Liebeslyrik - Miniaturen

Gedichte und Gedicht-Zitate (Stichwort: Liebe)
 


Franz Marc (1880-1916)
Liebespaar


 



 

Stichwort: Liebe

16./17. Jh.      18. Jh.      19/20. Jh.

 

16./17. Jh.
 

  • Hans Aßmann Freiherr von Abschatz (1646-1699)

    Könte man für
    Liebe sterben / wär ich längstens kalt und todt /
    Solte sie ein Feuer heissen / wär ich längstens Asch und Koth:
    Doch ist sie kein Tod zu nennen / woher fühl ich solche Schmerzen?
    Und ist sie kein brennend Feuer / was kocht so in meinem Herzen?
    _____


    Liebe und Gegen-Liebe

    Worzu dient so süsses Blicken /
    Wenn du bist in nichts verliebt?
    Ists / daß unser Seuffzer-schicken
    Cloris dir Vergnügen giebt?

    Zwar offt heist das Herze geben
    Sich begeben seiner Ruh /
    Doch wer immer frey will leben /
    Bringt sein Leben übel zu.

    Schönheit mit Verstand vermählet
    Trifft offt schlechte Gleichheit an:
    Manch getreues Herz erwehlet
    Was nicht Farbe halten kan:

    Fremde Qual heist Achtung geben
    Was für eine Wahl man thu;
    Doch / wer unverliebt will leben
    Bringt sein Leben übel zu.

    Liebe Cloris / lieb in Zeiten /
    Liebe was dich wieder liebt /
    Was dir / ohne Widerstreiten /
    Sein getreues Herze giebt.

    Lieb' und Gegen-Liebe geben
    Süsse Lust und stille Ruh /
    Wer von Liebe frey will leben
    Bringt sein Leben übel zu.
    _____


    Liebe für Liebe

    Wozu will Silvia / die Werthe / mich verbinden?
    Daß ich sie lieben soll? Ich geh es willig ein:
    Sie soll mich ihren Diener finden.
    Doch / wo ihr Herze will ohn Gegen-
    Liebe seyn /
    Wozu will Silvia / die Werthe / mich verbinden?
    _____


    Diesen tödtet Bley und Eisen /
    Jenen müssen Schmerz und Weh
    Zu dem kalten Grabe weisen;
    Liebe macht daß ich vergeh!

    Mancher muß sein Leben schlüssen
    In dem Schos der grünen See /
    Ich zu Galatheens Füssen:
    Liebe macht daß ich vergeh!

    Also klagte seine Schmerzen
    Filidor im grünen Klee /
    Sagend mit betrübtem Herzen:
    Liebe macht daß ich vergeh!

    Es bewegten sich die Steine /
    Doch nicht seine Galathe:
    Echo ruffte durch die Häyne:
    Liebe macht daß ich vergeh!
    _____


     

  • Anonyme Barockdichter

    Aria

    Himmel! was vor bittrigkeit
    Heget doch die süsse
    liebe!
    Heute helle / morgen trübe
    Ist ihr bestes ehren-kleid.
    Himmel / was vor bittrigkeit
    Heget doch die süsse
    liebe!
    _____


    Die gezwungene
    liebe

    Lieben das läst sich nicht zwingen /
    Lieben entstehet vor sich /
    Soll dir’s darinne gelingen /
    Mustu geduldiglich
    Warten was zeiten und tage dir bringen.

    Bindstu der
    liebe die hände;
    Sicher so wird sie dir feind /
    Plötzlich / geschwinde / behende
    Eh man es hätte vermeint
    Lauffet gezwungene
    liebe zum ende.
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    Die zugelaßne
    Liebe

    Lieben erlaubet die jugend zu üben /
    Lieben pflanzt selber der himmel uns ein;
    Keine gesetze verbieten das
    lieben /
    Sondern erfordern empfindlich zu seyn;
    Wahre verbündnüß getreuer gemüter /
    Lieben und wiederumb werden geliebt /
    Küssen und herzen sind köstliche Güter /
    Welche sie ihrem ergebenen giebt.
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  • Simon Dach (1605-1659)

    Lob-gesang der
    liebe

    O Amor, hertzen-binder,
    Du herr der freundlichkeit
    Und aller guten zeit,
    Du zwietracht-überwinder,
    Du grosser wolfahrt-heger,
    Wie daß die gantze welt
    Dir hin zu fusse fällt
    Und folget deinem läger?

    Wie weistu einzusperren
    Des scepters gantze macht!
    Dir dient der krohnen pracht,
    Der knecht auch sampt dem herren.
    Das alter wird gerissen
    Zwar an dein strenges joch,
    Die tugend pflegstu doch
    Am meisten einzuschliessen.

    Du machst dich in die wangen
    Der frauen-bilder hin
    Und führst den starcken sinn
    Der männer so gefangen;
    Was keine macht kan brechen,
    Kein staal, kein fallend bley,
    Was keine tyranney,
    Weist endlich du zu schwächen.

    Du hast die weit gelehret
    Das, was sie gutes hat,
    Daher auch dorff und stadt
    Dir billich zugehöret.
    Daß wir die felder bauen,
    Nach ehr' und güttern stehn,
    Tieff in das erdreich gehn,
    Und wind und wellen trauen,

    Wodurch wir zugenommen,
    Ja, aller pracht und zier
    Muß eigentlich von dir,
    Du welt-bereicher, kommen.
    Du endest angst und leiden,
    Greiffstu, o Amor, an
    Und hilffst, so träget man
    Des creutzes last mit freuden.

    Durch dich muß alles werden,
    Was vieh und menschen noht,
    Ohn dich kömmt weder brodt
    Noch wein-wachs aus der erden.
    Wie schön die vögel singen,
    Wie frölich durch das meer
    Der fische schaar, daß heer
    Der thier' im walde springen;

    Wie lustig sich mit täntzen
    Das volck der sternen macht,
    Wie helle bey der nacht
    Sie umb den mond her gläntzen,
    Wie schnell der sonnen räder,
    Wie lieblich lufft und wind,
    Wie angenehm uns sind
    Die brunnen, flüsse, bäder.

    Doch were nichts zu spüren
    Von allem, was man kennt,
    Wenn du das regiment
    Nicht, Amor, soltest führen.
    Glückselig ist die stunde,
    Kriegt anders zeit hie stat,
    Da Gott gezeugt dich hat
    Aus seines hertzens grunde.

    Man hat von keinen plagen
    Da irgends wo gewust,
    Und nur von lauter lust
    Und freude können sagen.
    Da war kein haß vorhanden,
    Kein argwohn und kein streit,
    Fried' und gerechtigkeit
    Sind umb dich her gestanden.

    Man sieht noch jetzund leben
    Und grosses wolergehn
    An allen orthen stehn,
    Wo du dich hin begeben;
    So komm nun, dein begnügen
    Umbschließ' auch dieses paar
    In eintracht immerdar,
    Die ehlich jetzt sich fügen!

    Du bist es, den wir singen,
    Du, und das wahre gut,
    Der uns das liebste thut,
    Gott selbst für allen dingen.
    Wir werden angetrieben
    Zu sagen: Er allein
    Muß selbst die
    liebe seyn,
    Die er so rein kan üben.

    O seelig, seelig weren
    Wir menschen allerseit,
    Die wir durch haß und streit
    Erbärmlich uns verzehren,
    Wenn doch auch uns die
    liebe,
    Die alles hie und da,
    Und selbst den himmel, ja
    Am meisten Gott treibt, triebe!
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  • Georg Greflinger (um 1620-1677)

    Auf die wahre
    Liebe

    O herrliches Geschenck und überköstlich Pfand/
    Das aus dem Himmel kommt/ von Gottes eigner Hand/
    So ich so mächtig wär ein Ding recht zu erheben
    Ich würde dir den Preiß vor allen Dingen geben/
    Und daß du nimmermehr dich in ein Hertze giebst/
    Das Hoffart hat noch sonst ein Haupt vol Ehrsucht liebst/
    Wol aber so ein Hertz/ das sacht und Sanfftmuth heget/
    Du bist auch nicht der Art/ die sich auff Wildheit leget/
    Durch Guthat Hoffart triegt und groß geehrt wil seyn.
    O Nein du hältst dein Hertz durch Glaub und Hoffnung rein
    Du hast auch keine Lust an Reichthum Ehr und Schäzen/
    Treu/ Tugend Ruh und Recht sind einig dein Ergezen.
    Du denckst von keinem böß/ O Himmel-volle Lieb!
    Ich fühle nun von dir ein wunderlich Betrieb.
    Benim mich meines Frosts/ und laß in deinen Armen
    Dahin mich so verlangt/ sanfft ruhen und erwarmen.
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  • Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616-1679)

    Entwurff der
    liebe

    Die lieb ist unvernunfft / die mit vernunfft vermengt /
    Ein fried-gesellter haß / betrug vermischt mit glauben /
    Ein' hoffnungsvolle furcht / ein schiffbruch / dessen rauben
    Uns dennoch süsse dünckt / ein stein so uns bedrängt /
    Ein angenehm Charybd / und ein gesundes krancken /
    Ein hunger der sich muß mit seiner sattheit zancken /
    Ein vollgezechter durst / und trunckne nüchternheit /
    Ein schönes freuden-spiel / das garstig unglück endet /
    Ein port der uns verschlingt / wenn man schon angelendet /
    Ein süsser übelstand / und üble süssigkeit /
    Ein bittrer honigsafft / der von geruch beliebet /
    Und der uns im geschmack gifft / pest und galle giebet /
    Ein wetter das man wünscht / und eine lichte nacht /
    Ein dick verfinstert licht / ein abgestorbnes leben /
    Und ein belebter tod; ein fehler der vergeben /
    Doch nicht vergessen wird. Ein schandfleck / der mit pracht
    Und schmincke sich bestreicht. Ein tugendhafftes laster
    Und schnöder missethat gelindes arzney-pflaster /
    Ein unbeständig spiel und ein beständig trug /
    Ein' ausgekräffte krafft / ein ganz beweglich festes /
    Ein allgemeiner schluß / der narrheit nennt sein bestes /
    Ein rath / der urtheil spricht ganz ohne recht und fug /
    Ein wohlstand / der betrübt / ein glück / das nicht erscheinet /
    Ein lust-hauß / da die seel den freyen stand beweinet.
    _____


    Abbildung der
    Liebe

    Der
    liebe rosen-blat hat dörner zu gefehrten /
    Aus welchen nach der lust der unlust früchte blühn;
    Sie hebt ihr haupt empor / als wie auf zauber-gerten /
    Und kan durch einen blick uns ins gehäge ziehn.
    Dann stöst der freyheit schiff an ungeheure klippen /
    Es bleibt / eh wirs vermeint / auff einer sandbanck stehn /
    Und lacht kein trost uns an von rosen-lichten lippen /
    So heists: O himmel hilff! wir müssen hier vergehn.
    Da stimmt das herze an: verlasse mich o
    liebe!
    Dann heists: Entfernet euch / die ihr ans lieben denckt /
    Durch lieben wird uns nur der wohlfahrts-himmel trübe /
    Nichts ist / was unsre brust mehr als die
    liebe kränckt.
    Doch / sind die dornen weg / so greifft man nach den rosen /
    Es gibt die bessre zeit uns andre sinnen ein /
    Dann können wir vergnügt in den gedancken loosen /
    Auff welcher seite wir am liebsten wollen seyn.
    Und so verliehren wir die kurzen lebens-zeiten /
    Das schiff des lebens laufft dem hafen näher zu /
    Biß uns der winter pflegt in so ein land zu leiten /
    Wo man der
    liebe baum mit erde decket zu.
    _____


     

  • Ernst Christoph Homburg (1607-1681)

    Epigramma
    Was die
    Liebe?

    Ein Fewer/ sonder Fewr/ ein lebendiger Todt/
    Ein Zorn/ doch ohne Gall/ ein angenehme Noht/
    Ein Klagen ausser Angst/ ein uberwundner Sieg/
    Ein unbehertzter Muht/ ein Frewden-voller Krieg;
    Ein Feder-leichtes Joch/ ein nimmerkranckes Leid/
    Ein zweiffel-haffter Trost/ und süsse Bitterkeit/
    Ein unvergiffter Gifft/ und kluge Narrethey/
    Ja kürtzlich: Lieben ist nur blosse Phantasey.
    _____


    Epigramma

    Ist
    Liebe Zuckersüs/ wie daß sie bitter schmecket?
    Ist
    Liebe bitter Gall/ wie daß sie Lust erwecket?
    Ist
    Liebe lauter Fewr/ wie daß sie Thränen bringt?
    Ist
    Liebe lauter Flut/ daß ihre Glut dann dringt
    Zu innerst in das Hertz? Ist
    Liebe was zu nennen?
    Wer ist dann der/ und die/ so
    Liebe recht mag kennen?
    Ist
    Liebe lauter nichts/ wie kan und mag es seyn/
    Daß sie bringt dir und mir wol tausend Höllen-Pein?
    Ist
    Liebe Menschen-Werck/ wie daß sie Götter drenget?
    Ist
    Liebe Götter Thun/ wie daß sie sich vermenget
    Mit dem/ was menschlich ist? Ist
    Liebe heilsam-gut/
    Wie daß sie dann so gar verformet Hertz und Mut?
    Drumb wer wil witzig seyn/ und Fillis ihm erjagen/
    Der wird/ was Lieben sey/ mir kürtzlich Antwort sagen.
    _____


     

  • Benjamin Neukirch (1665-1729)

    Auff die
    liebe

    Ach! was wird durch Amors hand
    Nicht auff erden ausgericht?
    Man vergißt das vaterland /
    Aber seine liebste nicht.
    Man verlässet hoff und hauß /
    Man versäumet freund und schmauß /
    Aber seine liebste nicht.
    _____


     

  • Erdmann Neumeister (1671-1756)

    Cantata von der rechten
    liebe

    Nichts ist süsser als das
    lieben /
    Lieben ist ein himmelreich;
    Menschen / die das wesen üben /
    Sind dadurch den göttern gleich.
    Ja zwey recht vertraute herzen
    Sind zwey engel auff der welt /
    Weil ihr angenehmes scherzen
    GOtt und menschen wohlgefällt.
    Wiewohl die
    liebe muß auf rechtem fusse stehn.
    Wo keine treu / wo keine keuschheit ist /
    Wo man das tugend-ziel vergist /
    Da muß die schöne lust zergehen.
    Und was ein himmel heist
    Muß eine hölle werden.
    Jedoch ein reiner geist
    Befleckt sich nicht.
    Gedancken und geberden
    Sind tugendhafft und edel eingericht.
    Die küsse sind die seele bey dem
    lieben /
    Wann diese rein geblieben /
    So muß die seele leben /
    Und tausendfache lust verliebten cörpern geben.
    _____


     

  • Sibylle Schwarz (1621-1638)

    Liebe schont der Götter nicht /
    sie kan alles überwinden /
    sie kan alle Herzen binden /
    durch der Augen klahres Licht.

    Selbst des Phebus Hertze bricht /
    seine Klahrheit muß verschwinden /
    er kan keine Ruhe finden /
    weil der Pfeil noch in ihm sticht.

    Jupiter ist selbst gebunden /
    Hercules ist überwunden
    durch die bittersüsse Pein;

    wie dan können doch die Herzen
    bloßer Menschen dieser Schmerzen
    gantz und gahr entübrigt seyn?
    _____


    Wie kan der
    Liebe Joch doch süß und lieblich seyn /
    weil manches Herze pflegt vohn ihren Schmertzen sagen /
    und über ihre Last / und tieffe Wunden klagen?
    wie ist dan süße das / das allen bringet Pein /

    das wie ein starckes Gifft die Hertzen nimmet ein /
    das manchen Helden würgt / ihr vihl auch heist verzagen?
    wie kan uns das alsdan doch Frewd und Lust erjagen?
    Nein / nein / der
    Liebe Tranck ist bitter Wermuhtwein.

    Doch gleichwohl ist sie süß / weil vielen wird gegeben /
    durch ihre Süßigkeit / ein angenehmes Leben.

    Drüm / schließ ich / ist die Lieb ein angenehmes Leid;
    (wiewohl eß selten kompt / daß wiedrig' Eigenschafften
    an einem Dinge nuhr zu gleiche können hafften)
    die
    Liebe heisst und ist die süße Bitterkeit.
    _____


     

  • Kaspar Stieler (1632-1707)

    Liebe/ die Königinn der Welt

    Kind/ das Gött- und Väter zwinget/
    Kind/ deß hoher Zepter dringet
    durch die Macht der ganzen Welt/
    Herr der Erden/ Zwang der Sterne/
    Herrscher über Nah und ferne/
    dehm/ was lebt/ zu Fusse fällt.

    Amor/ weil ich leb' in Lüfften/
    (dort auch in den finstern Grüfften)
    werd' ich deinen hohen Preiß
    über dem gestirnten Wagen
    des Tierhüters hinzutragen
    sein bedacht durch meinen Fleiß.

    Keinen Lorbeer werd' ich finden/
    den ich dir nicht umzubinden
    bükkend werde sein bedacht.
    Hundert tausend Keyser-Krohnen
    solten deine Gunst belohnen
    stünden sie in meiner Macht.

    O/ wie wol wird der begnüget/
    der für dir auff Knien lieget
    und dich eyffrig betet an!
    Ist Gedult nur bey dem Schreyen:
    so wird bald dein Trost-verleihen
    ihme werden kund getahn.

    Daß sich nu mein Leiden endet/
    daß sich Freude zu mir wendet/
    daß mein Liebchen freundlich sicht:
    daß die zarten Purpur-wangen
    an den meinen lieblich hangen:
    ist das deine Gnade nicht?

    Ja. Eh' ich dich/ Allguht/ ehrte/
    O! wie mancher Seuffzer störte
    meiner Nächte sanffte Ruh'.
    Ach/ mit was für herber Klage/
    bracht' ich meine Frühlings-Tage
    sonder Trost und Hoffnung zu!

    Nu beginnt mein Glükk zu blühen
    und der Winter weg zu ziehen/
    der mein Leben machte grau.
    Nu besprengt bey hellem Wetter
    meines Lebens grüne Blätter
    Der Rosillen Lippen-tau.

    Das/ was mich vorhin betrübte/
    was ich sonder Nuzzen liebte
    bringestu mir redlich ein.
    Wer nu dich wil grausam nennen/
    muß ganz keine Gute kennen
    und ohn all' Erkäntnüs sein.

    Du bists/ der du mir das Leben/
    und des Lebens Lust gegeben/
    ohne dich stirbt alle Freud'
    alle Wollust wird zu Schmerzen
    gibstu nicht dem kranken Herzen
    Labsal und Ergezligkeit.

    Darum/ wer sich in dem
    Lieben
    unbetrübt gedenkt zu üben/
    ehre deiner Hoheit Pracht.
    Ich/ so lang' ich werde bleiben/
    wil von deiner Güte schreiben
    und erheben deine Macht.
    _____


    Frisch bey der
    Liebe!

    Die
    Liebe lehrt im finstern gehen/
    sie lehret an der Tühr uns stehen/
    sie lehrt uns geben manche Zeichen
    ihr süß Vergnügen zu erreichen.

    Sie lehrt auff Kunst-gemachten Lettern
    zur Liebsten Fenster ein zu klettern/
    die
    Liebe weiß ein Loch zu zeigen
    in ein verriegelt Hauß zu steigen.

    Sie kan uns unvermerket führen
    durch so viel wolverwahrte Tühren
    den Tritt kan sie so leise lehren/
    die Mutter solt' auff Kazzen schweeren.

    Die
    Liebe lehrt den Atem hemmen/
    sie lehrt den Husten uns beklemmen/
    sie lehrt das Bette sacht auffheben/
    sie lehrt uns stille Küßgen geben.

    Diß lehrt und sonst vielmehr das
    Lieben.
    Doch willstu dich im
    Lieben üben:
    so muß die Faulheit stehn bey seite/
    die
    Lieb' erfordert frische Leute.

    Wer lieben wil und nichts nicht wagen/
    wer bey dem
    Lieben wil verzagen:
    der lasse Lieben unterwegen.
    Der Brate fleugt uns nicht entgegen.
    _____


    Liebe vergrössert sich/ wie ein gewelzter Schnee-ball

    Ich wil euch Wunder-Dinge sagen/
    wie sich die
    Liebe pflegt zujagen
    und wächset jeden Augen-wink.
    Indehm sie wie ein Steubchen scheinet/
    wird sie ein Berg/ eh man es meinet.
    Ist dieses nicht ein Wunder-ding?

    Sobald die Jungfer wird gesehen/
    pflegt man ihr künstlich nachzugehen.
    Kein einig Blikkchen streichet fort
    daß man sie listig zu bewegen/
    nicht alles Orts ihr geh entgegen
    und wechsle Lieb und Liebes-wort'.

    Auff Rede folget Wieder-rede.
    Kein Weibes-bild ist je so blöde/
    die auff den Gruß nicht danken solt'.
    Alsdenn (hält ja die Zunge feste)
    so tuht ein süsser Blikk das beste/
    und zeuget/ was das Herz gewollt.

    So bald des Buhlers Weis' und Sitten
    der Schämenden Gemüht bestritten/
    und nu die Scheu wird schlecht geachtt.
    Denn geht es an ein lieblen/ scherzen/
    an Hand-Fuß-drukken/ küssen/ herzen/
    So ist der rechte Grund gemacht.

    Bald wird man mehr und mehr gemeine.
    Man achtet Ehr und Schande kleine.
    Das schlechtste heist: Ein Griff in Zucht.
    Was ferner folgt/ darff ich nicht singen/
    es möchte mich in Argwohn bringen/
    ich hätt' es etwa selbst versucht.
    _____


     

  • Philipp von Zesen (1619-1689)

    Loblied der kräftig würkenden
    Liebe
    Die sangweise setzte der Siebenfältige

    WEr unter euch / ihr Sterblichen / kan zeigen /
    wo man die kunst zu
    Lieben lehrt;
    die über alle künste pflegt zu steigen /
    und über alle himmel fährt?
    Wo ist ein solcher Meister /
    ein Auszug kluger geister?
    Zu Leipzig? oder wie / zu Wittenberg?

    O nein! es kan kein Sterblicher dis lehren:
    sein sprechen hat nicht solche gluht;
    die unsern geist mit eifer pflegt zu nehren /
    und glühend macht den gantzen muht.
    Du /
    Liebe / bists alleine:
    dir ist die Kunst gemeine.
    Du bist dein Meister selbst / du Künstlerin.

    Du wirst durch dich am besten ausgedrükket.
    Du /
    Liebe / lehrest jederman /
    auch den / der sich zu keinem dinge schikket;
    wie er die schrifften lesen kan;
    die du mit eignen fingern /
    den kleinen hertzenszwingern /
    ins liechte Buch der Augen schreibest ein.

    Du gibst uns ein die schönsten meistersprüche/
    die einem Redner wohl anstehn:
    die gleich als gift / als übereilte stiche /
    zu innerst in die seele gehn.
    Das zukkersüsse sprechen
    mus aus dem munde brechen /
    wan du nur wilst / du Tausendkünstlerin.

    Du machst / das sich / durch halb verbrochne reden /
    das hertze besser öfnen kan;
    und manchen frischen muht vielmehr erblöden /
    als der gelübtste Rednersman.
    Das lallen und das lachen
    kan mehr / als zierde / machen;
    die ein gelehrter mund und zunge spricht.

    Ja daß wir offt / mit stummen reden / sprechen /
    mehr / schweigend bitten / als wohl sunst /
    und so durch stahl und zähes eisen brechen;
    das alles machet deine kunst.
    Du Königin der hertzen /
    Du Hertzogin der schmertzen;
    die manches stummes wort den seelen macht.

    Ein ander mag den saft der Redner saugen:
    ich aber wil hingegen ihn
    aus jenem spielkristal der schönen Augen
    der aller schönsten Schönen ziehn /
    und / durch ein rauhes reimen /
    einschneiden diesen beumen:
    die darümb stöltzer seind / als jener Schrift.
    _____


     

18. Jh.

 

  • Sophie Albrecht (1757-1840)

    Trost

    Es lebt ein Gott der
    Liebe -
    Der Trost soll uns genügen!
    _____


    Namenlose
    Liebe

    Schön ist der Lenz,
    Wenn Thal und Hügel,
    Wenn Wald und Haine blühn;
    Und über meiner Bäche Spiegel
    Nickt junger Weiden Grün.

    Doch fühlt' ich's nicht,
    Eh' ich die
    Liebe kannte,
    Die mir im Herzen lag,
    Die ohne Namen oft mein Seufzen nannte,
    Am Frühlings-Auferstehungstag.
    _____


    Liebe

    Süße Qual in meinem Herzen,
    Die sein holder Name giebt,
    Ruft mit tausendfachen Schmerzen:
    Nie als jetzt hab' ich geliebt!

    Dieses Klopfen, dieses Sehnen,
    Ha! wem gilt der Flammenstreit?
    Sind der Tugend diese Thränen?
    Sind der Wollust sie geweiht?

    Sehnsucht, wie sie keine kannte,
    Seit die Lieb' ein Weib gekannt,
    Knüpfst du himmlisch unsre Bande?
    Wirst du Unschuld noch genannt?

    Tausend kühne Wünsche beben,
    Kühn vermess'ne Pulse fliehn -
    Wollt' ich ihnen Namen geben,
    Würde Schaam die Stirn' umglühn.

    Selbst der Tugend ernste Büste -
    Einst mein schönstes Heiligthum -
    Wandelt, seit sein Mund mich küßte,
    Sich zur Liebesgöttin um.
    _____


     

  • Johann Baptist von Alxinger (1755-1797)

    Wahre
    Liebe

    Bestreben, Wunsch und Plan, ein schönes Herz zu fangen,
    Der Hunger nach Besitz, ein stürmisches Verlangen,
    Ein wohlgeschriebner Brief, ein zärtliches Gedicht,
    Aufwartungen und Flehn, das heisst noch
    Liebe nicht.
    Doch gänzlich sich dahin auch ohne Hoffnung geben,
    In der Geliebten nur, nicht in sich selber leben,
    Verrathen, dass man liebt, durch seine Schüchternheit,
    Die allerstärkste Glut mit Ehrerbietigkeit
    Vereinen, standhaft seyn in Mitte seiner Schmerzen,
    Das heisset
    Lieb', und die ist nur in meinem Herzen.
    _____


     

  • Susanne von Bandemer (1751-1828)

    Klagen an den Entflohenen

    Hier ruht dein Bild auf meinem Herzen,
    Du, Mann der
    Liebe und der Schmerzen!
    Der jetzt voll Grausamkeit mich flieht. -
    Du fliehst umsonst -! denn meine Seele eilet
    Dem Manne nach, der das Gefühl nicht theilet
    Das ewig mir im Busen glüht.

    Ja fliehe zu den fernsten Zonen,
    Lass Hass in deiner Seele wohnen,
    Wo sonst nur
    Liebe für mich sprach:
    Zerbrich, zerreiss' der
    Liebe süsse Bande
    Und tödte mich: ich folge bis zum Rande
    Des Grabes dir im Geiste nach.

    Die
    Liebe kennet keine Schranken,
    Im Tode selbst wird sie nicht wanken;
    Sie bleibt sich ewig einerley.
    Die Zeit kann nie dies reine Feuer mindern,
    Kein Mensch, kein Gott! kann ihre Allmacht hindern,
    Und felsenfest ist ihre Treu.

    Mein ganzes Daseyn seh' ich schwinden,
    Um mich in deinem ganz zu finden:
    Ich leb' und denke nur durch dich! -
    Dich nur allein seh' ich von allen Wesen
    Des Weltenall's. – Was du mir bist gewesen,
    Bleibst du mir unabänderlich!

    Die
    Liebe trotzt des Schicksals Strenge,
    Besiegt der Vorurtheile Menge,
    Und stumpfet ab den Zahn der Zeit:
    Sie lächelt schlau bey der Moral des Weisen,
    Und spottet selbst des kalten Blut's des Greisen.
    Ihr Ziel beschränkt die Ewigkeit.

    Wer nicht so fühlt, der weiss und kennet
    Die
    Liebe nicht, die selbst getrennet,
    In ihrer ganzen Fülle Kraft,
    Nur ewig nach dem Einen strebet,
    Sich selbst vergessend, nur dem Einen lebet,
    Der ihr die Welt zur Wüste schafft.

    Ha! dieses Schmachten, dieses Streben!
    Verzehrt die Kräfte von dem Leben,
    Das der Verzweiflung sich geweiht:
    Ach! ohne ihn das Dasyen zu ertragen,
    Wer fasst den Schmerz? O, selbst der Hölle Plagen
    Sind ja dagegen Seligkeit!
    _____


     

  • Aloys Blumauer (1755-1798)

    Wunder der
    Liebe
    Nach dem Spanischen

    Liebe traf mich, meine Augen weinen,
    Und im Herzen brennt ein wüthend Feuer mich,
    Durch der
    Liebe Allgewalt vereinen
    Elemente selbst zu meinen Qualen sich,
    Ach! vergebens brennet meine Flamme,
    Fruchtlos netzen Thränen mein Gesicht.
    Thränen, warum löscht ihr nicht die Flamme?
    Flamme, warum trocknest du die Thränen nicht?
    _____


     

  • Friedrich Bouterwek (1766-1828)

    Philosophie der
    Liebe

    Mag, wer will, ergrübeln und erklären,
    Was das Herzensräthsel,
    Liebe, sey.
    Nennt es blinde Sinnenschwärmerey!
    Nennt es einen Flug in höh're Sphären!

    Ist es dieß: so will ich gern entbehren,
    Was ihr wißt. Ich misse nichts dabey.
    Ist es jenes; o so mag der May
    Dieses Wunderhimmels ewig währen.

    Hört, ihr Weisen, was ihr noch nicht wißt!
    Wallen Seelen in einander über,
    Ist's nicht Eine, die ihr Glück ermißt.

    Aber wenn mein Mund ein leises: "Lieber!"
    Psychens Munde schwärmerisch entküßt,
    Wissen Wir, was
    Lieb' und Himmel ist.
    _____


    Nach der Trennung

    Allein, im Kampf mit unsichtbaren Mächten,
    Erblick' ich mich. Verhaßtes Selbstgefühl!
    Ich sehe Licht in kalten Mitternächten,
    Und bin im Sturm der Elemente Spiel.

    Was ringst du, müder Geist, mit kühnem Flügel
    Nach jenen Höhen, wo die Wahrheit siegt?
    Dich hält das Schicksal unter Schloß und Riegel.
    Du ringst umsonst, und deine Kraft erliegt.

    D'rum schäme dich nicht weiter deiner Thränen!
    Die rette dir! und weine, weil du bist!
    Und gönn' es dir, im schönen Traum zu wähnen,
    Daß
    Liebe, wie die Wahrheit, ewig ist.

    Durch
    Liebe strahlt ein Gott aus allen Sternen,
    Auch wenn die Hand des Todes dich ergreift.
    O, müder Geist, wenn wirst du leichter lernen,
    Wie liebend auch der Mensch zum Gotte reift?
    _____


    Die Schöpfung der
    Liebe

    Sagt, was ist es, daß der Sphären
    Wunderbau zusammenhält?
    Sagt, was schafft das Reich der Zähren
    Zur verschönten Wunderwelt
    Was verschwistert Freud' und Schmerzen
    Was vereinigt Mein und Dein
    Was entrinnt aus vollem Herzen
    Oft auf Grab und Leichenstein?

    Liebe! Eins und Alles! Liebe!
    Du nur, Lebensschöpferinn,
    Schufst zum Geist und Weltgetriebe
    Sinn in Kraft, und Kraft in Sinn.
    Eh die Sonnen Erden hellten,
    Eh sich Herz und Herz erkor,
    Bildetest den Plan der Welten
    Du dem Allvollender vor.

    Des Vollenders Athem wehte,
    Und die Welten standen da.
    Liebe lenkte, Liebe drehte
    Ihre Kreise fern und nah.
    Fern und nah in lauten Chören
    Tönte, was sich hält und zieht,
    Und der Rundgesang der Sphären
     War der
    Liebe Feierlied.

    Sonnen und Planeten zogen
    Liebend sich magnetisch an.
    Liebend fliegen Meereswogen
    Gegen Luna himmelan.
    Blumen gegen Blumen sandten
    Ihres Wesens Nektarduft.
    Sonnenstäubchen, die sich kannten,
    Suchten sich in dünner Luft.

    Sieh, da rauscht' es! sieh, da fühlte,
    Was da lebt, sein Lebensband;
    Glühte, suchte, was es kühlte;
    Fand es an der Freude Hand.
    Wie sich da die Sinne tauchten
    In der Wollust Feuermeer,
    Gluthen fühlten, Gluthen hauchten,
    Schien der Kelch der
    Liebe leer.

    Aber der Vollender wehte
    Liebehauch zum zweitenmahl,
    Und durch alle Sternenbeete
    Fuhr ein heller Götterstrahl.
    Sanft erbebten alle Wesen,
    Mitempfindend, was geschah;
    Denn zur bessern Lieb' erlesen,
    Stand der Herr der Erde da.

    Wunsch um Wunsch, und
    Lieb' um Liebe
    Säuselte die Sympathie.
    Keinen Wirbel wilder Triebe,
    Seelenwechsel heischte sie.
    Leises Fühlen, tiefes Sehnen
    Webte durch des Menschen Sinn,
    Und in wundersamen Thränen
    Floß der Quell der Wonne hin.

    Er nur sie, nur sie im Blicke;
    Sie nur ihn, den Himmelssohn!
    Beide flehten vom Geschicke
    Liebe nur zum letzten Lohn.
    Da, im nie gehörten Lallen,
    Flog der Treue erster Schwur
    Durch des Himmels Sternenhallen
    Zum Vollender der Natur.

    Von des Unerschaffnen Throne
    Weht' und wallt' es nun herab:
    Lieb' und immer
    Liebe lohne
    Euch, Erkorne, bis an's Grab!
    Lieb' im lichten Geisterglanze,
    Mit der Treue Hand in Hand,
    Deute mit dem Palmenkranze
    Hin zum zweiten Vaterland!
    _____


     

  • Louise Brachmann (1777-1822)

    Liebe und Freundschaft

    Lieb' und Freundschaft willst Du unterscheiden?
    O, sie sind zwei Wesen, eng vereint,
    Heil'ger Götterursprung wohnt in beiden,
    Klein der Raum, der sie zu trennen scheint.

    Freundschaft liebt, und Freundschaft ist die reine
    Schöne
    Liebe, die sich selbst vergißt;
    Die in des Geliebten Glück die Eine
    Eigne stille Seeligkeit umschließt.

    Noch vom Ird'schen trägt die zarte
    Liebe
    Eine Hüll' um ihre Lichtgestalt;
    Ohne daß den süßen Glanz sie trübe,
    Mehrt sie nur die rührende Gewalt.

    Wenn der Jugend Rosen sich erschließen,
    Trennt sie noch das brausende Gefühl,
    Doch die gleich entsprungnen Wesen fließen
    Bald in Eins zu ihrem großen Ziel.

    Wenn im Morgenroth sich Wolken mahlen,
    Nebel steigen aus dem Thal empor,
    Brechen sie der Sonne goldne Strahlen,
    Doch sie wölben ihr das Rosenthor.

    Sie ja sind es, die die Purpurblüthen
    Und die Rosenschimmer um sie streun,
    Wenn die zarten Wolken dann verglühten,
    Steigt die Sonne, licht und ätherrein!
    _____


     

  • Friederike Brun (1765-1835)

    Freundschaft und
    Liebe

    Hand in Hand und unzertrennbar wandeln
    Freundschaft und reine
    Liebe mit einander!
    Wo die Freundschaft entflieht, da senkt der keusche
    Eros die Fackel.
    _____


     

  • Gottfried August Bürger (1747-1794)

    Das neue Leben

    Eia! wie so wach und froh,
    Froh und wach sind meine Sinnen!
    O, von welcher Sonne floh
    Meines Lebens Nacht von hinnen?
    Wie so holden Gruß entbot
    Mir das neue Morgenrot!

    Mein erheitertes Gesicht
    Siehet Paradiese blühen!
    Welche Töne! Hör' ich nicht
    Aller Himmel Melodieen?
    O wie süß erfüllt die Luft
    Edens Amarantenduft!

    Evan! bist du mir so nah',
    Mir so nah bei jedem Mahle?
    Kehrst du in Ambrosia
    Und in Nektar diese Schale?
    Geber der Ambrosia
    Und des Nektars, mir so nah'?

    Liebe! deine Wunderkraft
    Hat mein Leben neu geboren,
    Hat zu hoher Götterschaft
    Mich hienieden schon erkoren!
    Ohne Wandel! ewig so!
    Ewig jung und ewig froh!
    _____


     

  • Philippine Engelhard (geb. Gatterer) (1756-1831)

    Magnetismus und
    Liebe

    Magnetismus wollt ihr uns erklären?
    Seinen Wirkungskreis, wie weit er geht.
    Wird nicht viel Geheimes immer währen
    Auf der Prüfungswelt, so lang sie steht?

    Seine Heilkraft hat man übertrieben,
    Doch wer läugnet billig ganz sie ab?
    Da, trotz jeder Kur oft Schmerzen blieben;
    Und nur der Magnet gleich Lindrung gab.

    Unerklärlich ists schon wenn man siehet
    Ihren Kuß voll Sympathiegefühl;
    Und wie bang das andre Ende fliehet,
    Wahrlich, als wär' Lieb' und Haß im Spiel.

    Liebe nannt ich? O die heißen Schmerzen
    Wer erklärt sie? Wer die süße Pein?
    Schleicht sie gleich in edle weiche Herzen
    Täglich – Glück und Schicksal trotzend – ein!

    Leicht erklärt sind Thierverwandte Triebe,
    Die ein Heil'ger selbst wohl flüchtig fühlt,
    Wenn ein Weib, schön wie das Bild der
    Liebe,
    Um ihn her mit ihren Reizen spielt.

    Nie stirbt aus das menschliche Geschlechte!
    Sagte Blanka, klug in Raserei,
    Doch vom Tausend weiß kaum Eins was rechte
    Heiße, reine Seelenliebe sey!

    Diese Glut, die seliges Entzücken
    Wie der Engel aus dem Anschau'n trinkt.
    O kein Wort vermag sie auszudrücken,
    Die beredt aus Aug' in Auge blinkt!

    Warum kann ein Blick das Herz zerschmelzen,
    Wie die Frühlingssonne Eis durchdringt,
    Das, wie Fels bei Sturm und Wogenwälzen,
    Standhaft blieb, von Liebenden umringt?

    Fromme weinen, wenn sie gleiche Flammen,
    Sehn in Edlen, die das Schicksal trennt.
    Kalte Seelen hört man sie verdammen,
    Und den Sünder, der nur Wollust kennt.

    O Petrarch! Du kanntest dieses Sehnen
    Laura war schon eines Andern Raub.
    Dennoch weihtest du ihr Lied und Thränen,
    Selbst noch als ihr Leichnam ruht' im Staub.

    Guter Yorick, der die Leidenschaften
    Stark besiegte – sonst so schwach und weich -
    An Elisen und der Tugend haften
    Konntest du mein Liebling stets zugleich.

    Schwächer kämpft', als Lotte sich vermählte,
    Kürzlich Werther – sonst auch fromm und gut.
    Sprecht: Wes Auge wohl den Schmerz verhehlte,
    Als er wild vergoß sein eignes Blut!

    Still mein Lied! Verstehn und lieben werden
    Nur Geweihte Dich – die Saite bricht.
    O gesteht's, ihr Weisen dieser Erden:
    Viel ist Räthsel hier – ihr löst es nicht!
    _____


     

  • Friedrich Wilhelm Gotter (1746-1797)

    Die
    Liebe

    Ach, was ist die
    Liebe
    Für ein süßes Ding!
    Sorgenlos, wie Kinder,
    Führt sie uns durchs Leben.
    Unser ganzes Leben
    Flieht mit ihr geschwinder,
    Als uns ohne
    Liebe
    Sonst ein Tag verging!
    Ach, was ist die
    Liebe
    Für ein süßes Ding!

    Ach, was ist die
    Liebe
    Für ein süßes Ding!
    Muth gibt sie zur Arbeit,
    Hilft sie uns verrichten.
    Eine Blumenkette
    Werden unsre Pflichten,
    Und am Thron der
    Liebe
    Hängt der Kette Ring.
    Ach, was ist die
    Liebe
    Für ein süßes Ding!

    Ach, was ist die
    Liebe
    Für ein süßes Ding!
    Unsre Seele hebet
    Sich auf ihrem Flügel,
    Unsre Seele schwebet,
    Neu von ihr belebet,
    Ueber Thal und Hügel,
    Gleich dem Schmetterling.
    Ach, was ist die
    Liebe
    Für ein süßes Ding!
    _____


     

  • Johann Christian Günther (1695-1723)

    VON DER
    LIEBE

    O
    Liebe,
    Was vor innig-süße Triebe
    Hegstu nicht in deiner Brust!
    Würden doch nur die Verächter
    Einmahl unsrer Wollust Wächter,
    Schwör ich bey Amoenens Gunst,
    Daß sie erstlich selbst nicht wüsten,
    Ob der Himmel zeitlich sey,
    Und darnach vor Scham und Reu
    Nur vom Zusehn sterben müsten.
    Das thäten sie,
    Das thäten deine Triebe,
    O
    Liebe!
    _____


     

  • Friedrich von Hagedorn (1708-1754)

    Die Wunder der
    Liebe

    Der
    Liebe Macht ist allgemein,
    Ihr dient ein jeder Stand auf Erden.
    Es kann durch sie ein König klein,
    Ein Schäfer groß und edel werden.
    Tyrannen raubt sie Stolz und Wuth,
    Den Helden Lust und Kraft zum Streiten;
    Der Feigheit gibt sie starken Muth,
    Der Falschheit wahre Zärtlichkeiten.

    Der Einfalt schenkt sie den Verstand,
    Den sie der Klugheit oft entwendet.
    Ein Grillenfänger wird galant,
    Wenn sie an ihm den Sieg vollendet.
    Des strengen Alters Eigensinn
    Verwandelt sie in Scherz und Lachen,
    Und diese holde Lehrerinn
    Kann auch die Jugend altklug machen.

    Ein Spanier vergißt den Rang,
    Unedlen Schönen liebzukosen:
    Ein junger Franzmann den Gesang,
    Den Wahn, das Selbstlob der Franzosen.
    Wenn jenen Reiz und Schönheit körnt,
    Entsaget er dem Hochmuthstriebe:
    Und dieser seufzet und erlernt,
    Die Freyheit prahle, nicht die
    Liebe.

    Sie giebt der deutschen Männlichkeit
    Die sanfte Schmeicheley beym Küssen,
    Den Heiligen die Lüsternheit,
    Und auch den Juden ein Gewissen.
    Sie fand, so oft sie sich nur wies,
    Verehrer in den besten Kennern.
    Nur sie entwarf ein Paradies
    Den ihr geweihten Muselmännern.

    Ja! deine siegende Gewalt,
    O
    Liebe! wird umsonst bestritten.
    Dir unterwirft sich Jung und Alt
    An Höfen und in Schäferhütten.
    Doch meine Schöne hofft allein
    Den Reizungen zu widerstehen.
    O laß sie mir nur günstig seyn!
    Wie wirst du dich gerächet sehen!
    _____


     

  • Ludwig Christoph Heinrich Hölty (1748-1776)

    Die Seligkeit der Liebenden

    Beglückt, beglückt, wer die Geliebte findet,
    Die seinen Jugendtraum begrüßt;
    Wenn Arm um Arm, und Geist um Geist sich windet,
    Und Seel' in Seele sich ergießt!

    Die
    Liebe macht zum Goldpalast die Hütte,
    Streut auf die Wildniß Tanz und Spiel;
    Enthüllet uns der Gottheit leise Tritte,
    Giebt uns des Himmels Vorgefühl!

    Sie macht das Herz der Schwermuth frühlingsheiter;
    Sie bettet uns auf Rosenaun,
    Und hebet uns auf eine Himmelsleiter,
    Wo wir den Glanz der Gottheit schaun!

    Die Liebenden sind schon zu beßern Zonen
    Auf Flügeln ihrer Lieb' erhöht;
    Empfahen schon des Himmels goldne Kronen,
    Eh ihr Gewand von Staub verweht.

    Sie kümmern sich um keine Erdengüter,
    Sind sich die ganze weite Welt,
    Und spotten dein, du stolzer Weltgebieter,
    Vor dem der Erdkreis niederfällt!

    Sanfthingeschmiegt auf seidne Frühlingsrasen,
    Auf Blumen eines Quellenrands,
    Verlachen sie die bunten Seifenblasen
    Des lieben leeren Erdentands.

    Ein Druck der Hand, der durch das Leben schüttert,
    Und eines Blickes Trunkenheit,
    Ein Feuerkuß, der von der Lippe zittert,
    Giebt ihnen Engelseligkeit.

    Ein Blick der
    Lieb', aus dem die Seele blicket,
    In dem ein Engel sich verklärt,
    Ein süßer Wink, den die Geliebte nicket,
    Ist tausend dieser Erden werth.

    Ein Herzenskuß, den selber Engel neiden,
    Küßt ihren Morgenschlummer wach;
    Ein Reihentanz von ewigjungen Freuden
    Umschlingt den lieben langen Tag!

    Ein süßer Schlaf sinkt auf ihr keusches Bette,
    Wie auf die Lauben Edens sank!
    Kein Endlicher mißt ihrer Freuden Kette,
    Wer nicht den Kelch der
    Liebe trank!
    _____


    DIE
    LIEBE

    Eine Schale des Harms, eine der Freuden wog
    Gott dem Menschengeschlecht; aber der lastende
    Kummer senket die Schale,
    Immer hebet die andre sich.

    Irren, traurigen Tritts wanken wir unsern Weg
    Durch das Leben hinab, bis sich die Liebe naht,
    Eine Fülle der Freuden
    In die steigende Schale streut.

    Wie dem Pilger der Quell silbern entgegenrinnt,
    Wie der Regen des Mays über die Blüthen träuft,
    Naht die Liebe; des Jünglings
    Seele zittert, und huldigt ihr!

    Nähm‘ er Kronen und Gold, mißte der
    Liebe? Gold
    Ist ihm fliegende Spreu; Kronen ein Flittertand;
    Alle Hoheit der Erde,
    Sonder herzliche
    Liebe, Staub.

    Loos der Engel! Kein Sturm düstert die Seelenruh
    Des Beglückten! Der Tag hüllt sich in lichters Blau,
    Kuß, und Flüstern und Lächeln
    Flügelt Stunden an Stunden fort.

    Herrscher neideten ihn, kosteten sie des Glücks,
    Das dem liebenden ward; würfen den Königsstab
    Aus den Händen, und suchten
    Sich ein friedliches Hüttendach.

    Unter Rosengesträuch spielet ein Quell, und mischt
    Dem begegnenden Bach Silber. So strömen flugs
    Seel' und Seele zusammen,
    Wenn allmächtige
    Liebe naht.
    _____


     

  • Friedrich von Matthisson (1761-1831)

    Liebe

    Sag' an, o Lied, was an den Staub
    Den Erdenpilger kettet.
    Daß er auf dürres Winterlaub
    Sich wie auf Rosen bettet?
    Das bist du, süße
    Lieb, du!
    Du wehst ihm Frühlingshoffnung zu,
    Wenn Laub und Blumen sterben!

    Wenn ihn Verzweiflung wild umfängt,
    Mit hundert Riesenarmen,
    Gewaltig ihn zum Abgrund drängt,
    Wer wird sich sein erbarmen?
    Du,
    Liebe, du erbarmst dich sein,
    Führst ihn, durch goldnen Morgenschein,
    Sanft unter deine Mirten!

    Wenn er am Sterbelager kniet,
    Wo, Herz von seinem Herzen,
    Der Jugend Liebling ihm verblüht,
    Wer sänftigt seine Schmerzen?
    Du,
    Liebe, du erscheinst voll Huld!
    Durch Thränen lächelt die Geduld,
    Und schmiegt sich an den Kummer.

    O
    Liebe! wenn die Hand des Herrn
    Der Welten Bau zertrümmert,
    Kein Sonnenball, kein Mond, kein Stern
    Am Firmament mehr schimmert:
    Dann wandelst du der Erde Leid,
    Gefährtin der Unsterblichkeit,
    In Siegsgesang am Throne!
    _____


    An die
    Liebe

    Wenn deine Göttermacht, o
    Liebe,
    Aus der Verbannung Nebelthal
    Zur Sternenwelt uns nicht erhübe,
    Wer trüge dann des Lebens Qual?

    Ins Reich der Unermesslichkeiten,
    Bis wo die letzte Sphäre klingt,
    Folgst du dem Fluge des geweihten,
    Wenn er dem Staube sich entschwingt!

    Und stürzt, umwogt von Feuerfluthen,
    Der Erdball selbst ins Grab der Zeit,
    Entschwebst, ein Phönix, du den Gluthen;
    Dein Nam' ist Unvergänglichkeit!
    _____


     

  • Friedrich Schiller (1759-1805)

    Der Triumph der
    Liebe
    Eine Hymne

    Selig durch die
    Liebe
    Götter - durch die
    Liebe
    Menschen Göttern gleich!
    Liebe macht den Himmel
    Himmlischer - die Erde
    Zu dem Himmelreich.

    Einstens hinter Pyrrhas Rücken,
    Stimmen Dichter ein,
    Sprang die Welt aus Felsenstücken,
    Menschen aus dem Stein.

    Stein und Felsen ihre Herzen,
    Ihre Seelen Nacht,
    Von des Himmels Flammenkerzen
    Nie in Glut gefacht.

    Noch mit sanften Rosenketten
    Banden junge Amoretten
    Ihre Seelen nie -
    Noch mit Liedern ihren Busen
    Huben nicht die weichen Musen,
    Nie mit Saitenharmonie.

    Ach! noch wanden keine Kränze
    Liebende sich um!
    Traurig flüchteten die Lenze
    Nach Elysium.

    Ungegrüßet stieg Aurora
    Aus dem Schoß des Meers,
    Ungegrüßet sank die Sonne
    In den Schoß des Meers.

    Wild umirrten sie die Haine
    Unter Lunas Nebelscheine,
    Trugen eisern Joch.
    Sehnend an der Sternenbühne
    Suchte die geheime Träne
    Keine Götter noch.

    Und sieh! der blauen Flut entquillt
    Die Himmelstochter sanft und mild,
    Getragen von Najaden
    Zu trunkenen Gestaden.

    Ein jugendlicher Maienschwung
    Durchwebt, wie Morgendämmerung,
    Auf das allmächt'ge Werde

    Luft, Himmel, Meer und Erde.
    Des holden Tages Auge lacht
    In düstrer Wälder Mitternacht;
    Balsamische Narzissen
    Blühn unter ihren Füßen.

    Schon flötete die Nachtigall
    Den ersten Sang der
    Liebe,
    Schon murmelte der Quellen Fall
    In weiche Busen
    Liebe.

    Glückseliger Pygmalion!
    Es schmilzt, es glüht dein Marmor schon!
    Gott Amor Überwinder!
    Umarme deine Kinder!

    Selig durch die
    Liebe
    Götter - durch die
    Liebe
    Menschen Göttern gleich!
    Liebe macht den Himmel
    Himmlischer - die Erde
    Zu dem Himmelreich.

    Unter goldnem Nektarschaum,
    Ein wollüst'ger Morgentraum,
    Ewig Lustgelage,
    Fliehn der Götter Tage.

    Thronend auf erhabnem Sitz
    Schwingt Kronion seinen Blitz;
    Der Olympus schwankt erschrocken,
    Wallen zürnend seine Locken -

    Göttern läßt er seine Throne,
    Niedert sich zum Erdensohne,
    Seufzt arkadisch durch den Hain;

    Zahme Donner untern Füßen,
    Schläft, gewiegt von Ledas Küssen,
    Schläft der Riesentöter ein.
    Majestät'sche Sonnenrosse
    Durch des Lichtes weiten Raum
    Leitet Phöbus' goldner Zaum,
    Völker stürzt sein rasselndes Geschosse;
    Seine weißen Sonnenrosse
    Seine rasselnden Geschosse,
    Unter
    Lieb' und Harmonie,
    Ha! Wie gern vergaß er sie!

    Vor der Gattin des Kroniden
    Beugen sich die Uraniden;
    Stolz vor ihrem Wagenthrone
    Brüstet sich das Pfauenpaar,
    Mit der goldnen Herrscherkrone
    Schmückt sie ihr ambrosisch Haar.

    Schöne Fürstin! Ach, die
    Liebe
    Zittert, mit dem süßen Triebe
    Deiner Majestät zu nahn.
    Und von ihren stolzen Höhen
    Muß die Götterkönigin
    Um des Reizes Gürtel flehen
    Bei der Herzenfeßlerin.

    Selig durch die
    Liebe
    Götter - durch die
    Liebe
    Menschen Göttern gleich!
    Liebe macht den Himmel
    Himmlischer - die Erde
    Zu dem Himmelreich.

    Liebe sonnt das Reich der Nacht,
    Amors süßer Zaubermacht
    Ist der Orkus untertänig:
    Freundlich blickt der schwarze König,
    Wenn ihm Ceres' Tochter lacht;
    Liebe sonnt das Reich der Nacht.
    Himmlisch in die Hölle klangen
    Und den wilden Hüter zwangen
    Deine Lieder, Thrazier -
    Minos, Tränen im Gesichte,
    Mildete die Qualgerichte,
    Zärtlich um Megärens Wangen
    Küßten sich die wilden Schlangen,
    Keine Geißel klatschte mehr;
    Aufgejagt von Orpheus' Leier
    Flog von Tityos der Geier;
    Leiser hin am Ufer rauschten
    Lethe und Cocytus, lauschten
    Deinen Liedern, Thrazier!
    Liebe sangst du, Thrazier!

    Selig durch die
    Liebe
    Götter - durch die
    Liebe
    Menschen Göttern gleich!
    Liebe macht den Himmel
    Himmlischer - die Erde
    Zu dem Himmelreich.

    Durch die ewige Natur
    Düftet ihre Blumenspur,
    Weht ihr goldner Flügel.
    Winkte mir vom Mondenlicht
    Aphroditens Auge nicht,
    Nicht vom Sonnenhügel,
    Lächelte vom Sternenmeer
    Nicht die Göttin zu mir her -
    Stern' und Sonn' und Mondenlicht
    Regten mir die Seele nicht.
    Liebe, Liebe lächelt nur
    Aus dem Auge der Natur
    Wie aus einem Spiegel!

    Liebe rauscht der Silberbach,
    Liebe lehrt ihn sanfter wallen;
    Seele haucht sie in das Ach
    Klagenreicher Nachtigallen -
    Liebe, Liebe lispelt nur
    Auf der Laute der Natur.

    Weisheit mit dem Sonnenblick,
    Große Göttin, tritt zurück,
    Weiche vor der
    Liebe!
    Nie Erobrern, Fürsten nie
    Beugtest du ein Sklavenknie,
    Beug' es jetzt der
    Liebe!

    Wer die steile Sternenbahn
    Ging dir heldenkühn voran
    Zu der Gottheit Sitze?
    Wer zerriß das Heiligtum,
    Zeigte dir Elysium
    Durch des Grabes Ritze?
    Lockte sie uns nicht hinein,
    Möchten wir unsterblich sein.
    Suchten auch die Geister
    Ohne sie den Meister?
    Liebe, Liebe leitet nur
    Zu dem Vater der Natur
    Liebe nur die Geister.

    Selig durch die
    Liebe
    Götter - durch die
    Liebe
    Menschen Göttern gleich!
    Liebe macht den Himmel
    Himmlischer - die Erde
    Zu dem Himmelreich.
    _____


     

  • Klamer Eberhard Karl Schmidt (1746-1824)

    Kampf zwischen Religion und
    Liebe

    Wo du auch wandelst, ach! an seiner gold'nen Kette
    Folgt dir mein ganzes Herz voll Huldigungen nach!
    Als ob mein Wesen sich in dein's verflochten hätte,
    So denk' ich dein, den langen Tag;

    So denk' ich dein im Schoß der mohnberaubten Nächte,
    Und drückt der Schlaf einmal mein müdes Auge zu,
    Auch dann bist du mein Traum! O Zauberin, vermöchte
    Gott über mich so viel, wie du!

    Liebt' ich den Ewigen mit all der hohen
    Liebe,
    Die dieses Herz erfüllt, endlosen Aufruhrs voll!
    Wer ungerichtet einst von seinem Richter bliebe,
    Das weiß ich, ach, das weiß ich wohl!
    _____


     

  • Johanne Charlotte Unzer (1725-1782)

    Die
    Liebe

    Moliere
    Je trouve, que le Coeur est ce qu'il faut gagner.

    Du, würdige
    Liebe!
    Verdienst es vor allen,
    Daß man dich besinget.
    Ihr größten der Dichter!
    Singt nicht mehr von Schlachten,
    Und blutigen Kriegen,
    Und mächtigen Helden.
    Lobt nicht mehr das Donnern
    Der Mörser und Stücke,
    Womit man die Felder
    Und Lüfte erschüttert.
    Ihr Helden, sucht Ehre,
    Da siegreich zu streiten,
    Wo mächtige Schönen,
    Mit feurigen Blicken,
    Und lächelnden Minen
    Die Herzen bekriegen!
    Erobert die Herzen
    Der sprödesten Schönen!
    Erreget da
    Liebe,
    Wo Unschuld und Jugend
    Die Herzen verhindert,
    Die zärtliche
    Liebe
    Zu wünschen, zu fühlen.
    Könnt ihr denn die Herzen
    Wie Schlachten gewinnen;
    So seyd ihr unsterblich:
    Eur Ruhm ist der größte.
    So singt denn, ihr Dichter,
    Von nichts als von
    Liebe!
    Ihr mächtigen Helden!
    Gebt Bogen und Pfeile
    Nur Amorn zu streiten.
    So seyd ihr verewigt!
    _____


     

  • Johann Peter Uz (1720-1796)

    Die
    Liebe

    Da auf rauschendem Gefieder
    Zephyr uns den Frühling bringt:
    So erwacht die Freude wieder;
    Alles lacht und scherzt und singt.
    Tanzt, o tanzet, junge Schönen!
    Meiner sanften Leyer nach,
    Welche nie mit leichtern Tönen
    Unter meinen Händen sprach.

    Alles fühlet nun die Triebe,
    Die kein Herze stets verschwur:
    Alles ladet euch zur
    Liebe,
    Jugend, Frühling und Natur.
    Wie bekannt wird euerm Ohre
    Nun die Stimme schlauer Lust!
    Und wie sträubt im regen Flohre
    Sich die halbumflohrte Brust!

    Sollt ihr eine Wollust meiden,
    Die den Weisen selbst bethört,
    Und mit Bildern trunkner Freuden
    Auch der Frommen Andacht stört?
    Dürft ihr die Natur verdammen?
    Ihr aufrührisch widerstehn?
    Uns mit
    Liebe zu entflammen,
    Schönen! wurdet ihr so schön.

    Liebet, weil ihr lieben sollet!
    Fliehet Platons Unterricht!
    Wenn ihr niemals küssen wollet,
    O so liebet lieber nicht.
    Weg mit
    Liebe, die nur denket,
    Und, voll Schul-Gelehrsamkeit,
    Stets im kalten Ernst versenket,
    Auch Begierden sich verbeut!

    Als in jenen dunkeln Jahren
    Amor ganz platonisch hieß,
    Und ihm von bestäubten Haaren
    Keine Rose düftend blies:
    Flog er fern vom stillen Scherze,
    Bis zum Sirius hinauf,
    Und besorgte seine Kerze
    Schlechter, als der Sterne Lauf.

    Ihn vom Himmel abzubringen,
    Da ihn Erd und Menschheit rief;
    Kürztet ihr die stolzen Schwingen,
    Holde Nymphen! da er schlief.
    Da der Himmel ihm entgangen,
    Flattert nun der Gott der Lust
    Um die rosenvollen Wangen
    Und um jede Liljen-Brust.

    Aber wie an Frühlings-Morgen
    Einer jungen Rose Pracht,
    Würdig Zephyrs liebster Sorgen,
    Würdig aller Wünsche, lacht;
    Die bis Titans niedrer Wagen
    Sich im Abend-Meer verliert,
    Welket und in künftgen Tagen
    Keine Blicke mehr verführt:

    So verblühn mit kurzem Prangen
    Auch die Bluhmen unsrer Lust,
    Diese Rosen frischer Wangen,
    Diese Liljen einer Brust.
    Amor, fliehend, folgt der Jugend;
    Und es fesselt nur Verstand,
    In dem Schoose sanfter Tugend,
    Ihn durch ein beglücktes Band.
    _____


     

19./20. Jh.

 

  • Charlotte von Ahlefeld (1781-1849)

    Glück der
    Liebe

    Einem Schmetterlinge gleicht die
    Liebe;
    Wie er flatternd über Blumen schwebt,
    So entflieht sie oft auf leichten Schwingen,
    Und nur selten kehrt sie uns zurück.

    Um gewaltsam ihre Flucht zu hemmen,
    Strebt das kranke Herz mit leisem Weh;
    Möcht' ihr gern die raschen Flügel binden,
    Gern sie bannen in der Treue Kreis.

    Aber wie des Schmetterlinges Farben
    Selbst in zarten Händen untergehn,
    So vernichten Fesseln auch die Reize,
    Die der
    Liebe freie Regung schmücken.

    Darum öffne ihrem kurzen Glücke
    Willig und geniessend Geist und Herz;
    Aber will es wankelmüthig weichen
    Trauere dann - doch halt es nicht zurück!
    _____


     

  • Johanna Ambrosius (1854-1939)

    Erste
    Liebe

    Zarte, maiengrüne
    Liebe,
    Denk' ich dein, wird mir das Auge feucht;
    Bist wie eine weiße Taube,
    Die man durch die Wälder scheucht.
    Bist wie Heimatglocken süßer Morgensang,
    Rein wie Paradieses erster Labetrank.

    Duft von jener blauen Blume,
    Welche Gott an seinem Busen trägt,
    Altarbild, vor dem der Sünder
    Seinen Blick zu Boden schlägt.
    Bringst versteinte Herzen aus der kalten Ruh',
    Bist nicht fortzulächeln, erste
    Liebe, du!

    Keiner kann dich ganz vergessen,
    Sternumsäumtes, zartes Morgenrot,
    Ob uns auch das reiche Leben
    Tausend goldene Sonnen bot.
    Immer wirst du bleiben unser schönster Traum,
    Holde, erste Blüte an des Lebens Baum!
    _____


     

  • Rosa Maria Assing (1783-1840)

    Erste
    Liebe

    Thränen thauen still vom Auge nieder,
    In Erinnrung längst entschwundner Lust;
    Nie ach! hebt in solchem Glück sich wieder
    Je so lebensvoll und warm die Brust

    Als in jenen schönen Frühlingstagen,
    Da zum erstenmal mich traf dein Blick,
    Und ich ahnungsvoll mit süßem Zagen
    Fühlte nahen mir der
    Liebe Glück.

    Schön und golden flossen da die Stunden,
    Hoch begeistert war mein junger Sinn;
    Liebe, die ich damals tief empfunden,
    Ist auf ewig wie ein Traum dahin!

    Vieles hat die Brust seitdem durchzogen,
    Hohe Freude, tiefe Seelenpein,
    Doch in des bewegten Lebens Wogen
    Ging nie unter jener Tage Schein,

    Der mir noch dein süßes Bild erhellet,
    Das, ein Heiligthum, im Innern steht,
    Und dem ewig Schönen beigesellet
    Nie in meiner Seele untergeht!
    _____


     

  • Hugo Ball (1886-1927)

    Ewige
    Liebe

    O wüsste ich nicht, dass die Sterne verbluten,
    O wär es nicht wahr, dass die Sonne lischt,
    O dürft ich Dich lieben mit flammenden Gluten,
    Ach, und sie stürben, sie stürben nicht!

    O könntest Du bleiben, o könntest Du weilen,
    O liessest Du niemals mich, nie allein,
    O dürfte ich ewigen Traum mit Dir teilen,
    O dürftest Du ewig mein eigen sein!
    _____


     

  • Anna Behrens-Litzmann (1850-nach 1913)

    Liebe

    Wenn du in unsrer Brust die Glocke schwingst,
    Du, die wir hier auf Erden
    Liebe nennen,
    Und deine goldnen Sonnenlieder singst,
    Die wir beim ersten Flüsterlaut erkennen,
    Wir spannen über dich das Himmelszelt
    Und nennen dich die Königin der Welt!

    Doch wenn die Güte, dein geliebtes Kind,
    An deine Brust sich schmiegt so zart und lind,
    Wenn wir in deinem Sommerrausch erbeben, —
    Wir fühlen, wie sich unsre Flügel heben,
    Und wissen es, nun weitet sich das Leben.
    _____


     

  • Michel Berend (1834-1866)

    Wer hat sie geahnt, wer hat sie ergründet
    Die stille gewaltige Zauberkraft,
    Wo hat es ein Sänger im Liede verkündet,
    Was die
    Liebe, die Liebe für Wunder schafft!

    Ist
    Liebe ein Wesen mit Hauch und Leben,
    Ist sie ein Traumbild, ist sie ein Wahn?
    Wer hat ihr Szepter und Krone gegeben,
    Wer den Königsmantel ihr umgetan?

    Sind's Rosen, ist's Gift, was
    Liebe spendet,
    Stieg sie aus den Gluten der Hölle hervor?
    Ward sie als ein leuchtender Bote gesendet
    Aus des Herrgotts seligem Engelchor?

    Stieg sie herein in unsre Mitte,
    Weil der Teufel sein Opfer haben muß -
    Warum weiht sie zur Kirche die Hütte,
    Warum zum Sakramente den Kuß!

    Wer hat ihr der Wonne Zauber gegeben,
    Wer lieh ihr den finstern, gräßlichen Bann,
    Daß sie ein ganzes Menschenleben
    So gränzenlos elend machen kann?

    Wer gab ihr untertan Bauer und Kaiser,
    Wer gab in ihr Füllhorn Würde und Spott,
    Daß zum hirnlosen Narren durch sie ein Weiser,
    Durch sie ein Knabe werde zum Gott?

    Hat ihr die Taube die Schwingen befiedert,
    Hat sie dem Geier die Feder geraubt ...
    Die Zeit hat mir das Alles erwiedert,
    Doch anders, anders als ich es geglaubt.
    _____


     

  • Cathinka Serafina Bergmayr (1814-1843)

    Was ist die
    Liebe?

    Was ist die Liebe? Jenes starke Band
    Das Herz in Herz, und Seel' in Seele einet.
    Ein Sühnungsbogen nach Gewittersturm.
    Die Frucht des Glaubens. Das Symbol der Treue.
    Der Wahrheit Bote. Des Betrübten Tröstung.
    Und des Verirrten Stern in dunkler Nacht.

    Was ist die
    Liebe? Das Gefühl der Brust,
    Das wärmer, als der Freundschaft Stimme, redet,
    Das lauter, als der Ehrgeiz, in ihr spricht,
    Das mächt'ger, als die Furcht, das Herz beherrschet,
    Das, - auf der Hoffnung Flügel fortgetragen
    Sich über Grab und Moder aufwärts schwingt!
    Sizilianische Romanze, v. Riama

    Was ist die
    Liebe? fragt nicht so mein Herz,
    Das eben ihre junge Kraft empfunden.
    Ist dies die
    Liebe, die es heimgesucht?
    Dann wünscht es schnelle wieder zu gesunden.

    Ist
    Liebe dieses schüchtern bange Zagen
    Was Geist- und Körper-Stärke hemmt und lähmt,
    So lange uns die
    Lieb' in's Auge schauet,
    In's Auge - das sich birgt - so hold verschämt?

    Ist
    Liebe diese wollustvolle Qual,
    Die nach der Trennung unser Selbst umstricket,
    Daß man nicht weiß: ob mehr des Scheidens Weh'
    Uns schmerzt - als das "geliebt zu sein!" beglücket?

    Ist
    Liebe dieser mag'sche Zaubergriffel
    Der unsrer Seele Augen auferweckt,
    Um sie zu blenden mit dem Licht, dem ew'gen, -
    Und plötzlich dann mit schwarzer Nacht bedeckt?

    Dies ist die
    Liebe? - O dann ist sie mehr
    Als Edens-Lust - und mehr als menschlich Leiden!
    Dann ist sie uns ein doppeltscheinend Gut,
    Um welches Himmel noch und Erde streiten!
    _____


    Liebe

    Liebe! - heil'ge, wunderbare
    Kraft der Seele! Endlos wirket
    Deine Macht, und angezündet
    An des Himmels nie verloschner Leuchte
    Ist das Feuer, welches du entfacht.

    Liebe! Einzig Gut,
    Das werth des Lebens,
    Wie das Leben werth der
    Lieb' nur ist!
    Einzig Gut, das lohnt des Todes Schrecken,
    Das des Sterbens und des Lebens Jammer
    Aufwiegt, mit des Paradieses Wollust!

    Liebe, Lichtgebild, das blendend,
    Plötzlich, einen farbenreichen Garten
    An die graue Wand des Daseins malt.
    Fähigkeit, von keinem Geist begriffen,
    Ungelöstes Räthsel der Empfindung,
    Die des Körpers Adern rasch durchströmt -

    Liebe! heil'ge, wunderbare
    Kraft der Seele -
    Göttlich bist du!!
    _____


     

  • Otto Julius Bierbaum (1865-1910)

    Liebe

    Es ist ein Glück zu wissen, daß du bist,
    Von dir zu träumen hohe Wonne ist,
    Nach dir sich sehnen macht zum Traum die Zeit,
    Bei dir zu sein, ist ganze Seligkeit.
    _____


     

  • Udo Brachvogel (1835-1913)

    Ist es möglich, Deine
    Liebe
    Lohnt Erwählte meine
    Liebe?
    Ach, nun scheint die ganze Welt mir,
    Dem Verliebten Eine
    Liebe.
    Sieh, der Kerze Strahl küßt flammend
    Aus dem Edelsteine
    Liebe;
    Sommersonne kocht die Traube
    Und gebährt im Weine
    Liebe.
    Duftend träumt in Rosenkelchen,
    Rauscht durch Cederhaine
    Liebe,
    Zuckt in grellen Blitzesflammen,
    Bebt im Mondenscheine
    Liebe.
    Doch Dein Freund will von dem Allen
    Einzig Deine reine
    Liebe,
    Da er Dir mit seiner Seele
    Legt zu Füßen seine
    Liebe!
    _____


     

  • Helene Branco (Ps. Dilia Helena) (1816-1894)

    Lied, Blume,
    Liebe

    Wer nicht Lieder, wer nicht Blumen liebt,
    Kann, was
    Liebe ist, nicht sagen.
    Duft, Gefühl, wie Lied und Blume giebt,
    Glüht der
    Liebe Geist zu tragen.

    Duft, das ist der zarte Sehnsuchtstrieb,
    Der im Thränenbau beglücke,
    Duft ist Schmachten, das im Herzen blieb,
    Liebesruf dem Sonnenblicke.

    Ja! Gefühl ist der geheime Zug
    Stiller Engel aus dem Herzen
    In's Empfinden, das das Andre trug,
    Sei's in Freuden oder Schmerzen.

    Wer nicht Lieder, wer nicht Blumen liebt,
    Kann, was
    Liebe ist, nicht sagen.
    Duft, Gefühl, wie Lied und Blume giebt,
    Glüht der
    Liebe Geist zu tragen.
    _____


     

  • Clemens Brentano (1778-1842)

    Die
    Liebe fing mich ein mit ihren Netzen,
    Und Hoffnung bietet mir die Freiheit an;
    Ich binde mich den heiligen Gesetzen,
    Und alle Pflicht erscheint ein leerer Wahn.
    Es stürzen bald des alten Glaubens Götzen,
    Zieht die Natur mich so mit
    Liebe an.
    O süßer Tod, in
    Liebe neu geboren,
    Bin ich der Welt, doch sie mir nicht verloren.
    _____


     

  • Karoline Bruch-Sinn (1853-1911)

    Ich möchte in heißem Glutverlangen

    An brennenden Lippen schauernd hangen,
    In lodernde Augen seh'n -
    In Augen, aus welchen die
    Liebe spricht,
    Die sehnend auch mir im Herzen glüht -
    In seligen Schauern vergeh'n!
    O
    Liebe, Du bist das Himmelreich

    Und auch die flammende Hölle zugleich -
    Bist Dämon und Gott allzumal -
    Bist blühendes Leben und grausiger Tod
    Und nächtliches Dunkel und Morgenrot
    Mit Deiner seligen Qual!
    _____


     

  • Wilhelm Busch (1832-1908)

    Höchste Instanz

    Was er liebt, ist keinem fraglich;
    Triumphierend und behaglich
    Nimmt es seine Seele ein
    Und befiehlt: So soll es sein.

    Suche nie, wo dies geschehen,
    Widersprechend vorzugehen,
    Sintemalen im Gemüt
    Schon die höchste Macht entschied.

    Ungestört in ihren Lauben
    Laß die
    Liebe, laß den Glauben,
    Der, wenn man es recht ermißt,
    Auch nur lauter
    Liebe ist.
    _____


     

  • Carl Busse (1872-1918)

    Ewige
    Liebe

    Du kommst im Traum der Frühe
    Oft an mein Bett geschwebt,
    Wenn sich zu Sorg' und Mühe
    Der junge Tag schon hebt.

    Ich fühl's, wie sich in Thränen
    Mir 'was aufs Herze legt.
    Du horchst, ob noch in Sehnen
    Mein Herz nach deinem schlägt.

    Und mag's dir ewig frommen,
    In meinem Traum zu sehn:
    In Thränen wirst du kommen
    Und lächelnd wirst du gehn.
    _____


     

  • Georg Busse-Palma (1876-1915)

    Liebe

    Von jedem verkündet,
    Erträumt und erstrebt;
    Von keinem ergründet
    Und restlos erlebt;

    Vom Alltag umschlossen
    Nach kurzem Genuß,
    Und wieder genossen
    Im flüchtigsten Kuß;

    An Umfang geringe,
    Doch flammendurchblitzt,
    Wie funkelnd im Ringe
    Der Edelstein sitzt;

    In Sehnsucht gebettet,
    Auf Sehnsucht gestellt,
    Verknüpft und verkettet
    Sie uns mit der Welt! -
    _____


    Mystik der
    Liebe

    Was wir als Samen in uns reifen,
    Sieht das in uns nicht seine Welt?
    Was um uns wir als Welt begreifen,
    Ist das nicht Gott, der uns enthält?

    Das Volk, das wir in uns erschufen,
    Löst sich in
    Liebe von uns los.
    Wir drängen es zu höhren Stufen
    Aus uns in einen fremden Schoß.

    Und warten selbst in Gottes Lenden,
    Daß wir, sein Same, übergehn
    Und tief im Todesschoße enden,
    Um als sein Erbe zu erstehn!
    _____


     

  • Carmen Sylva (1843-1916)

    Die Göttin

    Und ist die
    Liebe Sünde,
    Wer hat sie denn gemacht?
    Und ist es Höllenfeuer,
    Wer hat es denn entfacht?

    Und ist sie ungeberdig,
    Wer hat sie so gewollt?
    Und ist sie zu tyrannisch,
    Wer hat darob gegrollt?

    Die
    Lieb ist Trank und Speise,
    Die
    Lieb ist höchste Kraft,
    Die
    Lieb ist Göttergabe,
    Die
    Lieb ist Lebenssaft.

    Doch wehe, wer die Göttin
    In niedre Bahnen schleift!
    Sie sengt die frechen Hände,
    Die sie zu rauh gestreift.
    _____


    Phönix

    O Wunderkraft der
    Liebe!
    O Liebeswunderkraft!
    Als ob je ruhn sie bliebe,
    Hätt jemals ausgeschafft!

    Sie ruhet in sich wieder
    Von ihrem Schaffen aus,
    Sinkt in sich selber nieder,
    Steigt jung verschönt heraus.

    Sie braucht nicht erst zu brennen,
    Um kühn sich zu befrein,
    Sie darf sich selbst nur nennen
    Und strahlend steht sie, rein.

    Sie dient und herrscht und wandelt
    Als wenn sie sterblich wär!
    Und schafft und giebt und handelt
    Als wär sie göttlich, hehr.
    _____


    Alt Jüngferchen

    O
    Liebe! leuchtendes Himmelskind,
    Mit göttlichen Urgewalten!
    Du wehst vorüber wie warmer Wind,
    Ein Athmen über die Welt, da sind
    Viel tausend neue Gestalten!

    O
    Liebe! breite die Flügel weit
    Ob all den heiligen Stätten,
    Da Deine Samen Du hingeschneit,
    So blüthenfiedrig, im Wolkenkleid,
    In Kelches Schooß sie zu betten!

    O
    Liebe! geh nicht vorbei! dort steht
    Noch eine Blume verlassen
    In stiller Trauer! fast ists zu spät,
    Sie neigt das Häuptchen und flüstert, fleht
    Um unbedachtes Umfassen.
    _____


    Ewige
    Liebe

    Wars daß der dunkle Tannebaum
    Die Buche sich erkor?
    War sies, die sich im Jugendtraum
    In seinem Arm verlor?

    Sie halten sich umschlungen fest
    Für alle Lebenszeit,
    Es schmückt sein düsteres Geäst
    Ihr wechselnd Farbenkleid.

    Und da ihr Kleid zur Erde fällt,
    Schützt sie sein starker Arm,
    Vor eisig kalter, rauher Welt
    Hält er die Zarte warm.

    Und wenn im Frühling er sein Weib
    Sieht jugendfrisch erblühn,
    Vor Freude schmückt den alten Leib
    Er selbst mit jungem Grün.
    _____


    Meerleuchten

    Es geht ein Strahlen von sprühendem Licht
    Durch die feierlich rauschenden Wellen,
    Das sich unendlich in Funken bricht,
    Um aus dem Sande zu schnellen -
    O hört, o hört wie das Leuchten spricht:
    Die
    Liebe geht durch die Wellen!

    Die hundert Millionen Wesen sind
    Entflammt von
    Liebe, die Weiten
    Erglänzen, ein Brennen rinnt
    Dahin, ein silbernes Schreiten,
    Bis sie vor
    Liebe gestorben sind -
    Die
    Liebe geht durch die Weiten!

    Ein einzig Strahlen und dann der Tod,
    Die Ruder in Edelsteinen,
    In Diamanten gleitet das Boot,
    Ich schreib' Deinen Namen und Meinen
    In Feuer im Sande, das sprüht und loht -
    Die
    Liebe geht durch das Scheinen!

    Nun einmal lieben und dann vergehn,
    Versinken ins ewig Leere,
    Vom eignen Feuer verzehrt, verwehn,
    Daß
    Liebe Liebe gebäre,
    Zu ewig sterblichem Auferstehn -
    Die
    Liebe geht durch die Meere!
    _____


     

  • Helmina von Chézy (1783-1856)

    Liebe

    Ein Traum ist
    Liebe,
    Ein Traum, wie keiner mehr.
    Leben ist
    Liebe,
    All anders Leben leer.
    Ich sterb' in
    Liebe,
    Wann sie gekränkt auch wär,
    Liebe bleibt Liebe!
    _____


    Die
    Liebe

    Wie heißt der Quell, an dem man trinkt
    Und wird doch nimmer satt,
    Der Wonne stets der Lippe winkt,
    In Lindrung Glut noch hat?
    Der Quell heißt
    Liebe, Lieb' allein
    Wie trüg er sonst so lichten Schein?

    Wie heißt der Stern, der niemals weicht,
    Ob Wolken um ihn stehn,
    Der Stern, dem keine Sonne gleicht,
    Der nie wird untergehn?
    Denn stürzte gleich die Schöpfung ein!
    Die
    Liebe bleibet stehn allein!

    Wie heißt das Wort, das eine Wort,
    Das Alle in sich faßt?
    Der Menschenahndung ferner Port
    Des Herzens seel'ger Gast?
    Die
    Liebe ist's, das eine Wort,
    Trägt dich durch alle Himmel fort!

    Wie heißt der Schmerz, dem Keiner gleicht
    Schmerz über allen Schmerz,
    Deß' Wonne durch die Himmel reicht,
    Der füllt und hebt das Herz?
    Heißt
    Liebe, wem ihr Leid bewußt,
    Der hat erschöpft des Lebens Lust!
    _____


    An *

    Wirf dein Leiden, wirf dein Klagen
    In der
    Liebe Wunderfluth,
    Liebe, Liebe wird es tragen,
    Läutern in der Himmelsgluth.

    In der
    Liebe Spiegel milde,
    Sieh die Welt, in Licht verklärt,
    Erst im Widerglanz und Bilde
    Haben Welt und Leben Werth.

    Wer kann ihre Macht ermessen?
    Ihrer Schmerzen Seligkeit?
    Lieb' ist Erdenleid's Vergessen,
    Und Erblüh'n von Himmelsleid!
    _____


     

  • Peter Cornelius (1824-1874)

    Tempel der
    Liebe, du wonnige Braut

    Tempel der
    Liebe, du wonnige Braut!
    Tempel der
    Liebe von Gott gebaut!

    Ewige Leuchten an heiliger Stell',
    Sterne der
    Liebe, wie glüht ihr hell!

    Weihrauchwolke, die still verweht,
    Atem der
    Liebe, ein Duftgebet!

    Süßer Gesang, wie von seligen Höh'n,
    Worte der
    Liebe, wie läutet ihr schön!

    Stätte der Weihe, opferbewußt,
    Altar der
    Liebe, du klopfende Brust!

    O wer da knien und beten kann!
    Priester der
    Liebe! Seliger Mann!
    _____


     

  • Hermine Czigler von Eny-Vecse (1840-1905)

    Was ist die
    Liebe

    O sprich! Was ist die
    Liebe?
    In einem Wort die Welt!
    Ein Märchen ohne Ende,
    Von Geistermund erzählt;

    In einer kleinen Thräne
    Ein weiter Ozean,
    In einem leisen Seufzer
    Ein wirbelnder Orkan;

    Der Himmel und die Hölle
    In einem einz'gen Blick,
    Ein allvernichtend Wehe,
    Ein allumfassend Glück;

    Ein Blitz in einer Berührung,
    Der dich durchzuckt mit Macht,
    Dich überselig oder
    Dich überelend macht;

    Die Gegenwart und Zukunft
    In einem Druck der Hand;
    In einem einz'gen Kusse
    Ein lohender Weltenbrand,

    Ein magisches Gewebe
    Von Traum und Wirklichkeit,
    In einem Augenblicke
    Die ganze Ewigkeit;

    Ein Meisterroman der Schöpfung,
    Des Lebens Poesie, -
    Das hohe Lied der Seele,
    Die Weltensymphonie;

    Ein rätselhaftes Dunkel,
    Ein Strahl des Gotteslichts,
    Ein Engel und ein Dämon,
    Ein Alles und ein Nichts!
    _____


     

  • Max Dauthendey (1867-1918)

    Die
    Liebe

    Ach, gibt es ein göttlicher Weh als die
    Liebe,
    Gibt es ein köstlicher Glück als ihr Leid,
    Streift sie auch nur mit dem Finger dein Kleid
    Mitten im sinnlosen Straßengetriebe!

    Liebe fühlt fein, wie ein Nackter im Grase,
    Liebe im Aug' sieht den Winter noch grün,
    Macht auch den Waffenlosen todkühn
    Und trutzig dein Herz zum Prellstein der Straße.

    Mehr als die Weisen kann
    Liebe begreifen,
    Liebe gibt tausend Glühlampen dem Geist,
    Liebe hat alle Sternbahnen bereist,
    Liebe ist rund um das Weltall ein Reifen.

    Mit dem
    Liebe gerungen, der nur ist Ringer,
    Wer um
    Liebe gelitten, der nur hat Ruhm;
    Wer die
    Liebe verschwiegen, der nur war stumm;
    Wer aus
    Liebe gesungen, der nur war Singer.
    _____


     

  • Richard Dehmel (1863-1920)

    Lobgesang

    Wie das Meer
    ist die
    Liebe:
    unerschöpflich,
    unergründlich,
    unermeßlich:
    Woge zu Woge
    stürzend gehoben,
    Woge um Woge
    wachsend verschlungen,
    sturm- und wetter-geberdig nun,
    sonneselig nun,
    willig nun dem Mond
    die unaufhaltsame Fläche -
    doch in der Tiefe
    stetes Walten ewiger Ruhe,
    ungestört,
    undurchdringbar dem irdischen Blick,
    starr verdämmernd in gläsernes Dunkel -
    und in der Weite
    stetes Wirken ewiger Regung,
    ungestillt,
    unentwirrbar dem irdischen Blick,
    wild verschwimmend im Licht der Lüfte:
    Aufrausch der Unendlichkeit
    ist das Meer
    ist die
    Liebe.
    _____


     

  • Marie Eugenie Delle Grazie (1864-1931)

    Liebeshymne

    So bist Du mein?
    Bin ich Dein?
    O süße Lust!
    Von Deinem Arm umschlungen,
    Von
    Liebe ganz durchdrungen
    Ruh' ich an Deiner Brust,
    O süße Lust!

    Sieh', um uns blühen die Rosen
    Die lieben Vögelein kosen:
    Wie wir -
    Und liebeschützend gleitet
    Die Nacht heran und breitet
    Den Sternenschleier
    Über uns.
    _____


     

  • Felix Dörmann (1870-1928)

    Liebe!

    Du hast Deinen brünstigen Leib mir geschenkt,
    Mit rasender Wollust das Hirn mir durchtränkt -
    Ich aber ich dürste nach
    Liebe.

    Der Wollust berauschender Opiumwein,
    Er lullt ja die brennende Sehnsucht nur ein,
    Die brennende Sehnsucht nach
    Liebe.

    Im Wahnwitzgejauchz' dionysischer Gier
    Aufzittert noch immer, noch immer in mir -
    Die schreiende Sehnsucht nach
    Liebe.
    _____


     

  • Edmund Dorer (1831-1890)

    Wahres Eigen

    Die
    Liebe deucht uns arm nach äußerm Schein,
    Doch liegt in ihr des Reichthums Schatz verborgen;
    So taucht aus bleicher Luft der gold'ne Morgen
    So ruht in dürft'gem Grund der Edelstein.

    Nur, was du liebest, nennst mit Recht du dein;
    Was Denken dir errang, was dir in Sorgen
    Der Arm erschafft, hat dir Natur geborgen,
    Das wird Besitz, nicht Eigenthum dir sein.

    Was du gedacht, das magst du schätzbar finden;
    Was du erwarbst, das magst du froh empfinden,
    Doch was du liebst, das kannst du überwinden.

    Und was du liebst, muß ganz sich dir ergeben;
    Es waltet fort und fort in deinem Leben,
    Wie Sonnengluth im Feuersaft der Reben.
    _____


    Der
    Liebe Ruhm

    Die
    Liebe ist's, die hier zum Streite ruft;
    Der Held gehorcht, er will im Kampf gesunden,
    Ihr Lächeln ist der Balsam seiner Wunden,
    Und mit dem Lorbeer schmückt sie seine Gruft.

    Dort küßt sie in der Rosen üpp'gem Duft
    Des Sängers Mund; er hat den Gott empfunden;
    Des Schweigens ist die Lippe jetzt entbunden
    Und von Gesängen tönt die Frühlingsluft.

    Kein Spott kann ihrer Hoheit Ruhm erniedern;
    Ihr Athem nährt der Lieder gold'ne Saaten,
    Der Held muß handelnd ihre Gunst erwiedern.

    Drum kann der
    Liebe nie die Welt entrathen;
    Im Buch des Lebens glänzt in leichten Liedern
    Ihr Ruhm, und spiegelt sich in schweren Thaten.
    _____


     

  • Carl Ferdinand Dräxler-Manfred (1806-1879)

    Die reine
    Liebe

    Der reinen
    Liebe ist das ganze Leben
    Rings aufgethan gleich einem offnen Buche,
    Sie weiß mit ihrem frommen Zauberspruche
    Sich über Welt und Zeit hinwegzuheben.

    Sie schmückt die Kinder, die ihr sind gegeben,
    Die Wünsche, mit der Hoffnung grünem Tuche,
    Und späht, als ob sie ew'gen Frühling suche,
    In der Natur geheimnißvolles Weben.

    Sie sucht die Seele, die mit ihr sich gatte,
    Und prüft sie mit den Strahlen ihres Blickes;
    Sie wandelt, ohne daß sie je ermatte,

    Ein Pilger nach dem Orient des Glückes;
    Sie schwimmt auf einem blanken Lilienblatte
    Rein durch das Meer des irdischen Geschickes.

    _____


    Der Brief

    Wenn die
    Liebe nun ein Brief ist,
    Der bedeutungsvoll und tief ist,
    Muß ein süßer Mund ihn siegeln,
    Sein Geheimniß streng zu zügeln;
    Schreiben muß ihn eine Seele,
    Daß ihm Innigkeit nicht fehle:
    Aber mit dem Herzen lesen
    Müssen ihn verliebte Wesen.
    _____


    Liebe

    Liebe kommt auf allen Wegen
    Dir entgegen,
    Lieb' ist immer nah;
    Mußt sie nur vorbei nicht lassen
    Und erfassen,
    Wenn sie eben da.

    Wenn du da, wo du dich täuschest,
    Liebe heischest,
    Ist der Fehler dein;
    Von der Tulpe stolzem Prangen
    Duft verlangen,
    Fällt nur Thoren ein.

    Lieb' errathen, ihre Bahnen
    Leise ahnen,
    Kann nur Herz und Blick.
    Ohne Lauschen doch sie finden
    Und sie binden,
    Ist ein Götterglück.

    Knüpfe nicht mit dem Verstande
    Liebesbande,
    Sondern mit Gefühl;
    Solches Netz schön ausgehangen
    Wird sie fangen,
    Denn sie liebt dies Spiel.

    Nütze wohl die Augenblicke,
    Rück' und schicke
    Dich in ihre Gunst;
    Denn nicht irres Weiterschweifen,
    Das Ergreifen
    Ist der
    Liebe Kunst.

    Nicht in Träumen zu erstreben,
    Nur im Leben
    Ist das Glück dir nah.
    Liebe kommt auf allen Wegen
    Dir entgegen,
    Lieb' ist immer da!
    _____


     

  • Demeter Dudumi (um 1856)

    Als ich in's Reich der
    Liebe kam,
    Fand ich zwei Wege offen;
    Bei Einem stand: "Besitze gleich,"
    Bei'm Andern: "Liebend hoffen."

    Ich wandte mich dem Zweiten zu -
    Wer liebt, muß glauben, hoffen -
    Und glücklich war ich in der Wahl,
    Denn dort hab' ich dich getroffen!
    _____


     

  • Joseph Freiherr von Eichendorff (1788-1857)

    Echte
    Liebe

    Lau in der
    Liebe mag ich nimmer sein, -
    Kalt oder brennend wie ein lohes Feuer!
    O, Lust und Leiden sind nur farblos, klein,
    Wo
    Liebe nicht ergriffen hat das Steuer!

    Wer noch bei Sinnen, ist kein rechter Freier;
    Wirf von dir ohne Zagen all was dein,
    Der stirbt vor
    Liebe nicht, ein halbgetreuer,
    Wer von der
    Liebe mehr verlangt, als Pein.

    Gleichwie ein Schiff, wenn sich die Wetter schwärzen,
    An jähen Klippen treibt bei finstrer Nacht,
    Auf weitem Meer der Wind' und Wogen Spiel,

    So auf dem wüsten Meere meiner Schmerzen
    Such' ich, auf neue Leiden nur bedacht,
    Im Hoffnungslosen meines Glückes Ziel.
    _____


    Liebe

    Mädchen, wenn in deiner Reize
    Wonnemeer mein Blick sich taucht,
    Wenn von deinem Purpurmunde
    Heiße Sehnsucht mich durchhaucht;

    O, wie schwind't dann jeder Wunsch, der
    Kühn sonst in die Zukunft sah,
    Einer nur steht allverschlingend
    Und allmächtig vor mir da!

    Ach, der Wunsch, hinwegzuküssen
    Von der Lippen zarten Rot
    Sanft Vergessen des Vergangnen,
    Kraft für Zukunft, Mut für Tod!

    Auf dann lodern alle Kräfte,
    Die, in düstrer Nacht versteckt,
    In des Herzens Räumen schliefen,
    Von der
    Liebe Tag geweckt.

    Nieder stürzt der Täuschung Vorhang
    Den des Menschen Sinne ziehn,
    Nichtig und im bunten Wechsel,
    Schwebt, was irdisch ist, dahin!

    Nur die
    Lieb', die ew'ge Schöne
    Streckt ihr Haupt den Sternen zu;
    Unstet kreisen Welt und Zeiten -
    Sie geneußt und spendet Ruh!

    Sieh - es sinkt die alte Welt mir
    Vor des Geistes kühnem Lauf;
    Rosig strahlt mir eine neue -
    Eine Welt der
    Liebe auf!

    Offen, offen steht der Himmel!
    Auf, frei von der Tierheit Last,
    Auf zum Vater, wo die Wesen
    Alle heil'ge
    Lieb' umfaßt!
    _____


     

  • Gustav Falke (1853-1916)

    Ruhm und
    Liebe

    Kühn wollt' auch ich nach Ruhm und Ehren fliegen,
    Der Sonne nah in reinem Glanz mich wiegen,
    Wo königliche Vögel einsam schweben.
    Nun fesselt mir ein einziger Wunsch die Schwingen:
    Zu deinen Füßen sanft mein Lied zu singen
    Und meine Seele ganz dir hinzugeben.
    _____


     

  • August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)

    Nur die
    Liebe kann gewähren,
    Was die Welt verweigert hat,
    Und du kannst und mußt entbehren
    Und verzichten früh und spat.

    Nur die
    Liebe hat noch Kränze
    Für dein stilles redlich Mühn,
    Pflanzt an deiner Wünsche Grenze
    Maienbäume hoffnungsgrün.

    Und was willst du weiter haben?
    Lieb erfüllt ja wunderbar
    Mit dem Reichtum ihrer Gaben
    Dir dein Innres ganz und gar.
    _____


    O glücklich, wer ein Herz gefunden!

    O glücklich, wer ein Herz gefunden,
    Das nur in
    Liebe denkt und sinnt
    Und mit der
    Liebe treu verbunden
    Sein schönres Leben erst beginnt!

    Wo liebend sich zwei Herzen einen,
    Nur eins zu sein in Freud und Leid,
    Da muß des Himmels Sonne scheinen
    Und heiter lächeln jede Zeit.

    Die
    Liebe, nur die Lieb ist Leben:
    Kannst du dein Herz der
    Liebe weihn,
    So hat dir Gott genug gegeben,
    Heil dir! Die ganze Welt ist dein!
    _____


    Liebesleben

    Oftmals lehnt sich der Verstand
    Hin an meines Herzens Pforte,
    Wie ein Lauscher an der Wand
    Denkt er sich am rechten Orte.

    Wie's ihm bangt nach jedem Ton,
    Wie er lauscht mit spitzen Ohren!
    Nichts als Rätsel sind sein Lohn,
    All sein Mühen ist verloren.

    O wie wüßt' er doch so gern,
    Was die
    Liebe drinnen treibet!
    Doch er steht ihr viel zu fern,
    Lieb' ihm stets Geheimnis bleibet.
    _____


    Nur liebend ist dein Herz ein Herz

    Was ist die Welt, wenn sie mit dir
    Durch
    Liebe nicht verbunden?
    Was ist die Welt, wenn du in ihr
    Nicht
    Liebe hast gefunden?

    Verklage nicht in deinem Schmerz
    Des Herzens schönste Triebe!
    Nur liebend ist dein Herz ein Herz,
    Was ist es ohne
    Liebe?

    Wenn du die
    Liebe nicht gewannst,
    Wie kannst du es ermessen,
    Ob du ein Glück gewinnen kannst,
    Ob du ein Glück besessen?
    _____


     

  • Karoline von Fidler (1801-1874)

    Liebe

    Die
    Lieb' ist Alles! Wer zu lieben weiß,
    Der kennt des Daseins einzig werthen Preis;
    In ihm ist Gott - er hat das Licht, die Kraft,
    Er hat den Glauben und die Wissenschaft!

    Wer liebt, der lebt, und giebt des Lebens Lust
    All' dem, was er umschließt mit warmer Brust;
    Er theilet aus - sieht seinen Schatz nicht an,
    Er weiß es, daß er endlos geben kann.

    Die
    Liebe hat nicht Zweifel, hat nicht Noth,
    Die Sünde kennt sie nicht, kennt nicht den Tod -
    Die
    Lieb' ist ewig! - und darum allein,
    Weil ich geliebt, werd' ich unsterblich sein!
    _____


     

  • Ferdinand Freiligrath (1810-1876)

    O lieb', solang du lieben kannst!

    O lieb', solang du lieben kannst!
    O lieb', solang du lieben magst!
    Die Stunde kommt, die Stunde kommt,
    Wo du an Gräbern stehst und klagst!

    Und sorge, daß dein Herze glüht
    Und
    Liebe hegt und Liebe trägt,
    Solang ihm noch ein ander Herz
    In
    Liebe warm entgegenschlägt!

    Und wer dir seine Brust erschließt,
    O tu ihm, was du kannst, zulieb'!
    Und mach' ihm jede Stunde froh,
    Und mach ihm keine Stunde trüb!

    Und hüte deine Zunge wohl,
    Bald ist ein böses Wort gesagt!
    O Gott, es war nicht bös gemeint, -
    Der andre aber geht und klagt.

    O lieb', solang du lieben kannst!
    O lieb', solang du lieben magst!
    Die Stunde kommt, die Stunde kommt,
    Wo du an Gräbern stehst und klagst!

    Dann kniest du nieder an der Gruft
    Und birgst die Augen, trüb und naß,
    - Sie sehn den andern nimmermehr -
    Ins lange, feuchte Kirchhofsgras.

    Und sprichst: O schau' auf mich herab,
    Der hier an deinem Grabe weint!
    Vergib, daß ich gekränkt dich hab'!
    O Gott, es war nicht bös gemeint!

    Er aber sieht und hört dich nicht,
    Kommt nicht, daß du ihn froh umfängst;
    Der Mund, der oft dich küßte, spricht
    Nie wieder: Ich vergab dir längst!

    Er tat's, vergab dir lange schon,
    Doch manche heiße Träne fiel
    Um dich und um dein herbes Wort -
    Doch still - er ruht, er ist am Ziel!

    O lieb', solang du lieben kannst!
    O lieb', solang du lieben magst!
    Die Stunde kommt, die Stunde kommt,
    Wo du an Gräbern stehst und klagst!
    _____


     

  • Alfred Friedmann (1845-1923)

    Eigensinnig

    Die
    Liebe läßt sich nicht befehlen:
    Komm her zu mir und sei nun da!
    Sie liebt es, sich heranzustehlen
    Und ungerufen ist sie nah! -

    Die
    Liebe läßt sich nicht verjagen,
    Wie Tauben von dem nahen Dach;
    Wie schwer sie sei, du mußt sie tragen,
    Sei sie nun Lust, nun Ungemach!

    Die
    Liebe läßt sich nicht erhandeln,
    Sie trotzt dem Schmeicheln, dem Gebot;
    Doch mit der
    Liebe läßt sich's wandeln
    Durch's Leben in den schwersten Tod!
    _____


     

  • Emanuel Geibel (1815-1884)

    Das ist der
    Liebe eigen,
    Mit Worten muß sie schweigen;
    Sie spricht mit süßen Zeichen
    Von Dingen ohne Gleichen.

    Es sagt die Hand am Herzen:
    Hier innen trag' ich Schmerzen,
    Und möchte doch dies Leiden
    Um alle Welt nicht meiden.

    Im Auge spricht die Thräne:
    Wie ich nach dir mich sehne!
    Mein Wollen, Denken, Sinnen
    Es will in deins verrinnen.

    Es spricht der Lippe Zücken:
    O laß dich an mich drücken,
    Auf daß im Feuerhauche
    Sich Seel' in Seele tauche!

    So webt in stummen Zeichen
    Sich Botschaft sonder Gleichen;
    Von Herz zu Herzen geht sie,
    Doch nur wer liebt versteht sie.
    _____


    Die
    Liebe gleicht dem April:
    Bald Frost, bald fröhliche Strahlen,
    Bald Blüten in Herzen und Thalen,
    Bald stürmisch und bald still,
    Bald heimliches Ringen und Dehnen,
    Bald Wolken, Regen und Thränen -
    Im ewigen Schwanken und Sehnen
    Wer weiß, was werden will!
    _____


     

  • Martin Greif (1839-1911)

    Liebe als Quell

    Quell, der nicht trocknet,
    Quell, der nicht friert,
    Aber oft stürmende
    Fluten führt!

    Jung aus den Klüften
    Dampft er so heiß,
    Selber am wenigsten
    Von sich weiß.

    Weiß nicht von wannen,
    Noch was er soll -
    Herz der verlangenden
    Liebe voll!
    _____


     

  • Sidonie Grünwald-Zerkowitz (1852-1907)

    Wille und
    Liebe

    Gut. Baue der
    Liebe Ufer
    Und dämme ihr Fluten ein!
    Ein tücht'ger Geselle der - Wille!
    Der zwängt sie in Ufer von Stein!

    Weis' ihren Lauf er regelt
    Mit Meister Verstand um die Wett',
    Daß nicht sie zerstöre die Fluren
    Und roll' in der Pflichten Bett -

    Daß zwischen den Gardedamen,
    Den Weiden sie schlängle voll Ruh,
    Nur Blätter mit sich tragend,
    Die die alte Weide wirft zu -

    Daß sie in der Tiefe nur dulde
    Den Krebs, der rückwärts geht
    Und auf dem Spiegel Quappen
    Und Fischlaich, der sich bäht.

    Für
    Liebe, die solch ein Bächlein,
    So schleichend, so seicht, so sanft,
    Baut freilich Verstand mit dem Willen
    Leicht einen Uferranft;

    Doch gleicht sie dem wilden Strome,
    Der tosend stürzet daher,
    Den übermächtige Urkraft,
    Hoch schwellt zum gewaltigen Meer!

    Die reißt fort, was ihr im Weg steht -
    Der wehrt keine Brücke, kein Damm:
    Es stürzen am Ufer die Häuser! -
    Sie entwurzelt den ältesten Stamm! -

    - - - - - - - - - - - - -

    Erschrick nicht, zaghaftes Mädchen
    Vor diesem entsetzlichen Bild;
    Dir wird das niemals geschehen;
    Wie könntest Du lieben so wild?!
    _____


     

  • Karoline von Günderrode (1780-1806)

    Überall
    Liebe

    Kann ich im Herzen heiße Wünsche tragen?
    Dabei des Lebens Blüthenkränze sehn,
    Und unbekränzt daran vorüber gehn
    Und muß ich traurend nicht in mir verzagen?

    Soll frevelnd ich dem liebsten Wunsch entsagen?
    Soll muthig ich zum Schattenreiche gehn?
    Um andre Freuden andre Götter flehn,
    Nach neuen Wonnen bei den Todten fragen?

    Ich stieg hinab, doch auch in Plutons Reichen,
    Im Schooß der Nächte, brennt der Liebe Glut
    Daß sehnend Schatten sich zu Schatten neigen.

    Verlohren ist wen
    Liebe nicht beglücket,
    Und stieg er auch hinab zur styg'schen Flut,
    Im Glanz der Himmel blieb er unentzücket.
    _____


    Liebe

    O reiche Armuth! Gebend, seliges Empfangen!
    In Zagheit Muth! in Freiheit doch gefangen.
    In Stummheit Sprache,
    Schüchtern bei Tage,
    Siegend mit zaghaftem Bangen.

    Lebendiger Tod, im Einen sel'ges Leben
    Schwelgend in Noth, im Widerstand ergeben,
    Genießend schmachten,
    Nie satt betrachten
    Leben im Traum und doppelt Leben.
    _____


    Liebe und Schönheit

    Prometheus hatte nun den Mensch vollendet,
    Doch unbeweglich blieb der todte Stoff,
    Bis er der Sonne Funken hat entwendet;
    (Ein Tropfe, der der Schönheit Meer enttroff)
    Doch dieser Funke, er entflammt im Bilde,
    In das des Künstlers Weisheit ihn verhüllte.

    Von Schönheit ist das Leben ausgegangen,
    Doch es vergißt den hohen Ursprung nicht;
    Es strebt zu ihm, und Lieb ist dies Verlangen,
    Die ewig ringet nach dem Sonnenlicht.
    Denn Lieb ist Wunsch, Erinnerung des Schönen,
    Die Schönheit schauen will der
    Liebe Sehnen.

    Drum kann die
    Liebe nimmer selbst sich g'nügen,
    Drum ist sie immer reich in ihrem Reich;
    Drum sucht sie Schönheit sich ihr anzufügen
    Und bettelt ewig vor der Schönheit Reich.
    Doch ach! unendlich ist das Reich des Schönen,
    So auch unendlich unserer
    Liebe Sehnen.
    _____


     

  • Ida von Hahn-Hahn (1805-1880)

    Der Funke der
    Liebe

    Der Funke der
    Liebe, im Herzen geboren,
    Geht nimmer Dem, der ihn empfunden, verloren,
    Er glühet und brennt in die Ewigkeit fort;
    Denn wäre dem Menschen die Kraft nicht gegeben,
    Zu lieben bis hin ins unsterbliche Leben,
    So gäb's wahre
    Liebe nicht hier und nicht dort.

    Nicht wird er entzündet an rosigen Wangen,
    Und nicht an dem Feuer des Jugendverlangen,
    So flüchtigem Dienste ist er nicht geweiht.
    Und selber die Freude auf schimmerndem Flügel,
    Sie bringet ihm nicht der Unsterblichkeit Siegel. -
    Der Funke der
    Liebe wohnt über der Zeit.

    Und nicht kann er langsam mit Tagen veralten,
    Auch nicht an dem Eise der Jahre erkalten,
    Das andre so heiße Gefühle verwischt.
    Es mögen auch glühende Thränen erzählen,
    Daß still sie gebrochen die mildesten Seelen; -
    Der Funke der
    Lieb' nicht in Thränen erlischt.

    Die Asche der Theuren selbst kann ihn nicht decken;
    Er weiß aus Zerstörung das Leben zu wecken,
    Und Gräber und Staub hemmen nicht seinen Lauf.
    Denn so wie der Phönix aus rein'genden Flammen, -
    Bricht einstens das Erdengerüste zusammen, -
    So schwingt er sich froh zur Unsterblichkeit auf.
    _____


     

  • Friedrich Halm (1806-1871)

    Mein Herz, ich will dich fragen

    Mein Herz, ich will dich fragen,
    Was ist denn
    Liebe, sag'? -
    "Zwei Seelen und ein Gedanke,
    Zwei Herzen und ein Schlag!"

    Und sprich, woher, woher kommt
    Liebe? -
    "Sie kömmt und sie ist da!"
    Und sprich, wie schwindet
    Liebe? -
    "Die war's nicht, der's geschah!"

    Und was ist reine
    Liebe? -
    "Die ihrer selbst vergißt!"
    Und wann ist
    Lieb' am tiefsten? -
    "Wenn sie am stillsten ist!"

    Und wann ist
    Lieb' am reichsten? -
    "Das ist sie, wenn sie gibt!"
    Und sprich, wie redet
    Liebe? -
    "Sie redet nicht, sie liebt!"
    _____


    Flamme der
    Liebe

    Wohl zehrt an mir der Krankheit Qual,
    Dünn wird mein Haar, mein Antlitz fahl,
    Du aber loderst noch wie vor
    In tiefster Brust mir hell empor,
    Flamme der
    Liebe!

    Ob welkend auch, der Jahre Raub,
    Der Leib dahinsinkt, Staub zum Staub:
    Dich nähren, stockt das träge Blut,
    Der Seele Mark, des Geistes Glut
    Flamme der
    Liebe!

    Du stirbst nicht, zieht der Geist auch aus
    Aus seinem morschen Erdenhaus;
    Du hüllst noch in Verklärungsschein
    Den Heimberufnen leuchtend ein,
    Flamme der
    Liebe!

    Du stürzest mit ihm licht und hehr
    Dich in das ew'ge Strahlenmeer,
    Wo jede Welle, die da schwillt,
    Wo jeder Tropfen, der da quillt,
    Flamme der
    Liebe!
    _____


    Zweifach ist
    Liebe

    Zweifach ist
    Liebe; - mag die tolle Welt
    An leeren Tand auch oft den Namen hängen
    Und Mitleid, Neigung, Laune, wie es fällt,
    Mit heil'ger Liebe Gluten schnöd vermengen -

    Zweifach ist
    Liebe; eine, die da liebt,
    Und will sich selbst dafür zurückerhalten,
    Und eine, die die volle Seele gibt,
    Und läßt nach Willkür mit der Gabe schalten.

    Zweifach ist
    Liebe; eine, die beglückt,
    Doch einzig den Geliebten will beglücken,
    Und eine, die den Teuren still entzückt
    Auch andre Blumen sieht am Wege pflücken!

    Zweifach ist
    Liebe; eine heiß und wild,
    Voll Lust und Leid, voll Kampf und Sieg und Wunden,
    Und eine fromm, nachsichtig, sanft und mild,
    Doch wen'ger oder mehr allein empfunden.

    Zweifach ist
    Liebe; eine, die vielleicht
    Wir echt wohl seltner finden, als wir meinen,
    Und die, die jedes Mutterherz beschleicht,
    Vernimmt's des Kindes erstes, leises Weinen.

    Weh dem, der keine je von beiden fand,
    Der nie der Mutterliebe Huld erfahren,
    Der, nie geführt von zarter Frauenhand,
    Verlassen, einsam kam zu hohen Jahren!

    Doch heil dem Glücklichen, den, stets geliebt,
    Getragen stets von weichen, warmen Händen,
    Die Mutter der Geliebten übergibt,
    Das Werk, das sie begonnen, zu vollenden!
    _____


     

  • Robert Hamerling (1830-1889)

    Komm,
    Liebe, du heilige

    Komm,
    Liebe, du heil'ge, du himmlische Flamme,
    Schwing' himmelab dich vom göttlichen Sitz!
    Sei mir, was die Glut ist dem modernen Stamme,
    Berühre das Herz mir mit zündendem Blitz!

    Vernichte die schnöden, die kleinlichen Qualen,
    Unsel'ger Gefühle sich drängenden Schwarm!
    Verzehre den seelenvergiftenden, schalen,
    Am Herzen mir ruhelos nagenden Harm!

    Für Schönes und Großes zu sterben in Ehren,
    Es wäre der schönste, der letzte Triumph,
    Statt sich in unwürdiger Pein zu verzehren
    Für Kleines, Gemeines, verdrossen und dumpf -

    Komm,
    Liebe, du heil'ge, du echte, du hohe,
    Wirf himmlische Flammen ins irdische Blut:
    Wie Herakles schmacht' ich nach sühnender Lohe,
    Wie der Phönix dürst' ich nach läuternder Glut!
    _____


     

  • Max Herrmann-Neiße (1886-1941)

    Elegie der
    Liebe

    Jede
    Liebe ist voll Einsamkeit,
    jede ist an die Schwelle der Schwermut gebaut,
    wo des Zweifels Todesangst urwaldlaut
    in die Wollust der Nächte schreit.

    Alles, was der Mensch zum Menschen spricht,
    ist noch tiefer als Schweigen und Totsein stumm.
    Leidenschaftssturm biegt jede Zärtlichkeit krumm,
    wenn er sie nicht wie ein Spielzeug zerbricht.

    Jeder Spiegel des Herzens wird trüb,
    in den Lauben des Glücks nächtigt Schreck.
    Nirgends bleibt der Sehnsucht ein Versteck,
    seine Fangarme schleudert der Alltagspolyp.

    Er erhascht dich, führten dich noch so weit
    Flügel des Schwärmens, von heiligen Himmeln umblaut.
    Der Hochzeiter sinnt Flucht, heimlich weint die Braut:
    jede
    Liebe ist voll Einsamkeit.
    _____


     

  • Georg Herwegh (1817-1873)

    Die
    Liebe ist ein Edelstein

    Die
    Liebe ist ein Edelstein,
    Sie brennt jahraus, sie brennt jahrein
    Und kann sich nicht verzehren;
    Sie brennt, so lang noch Himmelslicht
    In eines Menschen Aug' sich bricht,
    Um drin sich zu verklären.

    Die
    Liebe hat der Sterne Macht,
    Kreist siegend über Tod und Nacht,
    Kein Sturm, der sie vertriebe!
    Und blitzt der Haß die Welt entlang,
    Sie wandelt sicher den alten Gang,
    Hoch über den Wolken, die
    Liebe!
    _____


     

  • Georg Heym (1887-1912)

    Und die
    Liebe brach auf ...

    Und die
    Liebe brach auf, wie ein Sturm, wie das Licht, wie das Meer,
    Aus der Tiefe sprang's auf, herzzwingend kam's über sie her,
    Und sie sanken dahin, wie sinkt von den Sicheln das Feld
    Tiefgebeugt, Mund an Mund, von dem Bogen des Gottes gefällt.
    _____


     

  • Friedrich Hölderlin (1770-1843)

    LIED DER
    LIEBE
    [Erste Fassung]

    Engelfreuden ahndend wallen
    Wir hinaus auf Gottes Flur,
    Wo die Jubel widerhallen
    In dem Tempel der Natur;
    Heute soll kein Auge trübe,
    Sorge nicht hienieden sein,
    Jedes Wesen soll der
    Liebe
    Wonniglich, wie wir, sich freun.

    Singt den Jubel, Schwestern! Brüder!
    Festgeschlungen! Hand in Hand!
    Singt das heiligste der Lieder
    Von dem hohen Wesenband!
    Steigt hinauf am Rebehhügel,
    Blickt hinab ins Schattental!
    Überall der
    Liebe Flügel,
    Wonnerauschend überall!

    Liebe lehrt das Lüftchen kosen
    Mit den Blumen auf der Au,
    Lockt zu jungen Frühlingsrosen
    Aus der Wolke Morgentau,
    Liebe ziehet Well an Welle
    Freundlichmurmelnd näher hin,
    Leitet aus der Kluft die Quelle
    Sanft hinab ins Wiesengrün.

    Berge knüpft mit ehrner Kette
    Liebe an das Firmament,
    Donner ruft sie an die Stätte,
    Wo der Sand die Pflanze brennt,
    Um die hehre Sonne leitet
    Sie die treuen Sterne her,
    Folgsam ihrem Winke gleitet
    Jeder Strom ins weite Meer.

    Liebe wallt in Wüsteneien,
    Höhnt des Dursts im dürren Sand,
    Sieget, wo Tyrannen dräuen,
    Steigt hinab ins Totenland;
    Liebe trümmert Felsen nieder,
    Zaubert Paradiese hin,
    Schaffet Erd und Himmel wieder
    Göttlich, wie im Anbeginn.

    Liebe schwingt den Seraphsflügel,
    Wo der Gott der Götter wohnt,
    Lohnt den Schweiß am Felsenhügel,
    Wann der Richter einst belohnt,
    Wann die Königsstühle trümmern,
    Hin ist jede Scheidewand,
    Adeltaten heller schimmern,
    Reiner, denn der Krone Tand.

    Mag uns jetzt die Stunde schlagen,
    Jetzt der letzte Othem wehn!
    Brüder! drüben wird es tagen,
    Schwestern! dort ist Wiedersehn;
    Jauchzt dem heiligsten der Triebe,
    Die der Gott der Götter gab,
    Brüder! Schwestern! jauchzt der
    Liebe!
    Sie besieget Zeit und Grab!
    _____


    HYMNE AN DIE
    LIEBE

    Froh der süßen Augenweide
    Wallen wir auf grüner Flur;
    Unser Priestertum ist Freude,
    Unser Tempel die Natur;
    Heute soll kein Auge trübe,
    Sorge nicht hienieden sein!
    Jedes Wesen soll der
    Liebe,
    Frei und froh, wie wir, sich freun!

    Höhnt im Stolze, Schwestern, Brüder!
    Höhnt der scheuen Knechte Tand!
    Jubelt kühn das Lied der Lieder,
    Festgeschlungen Hand in Hand!
    Steigt hinauf am Rebenhügel,
    Blickt hinab ins weite Tal!
    Überall der
    Liebe Flügel,
    Hold und herrlich überall!

    Liebe bringt zu jungen Rosen
    Morgentau von hoher Luft,
    Lehrt die warmen Lüfte kosen
    In der Maienblume Duft;
    Um die Orione leitet
    Sie die treuen Erden her,
    Folgsam ihrem Winke, gleitet
    Jeder Strom ins weite Meer;

    An die wilden Berge reihet
    Sie die sanften Täler an,
    Die entbrannte Sonn erfreuet
    Sie im stillen Ozean;
    Siehe! mit der Erde gattet
    Sich des Himmels heil'ge Lust,
    Von den Wettern überschattet
    Bebt entzückt der Mutter Brust.

    Liebe wallt durch Ozeane,
    Höhnt der dürren Wüste Sand,
    Blutet an der Siegesfahne
    Jauchzend für das Vaterland;
    Liebe trümmert Felsen nieder,
    Zaubert Paradiese hin
    Lächelnd kehrt die Unschuld wieder,
    Göttlichere Lenze blühn.

    Mächtig durch die
    Liebe, winden
    Von der Fessel wir uns los,
    Und die trunknen Geister schwinden
    Zu den Sternen, frei und groß!
    Unter Schwur und Kuß vergessen
    Wir die träge Flut der Zeit,
    Und die Seele naht vermessen
    Deiner Lust, Unendlichkeit!
    _____


     

  • Mia Holm (1845-1912)

    Die
    Liebe

    Die
    Liebe willst du finden?
    So suche sie im Mai,
    Da sitzt auf Blütenbäumen
    Die wunderholde Fei.

    Da flattert allerwegen
    Ihr weiches, grünes Haar,
    Aus jeder Blume lächelt
    Ihr Schelmenaugenpaar.

    Doch soll ich gut dir raten,
    So bleib ihr lieber fern,
    Denn Necken und Betrügen,
    Das hat sie gar zu gern.

    Sie kost mit dir ein Weilchen
    Und lässt dich dann allein,
    Sie giebt für kurze Wonne
    Dir lange, bange Pein.
    _____


    Nicht
    Liebe ist's

    Nicht
    Liebe ist's, doch was es ist,
    Ich weiss es nicht zu sagen,
    Es hält mich sicher, hebt mich hoch,
    Es ist so leicht zu tragen.

    Ich bin mich selbst so lieblich los,
    Ich bin wie neugeboren,
    Ich hab mich, wie der Fluss ins Meer,
    In dein Gemüt verloren.
    _____


     

  • Karl Immermann (1796-1840)

    Gebet

    Aber dennoch ist erlaubt
    Eine Bitte.
    Vater, der du Alles hast,
    Gieb mir
    Liebe!

    Spende Andern Ruhm und Gold,
    Ehrenkreuz und Ehrensold,
    Jeden Segen
    Ihren Wegen!
    Vater, der du Alles hast,
    Mir gieb
    Liebe!
    _____


     

  • Minna Kleeberg (1841-1878)

    Liebe

    Was ist die seligste Wonne auf Erden?
    Zu lieben und wieder geliebt zu werden.
    Was läßt das Herz sich gar tief betrüben?
    Zu lieben und nimmer geliebt zu sein;
    Doch das ist die größte, die schwerste Pein:
    Geliebt zu werden und nicht zu lieben.
    _____


     

  • Gustav Kühne (1806-1888)

    Und wenn mich Nachts das Sternenheer befällt,
    Um mein Geheimniß still mir abzulauschen,
    Dann fühl' ich, was mich ewig trägt und hält,
    Dann hör' ich Gott mit seinem Mantel rauschen.

    Gott hat die Welt in dunkle Nacht gehüllt,
    Damit sich zeigt, was ewig dauernd bliebe.
    Des Tages Wünsche sind im Schlaf gestillt -
    Und sieh, auch selbst im Traum bleibt wach die
    Liebe.

    Drum, laß die Welten auf und niedergeh'n,
    Laß Wetter dräuen, finster, qualvoll, trübe:
    Du wirst in alle Ewigkeit besteh'n,
    Denn Gott ist ewig, ewig ist die
    Liebe.
    _____


    Arm und Finger kann man binden,
    Aber wie das Herz? -
    Muß sich selbst die Wege finden
    Erd- und himmelwärts.

    Muß sich selbst in
    Liebe binden
    Täglich wieder neu,
    Muß sich selbst Gesetze finden
    Unumwunden frei.

    Liebe läßt sich nicht begreifen,
    Läßt sich "fassen" nicht;
    Hätt' ich tausend goldne Reifen,
    Bänd' ich, Herz, Dich nicht.

    Herzen sind nur treu verbunden,
    Wenn sie täglich neu
    Sich in
    Liebe still gefunden:
    Lieb' ist ewig frei.
    _____


     

  • Auguste Kurs (1815-1892)

    Liebe

    Wenn heimlich sich mit einem Mal
    Die
    Liebe regt im Herzen dein
    Mit bitt'rer Lust und süßer Qual -
    Und glänzte Dir kein Hoffnungsschein,
    Gesegnet bist du allemal,
    Nur durch das eig'ne Herz allein.

    Denn
    Lieb' ist nicht von dieser Welt,
    Ist eine Blüte, gottgesandt,
    Die von des Himmels lichtem Zelt
    Herabgeschwebt, und wer sie fand
    Und fest im treuen Herzen hält,
    Dem blüht sie, bis sein Leben schwand.
    _____


     

  • Hermann von Loeper (1820-1884)

    Zuversicht

    Ich glaube, daß die
    Liebe überdauert
    Des Lebens flücht'ge, karggemessne Zeit,
    Weil sie das Herz so ahnungsreich durchschauert,
    Wie ein Prophetenruf der Ewigkeit,

    Weil sie die Fackel ist auf dunkeln Bahnen,
    Der Funken, der die Asche neu belebt,
    Weil ihrer Stimme treues ernstes Mahnen
    Das Herz erweckt und auf zum Himmel hebt.

    Das Leben ist ein Baum mit grünen Zweigen,
    Daran die
    Liebe gleich der Blüthe hängt,
    Aus deren Schooß sich süße Früchte neigen,
    Die neue Keime in die Erde senkt.

    Die
    Lieb' ist Kern, und Schale ist das Leben;
    Der Kern entkeimt, wenn morsch die Hülle fällt,
    Und neue Jugend wird die
    Liebe geben,
    Wenn schon in Trümmern liegt die alte Welt.
    _____


    Seele und
    Liebe

    Es meldet die Sage
    Von glücklicher Zeit,
    Als Seele dem Gotte
    Der
    Liebe vermählt war.
    Sie durfte ihn küssen,
    Sie durfte ihn halten
    Am wallenden Busen,
    Sie durfte ihn drücken
    An's knospende Herz.
    Doch sollte die Seele
    Den Himmel-entstiegnen
    Gemahl nimmer schauen;
    So war es der Wille
    Der ewigen Mächte.

    Gehüllt in das Dunkel
    Der nächtlichen Schatten,
    Dem Auge verborgen,
    So schwebte er nieder,
    So schlummert der Knabe
    Zur Seite der Schönen.
    Und als sie, verletzend
    Der Ewigen Rathschluß,
    Die Lampe entzündet
    Und lüsternen Blickes
    Die göttlichen Glieder
    Des Knaben betrachtet,
    Entflieht er verscheucht.
    So blieben der Seele
    Nur Kummer und Reue,
    Nur Bangen und Sehnen
    Verlorenen Glücks.
    _____


     

  • Hieronymus Lorm (1821-1902)

    Liebe

    Von
    Liebe sagt und singt die Welt
    Seit sie vom Sonnenlicht erhellt.
    Doch liebt er selbst, empfindet Jeder,
    Daß Wort und Bild und Ton und Feder
    Von
    Liebe, wie sie ihn bezwungen,
    Noch nichts gesagt hat und gesungen.
    _____


     

  • Angelika von Marquardt (1849-1893)

    Das Glück der
    Liebe

    Wer nie geliebt ward, sollte nimmer klagen -
    Unglücklich nur, wer niemals selbst geliebt!
    Ich mag des Schicksals schwersten Schlag ertragen,
    Mag jede Qual erdulden ohne Zagen,
    Solang noch Schatz auf Schatz das Herz vergibt!

    O nicht um jedes Glück des frohen Lebens
    Gäb' ich mein Liebesleid um Dich dahin!
    Mein Hoffen bleibt in Ewigkeit vergebens,
    Verboten ist das Ziel des reinsten Strebens,
    Nur im Entsagen liegt für mich Gewinn!

    Und doch, wie bin ich selig! Dich zu lieben,
    Du Einz'ger, gilt als höchste Wonne mir.
    Wie welkes Laub, vom Sturmwind umgetrieben,
    Wie Staub zuletzt mag jedes Glück zerstieben -
    Was kümmert's mich: Es bleibt die
    Lieb' zu Dir!
    _____


     

  • Alfred Meißner (1822-1885)

    Nachtwache der
    Liebe

    Nachtwache der
    Liebe, du Sabbat im Herzen,
    Du singende, herzenverjüngende Zeit,
    Du Weihnacht bei duftigen, luftigen Kerzen,
    Sei ewig und ewig gebenedeit!

    Ein Wandeln im Schatten wildrauschender Palmen,
    Ein Schaukeln im Kahne in träumender Ruh,
    Ein Beten im Dome bei hallenden Palmen,
    Nachtwache des liebenden Herzens, bist du!

    Sie schloß mich an sich mit den blühenden Armen,
    Sie haucht' mir in's Ohr ein unsterbliches Wort -
    Ich kniete und flehte: o habe Erbarmen,
    Und küss' mir die zagende Seele nicht fort!

    Nun wandl' ich im Dämmerlicht blühender Bäume,
    Ich fasse der Nachtigall Jubel und Schmerz,
    Ich zähle die Sterne, ich wache und träume -
    Ein schwebender Stern ist mein seliges Herz.

    Nachtwache der
    Liebe, du Hoffen und Wähnen,
    Du Sabbat im Herzen, du heilige Zeit,
    Du Seligkeit nächtig verrinnender Thränen,
    Sei ewig und ewig gebenedeit!

    _____


     

  • Stephan Milow (1836-1915)

    Notwendigkeit

    O
    Liebe, Liebe, wer dich fassen mag!
    Bestimmt war alles schon am ersten Tag,
    Bestimmt das Ende längst; doch keinen Zwang!
    Du mußt es gehen lassen seinen Gang.
    Du pflückst nicht heut, was dir erst morgen reift;
    Umsonst, daß deine Hand danach schon greift.
    Dein ist der Preis, gewiß; doch nur Geduld!
    Durch Lust und Leid, Entsagung und durch Schuld
    Hinauf, hinunter geht es, kreuz und quer;
    Du ringe nur und achte nichts zu schwer,
    Bis wird, was schon bestimmt am ersten Tag:
    O
    Liebe, Liebe, wer dich fassen mag!
    _____


     

  • Eduard Mörike (1804-1875)

    Nimmersatte
    Liebe

    So ist die Lieb! So ist die Lieb!
    Mit Küssen nicht zu stillen:
    Wer ist der Tor und will ein Sieb
    Mit eitel Wasser füllen?
    Und schöpfst du an die tausend Jahr,
    Und küssest ewig, ewig gar,
    Du tust ihr nie zu Willen.

    Die Lieb, die Lieb hat alle Stund
    Neu wunderlich Gelüsten;
    Wir bissen uns die Lippen wund,
    Da wir uns heute küßten.
    Das Mädchen hielt in guter Ruh,
    Wie's Lämmlein unterm Messer;
    Ihr Auge bat: nur immer zu,
    Je weher, desto besser!

    So ist die Lieb, und war auch so,
    Wie lang es
    Liebe gibt,
    Und anders war Herr Salomo,
    Der Weise, nicht verliebt.
    _____


     

  • Albert Möser (1835-1900)

    Wer leichten Muths, weil, was sein Herz erlesen,
    Nur Kaltsinn kennt, ihm lächelnd kann entsagen
    Und heiter gehn wie in vergangnen Tagen,
    Glaubt nicht, daß er begriff der
    Liebe Wesen.

    Was enden kann, ist
    Liebe nie gewesen,
    Ein Joch ist sie, für ew'ge Zeit zu tragen,
    Sie bannt dich fest an ihren Siegeswagen
    Und läßt zur Freiheit niemals dich genesen.

    So herrscht sie starr, ein himmlisches Verhängniß,
    Und läßt dich nicht, ob Huld dir lohnt dein Werben,
    Ob, was du liebst, der Gluth stets bar geblieben:

    Wohl klopft das Herz, das Gunst nicht fand, in Bängniß,
    Zertreten zuckt's und wünscht sich bald zu sterben,
    Und sieh! es bricht, doch hört's nicht auf zu lieben.
    _____


    Selbstlose
    Liebe

    Wohl dünkt mich's leicht, allmächtig zu erglühen,
    Wenn dich dein Lieb mit Inbrunst hält umschlungen,
    Wenn sie dich herzt, von eigner Gluth durchdrungen,
    Und dunkle Augen feur'ge Blitze sprühen.

    Ich aber hab' umsonst mit heißem Mühen
    Bei kaltem Sinn, wie oft! um Gunst gerungen,
    Von Leibespracht und Wangenschmelz bezwungen,
    Von goldnem Haar und schwell'nder Lippen Blühen.

    Da lernt' ich, für des Herzens reichste Spenden
    Ein Lächeln kaum, ein frost'ges, zu gewinnen
    Und dennoch nie der Werbung Dienst zu enden,

    Gequält, verschmäht mit nichten je zu wanken,
    Und schmerzdurchwühlt mit stillergebnen Sinnen
    Sogar für Hohn mit
    Liebe nur zu danken.
    _____


    Nicht lieb' ich dich, weil hold du bist zu schaun,
    Weil deines Leibes Formen zart sich ründen,
    Nicht, weil in deiner Seele ros'gen Gründen
    Anmuth und Scherz gern eine Statt sich baun:

    Was
    Liebe weckt, es ist nichts Einzles, traun,
    Matt ist Gefühl, das kalt sich läßt begründen;
    Nur da kann höchste
    Liebe sich entzünden,
    Wo Grundlos-Ew'ges sich berührt mit Graun.

    Das ist's! Von deines Wesens Urbestand,
    Von deines Ichs geheimstem Sein und Kerne
    Fühlt bang erschauernd sich mein Herz gebannt:

    Auch traute Seelen trennt noch starre Ferne,
    Doch du bist mir von Ewigkeit verwandt,
    Wir grüßten uns vordem auf besserm Sterne.
    _____


    Liebe

    Ob sonn'ger Schein die Erde verklärt, ob Lenz
    Mit Grün sie schmückt, ob wogender Meeresbraus
    Uns hehr umtost, ob Sternenglanz in
    Laulichen Nächten den Raum durchleuchtet:

    Chaotisch-wüst doch starret die Welt uns an,
    Wenn
    Liebe fehlt: von Menschen und Dingen nur
    Ein bunt Gewirr, zwecklos und friedlos,
    Scheint sie dem Auge des Ungeliebten.

    Erst wenn das Wort, das heilige, große Wort:
    "Ich liebe dich" von lieblichen Lippen schallt,
    Dann fliehn, die schwermuthreich vordem die
    Dinge verhüllten, die nächt'gen Schatten.

    Es tagt, es tagt! und über die öde Welt
    Läuft blitzgleich rings holdseliger Glanz, wie einst,
    Als machtvoll-hehr: "Es werde Licht!" der
    Ruf von den Lippen des Schöpfers tönte.

    Vor klarem Blick dann, lieblichen Einklangs voll,
    Liegt schön-verklärt die prangende Welt, und leicht
    Erahnt das Herz, den heiß wir suchen,
    Ueber der Erde den ew'gen Frieden.
    _____


     

  • Wolfgang Müller von Königswinter (1816-1873)

    Was die
    Liebe ist

    Tief Blick in Blick, heiß Mund an Mund,
    Laß Herz am Herzen schlagen!
    Doch was die Lieb' ist, liebes Kind,
    Das mußt du mich nicht fragen!

    Was Lieb' ist, das erleb' ich jetzt
    In lauter Glück verloren.
    Und die Erklärung - laß sie nur
    Den liebelosen Thoren.

    Was soll das Wort? - Den sel'gen Blick,
    Den stillen Druck der Hände,
    Den heißen Kuß erschöpfst du nicht
    In Worten sonder Ende.

    O liebe nur, o liebe nur,
    O seufze, schmachte, weine,
    O juble, lach'! - es bleibt die Lieb'
    In allem - ewig eine.

    Tief Blick in Blick, heiß Mund an Mund,
    Laß Herz am Herzen schlagen!
    Doch was die Lieb' ist, liebes Kind,
    Das mußt du mich nicht fragen!
    _____


     

  • Hermann Oelschläger (1839-1908)

    Liebe

    Und wenn auch Nichts mein eigen bliebe,
    Als nur der Schmerz,
    Noch immer weht ein Ton der
    Liebe
    Mir durch das Herz.

    Der Lerche Sang, ein Blick in Thränen,
    Der Sterne Lauf
    Regt neue Neigung stets und Sehnen
    Im Busen auf.

    Ein Funken ist's von jener
    Liebe,
    Die Rings die Welt
    In glutumwalltem Flammentriebe
    Zusammenhält.

    Es ist ein Hauch von jenem Wüthen
    Und Schöpferdrang,
    Dem einst mit Dornen und mit Blüthen
    Das All entsprang.

    Ein Stern ist's, der durch Nebelschleier
    Sanft leuchtend geht,
    Und wirkt wie fromm zur Sonntagsfeier
    Ein still Gebet.
    _____


     

  • Louise Otto (1819-1895)

    O schönes Leben, das der
    Liebe Bande
    Um mich mit allen ihren Zaubern wob!
    Ein trauter Arm mich in den Himmel hob
    Und Herz an Herz im süßen Feuer brannte.

    Ja!
    Liebe wird zum Himmels Unterpfande!
    Ob Sturm und Blitz die Myrthe auch umtob,
    Ob auch die schönste Rose noch zerstob -:
    Die
    Liebe ist des Ew'gen Abgesandte.

    Wenn Seel' und Seele sich verwandt erkennen?
    Ob wir es Freundschaft, ob wir's
    Liebe nennen,
    Es ist ein Zeichen unsrer Göttlichkeit.

    Und wenn die Geister sich vom Ird'schen trennen -
    Wo ist für rechte
    Liebe denn das Leid?
    Dort ist der
    Liebe Reich - ich bin bereit!
    _____


     

  • Hermione von Preuschen (1854-1918)

    Nil

    Die
    Liebe ist wie der mystische Nil,
    der aus dunkeln Gründen zum Meere fließt,
    und die Ufer verheerend, ohne Damm, ohne Ziel
    sich über die schauernden Lande gießt.

    Und wenn verebbt der gewaltige Strom,
    ein seliges Leben zu keimen beginnt,
    eine Welt voll Blüten zum Himmelsdom
    drängt sich, noch ehe die Flut verrinnt.

    So ist die
    Liebe der mystische Nil,
    ohne den meiner Seele Ufer verdorrt,
    mit dem sie wächst zu göttlichem Ziel
    und Blüten und Früchte trägt, fort und fort.
    _____


     

  • Robert Prutz (1816-1872)

    Liebe

    Was die
    Liebe kann begehren,
    Liebe darf es frei gewähren.

    Was von
    Liebe ward verschuldet,
    Gern von
    Liebe wird's geduldet.

    Alles Fehlen, alles Irren,
    Liebe weiß es zu entwirren;

    Trägt mit seliger Geberde
    Alle Noth und Schuld der Erde;

    Am Geliebten jeden Flecken
    Weiß sie sorgsam zu verdecken;

    Ja, ihn völlig freizusprechen,
    Lächelnd theilt sie sein Verbrechen.
    _____


    Gesetz der
    Liebe

    Wenn du dein Herz der
    Liebe willst ergeben,
    So acht' auf Eins: daß es sich völlig giebt
    Und ungetheilt; es lebt nur, wer da liebt,
    Drum klingt so ähnlich lieben auch und leben.

    Drum wenn du liebst, so habe nichts daneben,
    Woran dein Herz noch hängt; die Welt zerstiebt
    Der Seele, die sich innigst weiß geliebt,
    Und welche selbst in
    Liebe will verschweben.

    Wer aber unter des Geliebten Küssen
    Noch ängstlich seitwärts nach den Leuten schielt,
    Was sie wol meinen, denken, sagen müssen,

    Der ist, wie fromm er sich auch sonst verhielt,
    Rebell zuwider göttlichen Beschlüssen,
    Und eitel Täuschung ist, was er erzielt.
    _____


    Offenbarung der
    Liebe

    Wie auch das spröde Herz mag widerstreben,
    Und wie er vor sich selber sich verstelle,
    Es kann der Mensch nicht ohne
    Liebe leben.

    Die
    Liebe ist die große Lebensquelle,
    Daraus des Daseins ew'ge Ströme fließen,
    Endlos, unstillbar, wie des Meeres Welle.

    Sie läßt die Blumen auf dem Felde sprießen,
    Die Lerchen lehrt sie und die Nachtigallen,
    Daß sie in Wohllaut jubelnd sich ergießen.

    In todten Steinen, fühllosen Metallen
    Läßt sie verborg'ne Lebensfülle wogen
    Und blüht empor in leuchtenden Krystallen.

    Ja droben selbst am blauen Himmelsbogen,
    Die ew'gen Sterne selbst, die milden, guten,
    Sie fühlen wie von
    Liebe sich gezogen.

    Es brennt der bleiche Mond in keuschen Gluten,
    Er spiegelt sich im Meer und zwingt die Wellen,
    In Liebesdrang zu ebben und zu fluten. –

    Strömt
    Liebe so aus hunderttausend Quellen,
    Wie willst denn du, o Mensch, von allen Wesen
    Nur außerhalb dich ihres Zaubers stellen?

    O du, von Gott zum Ebenbild erlesen
    Und doch gesetzt in dieses Thal der Leiden,
    Wie willst du ohne
    Liebe je genesen?

    Du kannst mit Erz die starre Brust umkleiden
    Und kannst dein Selbst in schnöde Fesseln schlagen,
    Doch kannst du nie von Liebe ganz dich scheiden.

    Wie lang' es währt, einst muß der Morgen tagen,
    Wo dich erfaßt ein schmerzlich süßes Sehnen
    Nach einem Ohr, dem du kannst alles klagen,

    Nach einer Brust, dich schweigend dran zu lehnen,
    Nach weichen Armen, die dich mild umfassen,
    Nach einem Aug', das weint in deine Thränen!

    Und bist du dann von aller Welt verlassen,
    Indessen rings im Schatten grüner Buchen
    Verliebte Paare zärtlich sich umfassen:

    Dann wirst du einst, gieb Acht, dir selber fluchen
    Und wirst bei Blumen, Vögeln, Katzen, Hunden,
    Armsel'ger Thor, nach jener
    Liebe suchen,
    Die nie ein Menschenherz bei dir gefunden!
    _____


     

  • Karl Reinhard (1769-1840)

    Wechselliebe

    Wer hägt das heilige Gefühl,
    Das ewig unsre Brust durchlodert;
    Wer nährt das süsse Flammenspiel,
    Das ewig neue Nahrung fodert?

    Es hägt und nähret sich allein
    Die
    Liebe braucht nicht Huth und Pflege.
    Das Flämmchen spielt von selbst so rein,
    Von selbst so ewig jung und rege.

    Wer fodert, was er geben kann,
    Darf nicht umsonst nach Freude wandern:
    Ein Flämmchen facht ein andres an,
    Ein Herz erwärmt sich an dem andern.

    Die
    Liebe nimmt und gibt zugleich;
    Sie gäbe selber gern das Leben.
    Sie ist so wunder- wunderreich,
    Und wird nur reicher noch durch Geben.

    Wenn solcher Segen darauf ruht,
    Wer wollte nicht zu geben eilen?
    O Herzen, spendet Gut um Gut.
    O eilet, euer Glück zu theilen!
    _____


    Gewalt der
    Liebe

    Es ist ein Gott, der mächtig
    Als Herr der Welt gebiethet,
    Vor dessen Zepter selber
    Sich alle Götter neigen.
    Er ist ein Kind. Doch seufzet,
    Ein leichtes Spiel der Laune,
    In seinen Fesseln schmachtend,
    Es seufzt der ernste Weise.
    Sein Wink verwandelt Alles.
    Der König wird ein Schäfer,
    Von seinem Geist gereget;
    Der Schäfer steigt zum Throne.
    Doch dieser Gott der Götter
    Vermag nichts über Daphne,
    Und würde ohne Daphne
    Nichts über mich vermögen.
    _____


     

  • Emil Rittershaus (1834-1897)

    Ich sprach zur Sonne

    Ich sprach zur Sonne: "Sprich, was ist die
    Liebe?"
    Sie gab nicht Antwort, gab nur goldnes Licht.
    Ich sprach zur Blume: "Sprich, was ist die
    Liebe?"
    Sie gab mir Düfte, doch die Antwort nicht.

    Ich sprach zum Ew'gen: "Sprich, was ist die
    Liebe?"
    Ist's heil'ger Ernst? Ist's süße Tändelei?
    Da gab mir Gott ein Weib, ein treues, liebes,
    Und nimmer fragt' ich, was die
    Liebe sei!
    _____


     

  • Friedrich Rückert (1788-1866)

    Die
    Liebe sprach: In der Geliebten Blicke
    Mußt du den Himmel suchen, nicht die Erde,
    Daß sich die beßre Kraft daran erquicke,
    Und dir das Sternbild nicht zum Irrlicht werde.

    Die
    Liebe sprach: In der Geliebten Auge
    Mußt du das Licht dir suchen, nicht das Feuer,
    Daß dir's zur Lamp' in dunkler Klause tauge,
    Nicht dir verzehre deines Lebens Scheuer.

    Die
    Liebe sprach: In der Geliebten Wonne
    Mußt du die Flügel suchen, nicht die Fesseln,
    Daß sie dich aufwärts tragen zu der Sonne,
    Nicht niederziehn zu Rosen und zu Nesseln.
    _____


     

  • Hugo Salus (1866-1929)

    Psalm

    Einst wird ein Tag so voller
    Liebe tagen,
    Und solch ein Frieden wird die Welt erfüllen,
    Der letzte Stern wird seinen Glanz enthüllen
    Und stille stehn der goldne Sonnenwagen.

    Aus allen Himmeln werden Chöre schallen
    Und auf zu allen Himmeln frohe Lieder,
    Auf hundertfarbigem Regenbogen nieder
    Wird licht ein Zug von Friedensengeln wallen.

    Und
    Liebe wird und Milde und Erbarmen
    Aus selig klaren Menschenaugen glänzen,
    Und jedes Haupt wird sich mit Rosen kränzen,
    Und Hirten werden Könige umarmen.

    Da wird das Reich des ewigen Glaubens enden,
    Die
    Liebe wird von allen Türmen winken;
    Und all den Toten in der Erde sinken
    Die stillen Kreuze aus den müden Händen ..
    _____


     

  • Adolf Friedrich von Schack (1815-1894)

    Genügen in der
    Liebe

    Einst war in allen Räumen
    Die Erde mir kaum weit genug;
    Kein Land, kein Meer, wohin in Träumen
    Mich nicht der Seele Flügel trug.

    Auf Höhn, zuerst bestrahlt vom Morgen,
    In Tiefen, die kein Senkblei mißt,
    Wähnt ich den großen Schatz verborgen,
    Der einzig werth des Suchens ist.

    Doch jetzt o mehr, als was ich ehe
    Gesucht am fernsten Meeressaum,
    Fand ich bei dir in trauter Nähe,
    Noch fass' ich Alles, Alles kaum.

    Und, ganz das Glück nun zu genießen,
    Das mir der schönste Tag geschenkt,
    Möcht' ich der Welt mich rings verschließen,
    In deinen Anblick nur versenkt.
    _____


     

  • Richard von Schaukal (1873-1942)

    Und es ist doch
    Liebe ...

    Was die Menschen sagen,
    weiß ich alles schon,
    aber was sie tragen,
    flüstert kaum ein Ton.

    Und es ist doch
    Liebe,
    was zusammenhält,
    die sonst sinnlos bliebe,
    diese wirre Welt.
    _____


    Nur die
    Liebe

    Nur die Liebe, die im Herzen lebt
    und sich unerschöpflich draus ergießt,
    also daß es bebend überfließt
    und im Spiegel ihres Stromes schwebt,

    nur die
    Liebe, die sich nie erfüllt
    und vergebens Ewigkeit ersehnt,
    ist das Band, das sich hinüberdehnt,
    wo sich einmal aller Sinn enthüllt.
    _____


    Gebet

    Mein Gott, gewähr mir Eines,
    ich bitte sonst um nichts:
    im Glanz des ewgen Lichts
    flackert verstört mein kleines.

    So fleh ich tausendmal:
    Erhalt mir meine Qual,
    laß mich in meiner Pein
    vor
    Liebe selig sein!
    _____


     

  • Max von Schenkendorf (1783-1817)

    Liebe

    O
    Liebe, du Morgentraum,
    Geboren kaum
    Und weise wie die Ewigkeit,
    Im Greisenhaar
    Noch mild und klar,
    Noch fühlend und spielend
    Wie Kindlein in der Weihnachtszeit.

    O
    Liebe, du Zauberwort,
    Klingst fort und fort
    Wie Wellenschlag der Ewigkeit;
    Du Melodie
    Und Harmonie
    Von Wonnen - zerronnen
    In Tönen fließet Raum und Zeit.

    O
    Liebe, von dir empfing
    Der Schmetterling
    Des Blüthenlebens zarten Keim.
    Ha Wonnepreis!
    Im Blumenkreis
    Zu nippen mit Lippen
    Die Küsse gleich dem Honigseim.

    O
    Liebe, du Lebensquell,
    Du Bächlein hell,
    Verbreitest Kühlung um mich her,
    O labe mich,
    Ich sink' in dich
    So selig, so wählig
    Wie Fischlein in dem Muttermeer.
    _____


     

  • Georg Scherer (1828-1909)

    Wer, heilige
    Liebe, deinen Kelch getrunken
    Und süßberauscht, ein überseliger Mann,
    Dir einmal nur ans volle Herz gesunken,
    Der ist verfallen deinem Zauberbann.
    Fort glimmt's in ihm wie lichte Himmelsfunken;
    Und ob er deinen Banden auch entrann -
    Früh oder spät wird er mit frohem Bangen
    Nach deiner holden Unruh' heim verlangen.
    _____


     

  • August Wilhelm von Schlegel (1767-1845)

    Deutung

    Was ist die
    Liebe? Les't es, zart geschrieben,
    Im Laut des Worts: es ist ein innig Leben;
    Und Leben ein im Leib gefeßelt Streben,
    Ein sinnlich Bild von ewig geist'gen Trieben.

    Der Mensch nur liebt: doch ist sein erstes Lieben
    Der Lieblichkeit des Leibes hingegeben.
    Will sich, als Leibes Gast, der Geist erheben,
    So wird von Willkür die Begier vertrieben.

    Doch unauflöslich Leib und Geist verweben
    Ist das Geheimniß aller Lust und
    Liebe;
    Leiblich und geistig wird sie Quell des Lebens.

    Im Manne waltet die Gewalt des Strebens;
    Des Weibes Füll' umhüllet stille Triebe:
    Wo
    Liebe lebt und labt, ist lieb das Leben.
    _____


     

  • Ulrich von Schlippenbach (1774-1826)

    Die
    Liebe

    Was soll die Liebe? Kannst du fragen? -
    Ein Herz beglücken, eh' es bricht,
    Ins stille Inn're übertragen,
    Was Seele leis' zu Seele spricht,
    Und in ein armes Menschenleben
    Den Reichthum eines Gottes weben.

    Die
    Liebe borgt nicht von Sekunden
    Den flücht'gen Reiz berauschter Lust,
    Ihr gnügt Gefühl, das sie gefunden,
    Gefühl in der Geliebten Brust.
    Nicht reichen an der
    Liebe Freuden
    Die Lust der Welt und ihre Leiden.

    Wo
    Liebe sich ein Herz erkohren,
    Da adelt sie, was sie erschafft;
    Dem niedern Wunsche nur verloren,
    Weckt sie der Seele höh're Kraft.
    Sinkt in den Staub der Geist danieder,
    Die
    Liebe hält und hebt ihn wieder.
    _____


     

  • Karl Siebel (1836-1868)

    Es ist ein holder Traum die
    Liebe,
    Ein Traum, den Phantasie gewebt;
    Ein Traum, der gleich dem Schmetterlinge
    Auf mancher schönen Blüthe schwebt.

    Ein Traum, der allzubald verflieget,
    Ein Traum, der allzubald vergeht, -
    Der wie ein Duft, wie Lerchensingen
    Im weiten Himmelsblau verweht.

    Und dennoch reden heil'ge Bücher
    Von einer Lieb' in Noth und Tod;
    Von einer ew'gen heil'gen
    Liebe,
    Die ew'ge
    Liebe: - sie ist Gott.

    Versenke dich in diese
    Liebe,
    Versenk' dich ganz und gar hinein,
    Und ist auch Alles Trug und Thränen,
    Du wirst in lichter Wahrheit sein.
    _____


     

  • Jegor von Sivers (1823-1879)

    Liebe über Alles

    Was zucket weiter durch den Raum,
    Als wie die Sterne strahlen?
    Was malet schöner, als wol kaum
    Die größten Maler malen?

    Was ist noch tiefer als das Meer,
    Was wilder als die Wogen?
    Was kommt noch brausender daher
    Als ein Orkan gezogen?

    Was zucket wie der Blitz so schnell
    In flüchtiger Sekunde?
    Was leuchtet wie die Sonne hell,
    Wer giebt mir davon Kunde?

    Selbst der Gedanke sieget nicht
    Mit also starkem Triebe:
    Denn alle Schranken nur durchbricht
    Allein die Macht der
    Liebe.
    _____


     

  • Reinhard Johannes Sorge (1892-1916)

    Liebe

    Wer kann nennen,
    Was sich nicht nennen läßt,
    Wer bekennen,
    Was unser Sinn nicht faßt,
    Was göttlich in uns hallt,
    Was sehnend uns durchwallt,
    Die heiligen Triebe
    Der allumfassenden
    Liebe,
    Die du im Herzen hast?
    _____


     

  • Ilse von Stach (1879-1941)

    Liebe

    Das aber sind des Lebens schönste Stunden,
    wenn Deine Seele zu der meinen spricht.
    Dann hat ein Fremdling Heimatsstatt gefunden,
    dann fühlt ein Kranker seinen Schmerz gesunden,
    dann sieht zu Nacht ein Schiffer Land und Licht.

    Das aber ist ein Glück, nicht auszusagen,
    wenn mich Dein Arm, Dein starker Arm umfängt,
    dann fühl ich Ewigkeiten in den Augenblick getragen,
    ich fühle meine
    Liebe über mir zusammenschlagen,
    wenn sich Dein Herz zu meinem Herzen drängt.
    _____


     

  • Karl Stamm (1890-1919)

    Ich bin die Seele aller Dinge. Ich bin die
    Liebe.
    Ich lebe dunkel in den Wurzeln der Bäume.
    Tief in der Erde bin ich das glühende Feuer.
    Ich bin im Hauch der Lüfte
    und im Rauschen des Meeres.
    In den Menschen bin ich das singende Blut.
    Ich fahre dahin im Kleide der Morgenröte.
    Des Abends müde Trauer ist meine Trauer.
    Die Sonne nenn ich Schwester
    und die Sterne Brüder.

    Ich bin überall.
    Ich bin die Seele aller Dinge.
    _____


     

  • Franz Stelzhamer (1802-1874)

    All-
    Liebe

    O, Alles nah und fern
    Hab' ich so lieb und gern,
    Seit sich ins Herz begeben
    Der
    Liebe Wunderleben!

    Das Vöglein, das den Lenz besinget,
    Was froh im Feld und Walde springet;
    Was in der Fluth, im Staube schaltet,
    In Tropengluth, im Polfrost waltet,
    O, Alles nah und fern
    Hab' ich so lieb und gern!

    Das Gras, der Erde grünen Teppich,
    Den stolzen Baum umrankt von Eppich,
    Der Blumen Königin, die Rose,
    Das Aehrenfeld, die duft'gen Moose -
    O, Alles nah und fern
    Hab' ich so lieb und gern!

    Den Kieselstein, den Wellen küßen,
    Den hohen Fels, den Wolken grüssen,
    Die Erze tief im Bergesdunkel,
    Den wunderbaren Lichtkarfunkel,
    O, Alles nah und fern
    Hab' ich so lieb und gern!

    Die weite Welt in festem Baue,
    Das sie umspannt, das Zelt das blaue,
    Das Feuer in dem leichten Schwunge,
    Das Wasser mit der Plauderzunge -
    O, Alles nah und fern
    Hab' ich so lieb und gern!

    Doch Eins lieb' ich vor Allen innig,
    Das ist mein Liebchen hold und minnig,
    Das mir das süße Wunderleben
    Der
    Liebe hat ins Herz gegeben -
    Das hab' ich nah und fern
    Gar über Alles gern!
    _____


     

  • Karl Stieler (1842-1885)

    Wie wundersam ...!

    Wie wundersam ist dies Verlorengeh'n
    In Liebestiefen ohne Ziel und Schranken:
    Die ganze Welt mit lichten Augen seh'n,
    Im Sonnenschimmer klarer Freude geh'n,
    Eins sein in einem tiefen Glücksgedanken!

    Und wie im Leben auch die Stürme weh'n,
    Da ist kein Zagen und da ist kein Schwanken:
    Fest steht die
    Liebe, wie die Sterne steh'n -
    Wie wundersam ist dies Verlorengeh'n
    In Liebestiefen ohne Ziel und Schranken!
    _____


     

  • Francisca Stoecklin (1894-1931)

    An die
    Liebe

    Alle suchen sie dich
    und überall lockst du.
    Aus tausend Verhüllungen schimmert
    dein unenträtselt Gesicht.
    Aber wenigen nur
    gewährst du Erfüllung,
    selige Tage, reines Glück.
    Zärtlich wehn dich die Blumen,
    die scheuen Gräser,
    der Schmetterlinge heiterer Flug;
    wilder der Wind
    und das ewig sich wandelnde Meer.
    Wunderbar strahlst du
    aus den Augen des Menschen,
    der ein Geliebtes
    in seinen Armen hält,
    vom tönenden Sternenhimmel überwölbt.
    In die zitternde Seele
    schweben Schauer
    von Leben und Tod.
    _____


     

  • Julius Sturm (1816-1896)

    Liebe

    Die
    Liebe ist der stolzeste der Triebe,
    Sie kehrt den Rücken dem, der Gold ihr bot;
    Und aller Triebe freister ist die
    Liebe,
    Sie lächelt nur, wenn ihr mit Ketten droht.

    Die
    Liebe ist der treu'ste aller Triebe,
    Sie harret aus in jeder Erdennoth;
    Und aller Triebe stärkster ist die
    Liebe,
    Denn
    Liebe überwindet selbst den Tod.
    _____


     

  • Nahida Sturmhöfel (1822-1889)

    Zu den Liedern von der
    Liebe

    Kennst du die Macht - die wunderbare Kraft,
    Ein inn'res Sonnenlicht, das unser All belebt
    Und seit Äonen schon den Gottgedanken schafft -
    Empor aus niedern Trieben, höher, reiner strebt?

    Chaotisch wirbeln, - unbeseelt
    Im weiten Weltenraume
    Die zahllos stofflichen Atome
    Noch unberührt vom Lebenstraume,
    Bis sie der
    Liebe Gotteshauch
    Im lichten Weltendome
    Durchdringt, zu neuem Leben auch
    Gestaltend sie zur Harmonie,
    Die uns den Himmel erst verlieh.

    Dann strebt mit göttlicher Gewalt
    Im unbewußten Element
    Der
    Liebe zauberischer Keim
    Zu immer edlerer Gestalt,
    In der ein heilig Feuer brennt
    Allmächtig zu der Quelle heim,
    Es wallt empor! es strebt hinauf!
    Aus jedem dunklen Drang und Triebe
    Empor, empor im Siegeslauf
    Zum höchsten Ideal der
    Liebe!
    Zu ihrem Tempel komm! lass' hin uns ziehn!
    So lang in
    Liebe noch das Herz im Busen schlägt.
    O komm, o komm! lass' uns vor ihrem Altar knien,
    Bis sie die Seele einst in lichte Welten trägt!
    _____


    Liebeswert
    (Priamel)

    Nicht der Himmel, der uns so weit,
    Nicht der Erde Herrlichkeit,
    Nicht Frühling mit der Rosenzeit,
    Nicht all' erträumte Seligkeit,
    Nicht Ruhm und Ehre heiß begehrt:
    Nur
    Liebe ist des Lebens wert.
    _____


     

  • Ludwig Tieck (1773-1853)

    Wunder der
    Liebe
    Glosse

    Mondbeglänzte Zaubernacht,
    Die den Sinn gefangen hält,
    Wundervolle Märchenwelt,
    Steig' auf in der alten Pracht!

    Liebe läßt sich suchen, finden,
    Niemals lernen, oder lehren,
    Wer da will die Flamm' entzünden
    Ohne selbst sich zu verzehren,
    Muß sich reinigen der Sünden.
    Alles schläft, weil er noch wacht,
    Wann der Stern der
    Liebe lacht,
    Goldne Augen auf ihn blicken,
    Schaut er trunken von Entzücken
    Mondbeglänzte Zaubernacht.

    Aber nie darf er erschrecken,
    Wenn sich Wolken dunkel jagen,
    Finsterniß die Sterne decken,
    Kaum der Mond es noch will wagen,
    Einen Schimmer zu erwecken.
    Ewig steht der
    Liebe Zelt,
    Von dem eignen Licht erhellt,
    Aber Muth nur kann zerbrechen,
    Was die Furcht will ewig schwächen,
    Die den Sinn gefangen hält.

    Keiner
    Liebe hat gefunden,
    Dem ein trüber Ernst beschieden,
    Flüchtig sind die goldnen Stunden,
    Welche immer den vermieden,
    Den die bleiche Sorg' umwunden:
    Wer die Schlange an sich hält,
    Dem ist Schatten vorgestellt,
    Alles was die Dichter sangen,
    Nennt der Arme, eingefangen,
    Wundervolle Märchenwelt.

    Herz im Glauben auferblühend
    Fühlt alsbald die goldnen Scheine,
    Die es lieblich in sich ziehend
    Macht zu eigen sich und seine,
    In der schönsten Flamme glühend.
    Ist das Opfer angefacht,
    Wird's dem Himmel dargebracht,
    Hat dich
    Liebe angenommen,
    Auf dem Altar hell entglommen
    Steig' auf in der alten Pracht.
    _____


     

  • Johann Heinrich Voß (1751-1826)

    Gott, die
    Liebe

    Gott ist die
    Lieb'! Ihr Himmel, hallet:
    Die Lieb' ist Gott! im Sternenchor!
    Aus unsers Herzens Tiefen wallet
    Gesang: Die
    Lieb' ist Gott! empor.
    Er warf wie Staub der Sonnen Sonnen;
    Und Welten kreis'ten rings in Wonnen:
    In matter Erdenfreude kreis't,
    In Wonne bald, des Menschen Geist.

    Gott ist die
    Lieb', auch wann Gewittern
    Der Städt' und Wälder Flamme saus't!
    Wann aufgewühlt die Berge zittern,
    Und hoch in's Land die Woge braus't.
    Gott ist die
    Liebe, wann umnachtet
    Auch Krieg und Pest die Völker schlachtet;
    Wann auch der grause Geistestod
    Der Völker Licht zu löschen droht.

    Gott ist die
    Liebe! Bald erstehet
    Der edle Geist in junger Kraft.
    Der Morgenröthe Fittig wehet,
    Und heiter strahlt die Wissenschaft.
    Bald höher steigt und höher immer
    Die Menschlichkeit, der Gottheit Schimmer;
    Von Menschenlieb' und Menschenlust,
    Der Wonnen Vorschmack, bebt die Brust.

    Ob auch der Geist sich endlos hübe;
    Vor dir ist, Gott, sein Wissen Dunst!
    Die reinste Gluth der Menschenliebe
    Ist nur ein Fünklein deiner Brunst!
    Einst hebst du uns vom Lebenstraume
    Zu deines Urlichts fernstem Saume!
    Wir nahn mit Zittern deinem Licht,
    Und hüllen unser Angesicht!
    _____


     

  • Christine Westphalen (1758-1840)

    Überall
    Liebe

    Alles Schaffens und Strebens erhab'nes Geheimniß ist
    Liebe!
    Himmel, Erd' und Meer zeugen die Wunder von ihr:
    Wirkt nicht durch
    Liebe jedes Geschöpfes veredeltes Daseyn,
    Von den Steinen hinan bis zu dem Aether des Raums?
    _____


    Liebe

    Liebe war, eh alle Sonnen rollten;
    Liebe rief das Licht aus dunkler Nacht!
    Doch des Lichts Geburt, die Leben, zollten
    Nicht der Urkraft schöpferischen Macht.
    Sie gebot, und alle Wesen einten
    Sich, zu huldigen der Schöpferin.
    Pulse schlugen, Herzen; Augen weinten:
    Die Natur empfand mit Geist und Sinn.

    Liebe ward den Millionen Leben
    Hier ein unzertrennlich schönes Band;
    Ward vom Jenseit ihnen mitgegeben,
    Als des Daseyns unverkennbar Pfand.
    Liebe lehrt der Menschen Brust empfinden,
    Die von hohen Wonnen überfließt,
    Wenn, auf ewig treu, sich Herzen binden,
    Und der Geist im Andern sich genießt.

    Aller Hoheit giebt nur sie die Würde,
    Wissen, Ehre, Ruhm und Macht - Gehalt;
    Muth und Frohsinn bey der schwersten Bürde;
    Ja, dem Weltbeherrscher die Gewalt!
    Glück verherrlicht sie mit ihren Winken;
    Armuth fühlt nicht mehr der Sorgen Pein.
    Die aus ihrer Nectar-Schale trinken,
    Fühlen selig sich durch sie allein.

    Liebe schafft zum Himmel sich die Hütte;
    Liebe lebt, in sich ihr ganzes Seyn!
    Liebe flügelt geistiger die Schritte:
    Trennt vom Wesen Tand und leeren Schein;
    Leben ist sie, Hoffen und Genießen,
    Traum und Wirklichkeit, Gefühl und Sinn.
    Ihre Ströme müssen ewig fließen;
    Ihre Gottheit hebt zu Sternen hin!

    Sie entblüht in zarter Kinder Mitte;
    Weckt im Mädchenbusen schnell Gefühl;
    Bändigt in dem Jüngling rohe Sitte;
    Hebt den Mann zum höchsten Thaten-Ziel!
    Sie durchglüht mit kühnem Jugendfeuer
    Eine Stirne, die der Herbst bestreift;
    Tönt entzückt aus Liedern sanfter Leyer,
    Zur Vollendung nur durch sie gereift.

    Aller Zauber liegt vor ihr entfaltet,
    Der ätherischer den Busen hebt,
    Götterfülle, höher ihr gestaltet,
    Ideales, schöner ihr entwebt.
    Wie Gedanken schnell durch Höhen eilen,
    Giebt der Seele sie die Flammenkraft;
    Geister staunen: Stunden, Zeiten weilen
    Ihr, die, hochbegeistert, ewig schafft!

    Schwach ist ohne sie die Kraft im Streben;
    Todt der weiten Schöpfung reges Bild;
    Schönheit - reizlos; Anmuth - ohne Leben;
    Harmonieenzauber unenthüllt;
    Kalt, Empfindung; Sehnsucht, leer von Wonne;
    Seelenlos, der ungehellte Blick!
    Ohne Himmel jeder Freude Sonne;
    Ohne Reichthum glänzendes Geschick!

    Lieb' ist Wahrheit! Glanz aus lichten Höhen!
    Hauch der Gottheit! Quell der reinsten Lust!
    Schaffend noch, wenn Hoffnungen verwehen;
    Ungetheilt, ein Gott in Menschenbrust!
    Liebe lehrt am Abend noch empfinden,
    Hellt in uns des Morgens rege Welt;
    Liebe strahlt, wenn unsre Sonnen schwinden,
    Wenn der Schöpfung All in Nichts zerfällt!
    _____


    Ideal des Herzens

    Eine lehret das Herz der Sterblichen zarter empfinden;
    Alles in Allem vereint, einigt sie Sinne dem Geist;
    Zaubert dichterisch lieblich den Himmel nieder zur Erde;
    Bildet den Menschen zum Gott: -
    Liebe, die Seele der Welt!
    _____


    Philosophie der
    Liebe

    Zarteste Blüthe! verbirg den Busen der glühenden Sonne!
    Thau ernähre dich nur; leise berühre dich Hauch.
    Plato lehret: das Sehnen im Streben zur göttlichen Schönheit,
    Sey ihr lebendiger Geist; Haben ihr ewiger Tod.
    _____


    Liebe

    Was ist der
    Lieb' allmächtiger Geist? O, leihet mir Worte,
    Göttliche, die ihr allein nennet, was Keiner genannt!
    Sterbliche mangeln der Kunst; der Empfindung fehlen die Worte:
    Nennst du ein namenloses Seyn? mahlst du, was wohnet im Blick?
    _____


    Der himmlische Amor

    Erster der Götter, vor allem Erzeugeten warest du, Amor!
    Regtest Chaos und Nacht; da ward der Äther, der Tag.
    Finsterm und Tiefem entstieg das Erhab'ne; allmächtige
    Liebe
    Rief es zum ewigen Licht,
    Liebe, die göttliche Kraft!
    Niemals kehret zurück zu dem Rohen Gebildetes; denn was
    Himmlische Lieb' uns erschuf, das ist auch ewig wie sie.
    _____


     

  • Ernst von Wildenbruch (1845-1909)

    Liebe

    Das ist ein glückseliges Leben
    Wenn
    Liebe bei Liebe wohnt,
    Und reicheres kann es nicht geben,
    Als Liebe von
    Liebe belohnt.

    Doch gibt es auch einsame Tränen
    Von keinem gesehn und gezählt
    Und heißer brennet kein Sehnen,
    Als
    Liebe, wenn Liebe ihr fehlt.

    Sie ist wie das Feuer, das große,
    Das herab aus der Sonne loht:
    Alles Leben trägt sie im Schoße,
    Doch daneben den glühenden Tod.
    _____


    Unnötiges Forschen

    Wie in
    Liebe sich die Herzen finden,
    Danach mußt du nicht die Menschen fragen,
    Denn der Weise wird dir lächelnd sagen:
    "Liebes Kind, das läßt sich nicht ergründen."

    Glücklich der, den keine Zweifel plagen,
    Dem's genügt, still selig zu empfinden,
    Daß die Herzen sich zusammen finden,
    Der sich liebend hingibt, ohn' zu fragen.

    Ist die
    Liebe doch der Born, der süße,
    Der von Anbeginn der Zeiten quillet,
    Und noch heut den Durst der Menschen stillet;
    Wär' sie's, wenn die sich ergründen ließe?
    _____


     

  • Kathinka Zitz-Halein (1801-1877)

    Das Höchste im Leben

    Was wäre das Leben wenn
    Liebe drin fehlte?
    Wo fände das Unglück erneuerten Muth?
    Als gütig der Schöpfer den Menschen beseelte,
    Gab er ihm den Funken zur heiligen Glut.
    Die Lieb' ist stark
    Wie Löwenmark,
    Sie lehrt uns den Kummer ertragen,
    Hat Balsam für Wunden und Klagen.

    Die
    Liebe streut Blumen auf dornige Pfade,
    Die
    Liebe erhebt uns zum Urquell des Lichts,
    Sie trinkt aus dem Borne der ewigen Gnade,
    Und höher als Gold oft erfreut sie ein Nichts.
    Die
    Lieb' ist mild,
    Der Gottheit Bild.
    Und ward auch das Herz oft verwundet,
    Die
    Liebe vergiebt - es gesundet.

    Die
    Lieb' ist verschwistert mit Weh und mit Schmerzen,
    Doch trägt sie geduldig ihr vielfaches Leid;
    Denn seelige Freuden auch reicht sie dem Herzen
    Das ihr sich auf ewig zum Dienste geweiht.
    Die
    Lieb' ist groß
    Und schön ihr Loos,
    Ob
    Liebe von Leid auch umfangen,
    Ob Leiden sich kehrt in Verlangen.

    Die
    Lieb' ist des Lebens hochheiliger Segen,
    Sie flügelt die Seele zum Himmel empor;
    Sie weckt unsre Kräfte die fröhlich sich regen,
    Sie hilft uns erringen was Unmuth verlor.
    Die
    Lieb' ist Glut,
    Sie giebt uns Muth,
    Und führet durch Kampfesgewühle,
    Zum schönsten, zum herrlichsten Ziele.

    Die
    Liebe macht reich, selbst wenn Bettler sie nähren,
    Sie schenkt den Beglückten oft ewige Gunst;
    Die
    Liebe kann Kränze des Nachruhms gewähren,
    Sie öffnet dem Jünger die Thore der Kunst.
    Die
    Lieb' ist Heil,
    Der beßre Theil
    Den gütig die Gottheit gegeben
    Dem Menschen zum Trost für das Leben.
    _____


    Liebeszauber
    An Emilie

    Was
    Liebe sei, soll ich Dir sagen?
    Bald ist es Jubeln, bald ist's Klagen,
    Wie Honig süß, wie Galle bitter,
    Oft Zephirhauch, und oft Gewitter.

    Der ersten
    Liebe süßes Sehnen
    Gleicht dem geheimnißvollen Tönen
    Der Memnonssäule, wenn Aurore
    Dem Phöbos weicht am Himmelsthore.

    Sie flötet süß wie Philomele,
    Sie ist die Sonne unsrer Seele;
    Vermag sie in Dein Herz zu dringen,
    Dann übet Psyche frei die Schwingen.

    In Tugend wandelt sie die Mängel,
    Sie stellt den Menschen zu dem Engel,
    Und selbst des Lebens bange Leiden
    Verkehret sie in Himmelsfreuden.

    Doch wurdest Du mit Heucheltriebe
    Belohnt für Deine reiche
    Liebe,
    Dann wandeln sich in Höllenflammen
    Die Gluten, die vom Himmel stammen.

    Es nagen ihre Folterschmerzen
    Mit Schlangenzähnen Dir am Herzen,
    Nur Dornen blieben von den Rosen,
    Und von dem Glück bist Du verstoßen.

    Du wandelst fern vom Freudenschimmer
    Gleich einem Geiste unter Trümmer
    Der eingestürzten Tempelhallen
    Woraus nur Deine Seufzer schallen.

    In Schutt vermodern die Altäre
    Der
    Liebe, Deine heiße Zähre
    Fällt in den Staub, doch neues Leben
    Kann selbst Dein heil'ger Schmerz nicht geben.

    Nur einmal zünden jene Funken
    Die von dem Himmel selbst gesunken,
    Die nicht zum zweitenmal erstehen,
    Wenn gift'ge Winde sie verwehen.
    _____


    Die
    Liebe

    Ein Hirte
    Wohl ist die Lieb' des Lebens schöner Baum,
    Sein Wipfel die Krone der Freude,
    Durch hohen reinen Himmelsraum
    Hinaufgewölbt im grünen Hoffnungskleide.
    Die Luft und der Druck des Seyns ist der Stamm,
    Die Wurzeln sind Bürgen der Dauer,
    Die Blüth' und die Frucht mischt sich wundersam,
    In Lust ist Wehmuth und in Freude Trauer.


    Chor
    Wir kennen ihre Lust voll Pein,
    Wir kennen ihre Süße in Schmerzen,
    Und wollen mit freudigem Herzen
    Uns ihrem süßen Joche weihn.


    Eine Schäferin
    Wohl ist die Lieb' von Gott wie Feuer und Licht,
    Was seine Hand beweget, was sein Wille spricht,
    Was er in's Herz der Erstgeschaffenen tauchte,
    Das freundliche Wunder, das er verhauchte,
    Die
    Liebe war es, die Weisheit nicht.
    Die erste
    Liebe der Erstgeliebten war mächtig,
    Der Opfer fähig, jedoch nicht klug und wohlbedächtig,
    Gehorsam dem zauberischen Triebe,
    War Pflicht und Tugend der ersten
    Liebe.


    Chor der Schäferinnen
    Aus jener Rippe, die des Herzens heißem Schlag,
    Die seiner werdenden Liebe am nächsten lag,
    Hat das erste Weib sein Dasein gefunden,
    Und hält darum liebend das Herz umwunden.


    Ein Hirte
    Wer weiß, wie der Wind sich bewegt,
    Wie Fluten er bindet und trägt?
    Wer weiß, auf welchen Stützen,
    Der Erde Grundpfeiler sitzen,
    Auf welchen Vesten sie herrschend ruht?
    Wer weiß, wie in Flammen und Blitzen
    Zerschmilzt und verzehrt des Feuers Glut?
    Von wannen die Nebel, die Donner, die Stürme?
    Wie heben zur Luft sich die Wogenthürme?


    Eine Schäferin
    Ob wir wissen das wohin und woher,
    Ob nicht, das kümmert mich eben nicht sehr,
    Aber ich sehe und fühle klar
    Der
    Liebe Wunder immerdar.


    Ein Hirte
    Die Liebe, die sanft sich unsrer bemeistert,
    Die uns erwärmt, die uns begeistert,
    Die mit Sehnsucht zum Liebsten drängt,
    Sie stammt vom Herrn!
    Sie ist uns geschenkt,
    Wie Sonne, Mond und Stern
    Wie Licht und Luft,
    Wie Wohlgeschmack und Labeduft,
    Sie ist des Himmels Gnadengabe,
    Den Sterblichen die beste Habe.


    Chor
    Die Liebe erscheint im Purpurkleide,
    Laßt sie uns gebietend Herrin sein,
    Sie wölbt den Wunderkelch der Freude,
    Drum wollt ihrer Herrschaft euch weih'n.
    _____


    Liebe ist von Ewigkeit

    O saget nicht, daß
    Liebe sterben kann,
    Sie stirbt nicht gleich den anderen Gefühlen,
    Wenn hin das Leben stirbt, denn sie ist ewig.
    Die andern Leidenschaften sind nur eitel,
    Sie sind vergänglich wie die Dunstgebilde.
    Die Ehrfurcht kann nicht in dem Himmel wohnen,
    Der Geiz, der Stolz, nicht in dem Sitz des Lichts;
    Aus ird'schem Stoff, gehören sie der Erde
    Und sterben da, wo sie geboren wurden.
    Die
    Liebe aber ist nicht zu zerstören,
    Ihr heiliges Feuer brennt in Ewigkeit.
    Sie stammt vom Himmel, darum kehrt sie wieder
    Zum Himmel auch zurück. Sie ist hienieden
    Ein oft verfolgter Gast, sie wird betrogen,
    Mit falschem Schwur getäuscht, wird unterdrückt -
    So wird sie hier geprüft und rein geläutert
    Und hat im Himmel ihren steten Sitz.
    Hier saet sie aus mit Kummer und mit Thränen,
    Dort sammelt sie die reiche Ernte ein.
    _____


     


 

 

 

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