel und Thore gesprengt!
    Kennst du den Gott nicht, Verweg'ner? zerbrach ich nicht goldene Thronen?
    Aller Metalle Gebiet sprengete Hades durch mich!
    Herkules raubt' ich die Waffen: der kühnere Löwenbesieger
    Tauschte bey Omphale'n schnell Spindel und Spiegel um sie.
    Selbst dem Donnerer Zeus lähmt' ich die geflügelten Blitze;
    Kraftlos schlummerten sie, als ihn Cythere getäuscht.
    Spottest du nun noch? Entfleuch! Denn blick' ich zürnend, so büßet
    Dein ohnmächtiger Spott dem, der die Götter beherrscht."
    _____


    Amor und die Muse Erato

    a.
    Erato sprach zu dem Amor: "O willst du Lieder mich lehren,
    Horchet mir sich'rer die Welt, würde mir sicherer Ruhm!"
    Schalkhaft lächelt der Gott. Ja, spricht er, ich lehre dich singen:
    Aber nie lehr' ich zugleich, wie man der Singenden horcht.


    b.
    Erato hört' es verwundernd. "So trägst du denn immer im Busen
    Eine verderbende Macht? tändelst du, spottest du nur?"
    Zürnend nimmt sie die Leyer. Von
    Amors Nähe begeistert,
    Singt sie, bezaubernder noch, als es der Gott sie gelehrt.
    Amor lächelt und weint; denn sie gebot der Empfindung.
    Ha! jetzt lernt' er von ihr, wie man der Singenden horcht.
    _____


    Amor und Minerva

    Amor begegnet Minerven. "Verwildeter! Träger!" so ruft sie,
    "Sammle dir Weisheit ein, sey nur nicht immer ein Kind."
    Amor bot ihr den Köcher. O, Pallas, füll' ihn mit Weisheit,
    Spricht er lächelnd, nur du giebst sie vom echten Gehalt.
    Schau! die Pfeile zerbrech' ich - den Bogen weih' ich Apollon,
    Und Ich rühme mich dann künftig, der Weise zu seyn.
    Zögernd nimmt Pallas den Köcher. "Wie?" - spricht sie leiser im Innern -
    "
    Amor der Weise? - Nein, geh," rief sie, "und finde sie selbst."
    _____


    Amor und der Schmetterling

    Amor spielte mit Blumen; da flog ihm ein Schmetterling leise
    Auf die rosige Hand. Lächelnd bemerkt' er's und hascht
    Schnell den ätherischen Vogel. "Dich," spricht er, "trag' ich zur Psyche:
    So geflügelt wie sie, liebt sie den Bruder in dir."
    _____


    Amor und Psyche am Bach

    Psyche saß an dem Bach, und
    Amor friedlich zur Seit' ihr.
    Beyde beugten sie sich: jedem erschien nun sein Bild.
    "
    Amor! siehst du die Psych' in dem Grund' hier?" rief sie verwundert.
    Ja, du Geliebte! und du, siehst du den
    Amor im Bach?
    Zephyr lauscht' auf den Zweigen. Der Tändelnde regte die Fläche;
    Sieh, da küßte geschwind
    Amor die Psyche des Bachs.
    _____


    Amor und Psyche als Gruppe

    Wollte die geistige Lieb' uns der Künstler bilden im Bilde?
    Dieser Ätherischen Kuß däucht mir von ihr das Symbol:
    Heiliger
    Amor! und du, jungfraulich liebende Psyche!
    Schmelzt ihr, im geistigen Kuß, hier nicht die Seelen in eins?
    _____


    Der besiegte
    Eros

    Eros prüfte den Bogen und fand ihn immer noch folgsam;
    Aber als einst er Psychen erblickte, da flog das Geschoß schnell
    Rückwärts, ihm in die Brust, ihn selbst, den Sieger, besiegend. -
    Damals haben die Küsse geruht und die Schmerzen der Liebe;
    Alle weilten dem seufzenden Gott in der Tiefe des Herzens.
    _____


     

19./20. Jh.
 

  • Rosa Maria Assing (1783-1840)

    Amor und die Nymphen

    In dem Haine Aphroditens
    Lag der kleine Sohn der Göttin,
    Amor, einst in tiefem Schlafe
    (Denn auch
    Amor schläft zuweilen!)
    Hingestreckt im jungen Grase.
    Bunte Wiesenblümchen schmiegten
    Sich an seine zarten Glieder,
    Leichte Zefiretten kosten
    Mit den kleinen goldnen Locken,
    Die geringelt und ambrosisch
    Um das zarte Antlitz wallten,
    Und vor Phöbus Feuerstrahlen
    Schützte ihn der Rosenbüsche
    Einer, der im heil'gen Haine
    Blühend, süße Düfte hauchte.
    Von den Nymphen Hand gepfleget,
    Blühten weiß die zarten Rosen,
    Und noch keine böse Stacheln,
    Die verletzen zarte Hände,
    Waren ihnen beigesellet.
    Doch da kam die Schaar der Nymphen,
    Blumen in dem Hain zu pflücken,
    Um den Altar Aphrodite's
    Schön zu schmücken und zu kränzen,
    Und so nahten sie dem Strauche,
    Wo der kleine, lose Knabe
    Lag in tiefem, festem Schlafe.
    "Schwestern!" rief die eine Nymphe,
    "Schwestern! hütet euch und pflücket
    Ja nicht dort von jenen Rosen,
    Denn es liegt der Knabe
    Amor
    Schlafend dort in ihrem Schatten;
    Leichtlich könntet ihr ihn wecken!
    Und nicht ist ja sein Erwachen
    Heilsam immer, wie mich dünket!"
    Doch die Jüngste sagte leise:
    "Wahrlich, Schwesterchen, ich möchte
    Mich für manche lose Streiche
    An dem bösen Knaben rächen!
    Sieh, es liegt dort Pfeil und Bogen
    Neben ihm im grünen Grase;
    Sagt, wie wär' es, wenn die Pfeile
    Wir dem Schalke schnell zerbrächen?"
    Eines Sinns ward bald der Nymphen
    Blüh'nde Schaar, die jüngste raubte
    Leise seinen goldnen Köcher,
    Und die zarten, weißen Händchen
    Waren eifrig nun beschäftigt,
    Von den wohlgeschärften Pfeilen
    Schnell die Spitzen abzubrechen;
    Dann sie alle schnell enteilten
    Leisen Tritts, voll Schadenfreude.
    Als nun
    Amor drauf erwachte,
    Und des Frevels inne worden
    An den Pfeilen, an den Spitzen,
    Die zerstreut im Grase glänzten:
    Rief er halb von Zorn entrüstet:
    "Ha! gewiß wart ihr es, Nymphen,
    Die mich Schlummernden beschlichen! -
    Doch, fürwahr, ihr sollt der Strafe
    Eures Muthwills nicht entgehen!"
    Schnell nun sammelt' er die Spitzen,
    Raffte sie behend vom Grase,
    Und, zum Rosenstrauch gewendet,
    Rief er: "Werde du mein Rächer!"
    Fügt' dann an der Rosen Stiele
    Heimlich seiner Pfeile Spitzen.

    Bald nun kam die Schaar der Nymphen
    Froh zurücke, lustig schäkernd;
    Neugier trieb sie und Verlangen,
    Ihrer That Erfolg zu schauen. -
    Als sie fanden leer die Stelle,
    Wo der kleine Gott geschlafen,
    Eilten hin sie zu den Rosen,
    Nicht die Rache
    Amors ahnend.
    Aber weh! die zarten Finger
    Ritzten wund sich an den Stacheln,
    Daß das Blut hernieder rieselnd
    Färbte roth die weißen Rosen.
    Und als drauf in ihrem Kranze
    Voll Verwundrung Aphrodite
    Sah der Rosen rothen Schimmer,
    Sah die Dornen noch und Wunden
    An der Nymphen zarten Händchen,
    Forschte sie, wie das geschehen! -
    Ihr erzählten nun die Nymphen,
    Bitter über
    Amor klagend,
    Wie mit steten Neckereien
    Unaufhörlich er sie plage,
    Und wie nun sie zur Vergeltung
    Einen Scherz mit ihm gewaget,
    Den so tückisch er erwiedert. -
    Doch es hörte Aphrodite
    Ruhig von des Söhnchens Tücke,
    Und erwiedert' ernst, doch gütig:
    "Oft ja warnt' ich schon euch, Kinder!
    Wer will mit der Liebe scherzen,
    Erntet bittre Pein und Schmerzen!"
    _____


     

  • Otto Julius Bierbaum (1865-1910)

    Amor-Vampyr

    Im hellen Herbstwald auf buntem Laub
    Waren wir wie Kinder und küßten uns
    Unschuldig in linder Liebe.

    Bubenmädel, Bubenmädel,
    Wie lachten deine Augen, die hellen, braunen,
    Wie lag dein liebes Köpfchen so leicht auf dem Laube,
    Und leicht auch lagen meine Lippen auf deinen.

    Aber die Nacht kam auf Katzenpfoten,
    Die schwarze, schwere, schweigende Nacht,
    Und schwül wars im Zimmer.
    Das gelbe Licht der schwebenden Lampe lag
    Wie leuchtender, feuchter Nebel über dem Raum,
    Und deine Augen fragten ängstlich aus dem gelben Dämmer.

    Braune, brütende, unselige Augen.
    In ihnen braute, tief unten, tief,
    Brodelnder giftiger Gischt.

    Oh du, du, du!

    Und über dich hin warf mich die Wut der Liebe.

    Und unsre Lippen lasteten aufeinander,
    Wie alle schmerzlichen, sehnsuchtschmachtenden Sünden zweier Sterne,
    Die sich im wirbelnden Weltall treffen
    Und klagegellend sich umklammern.

    Oh du, du, du!

    Und meine Augen gruben sich in deine,
    Und meine Arme wanden sich um deinen Leib wie Raubtierpranken;
    Und es stöhnte deine Brust,
    Und deine Augen irrten wie verflogene Tauben.

    Sie suchten den hellen Herbstwald
    Und die Kindheit unsrer Liebe
    Im bunten Laube.

    Und fanden nicht und wurden schmerzenstarr
    Und höllebrünstig heiß und hackten in mein Herz
    Wie schwarze Adlerschnäbel.

    Oh du!

    Oh du!

    Matt sank mein Haupt dir in den Schooß.
    Du bebtest.

    Dann sprachst du leise wirre Worte und weintest.

    Und deine Augen wurden wieder hell.

    Weißt du es wohl, was zwischen uns geschehn?

    Der Haß hat uns gepaart in wildem Kampf,
    Der Haß von Mann zu Weib und Weib zu Mann,
    Die heiße Gier, sich einzusaugen das fremde Herz
    Und jeden Tropfen Blutes und jeden Atemzug.

    Mein Herz und dein Herz haben sich geschaut im Kampfe,
    Und kämpfend sich durchdringend sind sie in Eins geflossen.

    Du bist nun ich, doppelt ist meine Seele.

    Wird sie je leben
    Können ohne dich?
    _____


    Ein Menuett

    Nestwarmweiche Lagerstätte,
    Himmelblaues Himmelbette,
    Seidenkissen, Spitzenzier,
    Rosawolken, mullgebauschte,
    Hinter denen
    Amor lauschte,
    Unsrer Liebe, dir und mir,
    Kräuselte der Tapezier.

    Aus der Ampel quillt in hellen
    Morgenrötenrosenwellen
    Schmeichelweiches Liebeslicht.
    Wie in einem Rosenhaine,
    Rose selber, ruht die Meine,
    Und von Rosen ein Gedicht
    Ihres Busens Heben spricht.

    Leise, leise, ihren roten
    Lippen Morgengruß geboten.
    Augen auf. Bon jour Madam'!
    Zweier Sonnen hell Erwachen,
    Zweier Sonnen selig Lachen ...
    Als ich in den Arm sie nahm,
    Amor aus der Wolke kam.
    _____


     

  • Clemens Brentano (1778-1842)

    An dem Feuer saß das Kind,
    Amor, Amor,
    Und war blind;
    Mit dem kleinen Flügel fächelt
    In die Flamme er und lächelt,
    Fächle, lächle, schlaues Kind!

    Ach, der Flügel brennt dem Kind,
    Amor, Amor
    Läuft geschwind!
    »O, wie mich die Glut durchpeinet!«
    Flügelschlagend laut er weinet,
    In der Hirtin Schoß entrinnt
    Hülfeschreind das schlaue Kind.

    Und die Hirtin hilft dem Kind
    Amor, Amor,
    Bös und blind.
    Hirtin, sieh, dein Herz entbrennet,
    Hast den Schelm du nicht gekennet?
    Sieh, die Flamme wächst geschwind,
    Hüt' dich vor dem schlauen Kind!
    _____


     

  • Joseph Freiherr von Eichendorff (1788-1857)

    Die Entstehung der Augensprache

    Seitdem samt Pfeil und Zaubertücken
    Man
    Amorn aus der Würklichkeit verbannt',
    Schießt er unsichtbar itzt und unerkannt
    Doch schlauer noch, mit Mädchenblicken.
    _____


    Der Landreuter

    Ich ging bei Nacht einst über Land,
    Ein Bürschlein traf ich draußen,
    Das hat 'nen Stutzen in der Hand
    Und zielt auf mich voll Grausen.

    Ich renne, da ich mich erbos'
    Auf ihn in vollem Rasen,
    Da drückt das kecke Bürschlein los
    Und ich stürzt' auf die Nasen.

    Er aber lacht mir in's Gesicht,
    Daß er mich angeschossen,
    Cupido war der kleine Wicht -
    Das hat mich sehr verdrossen.
    _____


    Lieber, lieber kleiner Eros,
    Ach! erbarme Dich!
    Heil' die Wunde, die dein Pfeil schoß.
    Sonst ach! töt' sie mich.

    Sieh, schon welken meine Wangen
    Sonst ein Bild der Kraft
    Trauernd jetzt wie Blüten hangen,
    Die kein Regen rafft,

    Siehst du hier die kleine Leier,
    Die Apoll mir gab?
    Tönen soll sie deine Feier
    Tönen bis ins Grab.

    Nie solls Mavors Kunst gelingen
    Seiner Waffen Glanz
    Mir ein Liedchen abzuzwingen.
    Deinen Myrtenkranz
    Nur, o
    Eros, will ich singen.
    _____


     

  • Abraham Gottlieb Hermann Franzius (1801-1832)

    Eros und Eris

    Nicht immer kann
    Eros durch Scherze und Kosen
    Seine Erwählten beglücken, erfreu'n;
    Auch in die Kränze von Myrten und Rosen
    Flicht er die neckende Distel hinein.

    Eris lässet den Apfel entgleiten,
    Und die Herzen brausen empor;
    Doch aus allem Plänkeln und Streiten
    Gehet Freund
    Eros schöner hervor.

    Eros knüpfet die Herzen zusammen;
    Eris zerrt neckend am zärtlichen Band;
    Aber sie löscht nicht die rosigen Flammen -
    Eros und Eris sind nimmer verwandt.
    _____


     

  • Maria Clementine François (1823-1844)

    Ausgleichung

    Amor hat Flügel – Hymen hat Fesseln -
    Beides, ach beides gefährlich mir scheint -
    Dieser wird binden, und Jener wird fliehen,
    Wenn nicht ein freundlich Geschick sie vereint.
    Daß nun von
    Amors Flügeln getragen
    Hymen die lästige Kette verliert,
    Der flüchtige
    Amor, in Fesseln geschlagen,
    Mit ewigen Rosen die Stirne uns ziert.
    _____


    Amor's Binde

    Amor ist blind.
    Willst du's beklagen?
    Lerne doch lieber
    Die Ursach' erfragen.
    Weislich wohl hat es das Schicksal gemeint,
    Als es die Binde der Liebe vereint.

    Amor ist blind,
    Lern' es versteh'n.
    Was schön und was häßlich,
    Das kann er wohl seh'n;
    Er suchet das Schöne; doch wenn er es find't,
    Für Liebchens Fehler – da ist er dann blind.

    Amor ist blind.
    Preis' dich beglückt!
    Siehe, wie lächelnd
    Rosen er pflückt:
    Säh' er die Dornen, die hämisch ihm dräun,
    Würd' er so sorglos der Rosen sich freun?

    Amor ist blind.
    Darfst ihm vertrau'n,
    Lassen sich Bess're,
    Als du, von ihm schau'n;
    Denn ob sie auch schöner und reizender sind:
    Für fremde Schönheit, da ist er doch blind.

    Amor ist blind.
    Willst du's beklagen?
    Denk deiner Mängel;
    Und lerne nun sagen:
    Daß Liebe und Treue beglücke das Leben,
    Drum ward dem Gott die Binde gegeben.
    _____


    Amor

    Amor, du von allen Göttern
    Bist der reizendste zu schau'n;
    Dir, nur dir möcht' ich vor Allen
    Gern mein Leben anvertrau'n!
    Du allein vermagst zu geben
    Unsers Daseyns höchstes Glück;
    Wonne spricht aus deinen Zügen,
    Seligkeit aus deinem Blick.
    Rosen müssen rings erblühen,
    Wo du eingekehrt als Gast,
    Scherz und Freuden mit dir ziehen -
    Nur schade – daß du Flügel hast!
    _____


    Amor's Macht

    Warum ich ihn geliebt? hör' ich Euch fragen,
    Ihr staunet meines Herzens Starrsinn an,
    Das, ob des Lieblings eignen Unwerth fühlend,
    Ihn dennoch liebt, nicht von ihm lassen kann.

    Wohl lernt' ich seine Fehler klar erkennen,
    Wohl sah ich wild oft seine Stirn erglühn,
    Doch, selbst in seinen Lastern ihn vergötternd,
    Liebt' ich nur mehr um seiner Schwachheit ihn.

    Was ich geliebt, es war nicht seine Liebe:
    Bei seinen Schwüren bebt' ich zitternd doch;
    Was ich geliebt, es war nicht seine Treue,
    Er brach sie längst – und ich, ich lieb' ihn noch.

    Warum ich liebe, weiß ich nicht zu sagen.
    Sieh' den Magnet, dem Pol gewendet zu,
    Unwandelbar – erkläre mir weswegen? -
    Und meiner Liebe Räthsel lösest du.
    _____


     

  • Agnes Franz (1794-1843)

    Der versteckte
    Amor

    Um den holden Götterknaben,
    Amor, einen Thron zu bauen,
    Schritten durch die Blumenauen
    Leicht die Grazien daher
    Schlummernd ließen sie den Kleinen,
    Den sie pflegten und bewachten;
    Darum eilten sie, und dachten
    Auf die schnelle Wiederkehr.

    Als sie nun mit leisem Schritte
    An dem Lager, dem umzweigten,
    Sorglich bang sich niederneigten,
    War der kleine Gott entflohn.
    "Weh' uns,
    Amor ist verloren!"
    Rufen bang die Charitinnen,
    Und mit angstverworr'nen Sinnen
    Spähn sie nach dem Göttersohn.

    Bald ruft's aus dem Hain: "Hier bin ich!"
    Stumm, und freudiglich erschrocken,
    Eilen dem geliebten Locken
    Unverweilt die Schwestern nach.
    Immer lauter wird das Rufen;
    "Hier!" ertönt's ganz nah, und "dorten!"
    Neckend Winken aller Orten,
    Tausend Stimmen werden wach.

    "
    Amor will Verstecken spielen!"
    Lächelt leise Euphrosine,
    Und mit schlauer, kluger Miene
    Geht sie tiefer in den Hain.
    In die allerdicht'ste Hecke,
    Wo kein Blättchen sich beweget,
    Sich kein Laut, kein Flüstern reget,
    Dringt ihr spähend Aug' hinein.

    Und, sieh' da! - Versteckt im Laube,
    Sich verbergend vor dem Lichte,
    Sitzt mit schelmischem Gesichte
    Der entfloh'ne, kleine Gott.
    Und, die Flügel schnell ihm bindend,
    Wahrt die Frohe ihre Habe,
    Sanft und duldend trägt der Knabe
    Ihrer Augen losen Spott.

    Als nun froh die Andern nahen
    Ruft der kleine Schalk, gebunden:
    "Ihr, die Ihr mich gern gefunden,
    Hört mein Wort, und merkt Euch dieß:
    Nicht, wo man von Liebe plaudert,
    Nein, wo es am tiefsten schweiget,
    Schüchtern sich kein Wörtchen zeiget,
    Seyd Ihr meiner stets gewiß!"
    _____


     

  • Alfred Friedmann (1845-1923)

    Conversazione

    Was man nicht alles von der Lieb' erzählt!
    Bald hat sie Flügel und bald hat sie keine! -
    Kind! flügellos wie
    Eros ist die meine,
    Geflügelt ist die Deine, die mich quält!

    Dann sagt man wieder, Liebe, die sei blind
    Und die Vernunft in ihrer Wahl umgehend;
    Dann heißt es, daß die Liebe ist allsehend -
    Ich Blinder weiß nicht, was die Wahrheit, Kind!

    Lieb' ist ein Schmetterling in
    Eros' Hand:
    Er hält ihn in die Flammen unter Scherzen,
    Und hat, daß er nicht sehe fremde Schmerzen,
    Das Haupt, wie teilnahmslos, hinweggewandt!

    Ein Schmied ist
    Eros. - Hämmernd in dem Schein
    Der Gluth, will Herzen er zusammenschweißen,
    Und Schlag auf Schlag, macht Stahl er aus den heißen
    Gluthseelen - tauchend sie in Wasser ein! -
    _____


     

  • Franz Grillparzer (1791-1872)

    Sehnsucht nach Liebe

    Alles liebet, alles scherzet
    In der fröhlichen Natur;
    Alles küsset, alles herzet
    Auf den Höhn in Wald und Flur!

    Läßt der holde Lenz sich nieder,
    Sanft umschwärmt vom lauen West,
    Senkt der Vogel sein Gefieder,
    Bauet liebend sich ein Nest.

    Und der Löwe flieht das Morden,
    Das sonst höchste Lust ihm schafft;
    Er verläßt der Brüder Horden,
    Huldigt
    Amors Zauberkraft.

    Und dir soll ich mich entziehen,
    Die uns menschlich fühlen lehrt?
    Liebe! ach, dich soll ich fliehen,
    Die der Tiger selbst verehrt?

    Ich allein nur soll dich meiden,
    Holde Spenderin der Lust?
    Ich soll wilde Tiere neiden
    Um das Fühlen ihrer Brust?

    Nein! dem schönsten aller Triebe
    Sei mein fühlend Herz geweiht!
    Schenke mir Themirens Liebe,
    Amor, Gott der Zärtlichkeit!
    _____


     

  • Theresa Gröhe (Ps. T. Resa) (1853-1929)

    Eros

    Nicht in männermordender Schlacht,
    In den Gründen voll Nebel und Dampf,
    Schwirrt dein Pfeil mit tötlicher Macht,
    Eros - Allsieger im Kampf!

    Still verbluten, die du besiegt
    Grausamer Gott, in lachender Lust.
    Nicht des Heldentods Lorbeer liegt
    Tröstend auf ihrer Brust.

    Über ihr gesunkenes Haupt
    Düster steigt auf deines Opfers Dampf.
    Senke den Bogen! - verhülle dein Haupt,
    Eros, Allsieger im Kampf!
    _____


     

  • Alfred Grünewald (1884-1942)

    Flüchtender
    Eros

    Ich trage Tod. Mein Leben brennt.
    Ihr fürchtet meine Feuer.
    Mein Lachen, das ihr gut erkennt,
    ist blutig wie das Firmament,
    wenn Nacht, das Ungeheuer,
    im Niederflug die Welt entflammt.
    Ich trage Tod und ziehe
    von Herz zu Herz. Ich bin verdammt.
    Ich bin die Qual, der ihr entstammt.
    Ich bin der Feind und fliehe.
    _____



     

  • Heinrich Heine (1797-1856)

    Es erklingen alle Bäume,
    Und es singen alle Nester -
    Wer ist der Kapellenmeister
    In dem grünen Waldorchester?

    Ist es dort der graue Kiebitz,
    Der beständig nickt so wichtig?
    Oder der Pedant, der dorten
    Immer kuckuckt, zeitmaßrichtig?

    Ist es jener Storch, der ernsthaft,
    Und als ob er dirigieret,
    Mit dem langen Streckbein klappert,
    Während alles musizieret?

    Nein, in meinem eignen Herzen
    Sitzt des Walds Kapellenmeister,
    Und ich fühl, wie er den Takt schlägt,
    Und ich glaube,
    Amor heißt er.
    _____


     

    Georg Heym (1887-1912)

    Der Tag der Liebe

    O
    Eros' Fest und Feste der Sommerzeit!
    Zu meinen Häupten rauschte die Waldung kaum.
    Ich sah den hohen Wolkenbergen
    Wünschelos nach in der grünen Dämmrung.

    Da kamest du den sonnigen Pfad hinauf
    Und auf dir ruhte leuchtend des Tages Glanz.
    Ich sah dich. Und ein jäh Erschrecken
    Faßte mich tief und die heiße Freude.

    Ein Jauchzen aber klang durch den stillen Wald
    Und frohes Echo wachte im Waldtal auf.
    So liefen wir einander beide
    Jauchzend entgegen am Tag der Freude.

    Und nie vergeß ich dich und den Jugendtag,
    Die rote Rose von dem geliebten Haar
    Bewahr ich gern, und immer wieder
    Denke ich dein und der Liebe Tagen.
    _____


     

  • Paul Heyse (1830-1914)

    Amor in der Mauser

    Einsam, traurig und gefangen
    Sitzt der kleine Gott zu Haus,
    Und mit naßgeweinten Wangen
    Rupft er sich die Federn aus;

    Spitzt sie fein an seinen Pfeilen,
    Taucht sie in ein Tröpfchen Blut,
    Schreibt damit entflammte Zeilen,
    Brief’ und Lieder voller Glut.

    Ach, und kann’s ihm denn genügen,
    Daß er lahm die Feder führt,
    Da er einst in sel’gen Flügen
    Zweier Schwingen Kraft gespürt?

    Heil’ge Venus, laß geschwinde
    Hingehn diese Mauserzeit,
    Die dem armen Götterkinde
    Sichtbar kümmerlich gedeiht.

    Neu beschwing ihm das Gefieder,
    Das nun kriechend kritzeln muß:
    Blick und Wort statt Brief’ und Lieder,
    Statt der Siegel Kuß um Kuß!
    _____


     

  • Theobald Kerner (1817-1907)

    Das wunde Herz

    Amor, dieser blinde Wicht,
    Weh, was hat er mir gethan!
    Blind sei er? o traut ihm nicht -
    Seht mein blutend Herze an:
    Kaum war es aus meiner Hut,
    Sah's der Schelm nur allzu gut,
    Schlüpfte unverseh'n hinein.
    "Halt!" rief ich, faßt' ihn am Bein,
    Zog und zog - "du mußt heraus!" -
    Doch umsonst! wie eine Katze
    Stemmt er sich, fängt ein Gekratze
    Und ein Krallen an, o Graus!
    Daß ich, schreiend auf vor Schmerz,
    Fahren ließ; jetzt sitzt er fest,
    Thut, als wär's schon längst sein Nest -
    Ob das arg zerkratzte Herz
    Schmerzt und blutet oder nicht,
    Was scheert sich darum der Wicht!
    _____


    Liebesmacht

    Ach, wer kann auf Erden sagen:
    "Nie, nie, nie verlieb' ich mich!
    Ich kann hoch den Nacken tragen:
    Er beugt nie der Liebe sich!"

    Amor ist ein flinker Junge -:
    Trotze Einer diesem Gott!
    In das Herz mit Einem Sprunge
    Hüpft der kleine Sakerlot.

    Und er thut, als ob er wäre
    Drin schon Jahre lang zu Haus,
    Und, wie man dem Schelm auch wehre,
    Nimmer bringt man ihn heraus.

    Ja, es ist der Gott der Liebe
    Flüchtiger als Luft und Licht -:
    Schloß und Riegel hilft gen Diebe,
    Gegen Liebe hilft es nicht!
    _____


     

  • August Kopisch (1799-1853)

    An
    Amor

    Amor sag', wie bist du Knabe
    Anders stets und doch derselbe,
    Traurig heut und morgen fröhlich,
    Sinnend ernst, dann leicht hinflatternd,
    Erst unleidlich, dann behaglich,
    Bald vertraut, bald wieder fremde,
    Neckend und dann sanft und schmachtend,
    Stark und wieder ganz ermattet,
    Lautaufjauchzend, todt und düster,
    Dumm und klug, und falsch und ehrlich -
    Bist du Alles denn und Jedes,
    Wunderbarer, lieblicher Knabe?
    Ach, du lächelst, Schöner, Holder,
    Während aus den Augen Thränen
    Süßer Schmerzen niederfallen!
    _____


    Die Sorgen

    Auf dem weichsten Blumenteppich
    Dicht an Minna hingelagert,
    Raubt ich viele süße Küsse.
    Vor mir sah ich
    Amorn stehen;
    Lächelnd hielt er in der Linken
    Bei den Flügeln ungestalte
    Graungeschöpfe, krallenhafte,
    Fast den Fledermäusen ähnlich!
    Und er sprach mit holder Stimme:
    "Lebe nun beglückt, o Jüngling,
    Von der Liebe! sieh' ich halte
    Nun gefangen alle dunkeln
    Bösen Sorgen die dich quälten.
    Doch daß nicht ein Grämlichalter
    Dich, du Guter, sorglos schelte,
    Bring' ich dir viel andre Sorgen
    Lieblich, hold und blumenflüglich,
    Die nur nach den Blüthen flattern,
    Daß sie süßen Honig finden."
    Und nun that der schöne Knabe
    Auf der Rechten Rosenfinger
    Ließ in buntem Zug entflattern
    Schmetterlinge, tausendfarbig,
    Die mir nun um Stirn und Locken
    Gaukelten und um die Holde
    Spielten mit den Purpurflügeln
    Und die Blumen all bedeckten,
    Deren Duft, im Sonnenglanze
    Sanft erwärmt, uns rings umhauchte.
    Und ich rief entzückt: o
    Amor!
    Halte fest die andern Sorgen,
    In den Tartarus verbirg sie,
    Ganz in Felsen eingeklammert: -
    Aber von den süßen Sorgen,
    Die um meine Minna flattern,
    Gieb, so viel du hast, mir
    Amor.
    _____


    Amor und Minerva

    "
    Amor, Amor," sprach Minerva,
    Auf ihr Knie den Knaben hebend,
    Ihm die Rosenwangen streichelnd,
    "Laß von deinem blinden Willen,
    Nimm doch meinen klugen Rath an!"
    Aber in den Wind schlug
    Amor,
    Glitt herab von ihren Knien:
    "Wenn mein Wille dir nicht behaget,
    So gefällt dein Rath mir auch nicht!"
    Und, entfaltend die Purpurflügel,
    Schwang er hoch sich auf zum Aether,
    Schüttelt die geringelten Locken,
    Spannet stolz den goldnen Bogen:
    In die Brust des höchsten Gottes
    Fliegt der Pfeil von seiner Senne!
    _____


    Amors Träume

    Heute sah ich
    Amorn schweben
    In der Luft, am lichten Tage,
    Um ihn eine Schaar von Träumen,
    In dem hellsten Sonnenglanze!
    Er durchflog die bunten Reihen,
    Als ihr König und Gebieter,
    Sprach mit diesem und mit jenem,
    Diesen dahin, jenen dorthin
    Sandt' er aus nach allen Winden. -
    Amor, rief ich, wehe denen,
    Die sich dir so ganz ergeben!
    Thoren sind es, arge Thoren,
    Die am Tag mit Träumen spielen! -
    Als ich kaum das Wort gesprochen,
    Sandt' er lachend mir ein Traumbild,
    Aehnlich meinem lieben Mädchen,
    Daß ich, ganz entzückt und bebend,
    Meine Arme danach streckte,
    Und, mit gluterfüllten Lippen,
    In die leeren Lüfte küßte!
    _____


    Die geraubten Waffen

    Denkt euch, neulich fand ich
    Amorn
    Ganz unschuldig und ganz harmlos
    Unter Blumen fest entschlummert,
    Wie ein Käferchen die Flügel
    An den Rücken dicht geschlossen.
    Und ich schlich hinan und raubte
    Ihm den Bogen und den Köcher
    Mit den unheilvollen Pfeilen.
    Als ich sie nun hielt, die Waffen,
    Rief frohlockend ich die Worte:
    "Auf, o Knabe, komm, verwunde,
    Nun die Waffen dir geraubt sind!"
    Aber als er wieder erwachte
    Und mich streichelnd bat und küßte,
    Um mein Knie die Arme schlingend,
    Gab ich ihm den goldnen Bogen
    Und die Menge aller Pfeile
    Einen nach dem andern wieder.
    Als er sie nun alle hatte,
    Wählt' er sich den allerschwersten,
    Schoß mich so, daß mir die Thränen
    Aus den Augen niederrollen.
    _____


    Bacchus und
    Amor

    Bacchus zog den
    Amor schmeichelnd
    Zu sich nieder, ließ ihn naschen
    Von dem süßesten Most, und bat ihn
    Um ein Weib voll Lieb' und Anmuth.
    Lange ließ der Knab' ihn bitten,
    Wand sich dann aus seinen Armen:
    "Ei doch, sieh doch, guter Bacchus!
    Wie du prahlst! im Rausche singend,
    Dein sei dieses ganze Weltall,
    Glücklicher, als du, sei Zeus nicht!"
    _____


    Amor gefangen

    Bei den Flügelchen hatt' ich
    Amorn,
    Gleich dem Schmetterling, gefangen,
    Schloß in einen ehr'nen Käfig
    Ihn, der flattert' und sich sträubte!
    "Sieh, nun trag' ich dich nach Hause,
    Da ich endlich dich erhaschte!
    Wie ein Vogel sollst du singen,
    Wenn ich ruhe mich ergötzen!" -
    Als ich kaum dieß Wort gesprochen,
    So entbrannte der ganze Käfig:
    Eine helle Flamme schwebte
    Amor in die blaue Luft auf!
    Lachend rief er hoch herunter,
    Schwirrend mit den bunten Flügeln:
    "Armer, du willst
    Amorn halten,
    Der durch Erd' und Himmel dringet,
    Den der Tartarus nicht festhielt?
    Der die Adler in den Lüften
    Hascht und bändigt, der auf Erden
    Quält die ungezähmten Löwen!
    Der in Meerestiefen eintaucht
    Und Wallfische drängt zusammen,
    Den der Götter keiner bändigt,
    Den nur die Chariten halten
    Mit den schönen Blumenfesseln!" -
    Wieder ab zur Erde schwirrt' er
    Und umsummt mich wie die Wespe,
    Neckend mit dem schärfsten Pfeile:
    "Hasch' mich, hasch' mich, halte fest mich!"
    _____


    Der schönste Kranz

    Amor sprach, mein Kinn erhebend:
    "Laß die Rose doch den Bienen,
    Daß sie, in den süßen Kelch sich
    Tief einwühlend, Honig suchen,
    Laß die Schmetterlinge naschen.
    Eine Blum' aus meinem Garten,
    Die auf Silberfüßen herschwebt,
    Will ich in den Arm dir geben.
    Sieh doch an dein liebes Mädchen!
    Ist ein Kranz von schönen Armen,
    Innig um den Leib geschlungen,
    Nicht viel schöner als von Rosen?"
    'Amor, Amor, rief ich küssend,
    Diese Ros' ist ohne Stacheln!'
    Aber er sanft lächelnd sagte,
    Mit den Flügelchen sich fächelnd,
    Hoch die Augenbrauen hebend,
    Nickend mit dem Lockenköpfchen:
    "O, das glaub' ich, jetzt wohl, jetzt wohl!
    Doch die Stacheln wirst du fühlen,
    Wenn entfernt von ihr du schmachtest!"
    _____


    Amor Schöpfer

    An dem Hang des grünen Bergwalds
    Auf den weichen Blumen ruhend,
    Wang' an Wange mit der Geliebten,
    Sah ich in das schöne Thal hin:
    Auf die Bäch', und wie die Sonne
    Purpurn sank, wie auf der Mond stieg.
    Innig Arm um Arm geschlungen,
    Bei der Nachtigallen Flöten,
    Sprachen wir vom schönen Weltall,
    Und es rannen in unsre Küsse
    Heil'ge Thränen süßer Wonne,
    Und vom Himmel schwebte
    Amor
    Auf zart ausgespannten Schwingen,
    Schmiegte dicht und warm sich an mich,
    Mit der Lippen Rosenknospen
    Flößt er mir, wie süßen Honig,
    Ein der Worte lieblichen Zauber:
    "Wohl nun glaubst du lieber Jüngling,
    Was dich selig weinen machet,
    Daß ich alles dies geschaffen,
    Als ich einst das Ei des Anfangs
    Auseinander drückt', und leuchtend,
    Leben gab dem starren Chaos!"
    _____


    Amors Pfeil

    Als, an deiner Seite stehend,
    Amor mich ins Herz getroffen
    Mit dem unabschirmbar'n Pfeile,
    Bis ans Ohr die Senne ziehend
    Seines weltberühmten Bogens,
    Rief er siegend noch die Worte:
    "Laß dir einen Ring dran schmieden,
    Schling darein dir eine Kette,
    Woran festgespannet ziehen
    Der Lebendigen Geschlechte,
    Selbst die Götter angestrenget!
    Traue, sie entziehn dir nimmer
    Das Geschoß von meiner Senne!"
    Mitten durch die Seele drang es. -
    _____


    Langsam!

    Amor sprach, den Becher haltend:
    "Nipp' ein Wenig, nur vom Rande!"
    Doch, als ich nun erst gekostet,
    Nahm ich mir den Becher schräger.
    "Langsam! rief er, rückwärts beugend:
    Denn ich gab dir nur zu kosten.
    Alles trinkst du ja auf einmal!
    Glaubst du denn, der Becher
    Amors
    Halt' in sich die ganze Meerflut?"
    _____


    Wiederum an
    Amor

    Amor, wilder Knabe,
    Quäl doch nicht allein mich,
    Flieg zu meinem Mädchen,
    Quäl auch die ein wenig;
    Daß sie Sehnsucht fühle,
    Daß sie heißer küsse,
    Wenn ich sie umfasse!
    _____


    Als in Dämmrung eingehüllet
    Innig wir umschlungen saßen,
    Liebend Wang' an Wange lehnten,
    Sah ich wie sich
    Eros leise
    Auf den seidnen leichten Schwingen
    Vom Olympos niedersenkte,
    Und uns lautlos rings umschleichend
    Ganz umwebte mit tausend Fäden,
    Die uns unentrinnbar fesseln,
    Deren Zug wir schmerzlich fühlen
    Wenn wir von einander scheiden,
    Und es ruht der Zwang nicht eher,
    Bis wir wieder uns umschlingen,
    Wieder athmen Lipp' an Lippe.
    _____


    Eros hat vor allen Göttern
    Weiche Sohlen an den Füßchen,
    Kommt unhörbar angeschlichen,
    Leiser als die Katzen schleichen;
    Und mit Katzenaugen sieht er,
    Trifft am besten in der Dämm'rung,
    Wo doch andre Schützen blind sind.
    _____


    Stimme mir die Leier, Knabe,
    Sprach ich neulich, als am Abend
    Eros leise zu mir einschlich:
    Rasch ergriff er auch die Leier,
    Aber alle Saiten spannt' er,
    Bis sie hellaufgellend sprangen.
    Drauf ließ er die Leier liegen;
    Mich anfunkelnd mit den Augen,
    Sprach der Knabe lautauflachend:
    Wie verziehst du dein Gesicht doch
    Als wenn herben Wein du tränkest:
    Jetzt ist schlechte Zeit zum Singen,
    Komm nur, komm zu deinem Mädchen!
    _____


     

  • Detlev von Liliencron (1844-1909)

    Grete mit der Harke

    Den Rechen über die Schulter quer,
    Wippwappt zum Heuen die Grete daher.

    Was lacht sie doch bei jedem Schritt,
    Wer baumelt an ihrem Rechen mit?

    An den Zinken, an bunten Bändern viel,
    Wer treibt da solch ein Kirmesspiel:

    Ein Kautschuckmännchen, ein Hampelmann,
    Der sich nicht entwirren und lösen kann.

    Wie sehr ers anhebt, stets mehr erbost,
    Er zerrt sich nicht aus den Schlingen los.

    Vergeblich strampelt er, schilt er und schreit;
    Die Grete hat ihn nicht befreit.

    Beim Himmel, das ist ja der kleine Schuft;
    Nun bitt ich, da rast er sich ab in der Luft.

    Was! Hatte die Grete Liebesverdruß,
    Daß
    Amor so jämmerlich zappeln muß?
    _____


     

  • Friedrich von Matthisson (1761-1831)

    Amors Zauber

    Wo
    Amors Flügel weben,
    Ist nie die Schöpfung todt;
    Der Wildniss gibt er Leben,
    Der Sturmnacht Morgenroth!
    Im Ocean entfalten
    Geklippe, nackt und stumm,
    Wenn seine Zauber walten,
    Sich zum Elysium!
    _____


     

  • Sophie Mereau (1770-1806)

    Psyche an
    Amor

    Wo schwand er hin, der seligste der Träume,
    das höchste Ziel der innigsten Begier?
    Die Sehnsucht schwingt sich in des Äthers Räume;
    doch, ach! verbannt, gefesselt schmacht' ich hier!

    Es wär' auf ewig mir dahin geschwunden
    das Land der Himmlischen, der Ätherhain
    der Harmonie? Hienieden festgebunden,
    blieb' eine Ewigkeit dies Herz allein?

    Einst, als ich unter Blumen hier erwachte,
    umleuchtet von der Hoffnung mildem Stern,
    bewegt der neuen Welt entgegen lachte,
    schien
    Amor, der Geliebte, mir nicht fern.

    Du athmetest in milden Frühlingslüften;
    dein Auge sprach im Sternenglanz zu mir,
    und jeder süsse Ton in Thal und Lüften
    war mir ein holder Liebeslaut von dir.

    Bald schwand der schöne Wahn, wie Nebelsterne
    in dunkeln Nächten, und mein Herz blieb leer,
    und brennend flog die Sehnsucht in die Ferne,
    und ahndete dich über Berg und Meer.

    Da trat ein holdes Wesen mir entgegen,
    voll Himmels-Ahndung; eine neue Lust
    durchflog mein Herz mit ungewohnten Schlägen,
    und süsses Weh durchschauerte die Brust.

    Ich fühlte unsrer Liebe Seligkeiten,
    wie Himmelslüfte, freundlich um mich wehn;
    verloren in der Ahndung Trunkenheiten,
    vermeint' ich dich, mein Ideal, zu sehn.

    Der Welt entrückt, im seligsten Entzücken,
    vermisst' ich deinen Himmel selbst nicht mehr;
    Verklärung strahlte aus des Lieblings Blicken,
    und Ätherrosen blühten um mich her.

    Doch, ach! der Unbestand der Menschenherzen
    erträgt es nicht, das allzuhohe Glück!
    Zur Asche brannten die geweihten Kerzen:
    die Liebe wich; die Sehnsucht blieb zurück.

    Und wiederum für neue Qual geboren,
    die Freude hassend, mit mir selbst entzweit,
    durchflog die Welt mein Wunsch - was ich verloren,
    ersetzte keine Erdenseligkeit.

    Du warst es, du, dem beym Genuss des Schönen,
    im innigsten Zusammenklang,
    bey jeder Kunst, gelehrt von Göttersöhnen,
    sich meine Seele froh entgegen schwang.

    Dem in des Mitgefühles leisen Wogen,
    in Freundesblick voll zarter Sympathie,
    die reinen Triebe frey entgegenflogen;
    doch ganz befriedigt ward die Sehnsucht nie.

    Und nimmer schweigt das liebende Verlangen,
    dich wiederum in der Vollkommenheit
    unwandelbarem Schimmer zu umfangen,
    wie einst in jenem Traum voll Seligkeit.

    Du, Himmlischer! den keine Worte nennen,
    der Ahndung zarten Sinnen nur bekannt!
    soll ewig ungestillt die Sehnsucht brennen?
    bleibt stets von dir die Liebende verbannt?

    Wer naht mir hier? von mildem Sternenglanze
    - ein überirdisch Wesen - sanft erfüllt,
    die Fackel still gesenkt, und im Zypressenkranze
    die göttlich reine Stirn halb eingehüllt.

    Es winkt mir hin nach jenen dunkeln Gründen,
    ein wunderbarer Schauer fasst mich - ach!
    ich folge - soll ich dort die Ruhe finden? -
    vertrauungsvoll dem stillen Engel nach!

    Doch leise regt er jetzt die düstern Schwingen,
    und rings aus ihnen sprosst ein milder Glanz
    wie Morgenroth, und Ätherrosen dringen
    aus dem erheiterten Zypressenkranz.

    Er ist es, Er, der Göttliche! auf immer
    nun wieder mein! und neue Wonne füllt
    das Herz! - So wird beym letzten Lebensschimmer
    die Sehnsucht, die unendliche, gestillt?

    Wir schweben auf in reinere Gefilde;
    der Erd' entrückt, von keinem Wunsch getrübt,
    umfängt mich jenes Äthers Frühlingsmilde,
    und ich bin ewig liebend und geliebt!
    _____


     

  • Eduard Mörike (1804-1875)

    Lose Ware

    »Tinte! Tinte, wer braucht? Schön schwarze Tinte verkauf ich!«
    Rief ein Büblein gar hell Straßen hinauf und hinab.
    Lachend traf sein feuriger Blick mich oben im Fenster,
    Eh ich michs irgend versah, huscht er ins Zimmer herein.
    Knabe, dich rief niemand! - »Herr, meine Ware versucht nur!«
    Und sein Fäßchen behend schwang er vom Rücken herum.
    Da verschob sich das halbzerrissene Jäckchen ein wenig
    An der Schulter und hell schimmert ein Flügel hervor.
    Ei, laß sehen, mein Sohn, du führst auch Federn im Handel?
    Amor, verkleideter Schelm! soll ich dich rupfen sogleich?
    Und er lächelt, entlarvt, und legt auf die Lippen den Finger:
    »Stille! sie sind nicht verzollt - stört die Geschäfie mir nicht!
    Gebt das Gefäß, ich füll es umsonst, und bleiben wir Freunde!«
    Dies gesagt und getan, schlüpft er zur Türe hinaus. -
    Angeführt hat er mich doch: denn will ich was Nützliches schreiben,
    Gleich wird ein Liebesbrief, gleich ein Erotikon draus.
    _____


     

  • Albert Möser (1835-1900)

    Amor und Psyche
    Relief von Thorwaldsen

    Sie kniet vor ihm, umfaßt ihn heiß und bang,
    Mir ist's, als hört ich trüb die Arme klagen:
    "O rette mich, sonst muß ich schier verzagen,
    Verschmachten ganz im wirren Lebensgang.

    Nach goldnen Glück empfind' ich heißen Drang,
    Und kann doch nie der Sehnsucht Ziel erjagen,
    Verlassen bin ich, elend und zerschlagen,
    Gieb du das Heil, darnach umsonst ich rang!"

    Er aber faßt voll Huld ihr schweres Haupt:
    "Ich weiß: umsonst ist alles Erdenhoffen,
    Ich bin's allein, der Ruh' und Trost verleiht.

    Drum wohl dir, daß du treu an mich geglaubt
    Getrost! Ich zeige dir den Himmel offen
    Und schenke dir der Götter Seligkeit."
    _____


    An eine edle Liebende

    Dir galt als Liebe nimmer das eitle Spiel,
    Wie's Alltagskinder üben, es rührte dich
    Des Knaben Pfeil nicht, der im Ballsaal
    Schwärmende Herzen, ein Schalk, verwundet.

    Dich weihte
    Eros, er, der gewalt'ge Gott,
    Der Weltenschöpfer, welcher im Anfang war,
    Der Weltdurchdringer, der der Menschen
    Seelen durchfluthend mit Allmacht heimsucht,

    Daß sie beklemmt aufstöhnen in Sehnsuchtsqual,
    Im glühnden Aug' verrathend des Gottes Zwang,
    Die Träumerstirn schwermüthig-ernst um-
    lagert von nächtigen Wolkenschatten.

    So du: den Kratertiefen der Brust entsteigt
    Urkräft'ge Gluth; dich drängt es mit Opfermuth,
    Dein selbst nicht und der Welt nicht achtend,
    Seelenvermählenden Bund zu pflegen.

    Doch solchen Drang, ach, faßt der Erkorne nicht;
    Zu klein für maßlos-quellender Liebe Tausch
    Vergeht er, überströmt vom Braus der
    Mächtig-entfesselten Liebesfluthen.

    Wie du auch ringst und bebend um Liebe wirbst,
    Es ist doch Wegwurf, nimmer erhöhst du ihn
    Zu dir, verschmäht stets muß dein Herz, dein
    Heißes, dem Armen Verachtung zollen.

    Und du erkennst: hochherziger Seelen Los
    Ist: bang vergehn - so will es die Welt - es stirbt
    Des höchsten Lebens heil'ge Regung,
    Schnöd' vom Gemeinen im Staub zertreten.
    _____


     

  • Wilhelm Müller (1794-1827)

    Amor, ein Gelehrter

    Amor ist der Schul' entlaufen,
    Dem Donatus und der Ruthe.
    Laßt ihn laufen, laßt ihn tollen!
    Denn er wird euch doch nichts lernen,
    Als was seine Mutter ihm
    Schon zum Taufgeschenk gegeben,
    Als sie
    Amor ihn benannte.
    Liebe heißt er, Liebe treibt er,
    Liebe lernt er, Liebe lehrt er,
    Und er ist mit dieser Weisheit
    Also übervoll geladen,
    Daß er allen Schriftgelehrten
    Kann was aufzurathen geben;
    Und sie werden sich darüber
    Ihre Köpfe baß zerbrechen.
    _____


    Amor, ein Sprachlehrer

    Amor ist ein Sprachverderber,
    Wortverdreher, Lautverwirrer,
    Der beim großen Thurm zu Babel
    Schon die Händ' im Spiele hatte.
    Wenn ich weine, raunt er leise
    Mir in's Ohr etwas von Wonne;
    Wenn ich schmachte, läßt er dennoch
    Reden mich von Seligkeiten.
    In dem lauten Schwarm der Feste
    Muß ich, diesem Lehrer folgend,
    Sagen, daß ich einsam stehe,
    Und im einsam stillen Haine
    Darf ich mich allein nicht nennen.
    Bittersüß und lieblichherbe,
    Grausam mild und labend schmerzlich,
    Solche Reden hat er viele
    Stehn in seinem Wörterbuche,
    Das die größten Sprachgelehrten
    Mir nicht auszudeuten wagen,
    Und mit dem ich alle Tage
    Mehr mein bißchen Deutsch verlerne.
    _____


    Amors Feder

    Jüngst sah ich einen Knaben
    Mit rosenrothen Flügeln
    An einem Rohre schnitzen.
    Dacht' ich: 'S ist eine Feder:
    Und bat darum den kleinen.
    Er warf sie mir entgegen
    Grad' auf die Brust, und lachte.
    Was hat er denn zu lachen?
    Fragt' ich mich selbst und setzte
    Mich nieder, um zu schreiben
    An meine gute Mutter.
    Doch, ach, die arge Feder!
    Ich kann kein andres Wörtchen
    Damit, als Liebe, schreiben,
    Und immer, wenn ich schreibe,
    Denk' ich an schmucke Mädchen.
    _____


    Amor, ein Bettler

    Verbannet aus dem Himmel
    Um seine losen Streiche,
    Muß
    Amor hier auf Erden
    Verstohlen betteln gehen.
    Er klopft an alle Stübchen,
    Er schaut in jedes Auge,
    Und bettelt um ein Flämmchen,
    Er geht an alle Lippen,
    Und bettelt um ein Küßchen.
    Ach, wenn von allen Mädchen
    Ihm Eine, die ich meine,
    Die milden Gaben gäbe,
    So würd' er seinen Himmel
    Auf Erden widerfinden.
    _____


     

  • Anton Noder (Ps. A. de Nora) (1864-1936)

    Ich möchte sterben unter
    Eros' Flügel!
    In einem Augenblick der höchsten Lust,
    Gebeugt auf einer weißen Frauenbrust,
    Von Liebesglück geschwellte Lilienhügel!

    Inmitten meiner Sünden Maienblust!
    Den Fuß noch in der Leidenschaften Bügel!
    Schnell - ohne Sterbgeklingel und Geklügel!
    Zu Ende - und des Endes nicht bewußt!

    So möcht' ich sterben! Und im Nichts verschwinden,
    Wie Sonnenstaub in einem dunklen Raum,
    Wie Opferdampf in weichen Abendwinden,

    Wie Mutterlied in einem Kindertraum;
    Und über meinem Grabe müßte prangen
    Die goldne Schrift: In Seligkeit vergangen!
    _____


     

  • Frieda Port (1854-1926)

    Das Wort des Geliebten

    Wunderbar und immer besungne, niemals
    Mit dem Wort ergründete Macht des
    Eros,
    Alle Dichter sollen, so lang sie leben,
    Eifrig bemüht sein

    Dich zu kennen, dich vor beglückten Menschen
    Laut zu preisen, daß an der Tage letztem
    Auch dein Lob vollendet ertöne tausend-
    stimmigen Einklangs.

    Wißt ihr Frauen, ahnt es vielleicht ein Mann auch,
    Wie die tiefste Tiefe des Herzens nachklingt
    Stark und voll und rein, wenn ein holdes Wort der
    Liebste gesprochen?

    Traf den Ton die Sängerin ganz vollkommen,
    Klingt von selbst die Saite und wiederholt ihn
    Unberührt vom Finger. Die Künstlerin blickt
    Lächelnd herüber;

    Denn ihr Auge sucht, ob im frohen Kreis ein
    Freund versteht, wie sehr sie sich freut; so fragt auch
    Eros, ob wir jenes von ihm bewirkte
    Wunder verstehen!
    _____


     

  • Karl Reinhard (1769-1840)

    Amor
    Aus der Griechischen Anthologie

    Jüngst fand ich, Kränze bindend,
    Den
    Amor in den Rosen.
    Ich hascht' ihn bei den Flügeln,
    Und taucht' ihn in den Becher,
    Und trank ihn mit dem Weine.
    Nun schlägt in meinem Busen
    Er immer mit den Flügeln!
    _____


     

  • Julia Virginia Scheuermann (1878 - nach 1936)

    Omnia vincit
    amor

    So flecht ich versonnen mir Rosen ins Haar,
    Und streue ihm Weihrauch und singe sein Lob.
    Ich – die ich einstens erosvergessen
    In wildem, frevelhaftem Vermessen
    Die Arme zu goldenen Sternen erhob.

    So schmück ich die Glieder mit buntem Geschmeid,
    Und opfre dem Gotte, dem alles sich beugt.
    Ihm – der allzeit das Zepter geschwungen,
    Und dem, von zwei dunkelen Augen bezwungen,
    Auch meine errötende Seele sich neigt.
    _____


     

  • Ernst Schulze (1789-1817)

    Lied

    Amor ist ein zarter Vogel,
    Wiegt sich fröhlich auf den Bäumen.
    Ach, wie lieblich läßt sich's träumen
    In dem Schatten,
    Wo der holde Vogel singt!

    Sieh, er flattert um die Blumen,
    Tändelt mit den süßen Düften,
    Wohnt in lauen Frühlingslüften,
    Und die Freiheit
    Ist allein sein Vaterland.

    Fruchtlos suchst du ihn zu fangen
    In der Treue starken Schlingen;
    Ach, er wird dir nimmer singen,
    Wenn ein Kerker
    Ihn von Lust und Leben trennt.

    Düster hängt er dann sein Köpfchen,
    Trauert lang und stirbt allmälig,
    Und die Träume, die so selig
    Dich umtanzten,
    Fliehn mit seinem Tode fort.
    _____


    Willst du den losen
    Amor fangen,
    So werde keck und wild wie er!
    Kein Wagestück sey dir zu schwer,
     Willst du den losen
    Amor fangen,
    Denn stille Treu und leises Bangen,
    Die reizen jetzt den Schalk nicht mehr.
    Willst du den losen
    Amor fangen,
    So werde keck und wild wie er!
    _____


     

  • Karl Streckfuss (1779-1844)

    Amors Launen

    Mir ist so wohl, mir ist so weh, so bange!
    O höre mich - doch nein, ich kann's nicht sagen,
    Ich möchte jubeln, und erhebe Klagen,
    Ich wünsche - doch wer sagt, was ich verlange?

    Wie eilig flieht die Zeit - wie ewig lange
    Währts, eh die Horen mich zum Ziele tragen.
    Unendlich Land bestrahlet Phöbus Wagen,
    Doch nirgends find' ich Raum dem ew'gen Drange.

    Ich eile fort, da heisst das Herz mich weilen,
    Ich weil', und Hoffnung treibt mich an zum Scheiden,
    Ich lächl', und fühl' im Auge Thränen beben.

    So kann ich
    Amors Händen nie enteilen,
    Er ist ein Kind, und findet seine Freuden,
    Den Launen seiner Kraft sich hinzugeben.
    _____


     

  • Frank Wedekind (1864-1918)

    Stallknecht und Viehmagd
    Carmen bucolicon

    Die Bärin wohnt im tiefen Walde,
    Im tiefen Wald wohnt auch der Bär,
    Und an demselben Aufenthalte,
    Da wohnen Bären bald noch mehr.

    Und im Olymp, da wohnen Götter,
    Darunter Venus und Apoll;
    Dort hat man ewig schönes Wetter
    Und jeder Gott ist liebevoll.

    Auf ödem Felde schafft die Viehmagd,
    Tut ob der Arbeit manchen Schrei,
    Jedoch
    Cupido, der sich nie plagt,
    Wälzt sich im Grase nebenbei.

    Nun kommt der Stallknecht mit den Kühen;
    Auch Ochsen ziehen an dem Pflug,
    Doch muß er selbst das meiste ziehen,
    Dann geht es eben flott genug.

    Cupido duckt sich listig nieder,
    Er legt den Bogen an mit Lust
    Und schießt die Viehmagd durch das Mieder
    In ihre ahnungslose Brust.

    Der Stallknecht kommt herbeigesprungen,
    Auf daß er rasch ihr Hilfe bringt;
    Cupido trifft den guten Jungen,
    Daß er mit ihr zu Boden sinkt.

    Da liegen Stallknecht nun und Viehmagd
    Und schauen sich verwundert an,
    Und nachher tun sie, was man nie sagt
    Doch was man leicht erraten kann.
    _____


     

  • Paul Wertheimer (1874-1937)

    An den
    Eros

    Auf deinen Pfaden irrt meine Jugend hin.
    Freundlich blicktest du oft und rosenlächelnd.
    Aber zuweilen starrst du schwermütig finster,
    O dunkler
    Eros.

    Versehren mußt' ich manches Geschick, es weint
    Jetzt durch die Nacht ein Mädchen-Weinen und fern
    Eines Kindes Stimme. Und diente nur dir, dem frohen
    Rufer des Lebens.

    Was sind wir so in dies Dasein hineingestellt,
    Unschuldig-schuldig tief in sein Netz verstrickt?
    Kränze mich,
    Eros, mit Mohn und geleite du mich
    Einst zu den Schatten.
    _____


     

  • Ursula Anna Wörner (1865-1911)

    Eros

    Des wolkigsonnenlosen Maitags Schwüle,
    Ein grau Gespinste, legt sich weich und stumpf
    Und jeden Glanz verlöschend auf
    Den üppig grünen Park.
    Doch in der Luft der Vögel lautes Locken,
    Die dreiste Frag' und Antwort,
    Und in dem See die aufgeregten Schwäne,
    Mit ihres Leibs Gewalt das Wasser peitschend,
    Und durchs Gebüsch zuweilen
    Glänzend des Rehes zärtlich feuchtes Aug':
    Mit allen meinen Sinnen
    Fühl' ich mich bang verwundert
    In eines Liebesgartens schwerem Bann.

    Eros! allbeherrschend du von Anbeginn!
    Der einst die scheuen, lässigen Elemente
    Sich finden ließ im Feuerball,
    Und durch den mächtigen Reiz der Anziehung
    Die Welt in sich geformt zur starren Feste,
    Zur ewig reg gewillten Flüssigkeit
    Und leicht gestaltigen Luft.
    Bis eine frühe Pflanze
    Zartreife Sporen trug,
    Die schwärmend aus in heftiger Bewegung
    Den Weg sich fanden zu der Zelle Schoß,
    Und bis im starken Tiere
    Der Trieb wild fordernd war erwacht.

    Eros! vorüber geh' ich leise dir -
    Ein Auge nur, die Welt in sich zu spiegeln,
    Ein Herz nur, ein verstehend lauschendes,
    Ein dankbar Lächeln nur,
    Wo sie in Schönheit blüht, ihr sanft gezollt.
    _____


     

  • Joseph Christoph von Zedlitz (1790-1862)

    Die Ueberraschte

    Amor schlich in stiller Nacht
    In mein Haus verwogen,
    Wie ich morgens aufgewacht,
    War er eingezogen;

    Als ich zürnte, bat er sehr,
    Möcht' ihn nicht verjagen,
    Sprach, er käm' von weitem her,
    Würden uns vertragen;

    Hätt' ihm nur ganz kurze Zeit
    Herberg geben sollen,
    Sey zu Gegendienst bereit,
    Hat Zins zahlen wollen!

    Und nun ist er noch im Haus,
    Will noch länger bleiben,
    Sagt, er gehe nicht hinaus,
    Könn' ihn nicht vertreiben.

    Spricht, es sey nur Scherz von mir,
    Und fängt an zu lachen;
    Ihm gefalle das Quartier –
    Was kann ich da machen?

    Und zuletzt fing mit Gewalt
    Er mich an zu küssen;
    Ob ich schrie, ob ich ihn schalt –
    Hab' es leiden müssen! –
    _____


     

 

 

 

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