Liebeslyrik - Miniaturen

Gedichte und Gedicht-Zitate (Stichwort: Fromm)
 


Franz Marc (1880-1916)
Liebespaar


 



Stichwort: Fromm

16./17. Jh.      18. Jh.      19/20. Jh.

 

16./17. Jh.

 

  • Anonyme Barockdichter

    Blandinchen / reiner schwan /
    Der nichts / als
    fromm seyn kan /
    Dein heller tugend-schall /
    Du schöne nachtigall /
    Klingt besser / als Citrinchen /
    Blandinchen.
    _____

    Sey mir willkommen / ach! sey mir willkommen /
    Schönste Lisille / du krone der
    frommen /
    O! du mein alles! mein einzigs verlangen?
    Hab ich dich oder hastu mich gefangen?
    _____

     

  • Paul Fleming (1609-1640)

    O Schönste der schönen/
    benimm mir diß sehnen.
    Komm/ eile/ komm/ komme/
    du süße/ du
    fromme.
    Ach Schwester/ ich sterbe/
    Ich sterb'/ ich verderbe.
    Komm komme/ komm/ eile/
    komm/ tröste/ komm/ heile.
    Benimm mir diß sehnen/
    O schönste der schönen!
    _____

    Der Frommen

    Die Schönste heißest du, wenn Schönheit schöne macht,
    die Keuscheste von Zucht. Doch laß' ich mir behagen,
    dir von der
    Frömmigkeit den Namen anzutragen,
    die aus den Augen dir mit kluger Einfalt lacht.
    Mund trifft mit Herzen zu. Der Schönheit sanfte Pracht
    gibt deiner Demut nach. Es kommen Viel' und fragen,
    wie kan ich ihnen doch was mehr und bessers sagen,
    als was sie hatten schon bei sich von dir gedacht?
    Dein Ansehn redt für dich, das sittige, das liebe,
    in welches die Natur die Treflichkeit ganz schriebe,
    die in der Seelen liegt und hell erglänzt, wie sehr
    sie auch sich in sich hält. An Menschen nur sind Mängel
    und was verwerflich ist. An dir, du reiner Engel,
    ist ganz Verwerflichs nichts, ist ganz nichts Menschliches mehr.
    _____

     

18. Jh.

 

  • Sophie Albrecht (1757-1840)

    Oede wird mir jeder Tag entweichen,
    Jede Nacht sinkt mir in Thränen hin;
    Nie wird Friede dieses Herz erreichen,
    Jüngling! da ich ferne von dir bin.

    Doch die Hoffnung, die wie Frühlings-Wehen
    Um mich säuselt, und den Glauben stützt,
    Sagt mir: Gott läßt dich mich wiedersehen,
    Er, der gern ja
    fromme Liebe schützt.
    _____

    Er schien so
    fromm, er schien so gut -
    Nur mir allein geweiht
    Schwur er der Liebe heil'ge Gluth,
    Für Zeit und Ewigkeit.

    Da sang ich froh, da sang ich laut,
    Das Lied von unsrer Gluth;
    War stolz wie eines Engels Braut;
    Denn er schien
    fromm und gut! -

    Doch, ach! bald schwand sein
    frommer Sinn
    Und Sünde ward sein Ziel;
    Er schleuderte für Wallung hin
    Des Herzens Hochgefühl.
    _____

     

  • Gabriele von Baumberg (1768-1839)

    Wie eckel sind mir nun die Freuden alle,
    Die mich vor kurzem noch so sehr entzückt!
    Wie wenig kümmert's mich, ob ich gefalle:
    Da, Jüngling, deine Liebe mich beglückt.

    Ich schmiege mich, wie eine
    fromme Taube,
    An dich, an dich, den meine Muse preis't,
    Und drehe mich zwar mit dem Fuss im Staube,
    Doch weit, weit über Sternen fliegt mein Geist.
    _____

     

  • Helmina von Chézy (1783-1856)

    An *

    Der Frühling ist ein süßes Bangen,
    Der Sommer ist ein heitres Glüh'n,
    Bald will der goldne Herbst dir prangen,
    Mit Segen krönend edle Müh'n;
    Spät wird der ernste Winter kommen,
    Mild, wie dein Herz, in weißer Pracht,
    Bringt doch sein Nahen nur den
    Frommen
    Verheißung, daß der Lenz erwacht.
    _____

    An Ludwig Freiherrn Rançonnet

    Ein Finden ist kein Finden,
    Es ist ein Wiedersehn,
    Was Seelen kann verbinden,
    War ewig schon geschehn,
    O, hege treu den Funken,
    Der deine Brust durchglüht,
    Der deine Seele trunken
    Zum Flammenurquell zieht!
    In Liebe nur ist Wahrheit,
    In Treue nur ist Klarheit,
    Ein Herz, treu,
    fromm und wahr
    Ist Gottes Hochaltar.
    _____

     

  • Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

    Fromm sind wir Liebende, still verehren wir alle Dämonen,
    Wünschen uns jeglichen Gott, jegliche Göttin geneigt.
    Und so gleichen wir euch, o römische Sieger! Den Göttern
    Aller Völker der Welt bietet ihr Wohnungen an,
    Habe sie schwarz und streng aus altem Basalt der Ägypter,
    Oder ein Grieche sie weiß, reizend aus Marmor geformt.
    Doch verdrießet es nicht die Ewigen wenn wir besonders
    Weihrauch köstlicher Art Einer der Göttlichen streun.
    Ja, wir bekennen euch gern: es bleiben unsre Gebete,
    Unser täglicher Dienst Einer besonders geweiht.
    _____

    In unsers Busens Reine wogt ein Streben,
    Sich einem Höhern, Reinern, Unbekannten
    Aus Dankbarkeit freiwillig hinzugeben,
    Enträtselnd sich den ewig Ungenannten;
    Wir heißens:
    fromm sein! - Solcher seligen Höhe
    Fühl ich mich teilhaft, wenn ich vor ihr stehe.

    Vor ihrem Blick, wie vor der Sonne Walten,
    Vor ihrem Atem, wie vor Frühlingslüften,
    Zerschmilzt, so längst sich eisig starr gehalten,
    Der Selbstsinn tief in winterlichen Grüften;
    Kein Eigennutz, kein Eigenwille dauert,
    Vor ihrem Kommen sind sie weggeschauert.
    _____

     

  • Johann Christian Günther (1695-1723)

    Du meines Herzens halber Theil,
    Mein Kind, mein Schaz, mein Heil, mein Leben,
    Wirst gleichfalls mir in aller Eil
    Ein Pflaster vor die Wunde geben;
    Bleib
    fromm und redlich, halt getreu -
    Ein böser Tag geht auch vorbey.
    _____


    ALS ER ABSCHIED VON IHR NAHM

    MEIN Engel, lebe wohl! Die Zunge kan nicht mehr,
    Der Kiel erbebt und starrt, die Angst bestürmt mich sehr;
    Doch, Kind, erfreue dich; Gott und die Zeit wird lehren,
    Daß sie der
    Frommen Wuntsch, der Liebe Seufzer hören.
    _____

     

19./20. Jh.
 

  • Michel Berend (1834-1866)

    O, wenn dir Gott ein Lieb geschenkt,
    Behalt' es treu im Herzen,
    Und was dich quält und was dich kränkt,
    Mit ihr kannst du's verschmerzen;
    Es schwindet jedes Leid der Welt,
    Wenn Liebchens Träne darauf fällt -
    Drum, wenn dir Gott ein Lieb geschenkt,
    Behalt' es treu im Herzen.

    Wenn
    fromm auf dich ihr Auge schaut,
    Aus Bitterm wird das Süß'ste,
    Wie, wenn der Himmel tröstend blaut,
    Zum Paradies die Wüste.
    Der Hader und der Wahn schläft ein,
    Das wilde Herz wird gut und rein -
    Wenn
    fromm auf dich ihr Auge schaut,
    Aus Bitterm wird das Süß'ste.
    _____

     

  • Frida Bettingen (1865-1924)

    Deine Liebe ist die
    fromme Legende meiner Seele

    Ein Stern stand über dem Walde.
    Ein einziger, großer, wundervoller Stern.
    Die Waldnymphe staunt:

    Wie schön bist Du!
    Dein Gang ist lauter.
    Deine silbernen Strahlen
    sammelt mein Herz.

    "Liebliche" sagt der Stern.

    Meine Bäume bröckeln auf
    zu süß duftender Rinde.
    Alle beugen sich ein in Deinen Glanz.
    Meine Bäume schlafen nicht.
    Aus ihren geheimnisvollen Seelen tropft Blut.
    Schweres, süßes, goldenes Blut.

    "Liebliche" sagt der Stern.

    Ich stehe auf der zaubersamen Regenbogenbrücke.
    Meine Augen sind Glanz.

    Du wohnst ferne von mir.
    Um die Tore der Wolken
    wo Du wohnst
    flattern die Lieder
    meiner Heimat.

    "Liebliche" sagt der Stern.

    Deine Liebe ist die
    fromme Legende meiner Seele.
    _____

     

  • Peter Cornelius (1824-1874)

    Siehst du mir nur ins Aug' hinein

    Siehst du mir nur ins Aug' hinein,
    Nenn' ich die Welt, den Himmel mein!

    Und wenn mich deine Hand nur drückt,
    Gedenk' ich Gottes,
    fromm entzückt.

    Doch wenn dein Mund im Kuß mich hält,
    Vergess' ich Himmel, Gott und Welt!
    _____

     

  • Carl Ferdinand Dräxler-Manfred (1806-1879)

    Der reinen Liebe ist das ganze Leben
    Rings aufgethan gleich einem offnen Buche,
    Sie weiß mit ihrem
    frommen Zauberspruche
    Sich über Welt und Zeit hinwegzuheben.
    _____

    Aehnlich einer Zauberblume,
    Die nur Einmal blühen will,
    Stand im Herzensheiligthume
    Meine Liebe
    fromm und still.

    Daß es nicht an andern fehle,
    Wenn die eine welkt und bricht,
    Daran dachte meine Seele,
    Weiß der liebe Himmel! nicht.
    _____

    Ein Weib wie du, so lieb und innig,
    An allen süßen Gnaden reich,
    Das Herz so tief, der Geist so sinnig,
    Das Aug so klar, der Mund so weich -

    Ich ahnte nichts von solchen Wesen,
    Da zuckt der Blitz, ich sehe dich,
    Und
    fromm wird, der ein Saul gewesen,
    Und fleht zu dir: O liebe mich!

    Du Inbegriff des Lieb- und Guten,
    Mein All, mein Gott, mein Himmel du,
    Laß mich zu Füßen dir verbluten,
    Doch lächle mir nur liebend zu!

    _____

     

  • Gustav Falke (1853-1916)

    Fromm

    Der Mond scheint auf mein Lager,
    ich schlafe nicht,
    meine gefalteten Hände ruhen
    in seinem Licht.

    Meine Seele ist still, sie kehrte
    von Gott zurück,
    und mein Herz hat nur einen Gedanken:
    Dich und dein Glück.
    _____

     

  • Ferdinand Freiligrath (1810-1876)

    Ruhe in der Geliebten

    So laß mich sitzen ohne Ende,
    So laß mich sitzen für und für!
    Leg' deine beiden
    frommen Hände
    Auf die erhitzte Stirne mir!
    Auf meinen Knien, zu deinen Füßen,
    Da laß mich ruhn in trunkner Lust;
    Laß mich das Auge selig schließen
    In deinem Arm, an deiner Brust!

    Laß es mich öffnen nur dem Schimmer,
    Der deines wunderbar erhellt;
    In dem ich raste nun für immer,
    O du mein Leben, meine Welt!
    Laß es mich öffnen nur der Träne,
    Die brennend heiß sich ihm entringt;
    Die hell und lustig, eh' ich's wähne,
    Durch die geschloßne Wimper springt!

    So bin ich
    fromm, so bin ich stille,
    So bin ich sanft, so bin ich gut!
    Ich habe dich - das ist die Fülle!
    Ich habe dich - mein Wünschen ruht!
    Dein Arm ist meiner Unrast Wiege,
    Vom Mohn der Liebe süß umglüht;
    Und jeder deiner Atemzüge
    Haucht mir ins Herz ein Schlummerlied!

    Und jeder ist für mich ein Leben! -
    Ha, so zu rasten Tag für Tag!
    Zu lauschen so mit sel'gem Beben
    Auf unsrer Herzen Wechselschlag!
    In unsrer Liebe Nacht versunken,
    Sind wir entflohn aus Welt und Zeit:
    Wir ruhn und träumen, wir sind trunken
    In seliger Verschollenheit!
    _____

     

  • Emanuel Geibel (1815-1884)

    Es giebt wohl Manches, was entzücket,
    Es giebt wohl Vieles, was gefällt;
    Der Mai, der sich mit Blumen schmücket,
    Die güldne Sonn' im blauen Zelt.
    Doch weiß ich Eins, das schafft mehr Wonne,
    Als jeder Glanz der Morgensonne,
    Als Rosenblüt' und Lilienreis:
    Das ist, getreu im tiefsten Sinne
    Zu tragen eine
    fromme Minne,
    Davon nur Gott im Himmel weiß.
    _____


    Der Liebenden

    Seitdem die Liebe dir genaht, der Reinen,
    Ist's wie ein Zauber über dich gekommen;
    In süßem Feuer ist dein Aug' erglommen,
    Doch schöner blickst es noch in sel'gem Weinen.

    Oft, wenn du wandelst, will es mir erscheinen,
    Als sei die ird'sche Schwere dir genommen;
    Dein Thun ist wie der Blumen Blühn, der
    frommen,
    Und wie der Engel ist dein Wunsch und Meinen.

    Das Wort erblüht von selbst dir zum Gedichte,
    Doch schweigst du, strahlt, die Rede zu ergänzen,
    Von deiner Stirn die Lieb' im reinsten Lichte.

    So sah dereinst, entrückt der Erde Gränzen,
    Auf Beatricens schönem Angesichte
    Den Strahl des Paradieses Dante glänzen.
    _____

    Weil mein Mund den klugen Leuten
    Oft nur halbe Antwort stammelt,
    Heißen sie mich den Zerstreuten,
    Doch ich bin in dir gesammelt.

    Laß an Babels Thurm sie bauen!
    Aber mich soll eins nur freuen,
    Fromm in innerlichem Schauen
    Mir dein Bildniß zu erneuen.

    Und so leb' ich Stund' um Stunde
    Einsam mitten im Getriebe,
    Still durchsonnt im Herzensgrunde
    Vom Bewußtsein deiner Liebe.
    _____

    Wo still ein Herz voll Liebe glüht,
    O rühret, rühret nicht daran!
    Den Gottesfunken löscht nicht aus!
    Fürwahr, es ist nicht wohlgethan.

    Wenn's irgend auf dem Erdenrund
    Ein unentweihtes Plätzchen giebt,
    So ist's ein junges Menschenherz,
    Das
    fromm zum erstenmale liebt.
    _____

     

  • Hermann von Gilm (1812-1864)

    Gottvergessne Liebe

    Küßt mich die Mutter Abends
    Aus ihres Herzens Grund;
    So macht sie stets ein Kreuzchen
    Mir
    fromm auf Stirn' und Mund.

    Ich küßte dich wohl öfter
    In süßer Abendstund';
    Du hast mir nie ein Kreuzchen
    Gemacht auf Stirn' und Mund.

    Und daß ich jetzt so vieles
    Und herbes Leid erduld',
    Daran ist wohl die Liebe,
    Die gottvergeßne, schuld.
    _____


    Raphaele

    Wohin, o Mensch? Woher bist du gekommen?
    Das sind die metaphysisch dunkeln Fragen,
    Die manches edle Menschenherz benagen,
    Von sternenloser Zweifelsnacht beklommen.

    Was dich in unser Erdenthal getragen,
    Das weiß ich längst; aus deinen himmlisch
    frommen
    Und schönen Augen hab' ich es genommen,
    Die kindlich plaudernd das Geheimnis sagen.

    Sei mir nicht böse, wenn ichs nacherzähle!
    Du warst die einz'ge Frauenengelseele,
    Daß auch im Himmel Weiblichkeit regiere.

    Nicht herrschen, - lieben wollte Raphaele;
    Da wies der Schöpfer ängstlich ihr die Thüre,
    Daß sie ihm seine Engel nicht verführe.
    _____

     

  • Adolf Hain (1825-1854)

    Da sah ich dich, du feine zarte Blume!
    Und Sonnenlicht drang in die kranke Brust
    Aus deiner
    frommen Augen Heiligthume,
    Dein Mund, er lächelte mir neue Lust:
    So gut, so rein, nicht eitel, fern von Ruhme:
    Da ward ich jener Wahrheit mir bewußt,
    Daß keine Wahrheit in der Lust der Sinne,
    Daß Seelenliebe nur das Glück gewinne.
    _____

     

  • Friedrich Halm (1806-1871)

    Zweifach ist Liebe; eine heiß und wild,
    Voll Lust und Leid, voll Kampf und Sieg und Wunden,
    Und eine
    fromm, nachsichtig, sanft und mild,
    Doch wen'ger oder mehr allein empfunden.
    _____

     

  • Robert Hamerling (1830-1889)

    Deute mir den süßen Zauber,
    Der die Frauenlippe würzt:
    Daß uns ihre Glutberührung
    In ein Meer von Wonne stürzt?

    Solchem Wunder nachzuspüren
    Ist so
    fromm, als wie des Seins
    Ew'gem Grunde nachzugrübeln:
    Alle Wunder sind nur eins.
    _____


    Ich will ja nichts!

    O laß an deiner Seite mich, im Kreise deines Lichts!
    Ich will ja
    fromm und ruhig sein – laß mich, ich will ja nichts!
    An süß Gekose denk' ich nicht, an Druck der Hände nicht;
    An einen Kuß – o nicht von fern! Laß mich, ich will ja nichts!
    Laß ruh'n mein Haupt an deiner Brust; will ruh'n so zart, so rein,
    Wie Schwanenfittig auf dem See – laß mich, ich will ja nichts!
    Ich ford're ja nicht Liebe, nein! was drückst du mir so streng
    Des Haßes Pfeil in's tiefste Herz? Laß mich, ich will ja nichts!
    _____

     

  • Heinrich Heine (1797-1856)

    Minnegruß

    Die du bist so schön und rein,
    Wunnevolles Magedein,
    Deinem Dienste ganz allein
    Möcht ich wohl mein Leben weihn

    Deine süßen Äugelein
    Glänzen mild wie Mondesschein;
    Helle Rosenlichter streun
    Deine roten Wängelein.

    Und aus deinem Mündchen klein
    Blinkts hervor wie Perlenreihn;
    Doch den schönsten Edelstein
    Hegt dein stiller Busenschrein.

    Fromme Minne mag es sein,
    Was mir drang ins Herz hinein,
    Als ich weiland schaute dein,
    Wunnevolles Magedein!
    _____

    Die Lotosblume ängstigt
    Sich vor der Sonne Pracht,
    Und mit gesenktem Haupte
    Erwartet sie träumend die Nacht.

    Der Mond, der ist ihr Buhle,
    Er weckt sie mit seinem Licht,
    Und ihm entschleiert sie freundlich
    Ihr
    frommes Blumengesicht.

    Sie blüht und glüht und leuchtet,
    Und starret stumm in die Höh;
    Sie duftet und weinet und zittert
    Vor Liebe und Liebesweh.
    _____

     

  • Alfred Walter Heymel (1878-1914)

    Gelöbnis

    Mir soll die Freundschaft heilig sein,
    die Liebe ein Gebet.
    Euch süßen Frauen will ich ein
    getreuer Knecht und Liebling sein,
    solang mein Atem geht.

    Ich trete in den Tempel ein,
    hoch, stolz und leicht erbaut.
    Dir, Aphrodite, ganz allein
    will ich ein
    frommer Priester sein,
    bis schwarzes Haar ergraut.

    Muß endlich dann gestorben sein,
    bringt mir das letzte Mahl,
    bringt Lichter, Rosen, klaren Wein,
    mein Leben soll genommen sein
    von Lippen fein und schmal.
    _____

     

  • Joseph Emanuel Hilscher (1806-1837)

    Ihre Schönheit

    Vergebens hab' ich Worte ausgewählt,
    Um deiner Schönheit Allgewalt zu singen:
    Dem
    frommen Eifer will es nicht gelingen,
    Ich fühle, daß es mir an Ausdruck fehlt.

    Denn alle Anmuth, so die Erde zählt,
    Seh' ich in dir um Oberherrschaft ringen;
    Und alle Reize, welche dich umschlingen,
    Sind ganz von deinem schönen Geist beseelt.

    O! diese Schönheit hegt des Feuers Macht:
    Sie glänzet, sie erwärmet, und verzehrt
    Die Schlacken jeder Seele, die ihr naht.

    Nie wird sie von der Hand der Zeit zerstört,
    Nie wird sie schwinden in des Todes Nacht,
    Weil sie die Quelle in dem Geiste hat.
    _____

     

  • Ludwig Jacobowski (1868-1900)

    Der Kerker

    Vor der Mutter hält mein Bildnis
    Tiefgeheim mein Lieb geborgen;
    Zwischen
    frommen keuschen Blättern
    Des Gesangsbuchs ruht mein Bildnis!

    Goldig auf dem sammt'nen Buche
    Glänzt das Schmerzenskreuz des Heilands. -
    Kannt' als Knabe schon die Lieder,
    Die man sang aus sammtnen Buche,

    Sang vom Trost im heil'gen Geiste,
    Von der ew'gen Heilandsliebe,
    Von der Zuversicht im Vater,
    Und im Sohn und heil'gen Geiste,

    Von der Reu des argen Sünders,
    Und der bösen Heidenrotte ...
    Zwischen diesen
    frommen Blättern
    Ruht das Bild des argen Sünders.

    Wenn sie singt im hohen Dome
    Aus den
    frommen keuschen Blättern,
    Sing ich, ein verlorner Jude,
    Weinend mit im hohen Dome.
    _____


    Unverbesserlich

    Wenn du so mit klugem Munde
    Meinem heißen Drängen wehrst,
    Hundertmal in einer Stunde
    Mich in
    frommer Zucht belehrst - -

    Hör ich nur den Klang, den weichen,
    Und der Lippen holdes Spiel;
    Und zu hundert neuen Streichen
    Lockt mein zärtliches Gefühl! ...
    _____

     

  • Nikolaus Lenau (1802-1850)

    Stumme Liebe

    Ließe doch ein hold Geschick
    Mich in deinen Zaubernähen,
    Mich in deinem Wonneblick
    Still verglühen und vergehen;

    Wie das
    fromme Lampenlicht
    Sterbend glüht in stummer Wonne
    Vor dem schönen Angesicht
    Dieser himmlischen Madonne! -
    _____

     

  • Hermann Lingg (1820-1905)

    Aus Nacht

    Dein Herz, so liebevoll und schön,
    O wär' es mir gewogen!
    Ich schaute dann in lichte Höh'n
    Aus dunklen Lebenswogen.

    Ich würde nicht im Streit mit mir
    Wild hin und her getrieben,
    Ich würde
    fromm sein und mit dir
    Die Welt und Alles lieben.
    _____

     

  • Hermann Löns (1866-1914)

    Maiandacht

    Von dem Dom acht Glockenschläge schallen,
    Aus den Fenstern flimmert Kerzenglanz,
    Tausend hübsche kleine Mädchen wallen
    Nach dem Dom mit Buch und Rosenkranz.

    Tausend hübsche stramme Burschen warten
    An der Kirchtür und flüstern leis:
    Schätzchen, um halb neun im städt’schen Garten!
    Tausend Mündchen flüstern: Ja, ich weiß!

    Drinnen senken sich die hübschen Köpfchen,
    Und das Knie das Kirchenpflaster küßt,
    Unter all den Löckchen und den Zöpfchen
    Kein Gedanke bei der Predigt ist.

    "Gott sei Dank! Die Predigt ist zu Ende,"
    Schnell nach draußen strömt der bunte Hauf,
    Und des Schloßparks breite Laubgelände
    Nehmen die verliebten Pärchen auf.

    Welch ein Küssen, Drücken, süße Sünden!
    Selbst das
    frommste Herzchen wird gerührt –
    Kalter Himmel, deine Schrecken schwinden,
    Und die heiße Hölle triumphiert.
    _____

     

  • Hieronymus Lorm (1821-1902)

    Vereinigung

    Geliebte Frau, in deinem Arm
    Umfängt mich eine Welt der Ferne,
    Ich lese klar die Schrift der Sterne,
    Geliebte Frau, in deinem Arm.
    Was ich in jenen Höhen lerne,
    Besiegt der Erde nahen Harm.
    Geliebte Frau, in deinem Arm
    Umfängt mich eine Welt der Ferne.

    Was Himmelssterne mir vertraut,
    Von deinen Lippen wird's besiegelt;
    Ein ird'scher Stern, dein Auge, spiegelt,
    Was Himmelssterne mir vertraut. -
    Des All's Geheimniß ist entriegelt!
    Ich glaube, spricht's auch ohne Laut,
    Was Himmelssterne mir vertraut:
    Von deinen Lippen wird's besiegelt!

    Denn liebessel'ger Vollgenuß
    Ist Himmelreich im Raum der Stunde.
    Was spricht mit kußverschlossnem Munde
    Denn liebessel'ger Vollgenuß?
    Daß
    fromme Sehnsucht ist im Bunde
    Und Glut der Andacht mit dem Kuß!
    Denn liebessel'ger Vollgenuß
    Ist Himmelreich im Raum der Stunde.
    _____

     

  • Christian Morgenstern (1871-1914)

    Ich küsse dich auf deine Lebenslinie,
    da wo der Handschuh mir die Lücke läßt...
    Ich küsse dich auf deine Lebenslinie ...

    So zierlich ruht sie im gewählten Nest!
    Und wie mein Mund sich zärtlich auf sie preßt,
    da segnet er
    fromm mit ihr gleich auch den Rest, -
    dein ganzes Leben mit der lieben Linie ...
    _____

     

  • Eduard Mörike (1804-1875)

    An Luise

    Ich sehe dich mit rein bewußtem Willen
    Gelassen dich in deinem Kreis bewegen,
    Noch sanft durchglüht vom letzten Vatersegen,
    Mit Heiterkeit des Tages Pflicht erfüllen.

    Du magst so gerne unbelauscht im stillen
    Die zarten Blüten deines Geistes pflegen
    Und kindlich, um das höchste Wort verlegen,
    Den Reichtum deiner tiefern Brust verhüllen.

    Wer so dich kennet, ja, der glaubt aufs neue,
    Daß Unschuld, Wahrheit, Demut,
    fromme Treue
    Noch immer nicht von dieser Erde schieden.

    Doch wenn es wahr ist, daß ein göttlich Walten
    Den schönsten Kranz der Tugend vorbehalten -
    Wer wäre würdig, dir ihn darzubieten?
    _____

     

  • Erich Mühsam (1878-1934)

    Fleischeslust

    Küsse mich! Gib mir die lüsternen Lippen,
    himmlische, wilde Hetäre!
    Glaubst du, daß sich an unsern Gerippen
    Gottes Liebe bewähre?
    Glaubst du, es könnte zu ewiger Gnade
    jemals die Seele schreiten,
    stählt sich der Leib nicht im zeitlichen Bade
    ewiger Seligkeiten?
    Liebet einander! der Herr hat's geboten.
    Tu seinen Willen, du
    Fromme!
    Liebe für Liebende! Tod für die Toten!
    Wirf ab deine Hüllen - und komme!
    Küsse mich! Eine Nacht soll uns schaffen
    ewigen Himmels Beglücktsein.
    In meine Arme! - Laß' Nonnen und Pfaffen
    Gott lästernd keusch und verrückt sein!
    _____

     

  • Clara Müller-Jahnke (1860-1905)

    Johannisnacht

    Umwogt von weißen Nebelschleiern
    von blühenden Rispen überdacht -
    komm mit ins Korn! Wir wollen feiern
    die heilige Johannisnacht.

    Da treibt aus taugetränktem Grunde
    in alle Halme hoch der Saft,
    da wirkt in klarer Vollmondstunde
    uralter Gottheit Wunderkraft.

    Wir fühlen tief das heilige Reifen
    und - eins im andern
    fromm bereit -
    stillsegnend unsre Stirnen streifen
    den Blütenhauch der Ewigkeit.
    _____

     

  • Wilhelm Müller (1794-1827)

    Vereinigung

    Wenn ich nur darf in deine Augen schauen,
    In deine klaren, treuen,
    frommen Sterne,
    So fühl' ich weichen das geheime Grauen,
    Das Lieb' und Liebe hält in stummer Ferne.

    Und unsre Herzen wollen sich begegnen
    In langen Blicken, die mit Thränen ringen,
    Und unsre Liebe will ein Engel segnen:
    Er schlägt um uns die weichen, warmen Schwingen.

    Nach seinem Namen wag' ich nicht zu fragen,
    Noch nach dem Namen dessen, der ihn sendet;
    Ich darf ja wieder weinen, wieder klagen:
    Fürwahr, mich hat kein eitler Wahn geblendet!
    _____

     

  • Betty Paoli (1814-1894)

    Sie suchen rauh, mit feindlichen Gewalten,
    Den
    frommen Geist der Liebe zu bezwingen;
    Doch was sie wünschen, werden sie's vollbringen?
    Nur brechen kann mein Herz, doch nicht erkalten!

    Des Trennungsabgrunds schauerliche Spalten
    Weiß der Gedanke rasch zu überspringen;
    Es eilt mein Lied zu dir auf mächt'gen Schwingen,
    Die sich im Sturm noch kräftiger entfalten.
    _____

    Weil meine Brust an deiner hat gelegen,
    Weil einst dein Haupt geruht in meinem Schooß,
    Und weil als
    frommer, heil'ger Liebessegen
    Auf deine Stirne meine Thräne floß;

    Weil du verstanden meiner Pulse Beben,
    Weil einst mein Kuß geglüht auf deiner Hand,
    Weil ich ein Theil einst war von deinem Leben
    Und weil du mich einst deine Braut genannt: -

    So wird fortan in allen künft'gen Tagen
    Hoch über allem Schmerz und aller Lust,
    Dein Bild als ew'ge Pyramide ragen,
    In der Sahara meiner tiefsten Brust.
    _____

     

  • Alfons Petzold (1882-1923)

    Sage, daß Du mich lieb hast,
    setz Dich zu mir her!
    Lieb, es ist mein Weg so schwer
    und so gut bei Dir die Rast.

    Will nicht schauen, will nicht denken,
    all das schafft so arge Pein,
    will mich ganz in Ruh' versenken
    und nur Schale Deines Atems sein.

    Lege all Dein Tun beiseit,
    Liebling Gottes, komm!
    Schenk mir in den Becher Zeit
    einen Tropfen Ewigkeit,
    daß ich wieder werde
    wie die liebe Erde,
    reich an Glauben, still und
    fromm.
    _____

     

  • Robert Prutz (1816-1872)

    Nur deine Hände kann ich fassen,
    Die treu an meinem Glücke baun,
    Erröthen kann ich und erblassen
    Und fragend in dein Auge schaun;
    Mein Haupt zu deinem kann ich neigen
    Und zärtlich pressen Mund auf Mund –
    Da thut mein Kuß mit
    frommem Schweigen
    Dir meiner Brust Geheimniß kund.
    _____


    All

    Du bist das keusche Mondenlicht,
    Das still und klar durch Wolken bricht,
    Und bist der Sonne Feuerstrahl,
    Der Blumen weckt in Berg und Thal.

    Der
    fromme Abendstern bist du,
    Der lächelnd winkt zu sel'ger Ruh',
    Und bist der Blitz, der, gottentstammt,
    Der Seele Dunkel mir durchflammt.

    Doch – "Namen sind nur Rauch und Schall!"
    Sei, wie du bist, du bist mein All!
    In deine Seele schließ' mich ein,
    Die Meine du, ich ewig dein!
    _____

    Du mit der schwanenweißen Brust,
    Berauschend wie der Duft der Traube,
    Du meine flammenheiße Lust
    Und keusch und züchtig wie die Taube;
    Aus deines Auges milden Sternen,
    So lockend und so
    fromm dabei,
    Wann werd' ich je zu Ende lernen
    Der Liebe süße Litanei?
    _____


    Ruhe

    Herrlich ist's, voll Glutverlangen
    In den Armen dir zu hangen,
    Fühlen, sanft herabgezogen,
    Deines Busens stürmisch Wogen,
    Deinen süßen Athem trinken,
    Ganz in Wonne untersinken!

    Aber süßer noch, ohn' Ende
    Halten deine lieben Hände,
    In die Augen dir, die blauen,
    Spiegel deiner Seele, schauen,
    Wortelos, mit
    frommem Schweigen,
    Fühlen, wie du ganz mein eigen.
    _____

    In der Liebe goldnen Fluten
    Bade dich gesund, o Herz!
    Angeweht von ihren Gluten,
    Kühlt und lindert sich dein Schmerz;
    Neue Sonnen läßt sie tagen,
    Leuchtend über Berg und Thal,
    Knospen, die der Sturm zerschlagen,
    Blühn durch sie zum zweiten Mal.

    Denk' der liebelosen Zeiten,
    Die du einsam hast verlebt,
    Eh' mit ihren Seligkeiten
    Fromme Liebe dich durchbebt;
    Deines Herzens junge Triebe
    Sehnten sich nach Lust und Licht,
    Liebe wollt'st du, nichts als Liebe,
    Und man bot dir starre Pflicht.
    _____

    Alles Schöne, alles Gute
    Ist der Liebe
    fromme Saat;
    Folge denn mit kühnem Muthe
    Gern und willig ihrem Pfad!
    Freue dich der stolzen Wonnen,
    Die du nimmst und die du giebst –
    Ach, bald ist der Sand verronnen,
    Und du lebst nur, wenn du liebst!
    _____

    Von allem, was da ist und lebt auf Erden,
    Ist nichts so
    fromm und heilig im Gemüthe
    Und nichts so keusch und lieblich von Geberden:

    Als wie ein Weib in seiner Schönheit Blüte,
    Daß sich dem Manne will zu eigen geben,
    Aus Liebe halb und halb aus milder Güte.
    _____

     

  • Anton Renk (1871-1906)

    Dein Bildnis da! - "So schön und hold und rein ..."
    Ich sitze still in meinem Heiligtume
    Und bete
    fromm: "Du bist wie eine Blume -"
    Der Tag sei dein!
    _____

     

  • Francisca Stoecklin (1894-1931)

    Meere sind zwischen uns und Länder und Tage.
    Aber ich weiß,
    Du wartest auf mich
    Jetzt und immer.
    Wissend und gut.
    Meere sind zwischen uns und Länder und Tage.

    Ich sehne mich nach dir,
    Nach deinen sanften Händen,
    Nach deiner
    frommen Schönheit,
    Nach deiner klugen Güte.
    O ich sehne mich nach dir.
    _____

     

  • Moritz Graf von Strachwitz (1822-1847)

    Ich will ja nicht an deinem Munde saugen,
    Nur
    fromm und gläubig in dein Antlitz schauen
    Und auf dem Strahle deiner Wunderaugen
    Zum Äther hin demantne Brücken bauen.
    _____

    Entweicht von meiner Seele Spiegel,
    Ihr Nebel, die ihr ihn umzogt,
    Es ist der Liebe Schwanenflügel,
    Der über meinem Haupte wogt.
    Und sieh! Du kommst dahergefahren,
    Frau Minne, durch des Äthers See:
    Doch anders bist du als vor Jahren
    Und strahlender, allmächt'ge Fee!

    Du träuftest sonst mir als Armide
    Den Zauberschlaf ins beste Mark.
    Nun kommt dein Kuß, wie Gottesfriede,
    Und macht mich freudig,
    fromm und stark.
    Und kamst du sonst geschäumt, geschossen,
    Ein Strom, der vom Gebirge rollt,
    So liegst du jetzo mild ergossen,
    Ein See im keuschen Sonnengold.
    _____

     

  • Albert Traeger (1830-1912)

    Schau' tief ich in Dein Auge nieder

    Schau' tief ich in Dein Auge nieder,
    Kommt über mich ein Kindestraum:
    Die bunten Lichter glänzen wieder
    An unserm grünen Weihnachtsbaum

    Die Hände wollen mir sich falten,
    Es fällt ein
    frommer Spruch mir ein,
    Den andachtsvoll wir Kleinen lallten:
    Kind Gottes, kehre bei uns ein!
    _____

     

  • Kurt Tucholsky (1890-1935)

    Wenn ich so müd nach Hause komm,
    zerredet und zerschrieben:
    dann sitzt du da, so lieb und
    fromm.
    Man muß, man muß dich lieben!
    Die Nacht gleich einem Feste ist.
    Ich weiß, daß du die Beste bist.
    Und warum ist das? Nämlich:
    Du bist so himmlisch dämlich.
    _____



     

 

 

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