Liebeslyrik - Miniaturen

Gedichte und Gedicht-Zitate (Stichwort: Engel)
 


Franz Marc (1880-1916)
Liebespaar


 



Stichwort: Engel

16./17. Jh.      18. Jh.      19/20. Jh.

 

16./17. Jh.
 

  • Anonyme Barockdichter

    Zwar kan man dich die andre Venus nennen /
    Die rose dieser flüchtigkeit /
    Die sonne die den erdkreiß kan verbrennen
    Durch strahlen ihrer göttligkeit /
    Und einen
    engel / der so schön /
    Daß alle welt vor ihm entzückt muß stehn.

    Doch haben
    engel auch einmahl gefehlet;
    Die sonne leidet finsternüß;
    Die schönste ros' ist mit dem dorn vermählet /
    Ihr ambra stärckt / ihr dorn macht riß';
    Und ob die Venus noch so gleist /
    So weiß man doch daß sie ein irrwisch heist.

    Drumb werff' ich mich noch nicht zu deinen füssen /
    Ich bete nur das himmlisch' an /
    Ich will dir zwar / doch nicht als
    engel küssen
    Wer ist der
    engel küssen kan?
    Wer küsse nimmt hat fleisch und bein:
    Du bleibst ein mensch wo du geküst wilst seyn.
    _____

    Artlich durchflinckern die rosen die wangen /
    Wenn sie durch lachen geziereter seyn /
    Aber wenn ich sie will küssend umbfangen /
    Sind sie nicht anders alß sardischer stein;
    Wiltus noch leugnen mein
    Engel / vor mir?
    Glaub es / die wangen sind steinern an dir.
    _____

    Andere sagen von demantenen herzen /
    Andere setzen noch kiesel dazu /
    Ich kan in wahrheit / O herze! nicht scherzen /
    Herze / der Donnerstein selber bistu;
    Zitterst-und lauffestu
    Engel vor mir /
    Glaub es das herz ist steinern an dir.
    _____

    Mein
    engel gute nacht! der himmel wills nicht gönnen /
    Daß wir noch eine zeit beysammen leben können /
    Wir müssen was er will / wir sind in seiner macht;
    Drum sag ich noch einmahl: Mein
    engel gute nacht!

    Hätt ich dich nicht gesehn / so blieb ich ungequälet /
    Ich dencke noch daran / wie du mich hast entseelet.
    Mein
    engel dencke doch / was künfftig wird geschehn /
    O felsen-harter wundsch / hätt ich dich nicht gesehn.
    _____

    Wehrtester
    engel / laß dich lieben /
    Weil ichs doch nicht ändern kan.
    Schafft das lieben gleich betrüben /
    Trifft es doch nicht iedermann
    Trauren bringt offt freuden zähren /
    Gifft muß uns offt arzney seyn /
    Unlust muß uns lust gebähren /
    Wolcken bringen sonnenschein.
    _____

    Nun gute nacht / ich geh /
    Wer weiß / wenn wir einander wieder sprechen;
    Doch glaube / daß ich steh
    In lieb und treu / biß mir die augen brechen /
    Biß daß man mir den sterbe-kittel macht /
    Noch einen kuß: Du
    engel gute nacht!
    _____

    Lisette / mein
    Engel / wie lohnstu mir doch /
    Ich liebe / du hassest und tödtest mich noch /
    Mein blasses gesichte /
    Zieht deins vor gerichte /
    Als welches mein auge zur liebe gebracht;
    Ach! wär' es so güttig als lieblich gemacht.
    _____

    Komm
    Engelsbild! komm laß dich bald umbfangen /
    Dein lippen-Julep kühle meinen brand /
    Mein herze lechst mit feurigem verlangen /
    Biß deine kühlung ihm wird zugesand;
    Komm zeuge; daß entzünden und selbst brennen /
    Des himmels wahrer vorschmack sey zu nennen.
    _____

    Jedoch wer kan die hand zurücke ziehen /
    Wenn schönheit uns beut ihren Nectar an?
    Vor menschen-krafft ist es ein bloß bemühen /
    Weil niemand hier / als
    engel / leben kan /
    Der mund mag noch so viel von zucht und keuschheit sprechen /
    Ein schönes auge kan ihm bald den hochmuth brechen.
    _____


    Als sie sich nicht wolte bewegen lassen

    Brauche, fürstin meiner seelen!
    Nicht so strenge deine macht.
    Laß mein herze nicht so quälen,
    Das du selbst verliebt gemacht!
    Sey nicht stets unüberwindlich!
    Lindre meine liebes-pein!
    Seynd die götter doch empfindlich,
    Solt' es nicht ein
    engel seyn?
    _____

     

  • Christoph Gottehr Burghart (1682-1745)

    Als sie von der thüre weglieff /
    da sie ihn kommen sahe

    Wie? flieht mein
    engel denn vor ihrem Saladin?
    Und will fort keinen gruß aus seinem munde hören?
    Noch seine demuth mehr durch einen blick verehren /
    Was muß die uhrsach seyn? war ich vielleicht zu kühn /
    Als sich mein auge ließ zu deinen sternen ziehn?
    Wie / oder will dich sonst ein falscher wahn bethören /
    Und etwas wiedriges von deinem knechte lehren?
    Doch nein / ich irre sehr: ich weiß ja was ich bin /
    Ein Mensch voll sünden wust / voll ungeheurer Mängel
    Du aber heist und bist ein unbefleckter
    engel /
    Nun kan ein
    engel ja bey keinem sünder stehn /
    Denn von den lastern wird der reine geist vertrieben
    Was wunder! daß du nicht bist an der thüre blieben /
    Als ich nechst hin zu dir / O engel / wolte gehn.
    _____

     

  • Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616-1679)

    Ach daß ich euch nicht meiden müste /
    Ihr schätze dieser dritten welt /
    Ihr schnee-gebürgten
    engel-brüste /
    Von lufft und seuffzern auffgeschwellt;
    Mit eurer rundten liebligkeit
    Mag nichts durchaus verglichen werden /
    Weil ihr des himmels und der erden /
    Des grossen rundtes bilder seyd.
    _____

    Mein herz besteht aus wachs und nicht aus eiß /
    Ich fühl und seh / wie deine augen blitzen:
    Zweyfache glut ist sterblichen zu heiß /
    Was wunder / wenn zwo sonnen mich erhitzen /
    Die gar der himmel seltner schönheit preist /
    Und brennen heist.

    Nicht dencke / daß es bloße worte seyn /
    Welch herz kan wohl bey deiner glut erkalten?
    Du weist / ich bin kein
    engel und kein stein /
    Ich muß des blutes regung lassen walten /
    Die GOtt dem menschen schon im paradieß
    Ins herze bließ.
    _____

    Flora deine rosen-wangen /
    Der beseelten liljen-schaar /
    Die auff allen gliedern prangen /
    Und das gold-geflammte haar /
    So mich kräfften-reiche sachen /
    So mich dir zum sclaven machen.

    Was ein
    engel schönes heget /
    Hat die günstige natur
    Dir fast zweyfach beygeleget /
    Aber diß beseuffz' ich nur /
    Daß so ungemeine gaben
    Grausamkeit zur schwester haben.
    _____

    Soll denn ein kuß / ein unbefleckter scherz /
    Ein süsser blick sünd und verbrechen heissen?
    Soll ich denn selber mich mir nun entreissen?
    Der himmel kennt der menschen sinn und herz.
    Lieb ist des himmels kind / es wird ja unsre flammen /
    Als dieberey und mord / der himmel nicht verdammen.

    Wer ist doch / der sich selbst entmenschen kan?
    Wir wissen uns hier nirgends zu verklären /
    Des fleisches kan das fleisch sich nicht erwehren /
    Die menschlichkeit klebt menschen stündlich an.
    Die
    engel liessen sich im himmel abwerts treiben /
    Wie sollen menschen doch auff erden
    engel bleiben?
    _____

    Straffe des fürwitzes

    Als ich die Lesbie in der kammer fand /
    Da sie sich überhin und schläffrig angeleget;
    So schaut ich eine brust / die schöner äpffel träget /
    Als iemals vorgebracht das reiche morgen-land.
    Die brunst zog meinen geist / der fürwitz trieb die hand /
    Zu suchen / was sich hier in diesem zirck beweget.
    Diß hat der Lesbie so grossen zorn erreget /
    Daß sie in höchstem grimm ist gegen mich entbrand;
    Sie trieb mich von sich weg / sie stieß mich zu der seiten /
    Sie hieß mich unverweilt aus ihren augen schreiten.
    Ich sprach / indem sie mich aus ihrer kammer stieß /
    Dieweil ich allzukühn und mehr als sichs gebühret /
    Die mir verbotne frucht der äpffel angerühret /
    So stößt ein
    engel mich ietzt aus dem paradieß.
    _____

     

  • Christian Friedrich Hunold (Menantes) (1681-1721)

    Ich will mich nun an deinen raren Schätzen
    Und was noch mehr bezaubernd ist/
    Der Freundlichkeit zugleich auf ewig letzen/
    Ja weil du unvergleichlich bist/
    Soll meine Brust auch alles andre meiden/
    Und sich allein an deiner Schönheit weiden.

    So laß mich auch/ du
    Engel dieser Erden!
    Mein Glücke stets vollkommen sehn:
    Laß meine Treu durch Treu vergolten werden/
    Kein Felß soll nicht so lange stehn/
    Als meine Brust von deiner Gluth wird brennen
    Und als ich dich will meine schöne nennen.
    _____

    Mein
    Engel nimm auf Brust und Wangen
    Nun meinen keuschen Kuß und brennendes Verlangen/
    Ich will dein treuer Paris seyn/
    Weil du der Helena in allen zu vergleichen/
    Drum lasse mir zum Hafen ein
    Die Seegel reiner Liebe streichen.
    _____

    So muß ich stets in Jammer Schatten stehn!
    Furcht Angst und Weh bestürmen meine Seele/
    Ein stetes Ach! heist mich zur Folter gehn/
    Wo ich den Geist mit tausend Martern quäle:
    Und dennoch will der Ursprung meiner Pein
    Ein
    Engel seyn.

    Ein
    Engel seyn/ reimt sich zu grausam nicht/
    Weil sie zum Trost der Menschen sind erschaffen/
    Wie daß dein Mund von keiner Wehmuht spricht?
    Dein schöner Grimm führt allzu strenge Waffen/
    Und meine Schuld/ daß ich zu straffen sey/
    Ist Lieb' und Treu.
    _____

    Falsche Sinnen
    Geht von hinnen/
    Und vermeidet meine Brust/
    Denn dem Hertzen/
    Sind die Kertzen
    Edler Treue nur bewust.

    Der
    Engel der mich hat besiegt/
    Ist Wunder-schön zu nennen/
    Drum schwer ich auch vergnügt/
    Biß in die Grufft zu brennen.
    Ja das Meer mit seiner Fluht
    Leschet nicht die starcke Glut
    Denn weil die Treue mich beseelt/
    So hat die Liebe/
    Durch ihre schönen Triebe/
    Uns diese Lust zum Zeitvertreib erwehlt/
    _____

    Schönster
    Engel laß dich küssen/
    Küsse mich mein Anderich!
    Brich die süsse Lust-Narcissen/
    Liebe mich/ ich liebe dich.
    Laß uns doch vertraulich schertzen
    In den Paradieß der Hertzen.
    _____

     

  • Benjamin Neukirch (1665-1729)

    Climene / prüfe fleisch und blut /
    Und straffe meine liebes-glut /
    Nicht nach der schwäche deiner flammen;
    Mein feuer kömmt aus Adams schooß /
    Darein der himmel selber floß;
    Wie kan dein menschlich herz doch meine glut verdammen.

    Du bist / wie Eva / fleisch und bein /
    Drum kanstu auch kein
    engel seyn /
    Und ausser menschen dich verlieben /
    Und das gesetze der natur /
    Das mit dem athem in uns fuhr /
    Hat auch in deine brust: seyd fruchtbar; eingeschrieben.
    _____

    Was fleisch ist / muß vom fleische leben /
    Ich bin kein
    engel oder geist;
    Drum wundre dich nicht / daß mich eben
    Ein trieb auff deine brüste reißt /
    Und dencke / wer du auch schon bist /
    Daß nichts umsonst gewachsen ist.
    _____

     

  • Erdmann Neumeister (1671-1756)

    Nichts ist süsser als das lieben /
    Lieben ist ein himmelreich;
    Menschen / die das wesen üben /
    Sind dadurch den göttern gleich.
    Ja zwey recht vertraute herzen
    Sind zwey
    engel auff der welt /
    Weil ihr angenehmes scherzen
    GOtt und menschen wohlgefällt.
    _____

     

18. Jh.
 

  • Sophie Albrecht (1757-1840)

    Wiedersehen

    Trennen mich von dir des Lebens Pfade,
    Dennoch werd' ich niemals dich vergessen;
    Sieh', es schimmert durch des Grab's Zypressen
    Uns ein Sonnenmorgen vom Gestade,
    Wo an Quellen Gottes wir uns einst begegnen,
    Und die
    Engel unsre Freundschaft segnen.
    _____

     

  • Gabriele von Baumberg (1768-1839)

    Der Morgenkuss nach einem Ball

    Durch eine ganze Nacht sich nahe seyn,
    So Hand in Hand, so Arm im Arme weilen,
    So viel empfinden ohne mitzutheilen -
    Ist eine wonnevolle Pein!

    So immer Seelenblick im Seelenblick
    Auch den geheimsten Wunsch des Herzens sehen,
    So wenig sprechen, und sich doch verstehen -
    Ist hohes martervolles Glück!

    Zum Lohn für die im Zwang verschwundne Zeit
    Dann bey dem Morgenstrahl, warm, mit Entzücken
    Sich Mund an Mund, und Herz an Herz sich drücken -
    O dies ist –
    Engelseligkeit!
    _____

     

  • Friedrich Bouterwek (1766-1828)

    Mein Mädchen, o mein Mädchen,
    Laß keinen Kuß dich reuen!
    Denn deine Küsse weihen
    Zum Himmel selbst mich ein.
    Laß nie, nach eiteln Lehren,
    Mich einen Kuß entbehren,
    So werd' ich bald, dich küssend,
    Wie du, ein
    Engel seyn.
    _____

     

  • Gottfried August Bürger (1747-1794)

    Welch Ideal aus
    Engelsphantasie
    Hat der Natur als Muster vorgeschwebet,
    Als sie die Hüll' um einen Geist gewebet,
    Den sie herab vom dritten Himmel lieh?

    O Götterwerk! Mit welcher Harmonie
    Hier Geist in Leib und Leib in Geist verschwebet!
    An allem, was hienieden Schönes lebet,
    Vernahm mein Sinn so reinen Einklang nie.

    Der, welchem noch der Adel ihrer Mienen,
    Der Himmel nie in ihrem Aug' erschienen,
    Entweiht vielleicht mein hohes Lied durch Scherz.

    Der kannte nie der Liebe Lust und Schmerz,
    Der nie erfuhr, wie süß ihr Atem fächelt,
    Wie wundersüß die Lippe spricht und lächelt.
    _____

     

  • Helmina von Chézy (1783-1856)

    Sehnenswonne

    O, wer noch nie gewußt,
    Wie süß ist einsam Sehnen
    Der suche Sehnens Lust
    In ewig schönen Thränen.

    Die grüne Einsamkeit,
    Wo Nachtigallen hauchen,
    Muß jedes Herzeleid
    In ihre Wonnen tauchen.

    Komm in die grüne Nacht,
    Komm,
    Engel sanfter Schmerzen,
    Und steig' in Deiner Pracht
    Hinab in wunde Herzen.

    Bist Sehnsucht Du genannt
    In deiner Duftumhüllung,
    So bist Du mir bekannt,
    Du
    Engel, als Erfüllung.

    Treu', Sehnen, Einsamkeit,
    Drei Himmel sind's auf Erden,
    Liebst, einsam Herz, Dein Leid,
    Wird Leid Dir Wonne werden!
    _____


    Des
    Engels Liebesgruß

    Was schwebst du duftend milde,
    In Blüthen vor mir hin,
    Du holdes Lichtgebilde,
    So klar dem innern Sinn?

    "Ich schwebe durch Gefilde,
    Durch Düfte vor dir hin,
    In Sternen mein Gebilde,
    Zum Himmel nur mein Sinn."

    Was strahlst du, süßes Wesen,
    Verklärst die Thränen mein,
    Bin einsam sonst gewesen,
    Soll ich mit dir nun seyn?

    "Bist einsam nie gewesen,
    In Wolken nur mein Schein,
    Jetzt strahlt dir hell mein Wesen,
    Weil deine Thränen rein!"

    Und willst du nimmer scheiden?
    Und scheucht dich nicht die Welt?
    Und bleibst in Lieb' und Leiden
    Mir ewig zugesellt?

    Was Eins ist, kann nicht scheiden,
    In Stürmen fester hält,
    Blick' auf, in Lieb' und Leiden,
    Entblüht die Sternenwelt!
    _____

     

  • Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

    [An Charlotte v. Stein]

    Deine Grüße hab ich wohl erhalten.
    Liebe lebt jetzt in tausend Gestalten,
    Gibt der Blume Farb und Duft,
    Jeden Morgen durchzieht sie die Luft,
    Tag und Nacht spielt sie auf Wiesen, in Hainen,
    Mir will sie oft zu herrlich erscheinen;
    Neues bringt sie täglich hervor,
    Leben summt uns die Biene ins Ohr.
    Bleib, ruf ich oft, Frühling! man küsset dich kaum,
    Engel, so fliehst du wie ein schwankender Traum;
    Immer wollen wir dich ehren und schätzen,
    So uns an dir wie am Himmel ergötzen.
    _____

    Jetzt fühlt der Engel, was ich fühle.
    Ihr Herz gewann ich mir beim Spiele,
    Und sie ist nun von Herzen mein.
    Du gabst mir, Schicksal, diese Freude,
    Nun laß auch Morgen sein wie Heute
    Und lehr mich ihrer würdig sein.
    _____

     

  • Johann Christian Günther (1695-1723)

    WER wollte dich nicht englisch preisen,
    Der so wie ich dein Antliz kennt!
    Du kanst mit allen Blicken weisen,
    Daß man dich billig
    Engel nennt,
    Trift dies nur blos noch überein,
    Daß
    Engel können grausam seyn.

    Bedencke nur dein ganzes Wesen,
    Es ist so gar durchaus galant,
    Auf allen Gliedern kan man lesen:
    Dies Bild ist Göttern anverwand
    Und wie es nicht natürlich ist,
    Daß du so gar vollkommen bist.
    _____

    Deine
    engelholde Blicke,
    Die bis in die Seele gehn,
    Sind so feste Zauberstricke,
    Daß du selber must gestehn,
    Wenn ich diesen könt entreißen,
    Müst ich billig Simson heißen.

    Aber wo die reinen Flammen,
    Welche meine Brust empfindt
    Und aus deinen Augen stammen,
    Dir von mir beschwerlich sind,
    O so werd ich stets mit Wißen
    Dir beschwerlich fallen müßen.
    _____


    AN LEONOREN

    DU zwingst mich, werthes Kind, dir vieles vorzusagen,
    Du suchst in Wort und Schwur das Zeugnüß meiner Treu
    Und forschest, ob ich auch wie du beständig sey -
    Mein
    Engel, liebstu rein, so brauchstu nicht zu fragen.
    _____

    KOMM, mein
    Engel, las uns lieben,
    Weil der Lenz der Jahre lacht;
    Las den Frühling nicht verstieben,
    Den die Jugend mitgebracht;
    Pflücke dir noch frische Nelcken,
    Eh sie mit der Zeit verwelcken.
    _____


    ALS ER ABSCHIED VON IHR NAHM

    MEIN
    Engel, lebe wohl! Die Zunge kan nicht mehr,
    Der Kiel erbebt und starrt, die Angst bestürmt mich sehr;
    Doch, Kind, erfreue dich; Gott und die Zeit wird lehren,
    Daß sie der Frommen Wuntsch, der Liebe Seufzer hören.
    _____

    Mein
    Engel, meine Lust, mein Leben und mein Licht,
    Vor die ich tausenmahl mit Freuden sterben wollte,
    Sey munter, unverzagt, entseze dich nur nicht,
    Wenn auch die ganze Welt dich scharf verfolgen sollte.
    _____

    Ich liebe meinen Schmerz,
    Weil du, mein
    Engel, Ursach bist;
    Du hast mein ganzes Herz,
    Dies raubt dir keine List.
    Was hilft's uns, daß man weint?
    Was jezt unmöglich scheint,
    Das ist gewis ein Übergang;
    Der Grillenfang macht kranck.
    Es rühret mich
    Schon innerlich
    Ein Trieb der Zärtligkeit,
    Die mir dein künftiger Besiz so wie dein Nahme deut.
    _____

    DU
    Engel, den mir Gott so unverhoft gesand,
    Die Lust der Ewigkeit schon in der Welt zu schmecken,
    Nimm hier den Abschiedskuß noch einmahl von der Hand,
    Da Nerven, Zung und Mund vor Wehmuth stehn und stecken,
    Und glaube, daß mein Herz in heißem Blute schwimmt,
    Da unsers Umgangs Scherz so früh ein Ende nimmt.
    _____

    Kind,
    Engel, Schwester, Schaz, Braut, Taube, Freundin, Licht,
    Mein Stern, mein Trost, mein Herz, mein Ancker und  mein Leben,
    Ach, sage doch, wie man recht nett und zierlich spricht,
    Die Liebe will dir gern den besten Tittul geben,
    Die Liebe, so nach dir, was schön ist, prüft und schäzt
    Und deines Nahmens Zug mit Freudenthränen nezt.
    _____

    Ach Hofnung, ach du
    Engelsbild
    Und meiner Güter Rest,
    Ach, komm und küß und bleib mein Schild,
    Da alles schlägt und preßt.
    Komm, flicht uns unsern Hochzeitschmuck
    Von deinem Wintergrün!
    Der Tod, sonst nichts, ist starck genug,
    Ihn wieder aufzuziehn.
    _____

     

  • Ludwig Christoph Heinrich Hölty (1748-1776)

    Beglückt, beglückt,
    Wer dich erblickt,
    Und deinen Himmel trinket;
    Wem dein Gesicht,
    Voll
    Engellicht,
    Den Gruß des Friedens winket.

    Ein süßer Blick,
    Ein Wink, ein Nick,
    Reißt mich zur Himmelssphäre;
    Den ganzen Tag
    Sinn ich ihm nach,
    Und baue dir Altäre.
    _____


    Die Ersehnte

    Brächte dich meinem Arm der nächste Frühling,
    Tönten Vögel aus Blüten mir das Brautlied;
    Dann, dann hätt' ich Seliger schon auf Erden
    Wonne des Himmels!

    Wonne! Sie wird mir Paradiese zaubern,
    Wird lustwandeln mit mir in Gärten Gottes,
    Wird, auf meinem Schooße gewiegt, den Frühlings-
    Abend beflügeln!

    Unter Gesang an ihrer Brust entschlummert,
    Werd' ich träumen, wie neugeschafne
    Engel,
    Werde, wachgeschimmert vom Mai, in
    Engel-
    Seligkeit schwärmen!

    Komm! dich beschwört die Sehnsuchtsthrän‘ im Antliz,
    Dich dies wallende Herz voll süßer Ahndung!
    Trübe floß mein Leben! O Himmelsbotin,
    Komm, es zu heitern!
    _____

    Ins Paradies, an deiner Brust, mich träumen,
    Mein süßes Kind,
    Und froher seyn, als unter Lebensbäumen
    Die
    Engel sind.
    _____

    Ein Druck der Hand, der durch das Leben schüttert,
    Und eines Blickes Trunkenheit,
    Ein Feuerkuß, der von der Lippe zittert,
    Giebt ihnen
    Engelseligkeit.

    Ein Blick der Lieb', aus dem die Seele blicket,
    In dem ein
    Engel sich verklärt,
    Ein süßer Wink, den die Geliebte nicket,
    Ist tausend dieser Erden werth.

    Ein Herzenskuß, den selber
    Engel neiden,
    Küßt ihren Morgenschlummer wach;
    Ein Reihentanz von ewigjungen Freuden
    Umschlingt den lieben langen Tag!
    _____

    Euch, ihr Schönen,
    Will ich krönen,
    Bis an meinen Tod,
    Mit Gesangesweisen;
    Bis an meinen Tod,
    Eure Tugend preisen.

    Ihr, o Guten,
    Wohlgemuthen,
    Macht das Leben süß,
    Macht den Mann zum
    Engel,
    Und zum Paradies
    Eine Welt voll Mängel.
    _____


    DIE KÜNFTIGE GELIEBTE

    Wenn ich dich
    Engel fände, wenn der nächste
    Mond der knospenden Rosen meinem Arm dich
    Brächte; dann, dann hätt' ich den Himmel schon auf
    Erden gefunden!

    Jeglicher Pulsschlag würde heißer schlagen,
    Jede Nerve der Seele heller zittern;
    Umgeboren würd' ich die Welt in neuer
    Schönheit erblicken.

    Trunken an ihrer weißen Brust entschlummern,
    Und im Traume mit ihrem Busen tändeln,
    Und, bestralt vom Morgen, in ihrer Arme
    Himmel erwachen!

    Wenn ich dich fände! Komm, du
    Engel Gottes,
    Komm mein Leben zu heitern! Wenig Freuden
    Sprießen auf den Ufern des Lebens!
    Engel,
    Komm, mich zu heitern!
    _____

     

  • Johann Georg Jacobi (1740-1814)

    Erinnerung

    Glück der
    Engel! wo geblieben?
    Wo geblieben, schöner Tag,
    Als mit unbesorgtem Lieben
    Ihre Hand auf meinem Herzen lag?

    O sie fühlte jeden Schlag,
    Und in jedem lauter Lieben!
    Wo geblieben
    Glück der
    Engel, schöner Tag?
    _____

    Aber ach! wo blieb auf Erden,
    Holde Liebe, deine Spur?
    Lieben, um geliebt zu werden,
    Ist das Loos der
    Engel nur.
    Statt der Wonne fand' ich Schmerzen,
    Hing an dem, was mich verließ;
    Frieden gibt den treuen Herzen
    Nur ein künftig Paradies.
    _____

    O könnt' ich nur, o könnt' ich, ungesehen,
    Mein Leben lang an deiner Seite gehen,
    Und Tag und Nacht dein
    Engel seyn!
    Du solltest nichts von meiner Liebe wissen;
    Ich wollte gern den Lohn der Treue missen,
    Und bliebe doch auf ewig dein.
    _____

     

  • Johann Gaudenz von Salis-Seewis (1762-1834)

    Lied

    Ich saß im dunkeln Buchenhain
    Bei ihr auf weichem Moos,
    Im trüben blassen Mondenschein,
    Gelehnt auf ihren Schoß.
    Ich spielte mit dem blauen Band
    An ihrer weißen Brust;
    Und bebte, bei dem Druck der Hand,
    Im Schauer süßer Lust.

    Ich hört' und sah nur sie allein;
    Nicht Nachtigallgesang,
    Nicht Abendrot, nicht Mondenschein,
    Mir schlug das Herz so bang.
    Fest hing mein Blick an ihrem Blick,
    Mein Mund an ihrem Mund:
    Nur unser
    Engel sah das Glück
    Und segnete den Bund.
    _____

     

  • Max von Schenkendorf (1783-1817)

    Honiglippe, Rosenmund,
    Küsse mich zu jeder Stund'!
    Arme, weich und wonniglich,
    Liebesketten, bindet mich!

    Dunkel ist das Felsenthal
    Und der Steg ist schwank und schmal;
    Doch du leuchtest mir so gern,
    Himmelsfunken, Augenstern.

    Athem, Rede, Druck und Kuß,
    Aller Wonnen Ueberfluß,
    Engelseele, Götterleib,
    Mein das allerschönste Weib.
    _____

     

  • Friedrich Schiller (1759-1805)

    Amalia

    Schön wie
    Engel voll Walhallas Wonne,
    Schön vor allen Jünglingen war er,
    Himmlisch mild sein Blick wie Maiensonne,
    Rückgestrahlt vom blauen Spiegelmeer.

    Seine Küsse - paradiesisch Fühlen!
    Wie zwo Flammen sich ergreifen, wie
    Harfentöne in einander spielen
    Zu der himmelvollen Harmonie -

    Stürzten, flogen, schmolzen Geist und Geist zusammen,
    Lippen, Wangen brannten, zitterten,
    Seele rann in Seele - Erd und Himmel schwammen
    Wie zerronnen um die Liebenden!

    Er ist hin - vergebens, ach vergebens
    Stöhnet ihm der bange Seufzer nach!
    Er ist hin, und alle Lust des Lebens
    Wimmert hin in ein verlornes Ach!
    _____

     

  • Klamer Eberhard Karl Schmidt (1746-1824)

    Ueber den Druck ihrer Hand

    Nacht war mein Lebenslauf,
    Tief eingeschlafen, tief! war mein Gefühl des Himmels:
    Da drückte Minna mir die Hand!
    Die Nacht verschwand;
    Und du Gefühl des Himmels,
    Du wachtest liebend wieder auf!
    O des entzückenden Gewimmels
    Der
    Engel und der Harfen um mich her!
    Gott! ich vergess' es nimmermehr!
    _____

    Einen nicht, zehntausend Pfeile schossen
    Tausend Reize mitten in mein Herz!
    Engel selbst, von Himmelsglanz umflossen,
    Blickten neidisch Erdenwärts:
    Denn auch selbst die höchsten nicht,
    Die das Buch der Schickung halten,
    Sahen unter himmlischen Gestalten
    Solch' ein herrliches Gesicht!

    Unvergeßlich reines Licht
    Fiel aus ihren großen Blicken!
    Damals sah ich das Entzücken
    (Gott! ich glaubte zu vergehn!)
    Damals erst geboren werden:
    Hier auf Erden
    Hatt' ich's nimmer noch gesehn!
    _____

    Die
    Engel Gottes weinen,
    Wo Liebende sich trennen,
    Wie werd' ich leben können,
    O Mädchen, ohne dich?
    Ein Fremdling allen Freuden,
    Leb' ich nach unserm Scheiden!
    Und du? . . Vielleicht auf ewig
    Vergißt Luisa mich!
    _____

     

  • Eulogius Schneider (1756-1794)

    Die Moral der Liebe
    (An Lina)

    Alles weiss ich zu geniessen,
    Weiss die Liebe zu versüssen,
    Weiss auch Alles zu entbehr'n,
    Was Gesetze mir verwehr'n.

    Wenn ich Dir ins Auge blicke,
    Dich an meinen Busen drücke,
    Sage: o wie lieb' ich Dich!
    Welche Sünde thue ich?

    Halbgewaltsam Dich umschlingen,
    Jezt Dir einen Kuss erzwingen,
    Jezt an Deinem Busen ruh'n,
    Ist das mehr, als
    Engel thun?

    Dir um Kinn und Wange tändeln,
    Freilich unter tausend Händeln,
    Freilich, wie von Ohngefähr,
    Wer verdammt's? - Der Stoiker.

    Dann mit einer Flut von Küssen
    Die begangne Sünde büssen,
    Und aufs neue sie begeh'n,
    Sei's nicht recht - es ist doch schön!
    _____

     

  • Christian Friedrich Daniel Schubart (1739-1791)

    Aus einem Brief Schubarts an seine Gattin
    Vom Hohenasperg, 3. Juni 1783

    Dich behüte der
    Engel,
    Den dir Gott zum Führer gab,
    Und spät erst säuseln dich Winde des Himmels
    Hinunter ins Grab.
    An Edens wolkenerbauter Pforte
    Erwart' ich dich!
    Und kommst du, dann ertönen die Worte:
    Umarme mich!

    Und wenn an deinem Hals ich hange,
    So lächeln
    Engel uns zu,
    Und führen mit wonnestrahlender Wange
    Uns ein in die ewige Ruh'.
    Dir singen die Vögel in Eden,
    Wenn du der Wolke des Todes entsteigst,
    Vor Wonne können wir beide nicht reden;
    Du faltest die Hände und schweigst.
    _____

    Hier auf der Erde blumigem Schoße
    Ruh' ich! es ruhet mein Mädchen bei mir.
    Meine Geliebte, kennst du die große,
    Kennst du die fühlende Freundin von dir?
    Lieblicher Abend, lächle der Trauten!
    Lächle der Schlanken, Himmlischgebauten!
    Schöner war nicht
    Florens Gesicht,
    Als sie des Morgens Tropfen bethauten.

    Hesperus äugelt hoch in der Ferne;
    Ziehst du schon, Mond, am Sternenfeld auf?
    Sieh doch, Geliebte, sieh doch die Sterne!
    Sieh doch zur freundlichen Luna hinauf!
    Doch seh' ich nicht im Auge der Milden
    Thränen der Liebe schimmernd sich bilden?
    Sind sie es nicht,
    Die dein Gesicht,
    Wie eines
    Engels Antlitz, vergülden?
    _____

     

  • Christine Westphalen (1758-1840)

    Kennst du das Land, wo Treue, Brust an Brust,
    Auf ewig liebt mit reiner
    Engellust?
    Des Schicksals Schluß ein Herz mit Hoheit trägt;
    Das Wehmuth still, das Wonne laut bewegt?
    Kennst du das Land?
    Dahin! Dahin!
    Sehnt sich ein Herz, ein liebevoller Sinn.
    _____


    Dem inneren
    Engel

    Wer bist du, schöner
    Engel,
    Der in mir leise tönt;
    Der mir die Freude wecket,
    Mich mit dem Schmerz versöhnt;
    Der Finsterniß mich fliehen,
    Und Licht mich suchen lehrt,
    Des Daseyns süß Empfinden
    Zu Himmelsglück verklärt;
    Der mir die Tugend höher,
    Das Schöne schöner mahlt,
    Die Unschuld zart und reiner,
    Die Wahrheit mehr umstrahlt;
    Des Lebens Bürden lindert,
    Zu allem Edlen winkt,
    Und mit mir Glück und Wissen,
    Aus einem Becher trinkt,
    Zur Hoheit mich begeistert,
    Dem Niedern mich entführt,
    Und zum Gesang entflammet,
    Der noch den Enkel rührt;
    Der mich die Zukunft ahnen,
    Vertrauend glauben heißt:
    Wer bist du, hoher Engel? -
    Du bist der Liebe Geist!
    _____

     

19./20. Jh.
 

  • Johanna Ambrosius (1854-1939)

    Ach, hätt' ich früher dich gesehn

    Ach hätt' ich früher dich gesehn
    Und wär's 'ne einz'ge Stund',
    Wollt' segnen diesen Augenblick
    Noch mit erblaßtem Mund.

    Ach, hätt' ich früher dich geliebt,
    Du reines Seelenlicht,
    Fürwahr, der
    Engel schönes Los,
    Beneidete ich nicht.

    Ach, hätte ich früher dich geliebt,
    Und wär's auch nur im Traum,
    Hing meiner Hoffnung Blütenkranz
    Nicht welk am Lebensbaum.
    _____


    Du hast zu mir gehalten

    Du hast zu mir gehalten
    Als alles mich verließ,
    Als selbst die eig'ne Mutter
    Ihr armes Kind verstieß.

    Verlassen und verloren,
    So ging ich durch die Nacht,
    Ein irrend Blatt im Winde -
    Du hast an mich gedacht.

    Des Spottes Pfeile schossen
    Hernieder auf mein Haupt,
    Verachtung ohne Ende -
    Du hast an mich geglaubt.

    Bei diesem Trostgedanken
    Fand ich den Weg zur Ruh,
    O sei dafür gesegnet,
    Mein guter
    Engel, Du!
    _____

     

  • Hugo Ball (1886-1927)

    Bagatelle

    Vor meinem Fenster
    Im Sonnenschein
    Sitzen
    Engelein.
    Eins, zwei, drei
    Engelein
    Und äugeln herein.
    Sie hauchen an die Scheiben
    Und kichern sich an,
    Und schreiben
    Deinen Namen hin.
    Und kichern sich an
    Und verwischen ihn.
    Und blinzeln gar boshaft,
    Und neckisch herein,
    Und flattern fort
    Die drei
    Engelein.
    _____


    Tausend Saiten hat meine Laute

    Tausend Saiten hat meine Laute
    Tausend Töne hatte mein Herz
    Seit Deine Liebe mir Träume spann
    Seit mir Dein Ich in die Seele schaute
    Harfen sie himmel und himmelwärts.
    Bist Du mein Licht,
    Das die Hände faltet?
    Bist Du der Tag,
    Der mir Blüten küsst?
    Bist Du die Sonne
    Die über mir waltet?
    Sage mir, ob Du
    Ein
    Engel bist?
    _____


    Du bist mein
    Engel -

    Du bist mein
    Engel,
    Du bist mein Blut.
    Mein Leben bist Du,
    Du bist mein Flammen,
    Bist meiner Seele Glut.

    Du bist mein Glück, mein Elend,
    Mein Jubel Du, mein Leid.
    Du kniest an meinem Lager,
    Du weckest meine Schläfe,
    Gehst stumm an meiner Seit.

    Du bist mein Stern, mein Heimweh,
    Du bist dereinst mein Traum,
    Wenn mich das Grab umnachtet,
    Wenn meinen Sarg umklammert
    Die Liebe Dein und ein Totenbaum. -
    _____

     

  • Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem (1854-1941)

    Vor deinem Bild in stiller Stunde

    Vor deinem Bild in stiller Stunde
    Steh ich in Ruh und denke dein -
    Von deinen Lieben bringt mir Kunde
    Der letzte Abendsonnenschein.
    Den Mund, die Stirn, die lieben Augen
    Verkläret sanft der goldne Strahl -
    Gott grüße dich, geliebtes Leben,
    Gott grüß dich tausend, tausendmal!

    Die Abendglocke klingt herüber
    Vom stillen Thale her zu mir;
    O klänge sie durch weite Fernen
    Mit meinem Gruß zu dir, zu dir!
    Im Westen sank die Sonne nieder,
    Still kommt der Mond, die Nachtluft weht -
    Zum Himmel zieht auf
    Engelsschwingen
    Für dich mein stilles Nachtgebet.
    _____

     

  • Udo Brachvogel (1835-1913)

    Leb' wohl! Im Herzen stockt das Blut,
    Die Brust durchwühlet Todesqual;
    Bald Eis auf Eis, bald Gluth auf Gluth
    Ruht Mund auf Mund - zum letzten Mal.
    Was ineinander sich gerafft,
    Reißt auseinander das Geschick;
    Die breite Todeswunde klafft,
    Drauf heilend fällt kein
    Engelsblick.
    _____

     

  • Helene Branco (Ps. Dilia Helena) (1816-1894)

    Dein Auge

    Ein Himmelreich dein Auge ist,
    Ein
    Engel jeder Blick;
    Wem liebend er begegnet ist,
    Dem lächelt das Geschick.

    O Himmel, nimm mich auf in dich,
    Und laß mich selig sein!
    O Engel, ziehe segnend mir
    In's offne Herz hinein!
    _____


    Wunsch

    Jeder liebliche Accord
    Schweb' als
    Engel zu ihm fort,
    Der im süßen Spiel der Töne
    Ihm die Dämmerzeit verschöne.

    Kleine holde Maienblum!
    Aus des Glöckchens Heiligthum
    Gieße deine schönsten Düfte
    Aromatisch durch die Lüfte.

    Veilchen unter'm Rosenstrauch,
    Heiße Rose und du auch,
    Nelke, haucht die Balsamseele,
    Folgt gehorsam dem Befehle!

    Sanfter flüch'ger Frühlingswind,
    Säus'le um ihn lieb und lind;
    Blumen, Blätter, lieblich tauschet
    Liebesworte, wenn er lauschet.
    _____

     

  • Clemens Brentano (1778-1842)

    Ich grüß' dich, zarte schöne Fraue,
    Und biet' dir freundlich gute Nacht,
    Bis daß der ew'ge Tag im Taue
    Vor deinem Kämmerlein erwacht.

    Ein heil'ger
    Engel soll zur Seiten
    An deinem Bettlein wachend stehn,
    Den goldnen Flügel ob dir spreiten
    Und schwere Träume von dir wehn.

    Daß sie sanft erwache
    Aus ihres Schlummers Ruh',
    Der Morgenstern, der scheine
    Ihr recht mit Liebe zu.

    Sie schlafe, sie wache,
    Sie stehe, sie gehe,
    Die Fraue meine,
    Oder was sie tu'.

    Ich grüß' vor aller Blüt' die Rose
    Die an dem Abendhimmel blüht,
    Ihr Herz ergießt sich dir im Schoße,
    Wenn sie zur Erde niederglüht.

    Ich grüß' dich, klarer Abendsterne
    Du brennest auf dem Haupte mein.
    Bei ihr, bei ihr so wär' ich gerne
    In ihrem engen Kämmerlein.

    Daß ein
    Engel bringe
    Der Zarten meinen Gruß,
    Leis wie im Maienscheine
    Der Honigblumen Kuß.

    Sie bete, sie singe,
    Daß eile die Weile,
    Da ich alleine
    Ohne sie sein muß.
    _____

     

  • Marie Eugenie Delle Grazie (1864-1931)

    Erinnerung

    O nennt mir seinen Namen nicht,
    O zeigt mir nicht sein Bild,
    Dies
    engelgleiche Angesicht,
    So träumend und so mild.

    O sagt mir nicht, daß er es war,
    Der mich so sehr geliebt,
    Und den ich doch so kalt, so stolz
    Bis tief in's Herz betrübt!
    _____

     

  • Carl Ferdinand Dräxler-Manfred (1806-1879)

    Frage mich nicht, wem ich weihe
    Meiner Seele stille Gluth,
    Und in welcher Haft dies scheue
    Herz so eng gefangen ruht?
    Eine ist es, lieb wie keine,
    Eine
    engelschöne, reine,
    Deren Aug' in holder Bläue
    Niederlächelt mild und gut.
    _____


    Der Spiegel

    Wenn ich mich je vergleichen möchte Dingen,
    So wollt' ich einem Spiegel mich vergleichen,
    Worein ein Wesen aus des Himmels Reichen
    Sein holdes Bild und seinen Blick läßt dringen.

    Du aber bist der
    Engel, dessen Schwingen
    An diesem Spiegel sanft vorüberstreichen,
    Und dem ich, als ein treues Liebeszeichen,
    Sein schönes Abbild strebe darzubringen.

    So hab' ich mit dem Diamant der Liebe
    Zum Spiegel meine Seele dir geschliffen,
    Und gebe gern sie dir als solchen eigen.

    Jedwedes andre Bild scheint in mir trübe,
    Nur deines hat so innig mich ergriffen,
    Daß ich es ewig strahlend werde zeigen.
    _____

    Eine Götterblüthe,
    Eine große Mythe
    Ist die Liebesglut:
    Himmlisch wird es klingen,
    Wenn einst
    Engel singen,
    Welche Seligkeitbereitung,
    Welche göttliche Bedeutung
    In der Liebe ruht.
    _____

    Eine gute Nacht
    Hab ich jüngst gefunden,
    Eine süße Fracht
    Holdverträumter Stunden.

    Engel hatten Acht
    Ueber mich im Traume,
    Einer küßte sacht
    Mich am Lippensaume.

    Morgens aufgewacht,
    Hab ich süßbeklommen
    Leise nachgedacht,
    Wie das all gekommen?

    Und es fiel mir ein,
    Was die Liebste sagte,
    Als ich über mein
    Scheidenmüssen klagte.

    Süß rief sie den Gruß
    Gute Nacht! bei'm Trennen,
    Und dies Wörtlein muß
    Wunder wirken können.
    _____

    In schattigen Locken
    Ein
    Engelgesicht,
    Die Stimme wie Glocken,
    Das Auge wie Licht;
    Im Kinne ein Grübchen,
    Mein reizendes Liebchen,
    Wer kennte dich nicht?

    Oft dünkt mich ein Scherz nur
    Mein süßes Geschick:
    Mir poche dieß Herz nur,
    Mir flamme dein Blick.
    Die Brust wird mir enge,
    Ich denke Gesänge
    Und spreche Musik.
    _____

    Sie war ein Bild - es läßt sich nicht beschreiben,
    Wie sie der Schönheit milder Glanz umfloß,
    Wie sich der Anmuth wunderbares Treiben,
    Ein Himmel, um die
    Engelseele goß;
    Sanft überdunkelte die schöne Miene
    Der Frohsinn mit des Lächelns holdem Sieg',
    Indeß der Lippen glühendem Rubine
    Der milde Zauber, Melodie, entstieg.
    _____

    Ein Blatt von dir,  o süßes Glück,
    Es zaubert wie ein holder Bann
    In meine Arme dich zurück,
    Die Heißgeliebte seh ich dann,
    In diesen Zügen ihre Züge,
    Mir aller Seligkeit Genüge.

    Ich lese dich und sehe dich,
    Dein süßer Odem weht mich an,
    Ich fühle plötzlich glücklich mich,
    Weil ich nur Liebe denken kann,
    Und weil mit ihren
    Engelschwingen
    Deine Gedanken mich umfingen.
    _____

     

  • Johann Georg Fischer (1816-1897)

    Laß, Himmel, diesen
    Engel mir

    Die Blumen sind herabgesunken,
    Vom heißen Kuß der Sonne matt;
    Und hast auch du dich müd getrunken,
    Sag, schöne Freundin, bist du satt?

    Nein, laß uns nimmermehr erwachen
    Aus dieses Kusses Ewigkeit,
    Der hat die Blumen sterben machen,
    Der sie gemahnet an die Zeit.

    Reich diesen Mund mir ewig wieder,
    So weich an meine Brust gelegt,
    Du Haupt, das solche Augenlider
    Ob solchem Auge niederschlägt.

    Ich hatte nie das Weib empfunden
    Wie ich es angeschaut in dir,
    Ich hab' es nie seitdem gefunden,
    Laß, Himmel, diesen
    Engel mir.
    _____

     

  • Ludwig August Frankl (1810-1894)

    Späte Botschaft

    Meine Seele lauscht
    Deiner Lippen
    Engelpaare;
    Eine süße, wunderbare,
    Gold'ne Botschaft rauscht.

    Lächeln wehmuthsvoll
    Muß ich zu den süßen Worten,
    Daß noch an des Alters Pforten
    Jugendlust mir werden soll.

    _____

     

  • Amara George-Kaufmann (1835-1907)

    In deine Liebe möcht' ich
    Mich senken ganz hinein,
    Da tief ohn' Ende rasten
    Und von Allen vergessen sein!

    Ein Wörtlein würd' ich hören,
    Das Eine ganz allein,
    Wenn ich so läg' und schliefe
    In diesem Wonneschrein.

    Nicht
    Engelgrüße tönten
    Mir so beglückend rein
    Denn süßer klingt als Alles
    Das Wörtlein: Ich bin dein!
    _____

     

  • Hermann von Gilm (1812-1864)

    Mein wildes Lied wird ewig dich verletzen,
    Und doch hab' ich nichts and'res, als mein Lied!
    Sei du mein
    Engel! Du kannst übersetzen
    In sanft're Töne meinen Heroid,
    Und jeden rauhen Ton und jedes scharfe
    Und herbe Wort des Schmerzes und der Lust
    Leicht sänftigen, denn ohne eine Harfe
    Ist keine edle Frauenbrust.
    _____


    Raphaele

    Wohin, o Mensch? Woher bist du gekommen?
    Das sind die metaphysisch dunkeln Fragen,
    Die manches edle Menschenherz benagen,
    Von sternenloser Zweifelsnacht beklommen.

    Was dich in unser Erdenthal getragen,
    Das weiß ich längst; aus deinen himmlisch frommen
    Und schönen Augen hab' ich es genommen,
    Die kindlich plaudernd das Geheimnis sagen.

    Sei mir nicht böse, wenn ichs nacherzähle!
    Du warst die einz'ge Frauenengelseele,
    Daß auch im Himmel Weiblichkeit regiere.

    Nicht herrschen, - lieben wollte Raphaele;
    Da wies der Schöpfer ängstlich ihr die Thüre,
    Daß sie ihm seine
    Engel nicht verführe.
    _____

     

  • Adolf Hain (1825-1854)

    Ach! wovon träumtest du?

    Mit lächelndem Gesicht
    Lagst du in süßer Ruh',
    Umstrahlt von mildem Licht:
    Ach! wovon träumtest du?

    Verzaubert schienst du mir,
    Die blauen Aeuglein zu,
    Entrollt der Locken Zier:
    Ach! wovon träumtest du?

    Ein
    Engel zu dir sprach
    Und flüsterte dir zu
    Von Lust und neuem Tag:
    Ja! davon träumtest du!
    _____

    So leb' denn wohl! denk' auf empörtem Meere
    Des Schiffers, der dein ewig nun gedenkt,
    Der betet, daß sein Kiel sich heimwärts kehre
    Zu dir, wohin des Herzens Trieb ihn lenkt:
    Dein Bild im Herzen,
    Engel! Meer, nun leere
    All' deine Zorneswellen, unbezwängt!
    Ob's brauset, ob es donnert laut und blitzet:
    Die Heilige in meinem Busen schützet!
    _____

     

  • Emilie Emma von Hallberg (1826-1862)

    Mein Lieb, du bist ein Engel,
    Ich seh' es täglich mehr.
    Daß ich so glücklich würde,
    Ich dächt' es nimmermehr.

    Daß unter deinen Küssen
    Mein Herz so voll und ganz
    Ein Röslein sich erschlösse
    Im Frühlingssonnenglanz:

    Wer hätt' das ahnen sollen,
    Wer hätte das gedacht!
    Das Glück ist mir gekommen
    So plötzlich über Nacht.
    _____

     

  • Robert Hamerling (1830-1889)

    Wem wirst du ihn geben, den himmlischen Kuß,
    Daß du nicht brauchst zu erröten?
    Einem
    Engel vielleicht? Doch die küssen nicht,
    Die lobsingen nur immer und flöten.

    Wenn nun kein
    Engel heruntersteigt
    Aus dem Kreise der himmlischen Lichter,
    Um entgegenzunehmen den ersten Kuß -
    Laß dir raten: gieb ihn dem Dichter!

    Und wenn du selber ein
    Engel wärst,
    Der zu irdischen Au'n sich gewendet,
    So viel du hast, so viel du giebst,
    Bei dem Dichter ist nichts verschwendet.
    _____

    Teures Bild, das mir erschienen,
    Engelgleiches Angesicht,
    Strahlend mit verklärten Mienen
    In der Liebe holdem Licht!
    Solche Schöne, wähnt' ich, schwebe
    Nur um uns im Traum der Nacht,
    Doch nie ahnt' ich, daß es lebe,
    Diese hohe Liebespracht.
    _____

     

  • Heinrich Heine (1797-1856)

    Das ist ein Flöten und Geigen,
    Trompeten schmettern drein;
    Da tanzt den Hochzeitreigen
    Die Herzallerliebste mein.

    Das ist ein Klingen und Dröhnen
    Von Pauken und Schalmein;
    Dazwischen schluchzen und stöhnen
    Die guten
    Engelein.
    _____

    Dein Angesicht so lieb und schön,
    Das hab ich jüngst im Traum gesehn,
    Es ist so mild und
    engelgleich,
    Und doch so bleich, so schmerzenbleich.

    Und nur die Lippen, die sind rot;
    Bald aber küßt sie bleich der Tod.
    Erlöschen wird das Himmelslicht,
    Das aus den frommen Augen bricht.
    _____


    Der Gruß des Engels
    (Aus der Mappe eines Malers)

    Im Rhein, im schönen Strome,
    Da spiegelt sich in den Welln,
    Mit seinem großen Dome,
    Das große, heilige Köln.

    Im Dom da steht ein Bildnis,
    Auf goldenem Leder gemalt;
    In meines Lebens Wildnis
    Hats freundlich hineingestrahlt.

    Es schweben Blumen und
    Englein
    Um unsre liebe Frau;
    Die Augen, die Lippen, die Wänglein,
    Die gleichen der Liebsten genau.
    _____

     

  • Max Herrmann-Neiße (1886-1941)

    Schweigen mit dir: das ist ein schönes Schwingen
    von
    Engelsfittichen und Gottes Kleid
    und süß, unsagbar sanftes Geigenklingen
    verweht von Ewigkeit zu Ewigkeit.
    _____


    Vergißt dein
    Liebesengel mich?

    Wenn ich nicht fühle, daß mein Werk vor dir besteht,
    wenn deines Herzens Kühle meinen Weg umweht,
    wenn alles, was ich sage, dir zuwider scheint,
    und jede Klage, die in meinen Liedern weint,
    vor dir belanglos bleibt und eine Störung mehr,
    mein Kahn ganz klanglos treibt in der Empörung Meer
    von deinem Strande fern, o letztes lichtes Haus,
    du weißt: ich lande gern, und löscht das Licht doch aus,
    daß ich von Nacht umringt nun keinen Hafen weiß.
    Gibst du mich unbedingt den schwersten Strafen preis,
    wofür doch mein Gewissen längst sich selber schlug?
    Der Himmel ist zerrissen, der dein Sternbild trug,
    Gottes Vergebung geleitet mich im Guten nicht,
    der
    Liebesengel schreitet über die Fluten nicht,
    der Racheengel stößt mich nicht in die Tiefe hinab,
    keine Najade erlöst mich zu sanftem Grab,
    wie nicht von dir gekannt treib ich im Ozean,
    versunken ist alles Land; mein stummer Todeskahn
    in einer toten Welt zieht der Erinnrung nach,

    zieht ewig der unendlichen Erinnrung nach ...
    _____


    Sonett eines himmlischen Spiels

    Dann blühte uns aus Tragik und aus Tränen
    ein Spiel, so lustig wie der junge Wind:
    Wir schlugen Flammen, wurden wieder Kind
    und ließen uns versprühen in Fontänen.

    Und ganz voll Leichtigkeit, wie
    Engel sind,
    auf Wolken schaukelnd in umkränzten Kähnen
    und Blitze schnellt das Weiß von ihren Zähnen,
    so machten wir uns schwebend und geschwind.

    Und deiner Stimme leuchtende Musik
    warf Wellen hoch und tanzte über Schwerter
    und stürmte flackernd durch den Sternenfall.

    Da wurde meine Lust ein bunter Ball,
    den zaubertest du immer wunderwerter,
    daß er mit dir in alle Himmel stieg ...
    _____


    Engel der Zärtlichkeit

    Ich vernehme kein Echo des Ewigen mehr,
    zwischen mich und den Himmel ist Wüste geweht,
    aus meinen Blicken kriecht ekler Begehr
    und meine Lippen geifern Pamphlet.

    Durch deine Stimme nur spricht noch
    des Himmels Zärtlichkeit mit mir -
    warum verschließe ich mich doch
    so oft selbstmörderisch vor ihr?

    Sie führt mich aus der Städte Haft
    zum märchenweiten Ozean,
    in des Gebirgs Mondnachbarschaft
    aus schwüler Feste Fieberwahn.

    Der Sternenaufgang deiner tief
    enthüllten Augen hat erhellt
    die Fremde mir. Lächelnd entschlief
    in deinem Bild das Ährenfeld.

    Entschlief ich nicht selbst durch Gebete versöhnt,
    in die mich dein Herz hüllt zur ewigen Fahrt,
    war doch paradiesisch mein Abschied verschönt
    und durch dich hart am Abgrund vor Satan bewahrt.
    _____

     

  • Wilhelm Ritter von Hertz (1835-1902)

    Mein
    Engel hüte dein

    Daz iuwer mîn engel walte!
    Alter Gruß

    Und willst du von mir scheiden,
    Mein herzgeliebter Knab',
    Soll Alles Dich begleiten,
    Was ich von Freuden hab'.
    Mir bleibt, wenn du geschieden,
    Mein traurig Herz allein;
    Fahr' hin, mein Lieb, in Frieden!
    Mein
    Engel hüte dein!

    Ihm ward zur Hut gegeben
    Mein Glück und meine Ruh';
    Ach, Glück und Ruh' und Leben,
    Herzlieb, das bist ja du.
    Und bist du mir geschieden,
    Flieht auch der
    Engel mein;
    Fahr' hin, mein Lieb, in Frieden!
    Mein
    Engel hüte dein!

    O daß er dir verschwiege,
    Was dich betrüben mag,
    Wie ich verlassen liege
    In Sehnsucht Nacht und Tag!
    Mein Bild soll mit dir gehen
    Im alten Freudenschein,
    Fahr' hin, auf Wiedersehen!
    Mein
    Engel hüte dein!
    _____

     

  • Paul Heyse (1830-1914)

    In der Mondnacht

    In der Mondnacht, in der Frühlingsmondnacht
    Gehen
    Engel um auf leisen Sohlen;
    Blonde
    Engel, innig und verstohlen
    Küssen sie die schönsten Menschenblumen.

    Tausendschönchen, allerliebste Blume,
    Weiß es wohl, woher der Schimmer stammet,
    Der dir heut das Antlitz überflammet:
    Bist noch in den Traum der Nacht verloren.

    Denkst der
    Engel, die durchs kleine Fenster
    Sich auf Mondesstrahlen zu dir schwangen,
    Leise dir zu küssen Mund und Wangen
    In der Mondnacht, in der Frühlingsmondnacht.
    _____

     

  • Joseph Emanuel Hilscher (1806-1837)

    Muthig will der Eine ringen,
    Und der And're wird verzagt,
    Dieser will das Glück erzwingen,
    Jener hofft nicht mehr und klagt.
    Aber du, o Liebe! schreitest
    Wie ein
    Engel durch die Welt,
    Die mit Blumen du bestreutest,
    Und du weilst, wo dir's gefällt.
    _____


    Namenlos

    O schwelge, Blick! und juble Dank dem Licht,
    Das wunderbar erst in den Wundern waltet,
    Bewußtlos reichen Schatz auf Schatz entfaltet -
    O schwelge! bis das dunkle Auge bricht.

    Sei unersättlich, darben wirst du nicht,
    Wie schön, was stets sich wechselnd neu gestaltet,
    Wie schön! was ewig gleich, doch nie veraltet,
    Und o, wie schön ein Menschenangesicht!

    Und mehr als schön – o es ist namenlos,
    Was ich in deinem
    Engelantlitz sehe,
    Was Himmelsthau in's welke Herz mir goß,

    Was lang geahnt nur, jetzt in nächster Nähe
    Sein heil'ges Dasein strahlend mir erschloß -
    Ihr nennt es Liebe? – Schaler Laut, verwehe!
    _____

     

  • Siegfried Kawerau (1886-1936)

    Gruß

    Aus diesen Tagen, reich an roten Rosen,
    spannt Glut und Duft zu Dir den hohen Bogen,
    zu Deiner weißen, stillen Lagerstätte:
    es glitzern seltne Tränen wie Rubinen,
    Sehnsüchte wandeln drauf gleich Saraphinen
    und tragen in den silbernen und losen,
    weitfaltigen und schimmernden Gewändern,
    die goldbrokatne Borten rings umrändern,
    den Perlen-Liederschmuck aus meinen Ländern:
    mit einer meeresfeuchten, kühlen Kette
    besetzen sie den Rand an Deinem Bette
    wie sonnenheller Wogenschaum an Küsten,
    und ihre Kleider, ihre zarten, weichen,
    und ihre langen, blassen Finger streichen
    wie frischer Seewind längs den warmen Brüsten
    und legen eine schmale, seid'ne Binde,
    kalt wie Metall, doch schmiegsam und gelinde,
    Dir um Dein Haupt, daß mitten auf der Stirne
    länglich und schwer und ähnlich einer Birne
    Dir eine große, klare Perle schimmert:
    ihr Glanz geht gleitend über Haar und Hände,
    hellsilbern Deines Leibes Leuchten flimmert,
    und nur im Herzen findet sich ein Ende
    für dieses Glücks beseligende Spende:
    so segnen
    Engel, die ich täglich sende.
    _____

     

  • Hedwig Kiesekamp (1844-1919)

    Antwort

    Fragst du mich, warum ich liebe?
    Trauter Freund, - o glaube mir:
    "Meine Liebe kommt vom Himmel,
    Und der Himmel kommt von dir!"

    Ohne dich - verlass'ne Wüste
    Wäre mir das Himmelreich!
    Aber dir am Herzen rastend
    Fühl' ich mich den
    Engeln gleich.

    Du allein bist sel'ges Ewig
    Aller Himmelswonne mir!
    Und vom Himmel kommt die Liebe!
    Sieh', - die Liebe kommt von dir.
    _____

     

  • Hermann Lingg (1820-1905)

    Märchen

    Man sagt, durch's Zimmer walle
    Ein schönes
    Engelkind,
    Wenn plötzlich schweigen alle,
    Die drinn beisammen sind.

    Dies sagen wir uns immer
    Und stille küssen wir,
    Ein
    Engel geht durch's Zimmer,
    Ein
    Engel ist bei mir.
    _____

     

  • Feodor Löwe (1816-1890)

    Mein Inn'res hast du umgeschaffen,
    Es ward ein and'rer Mensch aus mir,
    Du nahmst mein vorig' Herz, das wilde,
    Ein neues bess'res dank' ich dir.

    Ein
    Engel hast du meine Schritte
    Vom falschen Pfad hinweggelenkt,
    In des Vergessens dunkle Tiefe
    Der wilden Wünsche Glut gesenkt.

    Mein Gnadenbild bist du geworden,
    Dahin die wunde Seele zieht.
    O blicke freundlich auf den Pilger,
    Der betend dir zu Füßen kniet!
    _____

     

  • Christian Morgenstern (1871-1914)

    Stör' nicht den Schlaf der liebsten Frau, mein Licht!
    Stör' ihren zarten, zarten Schlummer nicht.
    Wie ist sie ferne jetzt. Und doch so nah.
    Ein Flüstern - und sie wäre wieder da.
    Sei still, mein Herz, sei stiller noch, mein Mund,
    mit
    Engeln redet wohl ihr Geist zur Stund.
    _____

    Unter der linken Brust
    band ich dein Brieflein fest,
    da mag es wohnen nun
    bis morgen früh.

    Unter der linken Brust
    ist mir so wohl, so weh
    und beide Hände noch
    preß ich darauf.

    Unter der linken Brust
    drückt sich ein
    Engel ab,
    drückt sich dein Engel rot
    in weißen Schnee.

    Und unterm weißen Schnee
    liegt mein rotrotes Herz,
    küßt durch den weißen Schnee
    dein Siegel rot.

    Unter der linken Brust
    band ich dein Brieflein fest
    mit meinem blonden Haar
    wie als wärst du's!
    _____

     

  • Eduard Mörike (1804-1875)

    An -

    Ei, wer hätt es je gemeint,
    Fräulein Ludovike!
    Hat man denn, so lieb man scheint,
    Auch geheime Tücke?

    Mädchen! wer ergründet euch?
    Rätsel ohne Ende!
    Arg und falsch und
    engelgleich,
    Wer das reimen könnte!

    Oh, nicht süßen Honig nur
    Führen eure Lippen,
    Und so seid ihr von Natur
    Liebliche X - - -.
    _____


    An die Geliebte

    Wenn ich, von deinem Anschaun tief gestillt,
    Mich stumm an deinem heilgen Wert vergnüge,
    Dann hör ich recht die leisen Atemzüge
    Des
    Engels, welcher sich in dir verhüllt.

    Und ein erstaunt, ein fragend Lächeln quillt
    Auf meinem Mund, ob mich kein Traum betrüge,
    Daß nun in dir, zu ewiger Genüge,
    Mein kühnster Wunsch, mein einzger, sich erfüllt?

    Von Tiefe dann zu Tiefen stürzt mein Sinn,
    Ich höre aus der Gottheit nächtger Ferne
    Die Quellen des Geschicks melodisch rauschen.

    Betäubt kehr ich den Blick nach oben hin,
    Zum Himmel auf - da lächeln alle Sterne;
    Ich kniee, ihrem Lichtgesang zu lauschen.
    _____

     

  • Wilhelm Müller (1794-1827)

    Die Himmelfahrt

    Dank deinem Kusse ganz allein, nun flieg' ich in den Himmel,
    Und hasche mit den
    Engeln mich im seligen Gewimmel.
    Sie jagen mich, sie greifen mich, sie wollen gern mich fangen,
    Ich reiß' mich los und laufe heim, zu küssen deine Wangen.
    _____

    Wer kann die Liebe aufschreiben?

    Wären Flüss und Meere Tinte, wär' der Himmel mein Papier,
    Wüchsen Federn wie die Ähren auf der weiten Erde mir,
    Hülfen mir die
    Engel schreiben um die Wette Tag und Nacht,
    Sag', wann wär' es ausgeschrieben, was die Lieb' in mir gedacht?
    _____

    Vereinigung

    Wenn ich nur darf in deine Augen schauen,
    In deine klaren, treuen, frommen Sterne,
    So fühl' ich weichen das geheime Grauen,
    Das Lieb' und Liebe hält in stummer Ferne.

    Und unsre Herzen wollen sich begegnen
    In langen Blicken, die mit Thränen ringen,
    Und unsre Liebe will ein
    Engel segnen:
    Er schlägt um uns die weichen, warmen Schwingen.

    Nach seinem Namen wag' ich nicht zu fragen,
    Noch nach dem Namen dessen, der ihn sendet;
    Ich darf ja wieder weinen, wieder klagen:
    Fürwahr, mich hat kein eitler Wahn geblendet!
    _____

     

  • Betty Paoli (1814-1894)

    Erkenntniß

    Daß ich dich liebe tief und heiß,
    Das hab' ich oft empfunden,
    Wenn deiner Nähe Zauberkreis
    Glückathmend mich umwunden;
    Wenn mich dein Arm so fest umschlang,
    Dein Wort in seiner Süße
    Zu meinem tiefsten Herzen drang
    Wie tausend Jenseitsgrüße.

    Doch daß du selbst mein innerst Sein
    Und Herz von meinem Herzen,
    Daß du nur in der Seele mein
    Wach rufest Lust und Schmerzen,
    Daß du ein heil'ger
    Engel bist,
    Für mich als Mensch geboren,
    Das weiß ich erst seit kurzer Frist:
    Erst seit ich dich verloren.
    _____

     

  • Ludwig Pfau (1821-1894)

    Abendfeier

    Mein Lieb! Schau, wie hinab die Sonne
    Die uralt festen Gleise fährt
    Und doch mit einem Kranz der Wonne
    Der Erde dunkles Haupt verklärt.
    Sieh, wie sich schon die Ferne teilet,
    Durchbrochen von ergoßner Glut;
    Und über alle Gipfel eilet
    Der holden Kräfte goldne Flut.

    Es wandelt durch entstandene Weiten
    Des ew'gen Schaffens Trunkenheit;
    Und jede Seele glaubt zu schreiten
    Empor aus ihrer Endlichkeit.
    O selig! Aller Last entladen,
    Getaucht ganz in der Liebe Licht,
    Im Strom der Schöpfung sich zu baden
    Mit dir, du
    Engelsangesicht!
    _____

     

  • August Graf von Platen (1796-1835)

    Du liebst und schweigst - O hätt ich auch geschwiegen,
    Und meine Blicke nur an dich verschwendet!
    O hätt ich nie ein Wort dir zugewendet,
    So müßt ich keinen Kränkungen erliegen!

    Doch diese Liebe möcht ich nie besiegen,
    Und weh dem Tag, an dem sie frostig endet!
    Sie ward aus jenen Räumen uns gesendet,
    Wo selig
    Engel sich an Engel schmiegen.

    Drum laß des Wahns mich, daß du liebst, mich freuen,
    Damit die Seele nicht mir ganz veröde,
    Und meinen Glauben möge nichts zerstreuen!

    O Glück, verweigre nicht mir allzuschnöde
    Den Tag, an welchem seinem Vielgetreuen
    Die ganze Seele zeigt der schöne Spröde!
    _____

    Nicht aus Begier und aus Genuß gewoben
    War unsre Liebe, nicht in Staub versunken:
    Nur deiner Schönheit bebt ich wonnetrunken,
    Und gütig warst du, gleich den
    Engeln oben.

    Du hattest mich zu dir emporgehoben,
    In deinem Auge schwamm ein lichter Funken,
    Der Farben schuf, den Pinsel drein zu tunken,
    Den reine Dichterhände Gott geloben.

    Nun, da ich fern von dir den Tag verbringe,
    Erscheinst du der Bewunderung noch reiner,
    Je mehr im Geist ich deinen Wert durchdringe.

    Ja, immer sehnsuchtsvoller denk ich deiner,
    Und legt die Welt mir auch so manche Schlinge,
    Du sollst mich nie gefangen sehn in einer.
    _____

     

  • Hermione von Preuschen (1854-1918)

    Du bist gekommen!

    Du bist gekommen ein
    Engel des Lichts,
    doch Licht ist dem Feuer verwandt -
    und Du wirst gehen, ein böser Geist,
    der mein Leben zu Asche gebrannt!
    _____

     

  • Anton Renk (1871-1906)

    Weißt du es noch, das Sternenfunkeln,
    Das an dem Maienabend war,
    Als trüge Lilien aus dem Dunkeln
    Der
    Engel unsichtbare Schar.

    Weißt du es noch, wir sprachen leise
    Und glücklich unser erstes Du -
    Verklungen ist die fromme Weise,
    Der nur die
    Engel hörten zu.

    Und wenn wir heute uns begegnen,
    So grüßen wir uns scheu und stumm. -
    Die
    Engel, welche wollten segnen,
    Die fragen leise sich: warum.
    _____

     

  • Emil Rittershaus (1834-1897)

    Nur der ist arm, der einsam zieht die Pfade,
    Von dem hinweg der Liebe
    Engel fliehn.
    Dir, Schicksal, Dank! Du hast in deiner Gnade
    Der Lieb' und Freundschaft Segen mir verliehn.
    O, alle, die mir Liebe je gespendet,
    Auf Blumenauen laß sie ewig gehn,
    Daß nie ihr Glück und ihre Wonne endet!
    O, die ich liebe, laß mich glücklich sehn!
    _____

     

  • Hermann Rollett (1819-1904)

    Verstummen

    Wenn oft in trautem Kreise
    Kein Mund ein Wort mehr sprach,
    Da soll ein
    Engel leise
    Hinfliegen durch's Gemach. -

    O diesen schönen Glauben,
    So blumenhaft erblüht,
    Den möge niemand rauben
    Dem gläubigen Gemüth!

    Ich selbst will mich versenken
    In dieses Glaubens Traum,
    Und will ihn nicht bedenken, -
    Will ihn erfassen kaum.

    Und wenn ich schweigend liege,
    O Lieb, an deiner Brust, -
    Ein lichter
    Engel fliege
    Durch unsre stille Lust!
    _____

     

  • Hugo Salus (1866-1929)

    Der Spruch

    Sie sprach – wenn dieser tiefe Orgelton
    Noch Sprache heißt-: "Sag', warum dankst du mir?
    Ist nicht die Liebe selbst Geschenk und Lohn?
    Und, daß ich lieben darf, wem dank' ich's? Dir!"

    Da war mir so: weit über Meer und Land
    Trug uns ein
    Engel bis zu Zions Thor.
    Sie aber hielt die Bibel in der Hand
    Und las mir mild die heiligen Sprüche vor.
    _____


    Vereinigung der Seelen
    Zu einem Bilde von Max Švabinsky

    Und wenn uns Beide alle Himmel trennen,
    Werd' ich am jüngsten Tag aus tausend Chören
    Dein Lied und deine Stimme gleich erkennen:

    Denn durch die Sehnsucht aller Ewigkeiten
    Werd' ich nur deine liebe Stimme hören,
    Wird mich ihr holder, sanfter Klang begleiten.

    Durch all die weißen, heilgen
    Engelscharen
    Wird meine Seele, liebes Seelchen, fliegen,
    Wird sich mein Wölkchen deiner Wolke paaren.

    Da will ich mich auf deine Wolke schwingen
    Und will mich eng an deine Seele schmiegen
    Und mit dir knien und preisen, beten, singen ...
    _____


    Traumengel

    Heut hat Traumkönigin die lichten
    Traumenglein in die Nacht geschickt,
    Die wissen Träume zu erdichten,
    Vom Baum der Wünsche abgepflückt.

    Nun flattern sie durch alle Gassen.
    "Wo fliegst du hin?" - "Zu einem Kind."
    "Und du?" - "Ich darf mich niederlassen,
    Wo ich ein willig Ohr mir find'!"

    Husch hier, husch dort! An tausend Ohren
    Erklingt der holde, süße Trug.
    Ein
    Engel nur fliegt noch verloren,
    Ihm scheint kein Schläfer wert genug.

    Da, wie er durch den Mondschein gleitet,
    Bannt ihn an einem Giebelhaus
    Ein dunkles Fenster. Weh, da breitet
    Ein andrer schon die Flügel aus.

    "Laß mich hier meinen Träumer finden!"
    Doch Amor lacht: "Den schirme ich!
    Dem mußt du keine Märchen künden!
    Er liebt! Der träumt auch ohne dich!"

    _____


    Der Liebesblick

    Im Kreise deiner Freundinnen standst du,
    Nicht weit von euch bei meinen Freunden ich.
    Scheinbar ganz sein, nickt' ich dem Sprecher zu,
    Doch mit der Seele sucht' ich dich, nur dich.

    Wenn sie jetzt herblickt, flüstert es in mir,
    Herblickt nach mir - ums Herz ward mir ganz heiß -,
    Als Botschaft nehm' ich es, als Gruß von ihr,
    Als ihrer Liebe heiligen Beweis.

    Und da, da kam dein holdes, sanftes Kinn
    Der keuschen Rundung deiner Schulter nah,
    Ein rascher Augenblick, ein Her und Hin,
    In Flammen, glühend stand ich selig da.

    Mich sieht dein Aug', mich, mich erwählt dein Blick!
    Halt' aus, du Brücke, Steg von ihr zu mir!
    Du trägst auf dir ein unermeßlich Glück,
    Und alle
    Engel schweben über dir!
    _____

     

  • René Schickele (1883-1940)

    In deiner Treue will ich tief begraben sein.
    Ich weiß, dies Haar, das mich bedeckt, ist mein,
    und weiß, daß diese Hände mich behüten.
    Mit starken
    Engeln steht dein Herz im Bund.
    Alle Stunden, ob sie dunkel, ob sie fröhlich blühten,
    hingen als ein Lächeln sich an deinen Mund.
    _____

    Um dein Gesicht ist ein Glanz
    wie das Feuer eines Edelsteins um seinen Kern.
    Ich seh es immer, wie's - eine Vase, ein Kelch -
    dein Zimmer erhellt.
    Es versinkt in unsern Umarmungen
    und geht wieder auf wie ein Mond,
    den deine Liebesglut erhält.
    Wenn ich von dir gehe,
    starre ich lang in den Himmel. Es fällt ein Stern,
    und meine Liebe steht, ein gewaltiger
    Erzengel,
    vor dem Mond und hütet ihn.
    _____

    Die
    Engel der Liebkosung steigen nieder,
    von weitem kommen deine Hände wieder,
    und deine Augen sind so mild, so weit,
    daß alle Dinge drin verklärt gen Himmel fahren.
    _____

     

  • Karl Siebel (1836-1868)

    Mein
    Engel

    Wenn dein tiefdunkles Auge
    Sich mir zu lesen giebt -
    Fühl' ich mit stiller Wonne,
    Daß mich ein
    Engel liebt.

    Und jede trübe Klage
    Das frohe Herz vergißt;
    Es weiß, daß es nun selber -
    Im Himmel heimisch ist. –
    _____

     

  • Wilhelm Wackernagel (1806-1869)

    O du in meine dunkeln Thale
    Vom Himmel mir herabgesandt
    Mit einer vollen Segensschale,
    Mein
    Engel, in der weißen Hand!
    Vom Meer der Lieb' ist mild getroffen
    Ein Thau auf dieses müde Haupt,
    Und wieder liebt mein Herz und glaubt
    Und schlägt in einem neuen Hoffen.

    O sanft gelehnt am Liljenstabe,
    Mein
    Engel du im lichten Kleid,
    Sei mein Geleit du bis zum Grabe,
    Und übers Grab noch mein Geleit!
    O bleibe bei mir! ach es dunkelt
    Aufs neue, läßt du mich allein,
    Du von der Sonne mir ein Schein,
    Die in der Welten Mitte funkelt.
    _____

     

  • Frank Wedekind (1864-1918)

    Marys Kochschule

    Daß in deinem
    Engelsköpfchen
    So viel Teufelei rumort,
    Hätt ich nimmer ahnen können;
    Aber deine Küsse brennen,
    Wie kein Höllenfeuer schmort.

    Deiner Seele heiße Sauce
    Gießt sich prasselnd auf mich aus;
    Mit den neusten Apparaten
    Werd ich Ärmster ausgebraten,
    Ein bejammernswerter Schmaus.

    Schließlich öffnest du die Brust mir
    Und transchierst mein dampfend Herz,
    Weidest dich an seinem Pochen,
    Wie's zerrissen und zerstochen
    Und in Stücke sprang vor Schmerz.
    _____

     

  • Ernst von Wildenbruch (1845-1909)

    Versprechen

    Auf Dornen hat mein Weg mich oft geführet,
    Du lieber
    Engel wandle sanft und weich;
    Des Lebens Schwere hab' ich oft verspüret,
    Dir lieber
    Engel sei es freudenreich.

    Wir sind nicht reich an allen jenen Dingen,
    Die man die Güter nennet dieser Welt;
    Doch Liebe gibt den Seelen Hoffnungsschwingen
    Und Hoffnung ist ja mehr als Gut und Geld.

    Und hätt' ich nichts, was dir den Weg versüße,
    So breitet' ich die Hände vor dir her
    Und spräche: schreitet drauf, ihr müden Füße,
    Für die Geliebte dulden ist nicht schwer.
    _____

    Heilung

    Es liegt die Nacht auf Erden schwer
    Mit allen ihren Schauern;
    Mein Herz ist dunkel, kalt und leer,
    In mir ist nichts als Trauern.

    Steh auf, du Himmelssonnenlicht,
    Zünd' an die warmen Kerzen!
    Geh auf, du
    Engelangesicht,
    In meinem müden Herzen.

    Hauch' ab die kalte Erdennacht
    Mit deinem Flammenmunde!
    Lacht in das Herz mir, Augen, lacht!
    Daß ich, daß ich gesunde!
    _____

     

 

 

 

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