Liebeslyrik - Miniaturen

Gedichte und Gedicht-Zitate (Stichwort: Lust)
 


Franz Marc (1880-1916)
Liebespaar


 



Stichwort: Lust

16./17. Jh.      18. Jh.      19/20. Jh.

 

16./17. Jh.

 

  • Hans Aßmann Freiherr von Abschatz (1646-1699)

    Ich leb ohne Ruh im Herzen /
    Von der Zeit /
    Da zwey schöner Augen Kerzen
    Mich versezt in Traurigkeit /
    Von der Zeit
    Leb ich stets in Schmerzen /
    Fühle keine Ruh im Herzen.
    Keine
    Lust war mir zu nütze
    Von der Zeit /
    Da der kleine Venus-Schütze
    Seel und Herze mir bestreit /
    Von der Zeit
    Leb ich stets in Schmerzen /
    Fühle keine Ruh im Herzen.
    _____


    Die fremde Regung

    Im Mittel aller
    Lust / die Glück und Zeit mir geben /
    Kan ich ohn Silvien nicht frölich leben;
    Und wenn ich bey ihr bin / so spielet um mein Herz
    Ein angenehmer Schmerz.
    Mein Sinn fühlt sich gereizt von unbekandtem Triebe /
    Ich such / und treffe sie doch ohne Furcht nicht an.
    Wofern ein Mensch iemahls unwissend lieben kan /
    So glaub ich / daß ich liebe.
    _____


    An seine Augen

    Ihr Augen / höret auff Silvinden zu beschauen!
    Mein Herze / welches sie kennt besser weder ihr /
    Sagt mir / daß eure
    Lust wird sein mein Ungelücke.
    Es zwinget die Begier /
    Halt eure Stralen auch zurücke /
    Und höret auff Silvinden zu beschauen?
    _____


    An ihre Augen

    Ihr Augen / die ich lieb und ehr /
    Ihr meine
    Lust und süsse Pein /
    Was netzet ihr die trüben Wangen /
    Was sagt mir euer blasser Schein?
    Habt ihr mein Herze nicht empfangen?
    Was fodert / was verlangt ihr mehr?

    Ihr Augen / die ich lieb und ehr /
    Ihr sehet meine Schmerzen an /
    Und kennt die Menge meiner Plagen:
    Wofern ich euch vergnügen kan /
    Will ich mit
    Lust den Tod ertragen.
    Was fodert / was verlangt ihr mehr?
    _____


    Die bitter-süsse Dulcinde

    Kind / deine Freundligkeit
    Kan Freud und
    Lust erwecken /
    Wo Trauren / Sorg und Leyd
    Im innern Herzen stecken:
    Man sieht auff deinen Wangen
    Narziß‘ und Rose prangen.
    Doch will ich was darvon
    Mit süssem Zwange brechen /
    So pfleget mich zum Lohn
    Ein scharffer Dorn zu stechen.
    Ich darff nicht frey bekennen
    Wie Herz und Seele brennen.
    Wilt du mit gutem Recht
    Dulcindens Nahmen führen /
    Laß deinen treuen Knecht
    Genad und Gunst verspüren.
    Den Honig auff dem Munde
    Verderbt die Gall im Grunde.
    _____


    Der Liebe verkehrtes Recht

    Wie grausam sind / o Liebe / deine Rechte!
    Ein leichter Sinn schmeckt tausendfache
    Lust /
    Der Thränen Tranck / der Seuffzer schwere Kost
    Nährt und verzehrt die Herzen treuer Knechte;
    Wie grausam seyn / o Liebe / deine Rechte!
    _____

    Weicht von mir Freude / Scherz und
    Lust /
    Denn Celimen ist weggegangen.
    Furcht / Zweifel / Trauren und Verlangen
    Hält eure Stell in meiner Brust.
    Geht hin / zieht mit ihr auff und nieder /
    Und kommet ohne sie nicht wieder.
    _____

    Wie lange soll mich kräncken
    Ein traurig Angedencken
    Der vor-gepflognen
    Lust /
    Nachdem ich müssen scheiden /
    Mit Widerwillen meiden
    Lisillens Brust!

    Die Liebe will mir sagen /
    Sie soll im Herzen tragen
    Die Hoffnung mich zu sehn /
    Das meine soll ingleichen
    Nicht von der Meynung weichen /
    Es werde bald geschehn.

    Sie saget: Wenn dem Herzen
    Die überstandnen Schmerzen
    Beliebt und süsse seyn /
    So soll vielmehr die Freude /
    Die ich voritzo meide /
    Mit
    Lust mir kommen ein.

    Schweig / Feindin voller Tücke!
    Wie sehr mir mein Gelücke
    Vorhin gefallen wohl /
    So sehr kränckt izt die Sinnen
    Was sie nicht haben künnen
    Und ich entbehren soll.

    Kein Hoffen / kein Ergötzen
    Kan den Verlust ersetzen
    Den ich gehabt an ihr:
    Es wachsen meine Wunden /
    Wenn mir die süssen Stunden
    Im Herzen kommen für.

    Ich weiß / was mir genommen /
    Obs möchte wiederkommen
    Weiß weder sie noch ich.
    Die Mittel sind zu linde.
    Der Pein / die ich empfinde /
    Kein Arzt weiß Rath für mich.

    Ach könt ich nur versencken
    Mein traurigs Angedencken
    Der vorgepflognen
    Lust!
    Gedächt ich nicht ans Scheiden /
    So wäre mir kein Leyden
    Und keine Noth bewust.
    _____


    Die stumme Sprache

    Wie können doch in einem Herzen
    Die Lieb und Furcht Geferten seyn?
    Wie kan sich Freude neben Schmerzen
    Und
    Lust bey Unlust finden ein?
    Wie kan sich plagen und vergnügen
    An einen Ort zusammen fügen?

    Wer liebet / weiß hiervon zu sagen:
    Er redet / wenn er stille schweigt:
    Man darff nicht von dem Munde fragen /
    Was seiner Augen Feuer zeigt.
    Ein stiller Seuffzer bricht für Worte
    Durch fest-gesperrter Lippen Pforte.

    Er suchet Silvien mit Freuden /
    Und findet bey ihr seine Pein.
    Wenn sich die Augen an ihr weyden /
    So schmacht das Herz in Flammen ein.
    Von ihrer süssen Augen Blitze
    Empfindt sein Herze Frost und Hitze.

    Man kan auff seinen Wangen lesen /
    Was Amor ihm ins Herze prägt.
    Im fall er anders soll genesen /
    Muß Silvia dadurch bewegt
    Ihm küssend auff die Lippen schreiben /
    Ich will Silvanders eigen bleiben.
    _____

    Die ganze Nacht liegt mir mein Weib in Ohren /
    Sie hat den Schlaff und ich die Ruh verlohren /
    Sie schleust mich ein in Armen voller Glutt /
    Verbrennt und kocht das ausgefrorne Blutt.

    Ihr heisser Brand will See und Flutten haben /
    Wenn andre kan ein Bächlein Nectar laben.
    Welch Brunnquell kan so unergründlich seyn /
    Der nicht von Sonn‘ und Dürre trocknet ein?

    Mein Lebens-Oel ist meistentheils verglommen /
    Nachdem ich bin zu frischem Feuer kommen;
    Geb ich den Rest auff eine Zeit dahin /
    Wer leuchtet ihr / wenn ich erloschen bin?

    Wer kan den Durst der Wassersucht bestillen /
    Und die Begier erregter Lüste füllen?
    Viel besser ist getheilter Uberfluß /
    Als wenn man bald auff einmahl darben muß.

    Man wärmt sich auch bey halberstorbnen Kohlen /
    Kan Feuer aus der lauen Asche holen /
    Ein später Herbst gewehrt die beste Frucht /
    Die man umsonst im goldnen Lenzen sucht.

    Aus Felsen muß das beste Wasser springen /
    Wiewohl es nicht ohn Mühe zu erzwingen.
    Der Eckel gällt die leicht-erworbne
    Lust /
    Und Hunger würzt die lang‘ erwartte Kost.

    Muß grünes Holz mehr Rauch und Thränen schwitzen /
    Ein dürrer Stock kan dennoch besser hitzen.
    Die Gütte / nicht die Menge / preist den Wein /
    Und Balsam flöst man nur mit Tropffen ein.

    Drum / Liebe / komm mir Alten Recht zusprechen /
    Komm ihre Glutt / und nicht mein Eiß / zu brechen /
    Damit ihr Brand / durch meinen Schnee gekühlt /
    Mit sanffter Glutt und lindern Flammen spielt?
    _____

     

  • Anonyme Barockdichter

    An Blandinchen

    Blandinchen / reiner schwan /
    Der nichts / als fromm seyn kan /
    Dein heller tugend-schall /
    Du schöne nachtigall /
    Klingt besser / als Citrinchen /
    Blandinchen.

    Die lerche mag ich nicht /
    Auch sonsten kein gericht /
    Wenns gleich das beste wär
    Aus Palaestina her /
    Als dich / du haselhünchen
    Blandinchen.

    Blandinchen / gold und geld /
    Die schätze dieser welt
    Sind spreu nur gegen dir /
    Du bleibest meine zier /
    Und meiner schätze trünchen
    Blandinchen.

    Wenn deiner lippen küß /
    Ich dann und wann genüß /
    So fliest ein zucker-tau
    Aus deines herzens-au /
    Du honigmachend bienchen
    Blandinchen.

    Blandinchen / wenn dein licht
    Mir scheinet ins gesicht
    So spür ich / daß die krafft
    Mir starcke regung schafft
    Gar biß ins lincke zinchen
    Blandinchen.

    Blandinchen vor die
    lust /
    So uns allein bewust /
    Nimm dieses häubgen an /
    Das schenckt dir dein galan
    Vor deines krantzes schünchen
    Blandinchen.
    _____


    An eine Freundin

    Ich weiß von keiner andern
    lust,
    Als wenn mich deine hand berühret,
    Und durch die fetten büsche führet,
    Denn schwillet mir die warme brust.
    Ich weiß von keiner andern
    lust.

    Bring mich in das gelobte land,
    Wo milch- und honigs-bäche fliessen,
    So das erhitzte feld begiessen.
    Mich drückt Ägyptens marter-stand,
    Bring mich in das gelobte land.

    Treib nur dein muntres schiffgen her.
    Der abgrund soll uns nicht verschlingen,
    Und will uns eine gluth bezwingen,
    Zerschlägt mein stab das rothe meer,
    Treib nur dein muntres schiffgen her.

    Es schaden uns die wellen nicht,
    Laß sie nur muthig auf uns spritzen;
    Denn unter schlossen, knall und blitzen
    Bleibt doch der himmel unser licht;
    Es schaden uns die wellen nicht.

    Auf deiner see brüllt kein orcan,
    Wer sich auf ihren schaum gewaget,
    Den hat noch kein verdruß geplaget,
    Es kömmt ihn neue regung an.
    Auf deiner see brüllt kein orcan.

    Es ist auf allen seiten still.
    Drum soll in den verführten fluthen
    Mein herz auf deinem schooß verbluthen,
    Bis ihm der muth zerfliessen will,
    Es ist auf allen seiten still.

    Komm, schönste, komm und schiff mich ein!
    Ich seh das milch-meer deiner brüste,
    Wenn ich mich nichts befürchten müste,
    Ich würde schon im hafen seyn.
    Komm, schönste komm und schiff mich ein.
    _____

    ***

    Sie / sie bleibet mein vergnügen /
    Sie / sie bleibet meine
    lust;
    Will sichs gleich itzund nicht fügen /
    Werd ich mich so lange schmiegen /
    Biß sie liegt an meiner brust /
    Sie / sie bleibet mein vergnügen /
    Sie / sie bleibet meine
    lust.
    _____


    Die hefftige Liebe

    Süsse brunst vergnügter flammen /
    Brand! der mich aus mir entzückt;
    Bringet eure glut zusammen /
    Biß es geist und seel erqvickt;
    Last eur feuer in mich rinnen /
    Ich vergönne freien lauff /
    Meine glieder / geist und sinnen
    Opffre ich zum altar auff /
    Denn ich nunmehr frey bekenne /
    Daß ich ganz vor liebe brenne.

    Komm / mein werther schatz / Sylvander /
    Komm du meine seelen-
    lust /
    Ich bin feur / du Salamander /
    Komm und kühle meine brust /
    Komm / mein schatz / und mich verbinde /
    Du solt mir ein julep seyn /
    Komm / und flösse deinem kinde
    Mir / die perlen milch doch ein /
    Ein recept von deinen händen
    Kan mein ganzes fieber enden.
    _____


    Der verliebte traum

    Was hilffts / daß meine
    lust
    Stets in gedancken spielet?
    Und deine liljen brust
    Im traume küst und fühlet?
    Die nacht giebt unserm wahn
    Viel tausend süsse stunden /
    Und wenn der tag bricht an /
    Ist alles schon verschwunden.

    Ein ungemeine freud
    Durchdringet marck und glieder;
    Bin ich zur ruh bereit
    So kommstu / schönste / wieder /
    Und bringst der liebe trost
    In schaalen von jesminen /
    Greif ich denn nach der kost /
    So bistu nur erschienen.

    Es ist nur schatten-spiel
    Von traum und phantaseyen /
    Und wenn die liebe will
    Die
    lust mit lust verneuen /
    So muß das liebe paar /
    Den traum als traum verlachen /
    Und in der that selbst wahr /
    Was man geträumet machen.
    _____

    Mein herze brennt in heisser glut /
    Und wirfft die flammen dennoch nicht empor /
    Ich weiß nicht / wie mir ist zu muth /
    Mein seuffzen bring ich nur mit schmerzen vor;
    Der augen naß / so häuffig kommt gerannt /
    Entzündet mehr / als löschet / meinen brandt.

    Den krancken ist zu helffen leicht /
    Wenn er die schmerzen nur dem arzt bekennt /
    Eh ihm das gifft zum herzen steigt /
    Und eh die seele sich vom leibe trennt;
    Ich aber sterbe lieber tausend mahl /
    Eh daß ich solt eröffnen meine qual.

    Ich liebe gleichwohl meinen todt
    Und halte viel vom ursprung meiner pein;
    Die / so mich hat gebracht in noth /
    Die laß ich mir doch nicht zu wider seyn.
    Lebt in der welt ein unvergnügter sinn /
    Fürwahr so weiß ich / daß ich solcher bin.

    Es saget zwar der weisen zunfft:
    Man soll die
    lust was enge spannen ein /
    Damit die herrschafft der vernunfft
    Dem herzen möge vorbehalten seyn;
    Ich fühle doch / so fern es einer fühlt /
    Daß liebe nur tyrannisch meister spielt.

    Ihr freunde habet gute nacht /
    Hinfüro lieb ich nur die einsamkeit /
    Ach! ach! wer hätte diß gedacht /
    Daß aus der
    lust entspringe herzenleid?
    Ich liebe zwar / so fern es lieben heist /
    Wenn einer irrt ohn herze / seel und geist.
    _____

    Warumb betrübstu mich / der dich so herzlich liebet /
    Und so viel seuffzer dir zum treuen opffer giebet?
    Ich dacht / es zeigte licht in deinen augen sich /
    Itzt find' ich flecken drein / warum betrübstu mich?

    Die vormahls treue hand / die ich so offt gedrücket /
    Befind ich nicht mehr treu / sie hat mich nur berücket;
    Auch frembden fingern ist ihr kützel schon bekandt /
    Sie drückt mich nicht allein die vormahls treue hand.

    Die schöne liljen-brust voll lieblicher narcissen /
    Mit rosen auffgespitzt / die ich nur pflag zu küssen /
    Hegt frembde lippen nun auch blumen süsser
    lust /
    Warum ist sie so falsch die schöne liljen-brust?

    Die quelle meiner
    lust / ob sie noch rein verschlossen /
    Und nicht auch frembde saat mit ihrem thau begossen?
    O nein! verstreustu schon die liljen deiner brust /
    Bleibt auch die schooß nicht rein / die quelle meiner
    lust.

    Der mund ist etwas treu; doch wills nur also scheinen /
    Indem er kräfftig denckt die fehler zu verneinen;
    Doch nein / ich glaub es nicht / bring mir nicht unschuld bey /
    Aug / hand / brust / schooß sind falsch / der mund ist etwas treu.

    Mein herz bezwinge dich / dasselbe zu verlasen /
    Was du so herzlich liebst / die untreu muß man hassen.
    Krönt dich / Melinde / nur dergleichen treu / wie mich /
    Ich ließ dich nimmermehr; mein herz bezwinge dich.
    _____


    An dieselbe
    [An Libindgen]

    Libindgen nur noch einen satz /
    Nicht wegre dich mein kind / mein schatz
    Mir selbst den feuchten mund zu bitten;
    Nimm zung‘ und lippen willig ein
    Und laß die deinen munter seyn /
    Aus heissen trieb‘ in mich zu wütten.

    Entblösse deine marmel-brust /
    Das reiche bergwerck aller
    lust /
    Laß mich dein schnee-gebürge schauen /
    Das zweyfach durch die glutt sich trennt /
    Und stets voll heisser flammen brennt /
    Die kalten herzen auffzutauen.

    Sie da! mein herze giebt sich bloß /
    So wird sich ja dein zarter schooß /
    In diesem stück mir gleich bezeugen
    Ich schwer dir einen teuren Eyd /
    Daß ich dagegen iederzeit
    Getreu will seyn und ewig schweigen.
    _____


    Auff zwey zusammen schlaffende

    Spiele Cupido du lüsternes kind!
    Brauche die waffen /
    Wo du zu schaffen /
    Wo man dich kennet /
    Und Söhnigen nennet /
    Itzo beschlaffen wir unsere
    lust /
    Decken mit federn die nackichte brust.

    Hätte gleich heute dein bogen verletzt
    Unsere herzen /
    Sind doch die schmerzen /
    Wieder gedämpfet /
    Du selber bekämpfet /
    Weil uns vergnüget die finstere nacht /
    Die uns vom springen zur ruhe gebracht.

    Andre bediene / wir achten es nicht /
    Schiesse / verletze /
    Wieder ergötze /
    Brauche vergnügen /
    Wo liebgen nun liegen /
    Itzo besieget dein bogen uns nicht /
    Weil es uns allen am besten gebricht.

    Flammen entzünden nur flammen und glut /
    Wilstu bekriegen /
    Wilstu besiegen /
    Sollen wir brennen /
    Gefangen uns nennen /
    Müssen es feuer und brände nur thun /
    Die uns entzünden und lassen nicht ruhn.

    Aber wir wissen: wir fühlen itzt nichts /
    Unsre gedancken /
    Bleiben im schrancken /
    Unsere glieder /
    Erquicken sich wieder /
    Dieses gefieder ist unsere
    lust /
    Wärmet uns weil uns nichts bessers bewust.

    Ruhet ihr täubgen / vertreibt euch die zeit /
    Biß euch das herzet
    Was euch ietzt schmerzet /
    Biß euch ergötzet
    Was itzo verletzet /
    Biß ihr in armen was männliches drückt /
    Das euch mit fließendem zucker erquickt.
    _____

    Mach es aus / wie kanstu qvälen?
    Mein himmel! ich bin lebenssatt /
    Nur ein grab ist mein erwehlen /
    Die freude findet keine statt /
    In meinem herzen
    Wohnt nichts als schmerzen /
    Ach leid!
    Wo ist meine schöne zeit?

    Biß in tod bin ich verliebet /
    Ich schicke tausend seuffzer ab /
    Auch mein schmerz der mich betrübet /
    Bleibt bey mir und blüht biß ins grab /
    Drum kan mein hoffen /
    Nicht seyn getroffen /
    Ach leid!
    Wo ist meine schöne zeit?

    Was ist
    lust? was ist vergnügen?
    Was ist der rosen wunderpracht?
    Schatten sinds / die leicht verfliegen /
    Und sich verschleichen in die nacht /
    Die rosen stechen /
    Die lüste schwächen /
    Ach leid!
    Wo ist meine schöne zeit?

    Phöbus küst den kühlen morgen /
    Der abend macht die felder froh /
    Mir ach! ist die
    lust verborgen /
    Ich singe nur und klage so /
    Komm mein verlangen /
    Komm tod gegangen /
    Ach leid!
    Wo ist meine schöne zeit?

    Macht euch auff / seht an die sternen /
    Ihr augen / und gesegnet sie /
    Wo sie nicht mein leid entfernen /
    Sagt / daß ich nach dem grabe zieh /
    Drumb häufft ihr thränen /
    Mein häuffig sehnen /
    Ach leid!
    Wo ist meine schöne zeit?
    _____


    Die verborgene Wollust

    Oeffentlich züchtig
    Und erbar von schein;
    Heimlich
    lust-süchtig /
    Voll brünstiger pein /
    Ganz eingezogen
    Und keusch sich gestellt /
    Das hat in der welt
    Manch klug-dünckend auge betrogen.

    Liebe verachten /
    Wo jemand zur hand /
    Doch heimlich trachten
    Zu leschen den brand.
    Mit küssen / herzen /
    (Offt folgt auch was mehr;)
    Da läst sich die ehr /
    Ach! leicht und geschwinde verschertzen.

    Recht keusch in warheit /
    Da ruhet die
    lust /
    In ehren-klarheit /
    Und labet die brust.
    Von keuschheit rühmen
    Und keusch doch nicht seyn /
    Trifft nimmer wohl ein /
    Wie schön mans gleich denckt zu verblümen.

    Drum dencket daran /
    Die ihr euch verliebt /
    Wie diß schaden kan /
    Und schmerzlich betrübt /
    Hingegen lieben /
    Und keusch doch auch seyn /
    Das bringt zwar auch pein /
    Doch ändert die
    lust das betrüben.
    _____

     

  • Paul Fleming (1609-1640)

    O du schöne Salibene!
    Salibene/ O du schöne!
    schau doch/ wie sich Alles liebt/
    und in süßen Freuden übt.
    Alles wird durch
    Lust gerühret.
    Wir nur gönnen unsre Zeit
    der verstoßnen Einsamkeit.
    Denck' ob diß sich auch gebühret.
    _____

    Das Bildnüß, der ich folg', ist mir in mich geschrieben.
    Das Wesen, die Gestalt, das Lachen und fortan
    steht stets in meinem Sinn' und ist darinnen blieben,
    gebildet von der Zeit, da ich sie erst blickt' an.
    Ich trag' es, wo ich geh'. Und hab' ich ein Verlangen
    nach einer vollen
    Lust, so denk' ich, was sie tut.
    Denn seh' ich sie vor mir. Will ich sie denn umfangen,
    so giebt ihr rechtes Bild heraus mein treuer Mut.
    _____


    Als sie wiederkam

    Die Luft hat ausgeweint, der Himmel läßt den Flor
    der schwarzen Wolken ab, der Sturm, der ist vorüber,
    der West befällt den Wald mit einem sanften Fieber,
    die hohe Sonne hebt ihr schönes Haupt empor
    und führet mit sich auf der Blumen ganzen Chor.
    Die
    Lust ist lustiger, die Liebe selbst scheint lieber,
    und stellt sich itzund Nichts, als die Betrübnüß trüber,
    die froh bei Trauren wird und tut sich nicht hervor.
    Ich auch, wie krank ich bin nun in den fünften Tag,
    empfind' ein stilles Heil durch alle meine Glieder,
    so daß ich, der ich vor in Ohmnacht ganz darnieder,
    bei heißer Herzensangst in kaltem Schweiße lag,
    nun wieder Kost und
    Lust und frisch und froh sein mag.
    Woher kans anders sein, als daß mein Trost kommt wieder?
    _____


    Als er wieder mit ihr ausgesönet war

    Der Nebel ist vorbei, die Sonne scheinet wieder.
    Mein Lieb, das zornig war, das lacht mich freundlich an,
    so daß ich von sonst Nichts als Freude sagen kan.
    Ich fühle noch den Tod durch alle meine Glieder,
    die Wangen wurden blaß, die Augen sunken nieder,
    das Herze ward mir Blei. Nun denk' ich zwar daran,
    doch bin ich zwiefach froh, daß dieses ist getan,
    von altem Trauren matt, von neuen Freuden müder.
    Der Zucker meiner Not, das Labsal meiner Pein
    und was dem Kranken sonst pflegt recht gesund zu sein,
    das Alles ist mir, Schatz, dein güldnes Angesichte.
    O Sonne meiner
    Lust, schein' ewig so, wie itzt.
    Du bist die süße Glut, die meinen Geist erhitzt,
    von dir, Glanz, nehm' ich Schein, von dir, Licht, werd' ich lichte.
    _____

     

  • Andreas Gryphius (1616-1664)

    An eben selbige

    So fern, mein licht! von euch, so fern von euch gerissen,
    Theil ich die trübe zeit in schmertzen und verdruss
    Und wünsch all augenblick, dass mir des himmels schluss
    Erlaub, euch bald voll
    lust und unverletzt zu grüßen.
    Mein trauren kan ja nichts (wie hoch es auch) versüßen,
    Als ihr, o meine
    lust! Wie dass mit schnellem fuß
    Ich denn mein werthes heyl bestürtzt verlassen muss,
    Indem ich einig mag die keusche schönheit küssen?
    Ihr Parcen, die ihr uns das tag-register setzt,
    Ach führt mich wieder hin zu dem, was mich ergetzt!
    Warum doch suchet ihr mich von mir selbst zu scheiden?
    Mein leib, ich geh es nach, sitzt ja in diesem land;
    Die seele geb ich dir zu fester treue pfand,
    Bey welcher ich voll ruh, ohn welch' ich stets muss leiden.
    _____


    An eben selbige

    Was hat des fürsten hof, was fand die weise stadt,
    Das mächtig sey mich zu erfreuen?
    Ich muss die schöne zeit bereuen,
    Die mein gemüth ohn sie, mein licht! verzehret hat.
    Bey ihr find ich, was ich voll hertzens-seuffzer bat.
    Die saamen in das land einstreuen,
    Begehren so nicht das erneuen
    Des frühlings, der mit thau krönt die erfrischte saat,
    Als mich verlanget sie zu schauen,
    Sie, meine
    lust, wonn und vertrauen!
    Die mir der himmel gab, zu enden meine klagen.
    Sie kan ich diesen tag nicht sehn.
    Ach himmel! lass es doch geschehn,
    Dass mir mög ihr gesicht die nacht ein traum vortragen!
    _____

     

  • Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616-1679)

    Albanie / der schönen augen licht /
    Der leib / und was auff den beliebten wangen /
    Ist nicht vor dich / vor uns nur zugericht /
    Die äpffel / so auff deinen brüsten prangen /
    Sind unsre
    lust / und süsse anmuths-see.
    Albanie.
    _____


    Auff den mund

    Mund! der die seelen kan durch
    lust zusammen hetzen /
    Mund! der viel süsser ist als starcker himmels-wein /
    Mund! der du alikant des lebens schenckest ein /
    Mund! den ich vorziehn muß der Inden reichen schätzen /
    Mund! dessen balsam uns kan stärcken und verletzen /
    Mund! der vergnügter blüht / als aller rosen schein.
    Mund! welchem kein rubin kan gleich und ähnlich seyn.
    Mund! den die Gratien mit ihren quellen netzen;
    Mund! Ach corallen-mund / mein eintziges ergetzen!
    _____

    Wo sind die stunden
    Der süssen zeit /
    Da ich zu erst empfunden /
    Wie deine lieblichkeit
    Mich dir verbunden?
    Sie sind verrauscht / es bleibet doch dabey /
    Daß alle
    lust vergänglich sey.

    Das reine scherzen /
    So mich ergetzt /
    Und in dem tieffen herzen
    Sein merckmal eingesetzt /
    Läst mich in schmerzen /
    Du hast mir mehr als deutlich kund gethan /
    Daß freundlichkeit nicht anckern kan.

    Das angedencken
    Der zucker-
    lust /
    Will mich in angst versencken.
    Es will verdammte kost
    Uns zeitlich kräncken /
    Was man geschmeckt / und nicht mehr schmecken soll /
    Ist freuden-leer und jammer-voll.

    Empfangne küsse /
    Ambrirter safft /
    Verbleibt nicht lange süsse /
    Und kommt von aller krafft;
    Verrauschte flüsse
    Erquicken nicht. Was unsern geist erfreut /
    Entspringt aus gegenwärtigkeit.

    Ich schwamm in freude /
    Der liebe hand
    Spann mir ein kleid von seide /
    Das blat hat sich gewand /
    Ich geh' im leide /
    Ich wein' itzund / daß lieb und sonnenschein
    Stets voller angst und wolcken seyn.
    _____


    An Lauretten

    Laurette bleibstu ewig stein?
    Soll forthin unverknüpffet seyn
    Dein englisch-seyn und dein erbarmen?
    Komm / komm und öffne deinen schooß
    Und laß uns beyde nackt und bloß
    Umgeben seyn mit geist und armen.

    Laß mich auff deiner schwanen-brust
    Die offt-versagte liebes-
    lust
    Hier zwischen furcht und scham geniessen.
    Und laß mich tausend tausendmahl /
    Nach deiner güldnen haare zahl /
    Die geister-reichen lippen küssen.

    Laß mich den ausbund deiner pracht /
    Der sammt und rosen nichtig macht /
    Mit meiner schlechten haut bedecken;
    Und wenn du deine lenden rührst /
    Und deinen schooß gen himmel führst /
    Sich zucker-süsse
    lust erwecken.

    Und solte durch die heisse brunst /
    Und deine hohe gegen-gunst
    Mir auch die seele gleich entfliessen.
    So ist dein zarter leib die bahr /
    Die seele wird drey viertel jahr
    Dein himmel-runder bauch umschliessen.

    Und wer alsdenn nach meiner zeit
    Zu lieben dich wird seyn bereit /
    Und hören wird / wie ich gestorben /
    Wird sagen: Wer also verdirbt /
    Und in dem zarten schoosse stirbt /
    Hat einen sanfften tod erworben.
    _____

     

  • Ernst Christoph Homburg (1607-1681)

    Kom Schönste! las uns eilen/
    Was säumen wir zumahl/
    Entferne das Verweilen/
    Daß wir der Tulpen Zahl
    Vermindern/ weil sich wendet
    Bereit die liebe Sonn'/
    Und alle Kurtzweil endet/
    Kom/ kom/ las uns darvon!

    Wilt du nicht in den Garten/
    Und hegen deine
    Lust?
    Sol man biß Morgen warten?
    Es ist ja dir bewust/
    Wie wir so steiff anhangen
    Der strengen Sterbligkeit/
    Wie Mund/ und rohte Wangen
    Verbleichen vor der Zeit.
    _____

     

  • Christian Friedrich Hunold (Menantes) (1681-1721)

    Uber die
    Lust in Lieben

    Lieben ist das schönste Leben/
    Das uns solche
    Lust kan geben/
    Die man unvergleichlich hält.
    Ehre/ Pracht/ und grosse Schätze/
    Sind versichert nur die Netze/
    Die man eitlen Sinnen stellt:

    Hier sind Florens Wunder-Auen/
    Und in Paradieß zu schauen
    Engel/ die empfindlich sind.
    Zucker Rosen und Narcissen
    Bricht man durch das süsse Küssen/
    Wo der Himmel selbst zerrinnt.

    Doch man muß sein Glücke Wagen/
    Denn auf einen Sturm verzagen/
    Daß gewinnt die Vestung nicht.
    Ob zu erst die Dornen stechen/
    Ach! so ist nicht auszusprechen/
    Wie entzückt man Rosen bricht.

    Wills die Tugend gleich verfluchen/
    Und heist mich was schönres suchen/
    Als in schnöder Wollust ruht:
    Nun so ehr ich sie von beyden/
    Unterdessen kan ichs leiden/
    Daß mirs was Galantes thut.
    _____


    Auf eine Nacht-
    Lust

    Sonne laß den heissen Strahl
    Sich doch mit der See vermählen/
    Denn so kan ich abermahl
    Tausend süsse Stunden zehlen/
    Weil allein in schwartzer Nacht/
    Meine Freuden Sonne lacht.

    Pranget heunt ihr Sternen nicht/
    Hüllet euch in dunckle Schatten/
    Denn es soll ein schöner Licht/
    Sich mit meiner Liebe Gatten.
    Nur allein dich seh' ich gern/
    Du gewünschter Venus-Stern.

    Alles was mich sonst ergötzt/
    Muß numehro von mir weichen/
    Und was sterblich wird geschätzt/
    Soll anitzt die Seegel streichen;
    Weil ein Engel gleicher Geist/
    Heunte mein Vergnügen heist.
    _____


    Bey einer Barken-
    Lust

    Nehmet ihr getreuen Winde
    Meine stillen Seufftzer hinn/
    Bringet sie dem Engels Kinde
    Dem ich recht gewogen bin.
    Saget/ diese Bothen wissen/
    Was ich ihm verschweigen müssen.

    Schreibet doch ihr Lorberbletter/
    Was ich ihm nicht schreiben kan.
    Das kein Liebes-Sturm noch Wetter
    Meiner Treue was gethan:
    Wenn er nun vorbey will gehen/
    Last ihn sein vergnügen sehen.

    Darff ich ihn nicht selber Küssen/
    Will ichs euch ihr Blumen thun.
    Wenn er euch nun will begrüssen/
    Und auf euren Bette ruhn!
    Ach so küsset mein Verlangen
    Tausend mahl auf seine Wangen.

    Nun ihr Winde/ Blätter/ Rosen
    Sprecht zu meiner Sehnsucht ja.
    Säumet nicht ihn lieb zu kosen/
    Denn er ist schon selber da.
    Doch diß sey ihm vorgeschrieben/
    Jtzo schweigen/ und doch lieben.
    _____

     

  • Benjamin Neukirch (1665-1729)

    An Flavien / als sie kranck war

    Man klaget / Flavia! daß ich dir weh gethan /
    Und redet öffentlich / du werdest bald verscheiden /
    Du selber zeigest es durch deine schwachheit an;
    So dencke nun / was ich muß in der seele leiden.
    Ich komme / liebes kind / mir als ein teuffel für /
    Und bin so mir als dir zu einem hencker worden.
    Dann alle meine
    lust bestehet bloß in dir /
    Und darumb kan ich dich nicht ohne mich ermorden.
    O himmel! wende doch die schulden von mir ab /
    Hilff meiner Flavia / und lege mich ins grab!
    _____

     

  • Erdmann Neumeister (1671-1756)

    Ich hab' ein wort geredt / mein kind ich liebe dich /
    Und bistu mir geneigt / so dencke nur an mich;
    Doch wenn du dencken wilst / so fang' es heimlich an /
    Daß niemand ausser uns die
    lust verstehen kan.

    Die liebe will annoch bey uns verschwiegen seyn /
    Drum schleuß die beste
    lust in deinem herzen ein;
    Und ist es dir ein ernst / daß ich dir dienen sol /
    So braucht es schlechte müh / nur lieb und schweige wol.

    Die welt ist viel zu schlau / ich traue keiner wand /
    Darum so bleibe nur von aussen unbekand.
    Begehre keinen blick und keinen liebes-gruß /
    So lang' ich ingeheim der leute spotten muß.

    Die wachen sind bestellt / und wollen etwas sehn /
    Doch ihnen zum verdruß soll nicht ein blick geschehn /
    Genung / daß du mein kind so weit versichert bist /
    Daß die zusammenkunfft nicht hoch vonnöthen ist.

    Vielleicht erscheinet bald der angenehme tag /
    Daß mein verborgner sinn sich recht erklären mag /
    Da wird die schöne
    lust/ als wie der sonnenschein /
    Der auf den regen folgt / verdoppelt lieblich seyn.

    Indessen laß mich noch in meiner einsamkeit /
    Und halte neben mir die kurze fasten-zeit.
    Sol ich gleich itzo nicht in deinen armen ruhn /
    Wil ich doch meine pflicht in den gedancken thun.
    _____


    Cantata von der rechten liebe

    Nichts ist süsser als das lieben /
    Lieben ist ein himmelreich;
    Menschen / die das wesen üben /
    Sind dadurch den göttern gleich.
    Ja zwey recht vertraute herzen
    Sind zwey engel auff der welt /
    Weil ihr angenehmes scherzen
    GOtt und menschen wohlgefällt.
    Wiewohl die liebe muß auf rechtem fusse stehn.
    Wo keine treu / wo keine keuschheit ist /
    Wo man das tugend-ziel vergist /
    Da muß die schöne
    lust zergehen.
    Und was ein himmel heist
    Muß eine hölle werden.
    Jedoch ein reiner geist
    Befleckt sich nicht.
    Gedancken und geberden
    Sind tugendhafft und edel eingericht.
    Die küsse sind die seele bey dem lieben /
    Wann diese rein geblieben /
    So muß die seele leben /
    Und tausendfache
    lust verliebten cörpern geben.
    _____

     

  • Johann Rist (1607-1667)

    Ach! Mein Leben mein Verlangen
    Mein' Ergetzung meine
    Lust
    Meiner Seelen Krohn und Prangen/
    Meine Göttinn meine
    Lust
    Ach! ist denn aus deinem Sinn
    Lieb' und Treu' itzt gantz dahin?

    Tag und Abend/ Nacht und Morgen/
    Schönheit/ Reichthum/ Ehr und Guht
    Frölich lieben/ nimmer sorgen
    Quählet nur alles meinen Muht/
    Wann nicht du zu jeder Frist
    Florabella bei mir bist.
    _____

    Rosiminde meine
    Lust/
    wilt du von mir scheiden?
    Ach ist dir denn nicht bewust/
    mein erbarmlichs leiden?
    Dafnis seufftzet Tag und Nacht
    Nach der schönsten Rosiminden/
    welch' ihm Freud' und Leid gebracht/
    Ach wo soll Er Ruhe finden.
    _____

    Amarillis meine
    Lust
    Meine Freud und Wonne/
    Meines Hertzens Fried und Rust
    [Rust=Ruhe]
    Meiner Augen Sonne
    Schliessen wir gleich unsre Zeit
    In der höchsten Traurigkeit
    Und in tausend Schmertzen
    Lieb ich dich doch von Hertzen.
    _____

    Ich meinte daß das Lieben
    nichts wehr als süsse
    Lust/
    Ja daß auch kein betrüben
    der Liebe wehr bewust/
    Ich hätte nicht gedacht/
    daß so viel tausend Schmertzen
    in der verliebten Hertzen
    regierten Tag und Nacht.
    _____

    Florabella meine Sonne
    Meiner Seelen
    Lust und Wonne/
    Meines Lebens Auffenthalt/
    Weil ich leider unverschuldet
    Grosse Schmertzen hab erduldet/
    Werd' ich schier vor Trauren alt/
    Zeit und Tage gehn zwahr hinn/
    Du verbleibst mir doch im Sinn.
    _____

    Liebstes Hertz ich bin betrübet/
    süsses Kind/ ich bin verliebet/
    das macht deine Tugend Zier/
    Denn so bald ich angesehen/
    muss ich angefesselt stehen/
    Und dir dienen für und für/
    Ach Rosiminde meine
    Lust/
    Ach wäre dir mein Schmertz bewust
    Und meiner treuen Liebe Pein/
    du würdest weichers Hertzens seyn.
    _____

     

  • David Schirmer (1623-1687)

    Uber Ihr Angesicht

    Ihr Augen voller Brunst/ und du/ du Purpur-Mund/
    der braunen Suavien/ die mir oft rathen kunt.
    und du/ der weissen Auen
    Benelckte Wangen-Zier/
    pfleg ich euch anzuschauen/
    ist nichts/ als
    Lust/ bey mir.

    Dich Venus und dein Kind ruf ich zum Zeugen an/
    daß meiner Suavien ich bleibe zugethan.
    Weil man mich wird behalten
    der greisen Ewigkeit/
    soll nichts an mir erkalten/
    mein Hertz brennt allbereit.

    Ihr Himmels-Götter ihr/ die ihr fortstecken könt
    der Menschen Lebensziel/ mir leben noch vergönt/
    auf daß ich möge stillen
    den heissen Thränen-Streit/
    hergegen nur mit Willen
    Erschallen weit und breit:

    Ihr Augen voller Brunst/ und du/ du Purpur-Mund
    der braunen Suavien/ die mir oft rathen kunt/
    und du der weissen Auen
    benelckte Wangen-Zier/
    pfleg ich euch anzuschauen/
    Ist nichts/ als
    Lust/ bey mir.
    _____


    An die unbarmhertzige Chloris

    Chloris meine Wonne/
    meiner Augen Sonne/
    meines Hertzens
    Lust/
    ist dir nichts bewust/
    was vor Angst und Pein
    ich von wegen dein
    stündlich muß gewärtig seyn?

    Soll ich denn verderben
    und in Liebe sterben?
    Soll mich meine Noth
    bringen in den Tod?
    Ach! so laß mir zu/
    daß die letzte Ruh
    ich auf deinen Brüsten thu.

    Was in meinem Hertzen
    lebet/ das sind Schmertzen
    stets mit Angst umringt/
    die die Seuffzer zwingt
    Tausent da und hier
    stellen dich/ O Zier/
    meinen armen Augen für.

    Wenn der Morgen leuchtet/
    und das Gras befeuchtet.
    Wenn die Morgenröth
    in dem Golde steht.
    Wenn der Himmel lacht/
    wird mir deine Macht
    viel verliebter vorbracht.

    Tausent Sterne stehen/
    tausent Sterne gehen
    vor mir hin und her/
    Wenn ich dem Begehr.
    Du/ mein Abend-Liecht
    nur du/ gönst mir nicht
    dein so liebes Angesicht.

    Schaue meine Wangen/
    wie sie seyn umfangen
    mit so grosser Noth.
    Ach/ ich bin schon todt!
    Meiner Seelen Geist
    ist fast allermeist
    in sein schwartzes Grab gereist.

    Wilstu mich noch retten
    von des Todes Ketten/
    und noch anderweis
    rathen meiner Zeit/
    ach/ so komm behend!
    Was mich von dir trennt/
    wird durch einen Blick gewendt.

    Kan ich hier auf Erden
    nicht erledigt werden
    Meiner grossen Last/
    so will ich gefast/
    deine Grausamkeit
    auch nach dieser Zeit/
    stets erzehlen weit und breit.

    Nun/ Ade! ich sterbe.
    Ob ich auch verderbe/
    wie ein Falscher sol/
    das bedencke wol.
    Chloris/ meine
    Lust/
    die mir war bewust/
    dencke/ daß du büssen must.
    _____

    O Auszug aller
    Lust und Freude!
    Mein Hertzens-Trost! und meine linde Pein!
    Reiß mich heraus aus diesem Leide/
    Daß ich dir mehr/ als pflichtig möge seyn.
    Laß deine Glut/ wie meine Flamme/ brennen/
    So werd ich mich zu deinem Dienst erkennen.
    _____


    Uber jhre Augen

    Was wendestu dein Angesicht/
    Du meine
    Lust! mein All! mein Licht!
    Mit deinen Augen mich zu brennen?
    Ach blas in meine Flammen nicht.
    Mein Feuer pfleget sonst zurennen/
    Daß es möcht Geist und Seele trennen.

    Ich habe deinen schweren Brand/
    Mehr als zuviel/ an mir erkant.
    Ich kan die Glut nicht länger dulden.
    Die Geister bieten mir die Hand
    Auf meinen Abschied gar zuhulden.
    Werd ich es auch ümb dich verschulden?

    Ich seh/ und bin doch vor dir blind/
    Als wie der Mond/ der halb entzündt
    Nach seiner Sonnen Glantz muß scheinen.
    Ich red/ und bleibe doch ein Kind/
    Das ofters bey den lieben seinen
    Nicht fragen darf/ wie sie es meinen?

    Ich bin gefangen/ doch in dir.
    Du mir/ nur du/ und deine Zier/
    Sind die/ die deinen Muht verschliessen.
    Geraubet bin ich selbsten mir.
    Dein Stral/ den du auf mich kanst schiessen/
    Wird mich noch endlich tödten müssen.

    Vergebens bistu nicht begabt.
    Die Schönheit/ die mich oft gelabt/
    Ermüdet auch vom Stahl die Seelen.
    Die
    Lust die ich an dir gehabt/
    Läst mich zwar deine Lieb erzehlen/
    Doch weiß Sie mich auch wohl zuquälen.

    Zwar/ laß Sie quälen immer hin.
    Ich weiß/ daß dein getreuer Sinn
    Mein Liebes-Feuer noch wird speisen.
    Blick her/ und schaue/ wer ich bin.
    Ich bleibe deiner Flammen Eisen/
    Mustu gleich Morgen von mir reisen.
    _____

     

  • Sibylle Schwarz (1621-1638)

    Die Lieb' ist billich ja in allem keusch zu schätzen /
    sie ist das Guhte selbst; wer ihr sich gantz ergiebt /
    der wird geliebt / und liebt / der liebt und wird geliebt /
    er kan sich ewiglich mit süßer
    Lust ergetzen /

    zu letzt entkompt er auch des Todes grimmen Netzen /
    und lebt noch einst so lang / er wird gahr nicht betrübt /
    weil er die Frewde hat; im fall er Lieben übt /
    kan ihn das Unglück auch zu keiner Zeit verletzen /

    er lebt in wahrer Ruh / in stehter Einigkeit /
    darff nicht zu Felde ziehn / er führt den süßen Streit.

    Wem wil dan nicht dis Tuhn / diß süße Tuhn gefallen /
    das uns wie Brodt ernehrt? der muß ein Unmensch seyn /
    der stirbet / weil er lebt / er ist ein Klotz und Stein /
    er ist ein höltzern Bild / sein Hertz ist vohn Metallen.
    _____

    Ist Lieben keusch? wo kompt denn Ehbruch her?
    Ist Lieben guht / nichts böses drinn zu finden /
    wie kann sein Feur dan so gahr viel entzünden?
    Ist Lieben
    Lust / wer bringt dan das Beschwär?

    Wer Lieben liebt / fährt auff der Wollust Meer /
    und lässet sich ins Todes Netze binden /
    das nicht zerreist / er lebet nuhr den Sünden /
    liebt Eitelkeit / und ist der Tugend leer.

    Das ewig lebt / dem stirbt er gäntzlich ab /
    sieht seine Noht erst / wan er siht sein Grab.

    Wer dan nuhn wird in Liebes Brunst gefunden /
    der fliehe bald / und hasse / die er liebt;
    ist Lieb ihm süß? so werd er drümb betrübt;
    ist sie sein Brodt? so geb er sie den Hunden.
    _____

     

  • Jacob Schwieger (um 1630-1664)

    Adelmuht/ ach komm' herzu
    und gieb meinem Hertzen Ruh
    das sonst muß verschwinden!
    Laß mihr doch in süsser
    Lust
    eins von deiner Zukker Brust
    Trost und Hülff' empfinden.
    _____

    Adelmuht mein Hertz und Leben/
    mein Verlangen/
    Lust und Gier!
    sage doch/ wann wiltu geben/
    mihr ein Küßchen schönste Zihr?
    Wann sol ich von deinen Wangen
    eins empfangen
    dein beliebtes Rosen-Bluht?
    sag' es mihr/ o Adelmuht.
    _____


    Sie ist Schön

    Gleich wie das Sonnen-Licht mit seinem Glantz und prangen
    bestrahlet über-all diß gantze Rund der Welt;
    So gläntzt das Rosen-Licht von meiner Schönsten Wangen/
    daß wer dasselbe siht in Demuht nieder-fält;

    Die Augen dises Bilds sein heller dann die Sonne/
    es ist kein Himmels-Licht das solche Strahlen giebt.
    So gläntzet mein Rubihn/ meins Hertzens
    Lust und Wonne
    drüm billich dises Bild auch von mihr wird geliebt.
    _____

    O du Fürstinn meiner Sinnen!
    deine grosse Treffligkeit
    wirkket in mihr mein beginnen:
    Du o Wunder deiner Zeit!
    deine mehr als Liljen Wangen
    hatten meinen Sinn gefangen.
    Adelmuht du solt allein
    meine
    Lust und Freüde seyn.
    _____


    Er ist behertzt

    Verbirge Schönste mich in deinem Kämmerlein
    Ich wil mich ungescheüt zu dihr ins Bette legen/
    die angenehmste
    Lust mit dihr mein Lämchen pflegen
    die uns macht frei und loß von unsrer heissen Pein.
    _____


    Er fordert jhre Rose

    Lieben und geliebet werden
    ist der Jugend beste
    Lust.
    Was ich such' auf diser Erden
    Adelmuht ist deine Brust/
    Adelmuht mein ander Ich!
    liebe mich gleich wie ich dich.

    Gieb mihr deine keüsche Rose/
    du o meiner Liebe theil/
    und der Wangen Gold-Zeitlose/
    mach auch meine Schmertzen heil/
    du mein außerwehltes Guht
    gieb mir deiner Liebe Gluht.

    Deine Lippen von Korallen
    lassen einen Honig-fluß
    auf mein mattes Hertze fallen
    so du mihr giebst einen Kuß.
    Adelmuht dihr ist bewust
    was mein Hertze sucht vor
    Lust.

    Ach! wie offt hab' ich empfangen
    deiner Wangen Liljen Schein!
    Doch die Rose zuerlangen
    bringet mehr den Hellen Pein
    gieb mihr deiner Liebe-Roß
    so bin ich von Schmertzen loß.

    Adelmuht ach! laß mein flehen
    so ich treibe mit begihr
    dihr doch eins zu Hertzen gehen
    komm und stille meine Gihr!
    gieb mihr doch dein Röselein
    du mein Licht und Sonnenschein.

    Wo du wilt daß ich sol leben
    so mustu mit Hertz und Mund
    mihr das schöne Rößlein geben/
    dann leb ich und bin gesund.
    Ach! das ist die beste
    Lust
    wann man leget Brust an Brust.

    Nichtes ist auf diser Erden
    so uns mehr ergetzen kan/
    als mit
    Lust geliebet werden/
    kom und nim dich meiner an!
    Adelmuht mein ander Ich/
    liebe mich gleich wie ich dich.
    _____


    Der Fröliche

    Nun sag' ich gar gewiß: Der hat das beste Leben
    wer liebt und Gegen-lieb' ohn Haß und Zank geneüst;
    Diß weiß ich weil ich kan in
    Lust und Wonne schweben
    in dem mein' Adelmuht die Strahlen auf mich scheüst

    die Strahlen ihrer Gunst. Wer ohne Hoffnung stehet
    der ist im Leben tod/ ja/ weiß nicht was er ist;
    sein Angesicht wird blaß der feiste Leib vergehet
    weil Er nicht so wie ich wird allezeit geküst.
    _____


    Er sehnet sich

    Ach Adelmuht möcht' ich nur einmahl wieder-sehen
    dein helles Angesicht/ das mihr so manchen Blikk
    vermischt mit Lieb' und Treü/ gegeben; möcht' ich stehen
    bey dihr und küssen dich das wär' ein grosses Glük.

    Hier ist kein Trost für mich; Nicht Archiatnen lachen
    und rohtes Lippen pahr vermögen was bey mihr;
    kein eintzigs Nimfenbild kan mich hie frölich machen
    nur du o Adelmuht bist meine
    Lust und Gier.
    _____


    Seine Freüde

    Das ist die beste
    Lust wan Liebe wird belohnet
    mit keüscher Gegen-Lieb'/ ach der ist wol daran
    der in der Liebsten Hertz als ein Beherscher wohnet
    und der Sie ohne scheü fast stündlich küssen kann.

    Diß Glük hab' ich nun auch von Adelmuht empfangen
    ich mag so offt ich wil Sie küssen auf den Mund:
    Von Hertzen bin ich froh dieweil ichs kan erlangen.
    Vor war ich matt und krank nun bin ich recht gesund.
    _____

     

  • Kaspar Stieler (1632-1707)

    Liebe/ Sinnen-raub

    Mein Lieb baht mich in einen Garten
    wo der verliebte Westenwind
    der Floren pfleget auffzuwarten
    die Lufft war fahl/ Apollens Kind/
    der Tag begunnte gleich zu sterben
    und seine Schönheit zu verfärben.

    Kaum war ich dar hinein gegangen/
    so neigte sich der Sternen Heer/
    Diktinna bläßte Licht und Wangen
    und Hesperus wich in das Meer.
    Der schwarze Schatten wurd' erhellet
    und in den göldnen Tag verstellet.

    Warum? Rosille/ meine Wonne/
    kahm durch den grünen Busch herein/
    Ihr hätte selbst die klare Sonne
    gewichen und den Demant-schein/
    durch ihre Straalen überwogen
    auß Schaam mit Wolken-tuch umzogen.

    Die Venus ging in ihren Schritten/
    Aglajen war ihr Außsehn gleich/
    Es straalt' auß ihren holden Sitten
    des Amors ganzes Königreich:
    Lust/ Liebe/ Freundligkeit und Leben
    den treu-verliebten nur gegeben.

    Sie rührte mit den Seiden-Händen
    mich/ ihren Lieben/ sachtlich an.
    Ich glaube nicht/ daß in den Bänden
    des Himmels mehre
    Lust sein kan.
    Mich dünkt/ ich fühle noch verzükket/
    wie sie an ihre Brust mich drükket.

    Ach Schau-plaz aller Liebligkeiten/
    erhabne Brust/ der Götter Saal/
    wo Freud' und Schönheit sich begleiten
    und du/ du süsses Liljen-Tahl/
    wie gern wolt' ich in deinen Gründen
    Adonis gleich mein Ende finden.

    Sonst weiß ich weiter nicht zusagen
    was mir ihr süsser Zukkermund/
    damahl auß Liebe fürgetragen.
    Euch Bäumen nur/ euch ist es kund/
    euch ist es kund ihr Blumen-Matten
    die ihr es hörtet durch den Schatten.

    Die
    Lust/ so überhäufft sich findet/
    benimmt uns des Gedenkens Krafft.
    Je mehr sich Amors Gluht entzündet
    ie mehr Verstand wird hingerafft.
    Mein Sinn war dunkel/ gleich den Blinden
    und kunte sich in sich nicht finden.

    O süsser wahnwiz! ach! wie gerne/
    wolt' ich noch iezt so rasend sein.
    Diß ist die Seeligkeit der Sterne
    und aller Götter insgemein:
    daß sie in Wollust so verführet
    nicht merken/ wenn sie Schmerzen rühret.

    Nu ich bin meiner Sinnen Meister/
    und weiß es was mich labt und kränkt:
    betrüben sich die Lebens-Geister/
    die Seel' ist wie in Turn versenkt/
    den Turn/ wo Einsamkeit/ wo grausen
     und nichtiges Verlangen hausen.

    Nur trösten mich die Freuden immer
    die ich bey Rosilen gehabt.
    Du
    Lust-Ort des Priapus Zimmer/
    dein Blumwerk müsse sein gelabt
    dafür/ mit ewig warmen Lenzen
    und angenehmen Sonnen-glänzen.
    _____

     

  • Georg Rudolf Weckherlin (1584-1653)

    Lust und vernügen in der pein

    O wie süß seind meine schmertzen,
    Die ich ihrethalb ertrag,
    Weil freundlich in ihrem hertzen
    Sie empfindet gleiche plag;
    Und dieweil Sie mit freundlichen anblicken
    Versehren will vil und nur mich erquicken.

    Meiner augen klag vermehret
    Meines hertzens große brunst:
    Ich sih, das Ihr hertz versehret
    Bey Ihres augs süssen gunst,
    Dessen klarheit, mit lieblichen anblicken
    Will strafen vil und nur mein hertz erquicken.

    Dise stern zu allen stunden
    Erzaigen sich so sigreich,
    Das Sie nah und ferrn verwunden
    Dem Cephalischen pfeil gleich,
    Sie könden auch mit kräftigen anblicken
    Beedes zugleich versehren und erquicken.

    Darumb muß die welt bekennen,
    O augen der Natur pracht,
    Das wa Ewre facklen brennen
    Daselbsten es niemahls nacht;
    Und das Ihr könt mit seltzamen anblicken
    Alle geschöpf betröwen und erquicken.

    Mein hertz mag sich wol ergötzen
    Wan es Euch findet so klar,
    Ehrend Euch als seine götzen
    Auf dem schönesten altar;
    Vor dem ich bit, das mit süssen anblicken
    Ihr niemand sunst dan mich wollet erquicken.

    Ich bit Euch nicht zu verschmähen,
    Mein hertz vor ein Opfer schlecht,
    Euch verbrennend anzusehen,
    Ein Phaenix in lieb gerecht,
    Welchen der schein Ewrer starcken anblicken
    Kan tödten und mit frewd wider erquicken.
    _____

     

18. Jh.

 

  • Susanne von Bandemer (1751-1828)

    Der gestrige Abend

    Selig! selig! die, so ganz versunken
    Im Gefühl der Liebe, dir im Arme lag:
    Ach, sie lauschte hoher Wonne trunken
    Auf des Herzens stärkern Schlag.

    Der dir, - Holder, den ein Gott mir wählte -
    Mit der reinsten Liebe sanft die Brust durchbebt,
    Und mich mehr, als Amors Neuvermählte,
    Zu Elysium erhebt.

    Frey von jedem sinnlichen Verlangen,
    In dem süssen Einklang reiner Harmonie,
    Fühlt ich Trauter! ach, von dir umpfangen
    Unsrer Seelen Sympathie.

    Nein, nie fühlt' ich, was ich dort empfunden!
    Unaussprechlicher hat Liebe nie beglückt!
    O, in dieser seligsten der Stunden,
    Ward mein Geist der Welt entrückt.

    Und durchdrungen von dem reinsten Feuer
    Hob die Sterbliche zur Göttin sich empor:
    Du allein beseltest meine Leyer
    Mehr, als der Kamönen Chor.

    Dir erthönen diese Silbersaiten,
    Und mit einer nahmenlosen
    Lust
    Fühlen wir, der Liebe Eingeweihten,
    Schon den Himmel in der Brust.
    _____

     

  • Gottfried August Bürger (1747-1794)

    Seufzer eines Ungeliebten

    Hast du nicht Liebe zugemessen
    Dem Leben jeder Kreatur?
    Warum bin ich allein vergessen,
    Auch meine Mutter du! Natur!

    Wo lebte wohl in Hain und Hürde,
    Wo wallt' in Luft und Meer ein Tier,
    Das nimmermehr geliebet würde?
    Geliebt wird alles, außer mir!

    Wenn gleich in Hain und Wiesenmatten
    Sich Baum und Staude, Moos und Kraut
    Durch Lieb' und Gegenliebe gatten,
    Vermählt sich mir doch keine Braut.

    Mir wächst vom süßesten der Triebe
    Nie Honigfrucht zur
    Lust heran;
    Denn ach! mir mangelt Gegenliebe,
    Die Eine nur gewähren kann!
    _____


    Mollys Abschied

    Lebe wohl, du Mann der
    Lust und Schmerzen!
    Wann der Liebe, meines Lebens Stab!
    Gott mit dir, Geliebter! Tief zu Herzen
    Halle dir mein Segensruf hinab!

    Zum Gedächtnis biet' ich dir statt Goldes -
    Was ist Gold und goldeswerter Tand? -
    Biet' ich lieber, was dein Auge Holdes,
    Was dein Herz an Molly Liebes fand.

    Nimm, du süßer Schmeichler, von den Locken,
    Die du oft zerwühltest und verschobst,
    Wann du über Flachs an Pallas Rocken,
    Über Gold und Seide sie erhobst!

    Vom Gesicht, der Walstatt deiner Küsse,
    Nimm, solang' ich ferne von dir bin,
    Halb zum mindesten im Schattenrisse
    Für die Phantasie die Abschrift hin!

    Meiner Augen Denkmal sei dies blaue
    Kränzchen flehender Vergißmeinnicht,
    Oft beträufelt von der Wehmut Taue,
    Der hervor durch sie vom Herzen bricht!

    Diese Schleife, welche deinem Triebe
    Oft des Busens Heiligtum verschloß,
    Hegt die Kraft des Hauches meiner Liebe,
    Der hinein mit tausend Küssen floß.

    Mann der Liebe! Mann der
    Lust und Schmerzen!
    Du, für den ich alles that und litt,
    Nimm von allem! Nimm von meinem Herzen -
    Doch - du nimmst ja selbst das Ganze mit!
    _____


    Schwanenlied

    Mir thut's so weh im Herzen!
    Ich bin so matt, so krank!
    Ich schlafe nicht vor Schmerzen;
    Mag Speise nicht und Trank;
    Seh' alles sich entfärben,
    Was Schönes mir geblüht!
    Ach, Liebchen! will nur sterben!
    Dies ist mein Schwanenlied.

    Du wärst mir zwar ein Becher
    Von Heilungslabsal voll. -
    Nur - daß ich armer Lecher
    Nicht ganz ihn trinken soll! -
    O, daß du auch so Süßes,
    So tausend Süßes hast! -
    Und hätt' ich des Genießes,
    Wann hätt' ich gnug gepraßt? -

    Drum laß mich vor den Wehen
    Der ungestillten
    Lust
    Verschmelzen und vergehen,
    Vergehn an deiner Brust!

    Aus deinem süßen Munde
    Laß saugen süßen Tod!
    Denn, Herzchen, ich gesunde
    Sonst nie von meiner Not.
    _____


    Lust am Liebchen

    Wie selig, wer sein Liebchen hat,
    Wie selig lebt der Mann!
    In Friedrichs oder Ludwigs Stadt
    Ist keiner besser dran.

    Er achtet's nicht, was Hof und Stadt
    Dafür ihm bieten kann;
    Und wenn er keinen Kreuzer hat,
    Dünkt er sich Krösus dann.

    Die Welt mag laufen oder stehn,
    Mag rollen um und um;
    Und alles auf dem Kopfe gehn!
    Was kümmert er sich drum?

    Hui! ist sein Wort zu Strom und Wind,
    Wer macht aus euch sich was?
    Nichts mehr als wehen kann der Wind,
    Und Regen macht nur naß.

    Gramm Sorg' und Grille sind ihm Spott;
    Er fühlt sich frei und froh;
    Und kräht, vergnügt in seinem Gott,
    In dulci Jubilo.

    Durch seine Adern kreiset frisch
    Und ungehemmt sein Blut.
    Gesunder ist er wie ein Fisch
    In seiner klaren Flut.

    Ihm schmeckt sein Mahl; er schlummert süß,
    Bei federleichtem Sinn,
    Und träumt sich in ein Paradies
    Mit seiner Eva hin.

    In Götterfreuden schwimmt der Mann,
    Die kein Gedanke mißt,
    Der singen oder sagen kann,
    Daß ihn sein Liebchen küßt.

    Doch ach! was sing' ich in den Wind
    Und habe selber keins?
    O Evchen, Evchen, komm geschwind,
    O komm und werde meins!
    _____

     

  • Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

    Wechsel
     

    Auf Kieseln im Bache da lieg ich, wie helle!
    Verbreite die Arme der kommenden Welle,
    Und buhlerisch drückt sie die sehnende Brust;
    Dann führt sie der Leichtsinn im Strome danieder,
    Es naht sich die zweite, sie streichelt mich wieder:
    So fühl ich die Freuden der wechselnden
    Lust.

    Und doch, und so traurig, verschleifst du vergebens
    Die köstlichen Stunden des eilenden Lebens,
    Weil dich das geliebteste Mädchen vergißt!
    O ruf sie zurücke, die vorigen Zeiten,
    Es küßt sich so süße die Lippen der Zweiten,
    Als kaum sich die Lippen der Ersten geküßt.
    _____

    Deinem Blick mich zu bequemen,
    Deinem Munde, deiner Brust,
    Deine Stimme zu vernehmen,
    War die letzt und erste
    Lust.

    Gestern, ach, war sie die letzte,
    Dann verlosch mir Leucht und Feuer;
    Jeder Scherz, der mich ergetzte,
    Wird nun schuldenschwer und teuer.

    Eh es Allah nicht gefällt,
    Uns aufs neue zu vereinen,
    Gibt mir Sonne, Mond und Welt
    Nur Gelegenheit zum Weinen.
    _____


    Frech und froh
     

    Liebesqual verschmäht mein Herz,
    Sanften Jammer, süßen Schmerz;
    Nur vom Tüchtgen will ich wissen,
    Heißem Äugeln, derben Küssen.
    Sei ein armer Hund erfrischt
    Von der
    Lust, mit Pein gemischt!
    Mädchen, gib der frischen Brust
    Nichts von Pein und alle
    Lust!
    _____


    Mailied
     

    Wie herrlich leuchtet
    Mir die Natur!
    Wie glänzt die Sonne!
    Wie lacht die Flur!

    Es dringen Blüten
    Aus jedem Zweig
    Und tausend Stimmen
    Aus dem Gesträuch,

    Und Freud und Wonne
    Aus jeder Brust.
    O Erd, o Sonne!
    O Glück, o
    Lust!

    O Lieb, o Liebe!
    So golden schön,
    Wie Morgenwolken
    Auf jenen Höhn!

    Du segnest herrlich
    Das frische Feld,
    Im Blütendampfe
    Die volle Welt.

    O Mädchen, Mädchen,
    Wie lieb ich dich!
    Wie blickt dein Auge!
    Wie liebst du mich!

    So liebt die Lerche
    Gesang und Luft,
    Und Morgenblumen
    Den Himmelsduft,

    Wie ich dich liebe
    Mit warmen Blut,
    Die du mir Jugend
    Und Freud und Mut

    Zu neuen Liedern
    Und Tänzen gibst.
    Sei ewig glücklich,
    Wie du mich liebst!
    ______

     

  • Johann Christian Günther (1695-1723)

    AN SEINE MAGDALIS

    MEIN Kind, ich bin der Huld nicht werth,
    Die mir von deiner Hand so häufig widerfährt.
    Drum zürne nicht, wenn ich
    Mich in dies seltne Glücke
    Nicht, wie ich sollte, schicke,
    Und glaube sicherlich:
    Würdiget dein Gnadenstrahl
    Meine Lippen noch einmahl,
    Deinen schönen Mund zu küßen,
    So werd ich fürchten müßen,
    Daß nicht die Wollust dieser Zeit
    Durch ihre Süßigkeit
    Mir die
    Lust zum Himmel raube
    Und ich der Gegenwart mehr als der Zukunft glaube.
    _____

    Eröfne mir das Feld der Brüste,
    Entschleus die wollustschwangre Schoos,
    Gieb mir die schönen Lenden blos,
    Bis sich des Monden Neid entrüste!
    Die Nacht ist unsrer
    Lust bequem,
    Die Sternen schimmern angenehm
    Und buhlen uns nur zum Exempel;
    Drum gieb mir der Verliebten Kost,
    Ich schencke dir der Wollust Most
    Zum Opfer in der Keuschheit Tempel.
    _____

    Himmel, hastu einen Seegen,
    Der auf Erden glücklich macht,
    O so sey er meinetwegen
    Amarillen zugedacht.
    Überschütt ihr Haupt und Brust
    Mit des Paradieses
    Lust !
    Dieses wüntsch ich, mich zu rächen
    Vor den falschen Selbstbetrug;
    Denn sich meiner zu entbrechen,
    Ist sie schon gestraft genug.
    _____

    NUN Kind, ich kan dich nicht mehr bitten,
    Behalt mein Herz in treuer Brust.
    Das Denckmahl deiner muntren Sitten
    Erweckt mir auch von weiten
    Lust,
    Und wo ich reise, wohn und bin,
    Da folgt mir dein Gedächtnüß hin.
    _____


    AN SEIN HANNCHEN

    HANNCHEN, denck einmahl und oft
    An die schönen Abendstunden,
    Die sich gar so unverhoft
    Bey uns scherzend eingefunden:
    Solche
    Lust vergnügter Nacht,
    Als dein Singen uns gegeben,
    Hat mir mein bisherig Leben
    Wohl gewis noch nicht gemacht.

    Das beschwör ich dich, mein Kind,
    Bey den Mienen, bey den Blicken,
    Welche deine Neze sind,
    Unsre Neigung zu bestricken.
    Sind dieselben gleich nicht schlecht,
    So macht, ich kan's nicht verheelen,
    Dich doch das bey treuen Seelen
    In der That noch nicht gerecht.

    Wo ein klug und redlich Herz
    Mit dem andern zärtlich spielet
    Und ihr Leid den sanften Schmerz
    Innerlicher Sehnsucht fühlet,
    Ja, wo noch vor Schmerzen seyn
    Und Verstellung vor den Leuten
    Niemahls aus dem Garne gleiten,
    Ist die
    Lust schon engelrein.

    Solche
    Lust steht Engeln an,
    Die noch Unschuld an sich haben;
    Auf der Wangen Rosenbahn
    Darf man nicht sein Pfund vergraben.
    Klug, verschwiegen und getreu
    Macht die Liebe stets zur Tugend;
    Kinder, braucht den Lenz der Jugend,
    Sonst ereilt euch späte Reu.

    Schwester an der Redligkeit,
    Du, o Schwester am Gemüthe,
    Gönne mir nur jederzeit
    Ein'ge Strahlen deiner Güte
    Schlag dein Meineid aus dem Sinn,
    Der dich nechst herumgeführet:
    Wer ein falsches Herz verlieret,
    Deßen Schaden ist Gewinn.
    _____

    DU Engel, den mir Gott so unverhoft gesand,
    Die
    Lust der Ewigkeit schon in der Welt zu schmecken,
    Nimm hier den Abschiedskuß noch einmahl von der Hand,
    Da Nerven, Zung und Mund vor Wehmuth stehn und stecken,
    Und glaube, daß mein Herz in heißem Blute schwimmt,
    Da unsers Umgangs Scherz so früh ein Ende nimmt.
    _____


    AUF SEINE LIEBSTE IN BISCHDORF

    SO wist einmahl, ich bin verliebt,
    Und zwar in so ein Kind,
    Das mir erst
    Lust zu leben giebt,
    So schwer die Zeiten sind.
    Sein Kuß ist meiner Seelen Kraft
    Und hat an süßer Glut
    Fast aller Schönen Eigenschaft,
    Nur nicht den Wanckelmuth.

    Es schwächt mir weder Geist noch Leib,
    Das denen sonst geschieht,
    Die Amors stiller Zeitvertreib
    Am Narrenseile zieht;
    Es redet mir in
    Lust und Leid
    So klug als freundlich ein
    Und läst mich in der nechsten Zeit
    Des Unsterns Meister seyn.

    Weicht, Eltern, Gönner, Glück und Freund,
    Weicht, sag ich, immerhin,
    Ihr habt es nie so treu gemeint,
    Als ich euch jezt noch bin;
    Indeßen, da euch vor mir graut,
    So lern ich euch verschmähn
    Und dencke, mit der neuen Braut
    Mich beßer zu versehn.

    Ach Hofnung, ach du Engelsbild
    Und meiner Güter Rest,
    Ach, komm und küß und bleib mein Schild,
    Da alles schlägt und preßt.
    Komm, flicht uns unsern Hochzeitschmuck
    Von deinem Wintergrün!
    Der Tod, sonst nichts, ist starck genug,
    Ihn wieder aufzuziehn.
    _____

     

  • Friedrich von Hagedorn (1708-1754)

    Der Wunsch

    Du holder Gott der süßten
    Lust auf Erden,
    Der schönsten Göttinn schöner Sohn!
    Komm, lehre mich die Kunst, geliebt zu werden;
    Die leichte Kunst zu lieben weis ich schon.

    Komm ebenfalls und bilde Phyllis Lachen,
    Cythere! gieb ihr Unterricht;
    Denn Phyllis weis die Kunst, verliebt zu machen;
    Die leichte Kunst zu lieben weis sie nicht.
    _____


    Die Empfindung des Frühlings

    Du Schmelz der bunten Wiesen!
    Du neu-begrünte Flur!
    Sey stets von mir gepriesen,
    Du Schmelz der bunten Wiesen!
    Es schmückt dich und Cephisen
    Der Lenz und die Natur.
    Du Schmelz der bunten Wiesen!
    Du neu-begrünte Flur!

    Du Stille voller Freuden!
    Du Reizung süßer
    Lust!
    Wie bist du zu beneiden,
    Du Stille voller Freuden!
    Du mehrest in uns beyden
    Die Sehnsucht treuer Brust.
    Du Stille voller Freuden!
    Du Reizung süßer
    Lust!

    Ihr schnellen Augenblicke!
    Macht euch des Frühlings werth!
    Daß euch ein Kuß beglücke,
    Ihr schnellen Augenblicke!
    Daß uns der Kuß entzücke,
    Den uns die Liebe lehrt.
    Ihr schnellen Augenblicke!
    Macht euch des Frühlings werth.
    _____


    Der Kuß

    Wie unvergleichlich ist
    Die Schöne, die recht küsst!
    In ihren Küssen steckt
    Was tausend
    Lust erweckt.

    Den Mund gab die Natur
    Uns nicht zur Sprache nur:
    Das, was ihn süßer macht,
    Ist, daß er küsst und lacht.

    Ach, überzeuge dich
    Davon, mein Kind! durch mich
    Und nimm und gieb im Kuß
    Der Freuden Ueberfluß.
    _____

     

  • Ludwig Gotthard Kosegarten (1758-1818)

    Sie liebt mich,
    Sie liebt mich!!
    Welch Zittern ergreift mich!
    Welch Sturm zerrüttet mir die fliegende Brust! -
    Sie liebt mich!
    Sie liebt mich!
    Welch' Trunkenheit faßt mich,
    Welch strömendes Leben, und paradiesische
    Lust! -
    _____

     

  • Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-1792)

    Wo bist du itzt, mein unvergeßlich Mädchen,
    Wo singst du itzt?
    Wo lacht die Flur, wo triumphiert das Städtchen,
    Das dich besitzt?

    Seit du entfernt, will keine Sonne scheinen,
    Und es vereint
    Der Himmel sich, dir zärtlich nachzuweinen,
    Mit deinem Freund.

    All unsre
    Lust ist fort mit dir gezogen,
    Still überall
    Ist Stadt und Feld. Dir nach ist sie geflogen,
    Die Nachtigall.

    O komm zurück! Schon rufen Hirt und Heerden
    Dich bang herbei.
    Komm bald zurück! Sonst wird es Winter werden
    Im Monat Mai.
    _____

     

  • Elise Sommer (1767-?)

    Höchste Wonne

    Selig der, dem reine Herzensgüte,
    Zartgefühl den Busen höher hebt,
    Dem der Thränen seligste entschwebt,
    In des Lenzes
    wollustvoller Blüthe!

    Der mit menschenfreundlichem Gemüthe
    Blassen Gram, der matt in Thränen bebt,
    Bald zu lindern schonend sich bestrebt,
    Dessen Herz für Menschenwohl stets glühte!

    Köstlich ist's, an eines Freundes Brust
    Sympathie bei Schmerz und
    Lust zu finden,
    Näher dann mit ihm sich zu verbinden!

    Aber höher, süsser ist die
    Lust,
    Wenn sich edle Herzen glühend sagen:
    Dass sie ewig für einander schlagen!
    _____



     

19./20. Jh.

 

  • Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem (1854-1941)

    Das einzige Lied

    Es rauscht ein Lied so hoch empor,
    Hinauf zu allen Sternen,
    Klingt über Alpengletscher hin,
    In alle Weltenfernen.
    Es tönt so wunderbar und süß,
    Hallt in den Bergen wieder,
    Dringt bis zum weiten Meer hinaus,
    Es ist das Lied der Lieder.

    Ich möcht' es singen jeden Tag
    In hundertfält'ger Weise,
    Bald stürmisch, klagend, bittend heiß,
    Dann wieder leis, ganz leise.
    Es sangen's Viele wohl vor mir
    Im ewig-neuen Triebe,
    Das Hohelied voll Leid und
    Lust,
    Das Lied von Lenz und Liebe!

    _____

     

  • Johanna Ambrosius (1854-1939)

    ?

    Was ist das nur in meiner Brust
    Für Quellen, Strömen, Rauschen?
    Es klingt wie Weh und halb wie
    Lust,
    Wie süßes Palmenrauschen.

    Das ist ein heller Lerchensang
    In blauen Frühlingslüften -
    Und wiederum ein Orgelklang
    In heil'gen Weihrauchdüften.

    Das ist ein jubelnder Akkord
    Voll schönster Harmonien, -
    Es sind – nun finde ich das Wort:
    Der Liebe Melodien.
    _____

     

  • Theodor Apel (1811-1867)

    O könnte doch die Nachtigall

    O könnte doch die Nachtigall
    Dir meine Grüße bringen,
    Der holden Stimme süßer Schall
    Der dürfte wol allüberall
    Zu Deinem Herzen dringen.

    Und wär' der Rose nur ein Mund
    Geschenkt für Liebesklagen -
    Dir würde, was ich fühle, kund,
    Aus Garten, Berg und Thalesgrund
    Entgegen Dir getragen.

    So grüßet leise mein Gesang
    Dich nur aus weiter Ferne
    Doch, ob Dich traf des Liedes Klang,
    Und froh Dein klopfend Herz durchdrang,
    Das wüßt' ich gar zu gerne!

    Im Herzen hab' ich längst gewußt:
    Du bist mein Glück, mein Leben!
    Warum, Du meine süße
    Lust,
    Soll nicht das Herz in Deiner Brust
    Mir wieder Liebe geben? -

    _______


    Ich liebe Dich und meine Seel' ist Dein

    Ich liebe Dich und meine Seel' ist Dein,
    Mein ganzes Leben möcht' ich Dir nur weih'n,
    Du schaust mich an mit liebevollem Blick,
    Doch ahnet mir, uns lacht nie Liebesglück!

    Aus Deinem Augen strahlet sel'ge
    Lust,
    Und Himmelsfriede wohnt in Deiner Brust;
    Auf wen Du blickst, dem wird im Herzen Ruh -
    O lächle mir auch Ruh und Frieden zu!
    _____

     

  • Elsa Asenijeff (1867-1941)

    MYSTISCHE VERMÄHLUNG

    Feuergarben sprühen durch die Luft,
    Blut quoll zu jäh die Adern hinab – hinauf,
    Alles Denken hemmte erschüttert seinen Lauf.
    Ein Wille schrie in uns
    Aus heisser Tierkehle:
    Du sahst Astarte,
    Entkleidet Scham,
    Die lüsternen Brüste dir entgegenragen;
    Dein Blick zerriss erbarmungslos das duftige Gewand,
    Ich sah den Tierblick fremd und wild aus deinem Aug sich bieten –
    Nein! Nimmermehr vergisst du mich!
    Nein! Nimmermehr vergäss ich dein,
    Und dieser dunkle Wünschewüten,
    Das sich im Urmeer aller
    Lust verrasen wollte . . .
    In aller Ferne steigt mein Bild dir auf,
    Aus allen Fernen glüht dein fremder Blick,
    Die Welt hat keine Weiten,
    In allen Sternen spiegelt es,
    In allen Zeiten,
    Auf allen Meeren,
    Im Tode noch – –
    Dir – – mir – –
    _____


    SEINE TRUNKENE

    Wie muss sein Blick in die Augen sinken:
    Wenn er seine Trunkene in den Armen hält!
    Wie muss –, schwer von Glück – ihr Kopf in den Nacken sinken
    Und taumelnd ihr Sein in seinem ertrinken,
    Wenn er den schönen Mund zu ihr herniederbeugt –!
    Sein weicher Bart um Hals und Kinn ihr streicht
    – Blitze der
    Lust durch alle Nerven schiebt
    Und jedem Gliede Takt und Spannung gibt.

    Wenn zwischen Daumen und Fingern er
    Ihr zitterndes Köpfchen stille hält!
    Bis ihr Pulsschlag lockt – bis ihr Herz nur tockt;
    Welt – o Welt! –:
    Die Stunde des Glücks ist nah – – –!
    _____


    MELANCHOLIE

    Versunkenes Sehnen –
    Zerbrochene Kelche,
    Vergossener, ungekannter Wein
    Und
    Ungetrunkene
    Lust – –!
    – – – – – –
    Die Blätter fallen, –
    Zerflatterndes Gefühl –
    Die Pein
    Verseufzt:
    Dir schien das Weib zu wenig
    Und der Freund zuviel!
    – – – – – –
    Die Säfte sinken in sich selbst zurück –
    Bald wird es Winter sein!
    _____

     

  • Rosa Maria Assing (1783-1840)

    Lied

    Du gingst dahin zu
    Lust und Spiel,
    Dein Mädchen blieb allein,
    Du denkst nicht mein dort im Gewühl,
    Ich denke immer dein.

    Du hörest dort im hellen Saal
    Auf muntrer Damen Scherz,
    Indeß in bittrer Liebesqual
    Vergeht mein armes Herz.

    Die Stunden rauschen froh dir hin
    Bei Tanz wohl und Gesang;
    Für mich ist Stille nur Gewinn,
    Mir ist so weh und bang.

    Du giebst dich hin der Fröhlichkeit,
    Und Freude lacht um dich;
    Zu denken dein mit Innigkeit
    Ist einzig
    Lust für mich.

    So freue dich am bunten Spiel,
    Und treibe leichten Scherz,
    Viel werde dir der Freude, viel!
    Nur mir ein ruhig Herz.
    _____


    Minnetrost

    Nach so vielen trüben Hindernissen,
    O Geliebter, werd' ich endlich dein!
    Trüb von bangem Zweifelmuth zerrissen,
    Zagt' ich oftmals: nimmer wird er mein!

    Auf die schnell entschwundnen Mädchenjahre
    Schau' ich tiefbewegt und froh zurück;
    Mit dem Myrtenkranz am Traualtare
    Fühl' ich nochmals jener Tage Glück.

    Unsre Liebe, die so heiß erglühte,
    Hart durch manchen Kampf und Schmerz versucht
    Unsrer Jugend reiche, schöne Blüthe
    Reift uns nun zur schönsten Lebensfrucht!

    Alles bot ich dir aus meinem Leben,
    Was das Schönste mir und Höchste war;
    Was auch mochte meinen Busen heben,
    Jede Regung ward dir offenbar.

    In dein Herz hat meines sich ergossen
    Mit der höchsten Innigkeit und
    Lust,
    Fest von deinem treuen Arm umschlossen,
    Schmieg' ich selig mich an deine Brust.

    Blick' zu dir empor mit frohem Beben
    In dein treues Auge voll Vertraun;
    Wirst du liebend stets mich so umgeben,
    Wird vor keinem Lebenssturm mir graun!

    Drum sey, Liebe, dir der Schmerz vergeben,
    Der die heitre Jugend mir getrübt;
    Ist doch Liebe nur der Jugend Leben,
    Schmerzenfrei kein Herz, das glühend liebt!
    _____

     

  • Michel Berend (1834-1866)

    O könnt' ich doch noch ein einzig Mal
    In dein blinkendes Auge sehen
    Und dir all' die selige Liebesqual
    Und die brennende
    Lust gestehen.
    Noch einmal träumerisch unbewußt
    Dir drücken die lieben Hände -
    Ich wär' ja so gerne mit aller
    Lust,
    Mit dem ganzen Leben zu Ende!

    Noch einmal möcht' ich mein innerstes Herz
    In die Tiefen des deinen tauchen
    Und dann meine Seele himmelwerts
    In einem Kusse verhauchen.
    Der ganzen Misere und Erdennot
    Auf Träumen der Liebe entschweben -
    Ach Gott im Himmel, ein solcher Tod
    Wär' besser als solch ein Leben.
    _____

     

  • Cathinka Serafina Bergmayr (1814-1843)

    Was ist die Liebe?

    Was ist die Liebe? fragt nicht so mein Herz,
    Das eben ihre junge Kraft empfunden.
    Ist dies die Liebe, die es heimgesucht?
    Dann wünscht es schnelle wieder zu gesunden.

    Ist Liebe dieses schüchtern bange Zagen
    Was Geist- und Körper-Stärke hemmt und lähmt,
    So lange uns die Lieb' in's Auge schauet,
    In's Auge - das sich birgt - so hold verschämt?

    Ist Liebe diese
    wollustvolle Qual,
    Die nach der Trennung unser Selbst umstricket,
    Daß man nicht weiß: ob mehr des Scheidens Weh'
    Uns schmerzt - als das "geliebt zu sein!" beglücket?

    Ist Liebe dieser mag'sche Zaubergriffel
    Der unsrer Seele Augen auferweckt,
    Um sie zu blenden mit dem Licht, dem ew'gen, -
    Und plötzlich dann mit schwarzer Nacht bedeckt?

    Dies ist die Liebe? - O dann ist sie mehr
    Als Edens-
    Lust - und mehr als menschlich Leiden!
    Dann ist sie uns ein doppeltscheinend Gut,
    Um welches Himmel noch und Erde streiten!
    _____

     

  • Adolf Böttger (1815-1870)

    Wenn ich an Dir mich süß berausche

    Wenn ich an Dir mich süß berausche,
    Dein Geist in meine Seele quillt,
    Wenn ich des Busens Drang belausche,
    So sanft erregt und sanft gestillt,

    Wenn ich auf meinem Schoos Dich wiege,
    Der Wange Roth vor
    Lust erglimmt,
    Und ich Dich inniger umschmiege,
    Daß Aug' in Auge bang verschwimmt:

    Wenn unter halberstickten Worten
    Leisathmend Lipp' auf Lippe brennt,
    Als wären hier und allerorten
    Ein Leben wir, das nie sich trennt:

    Dann fühl' ich selge, frühlingsklare
    Gefühle durch die Seele ziehn,
    Vor denen wildverrauschte Jahre
    Wie bleiche Schattenbilder fliehn:

    Ich fühle Harfenlaut entzücken
    Mein Herz in gleichgestimmter
    Lust,
    Und eine Rose seh ich schmücken
    Die lang verwaiste Dichterbrust.

    O wenn die Harfe muß verhallen,
    So sei's mit mir - ein Laut, ein Schlag!
    O wenn die Rose muß zerfallen,
    So sei's mit mir - ein Hauch, ein Tag!
    _____

     

  • Paul Boldt (1885-1921)

    Sinnlichkeit

    Unter dem Monde liegt des Parks Skelett.
    Der Wind schweigt weit. Doch wenn wir Schritte tun,
    Beschwatzt der Schnee an deinen Stöckelschuhn
    Der winterlichen Sterne Menuett.

    Und wir entkleiden uns, seufzend vor
    Lust,
    Und leuchten auf; du stehst mit hübschen Hüften
    Und hellen Knien im Schnee, dem sehr verblüfften,
    Wie eine schöne Bäuerin robust.

    Wir wittern und die Tiere imitierend
    Fliehn wir in den Alleen mit frischen Schrein.
    Um deine Flanken steigt der Schnee moussierend.

    Mein Blut ist fröhlicher als Feuerschein!
    So rennen wir exzentrisches Ballett
    Zum Pavillon hin durch die Tür ins Bett.
    _____


    Guten Tag – Helle Eva!

    Ich wollte mit dir jungem Weibe leben
    Gern wie der Sturm auf einem hellen Meer,
    Daß deine Hände sich wie Möwen heben,
    Wie Strudel leuchten deine Brüste sehr.

    Dein Fleisch ist Schnee, und schneereich bist du wie
    Russische Winter. Mondrot leuchtet, blond,
    Dein Haarkorb an des Nackens Horizont –
    Du nackend Weib, du weiße Therapie!

    Lange behielt ich deine Witterung
    Und jagte hitzig hinter Dirnenrudeln,
    Lustkrank, von Qual beweht. Doch du bliebst jung.

    Auf deinen Rippen kreisen weiße Strudel;
    Du bist ein Weib geworden – puh – fruchtbar,
    Du blanker Bauch voll Blut und krautigem Haar.
    _____

     

  • Udo Brachvogel (1835-1913)

    Und Du sagst, es sei die Brust Dir
    So erschüttert und so voll, -
    Schweig', o schweige, wenn vor
    Lust mir
    Nicht die Seele brechen soll.

    Deine Liebe zu gewinnen
    War dereinst mein schönster Traum,
    Doch mein Schicksal ruft von hinnen,
    Und zu bleiben wag' ich kaum.

    Wolle darum nicht ermuthen
    Meiner Sehnsucht sterbend Ach;
    Lass' in Zweifeln mich verbluten,
    Rufe nicht die Hoffnung wach,

    Denn Dein Anschau'n zu vermissen,
    Da Du kalt bist, bringt's schon Noth, -
    Doch von Dir geliebt sich wissen
    Und zu flieh'n, das bringt den Tod!
    _____

     

  • Helene Branco (Ps. Dilia Helena) (1816-1894)

    Zur dunklen Grabstatt ward mein Herz:
    Ihr finstrer Wächter ist der Schmerz;
    Begraben drin liegt Freud' und
    Lust
    Und jedes Glück der Menschenbrust.

    Doch eine Stimme nur hat Macht,
    Zu lösen diese Grabesnacht:
    Wenn deren Ruf in Lieb' erklingt,
    Sich
    Jubellust der Brust entschwingt.
    _____

     

  • Clemens Brentano (1778-1842)

    14. Juli 1834

    Ich weiß wohl, was dich bannt in mir,
    Die Lebensglut in meiner Brust,
    Die süße zauberhafte Zier,
    Der bangen tiefgeheimen
    Lust,
    Die aus mir strahlet, ruft zu dir,
    Schließ mich in einen Felsen ein,
    Ruft doch arm Lind durch Mark und Bein:
    Komm, lebe, liebe, stirb an mir,
    Leg' dir diesen Fels auf deine Brust,
    Du mußt, mußt.
    _____

     

  • Adelbert von Chamisso (1781-1838)

    Ich kann's nicht fassen, nicht glauben,
    Es hat ein Traum mich berückt;
    Wie hätt' er doch unter allen
    Mich Arme erhöht und beglückt?

    Mir war's, er habe gesprochen:
    Ich bin auf ewig dein -
    Mir war's - ich träume noch immer,
    Es kann ja nimmer so sein.

    O laß im Traume mich sterben,
    Gewieget an seiner Brust,
    Den seligsten Tod mich schlürfen
    In Tränen unendlicher
    Lust.
    _____

    An meinem Herzen, an meiner Brust,
    Du meine Wonne, du meine
    Lust!

    Das Glück ist die Liebe, die Lieb' ist das Glück,
    Ich hab' es gesagt und nehm's nicht zurück.

    Hab' überglücklich mich geschätzt,
    Bin überglücklich aber jetzt.

    Nur die da säugt, nur die da liebt
    Das Kind, dem sie die Nahrung gibt;

    Nur eine Mutter weiß allein,
    Was lieben heißt und glücklich sein.

    O, wie bedaur' ich doch den Mann,
    Der Mutterglück nicht fühlen kann!

    Du schauest mich an und lächelst dazu,
    Du lieber, lieber Engel, du!

    An meinem Herzen, an meiner Brust,
    Du meine Wonne, du meine
    Lust!
    _____

     

  • Helmina von Chézy (1783-1856)

    Ein Seufzer

    Sollt' ich dich missen,
    Dich nicht mehr sehn,
    Bald wär's um alle
    Freude geschehn.
    Wo Du nur bist,
    Da ist mein Leben,
    An deiner Brust,
    All meine
    Lust! -
    Laß mich in Thränen,
    Bangen und beben,
    Alles ist seelig,
    Sterben ist seelig
    An deiner Brust!
    _____


    Abendlied

    Wann der Abendstern die Rosen
    Still mit Sehnsuchtsblicken grüßt,
    Und bei lauer Lüfte Kosen,
    Blume sich an Blume schließt,
    Dann ergreift mich heißes Bangen,
    Ach! zu ruhn an deiner Brust,
    Und von deinem Arm umfangen,
    Zu vergehn in Schmerz und
    Lust.

    Wann in grüner Waldung Mitte,
    Rings von Blum und Busch umkränzt
    Nun des Landmanns stille Hütte,
    Friedlich süß im Monde glänzt,
    Ach! dann wünsch ich mir hienieden,
    Solch ein Hüttchen, still und arm,
    Seelger Unschuld Herzensfrieden,
    Und den Tod in Deinem Arm!
    _____


    An *

    Warum so stumm, mein Herz, warum so bange?
    Fühlst Du Dich heut nicht rein und süß beglückt?
    Warum der Thräne Fluth auf bleicher Wange,
    Da Perl' und Thau nur frische Rosen schmückt?
    Blüht nicht die Flur? Erschloßen nicht die Rosen
    Sich dieser Sonne, die durch Wolken dringt?
    Warum dann bangst Du, da der Seele Kosen
    Mit zartem Laut durch Deine Trauer klingt?

    O, laß der Seele nur ihr dämmernd Schweigen,
    Berühre nicht die Tiefen wunder Brust,
    Laß, statt der Töne, Perlen nur entsteigen,
    Welch Lied erreicht der Thräne stille
    Lust?
    Gib diesem Festtag nur ein leises Grüßen,
    Denn wortlos grüßen Blume, Duft und Licht,
    Und welch ein Herz vernimmt darin den süßen
    Herzinn'gen Einklang reiner Liebe nicht?
    _____


    Die Liebe

    Wie heißt der Quell, an dem man trinkt
    Und wird doch nimmer satt,
    Der Wonne stets der Lippe winkt,
    In Lindrung Glut noch hat?
    Der Quell heißt Liebe, Lieb' allein
    Wie trüg er sonst so lichten Schein?

    Wie heißt der Stern, der niemals weicht,
    Ob Wolken um ihn stehn,
    Der Stern, dem keine Sonne gleicht,
    Der nie wird untergehn?
    Denn stürzte gleich die Schöpfung ein!
    Die Liebe bleibet stehn allein!

    Wie heißt das Wort, das eine Wort,
    Das Alle in sich faßt?
    Der Menschenahndung ferner Port
    Des Herzens seel'ger Gast?
    Die Liebe ist's, das eine Wort,
    Trägt dich durch alle Himmel fort!

    Wie heißt der Schmerz, dem Keiner gleicht
    Schmerz über allen Schmerz,
    Deß' Wonne durch die Himmel reicht,
    Der füllt und hebt das Herz?
    Heißt Liebe, wem ihr Leid bewußt,
    Der hat erschöpft des Lebens
    Lust!
    _____

     

  • Ada Christen (1839-1901)

    Evoe! Es klingen die Becher;
    Evoe! Es kreischen die Weiber,
    Wilder, brünstiger klammern sich fest
    Zum lüsternen Tanz die lüsternen Leiber.
    Evoe! Die trunkene
    Lust
    Kann uns der Himmel nimmer geben:
    Aber die Hölle vergessen läßt -
    Evoe! Dieses wüste Leben!
    _____

     

  • Peter Cornelius (1824-1874)

    Lenzeszeit,
    lustgeweiht

    Lenzeszeit,  
    lustgeweiht!
    Hast mit Wonnen mir das Herz berauschet!
    Golden Rat,   süße Tat
    Hab' ich von der Nachtigall erlauschet.

    Schmetterling   kosend hing
    An der Blüt', umweht von Frühlingswinden;
    Liebesneid,   süßes Leid
    Mußt' ich mit der Nachtigall empfinden.

    Da erscholl   wonnevoll
    Ihr Gesang, von
    Lust und Schmerz durchdrungen;
    Liebentfacht   hatt' ich acht
    Wie sie sang, und hab' es nachgesungen.

    Und ihr Nest   wohlig fest
    Baute sie, bestreut mit Blütenstaube;
    Moosbedeckt,   dicht versteckt
    Wölbt' ich mir im Wald die Buchenlaube.

    Nachtigall   süß mit Schall
    Hat die Braut gelockt aus weiter Ferne;
    Mich umdacht   Waldesnacht,
    Und im Dunkel glühn mir helle Sterne.

    Alles still!   Wonne will
    Nicht mit lautem Klang der Welt sich zeigen;
    Nachtigall!   Süßen Schall
    Hast Du mich gelehrt und süßes Schweigen.
    _____


    In
    Lust und Schmerzen

    In
    Lust und Schmerzen, in Kampf und Ruh'
    Steht eines fest im Herzen: und das bist du.

    Das sind deine Augen, das ist dein Mund,
    Das ist deiner Seele tiefinnerster Grund,

    Das ist deine Liebe, sie winkt mir zu,
    In
    Lust und Leiden, in Kampf und Ruh'.

    Gott, der die Welten im Herzen trägt,
    Hat mir ins Herz deine Liebe gelegt.

    Gott hielt die Welt eines Heilands wert,
    Er hat auch mir deine Liebe beschert.

    Und ob die Welt uns zu trennen meint,
    Wir sind in Gott treuinnig vereint.
    _____

    Nun laß mich träumen, laß mich schwärmen,
    Mich ruhen still an deiner Brust,
    Voll süßem Bangen, bittrem Härmen,
    Ach und unendlich hoher
    Lust.

    O laß mich sinnend noch gedenken
    Der sehnsuchtsvollen Hoffnungszeit,
    Erinn'rung, laß die Flügel senken
    Still über meine Seligkeit!
    _____


    Nicht sing' ich Lieder laut und hell

    Nicht sing' ich Lieder laut und hell,
    Mein Lieb, weil wir belauscht;
    Du aber fühlst den Liederquell,
    Der mir im Herzen rauscht.

    Und jeder Tropfen, der da quillt,
    Ist Lieb' und Wonn' und
    Lust,
    Die flutend all hinüberschwillt
    Mein Lieb, in deine Brust!
    _____

     

  • Max Dauthendey (1867-1918)

    Des hab' ich mich noch nie bedankt

    Des hab ich mich noch nie bedankt,
    Daß deine Hände nach mir langen
    Und deine Lippen mich empfangen,
    Daß in den Hügeln deiner Brüste
    Ich mir fürs Leben Sehnsucht küßte,
    Und gern mein Herz nach deinem krankt.
    Des sei die Stund, die dich vollbracht,
    Die dich zur
    Liebeslust erdacht,
    Von jeder neuen Stund bedankt.
    _____


    Deine Locken

    Ich wühlte gern hitzig in deinem Haar,
    Sage mir: reden die Locken wahr?
    Die Locken werfen sich voll und rund
    Wie tolle Bäche an meinen Mund.

    Und jeder Lockenleib wild sich rollt,
    Als ob er mit Glut mir zufliegen wollt.
    Ich möchte vor
    Lust mein Herz zerbrechen,
    Mit tausend Splittern zu dir sprechen.
    _____


    Liebste

    Jeden deiner Schritte möchte ich besingen.
    Meine Lieder nehmen immer wieder dich in ihre Mitte,
    Möchten, wie dein Blut, dich rot durchdringen.

    Heilig sind mir die Sekunden und kurzweilig,
    Seit ich in dir meine
    Lust gefunden, meine wache,
    Seitdem sind die Stunden nicht mehr eine abgetane Sache.
    Unumwunden möchte ich sie dicken Bänden einverleiben,
    Mit zwei Händen die Minuten singend niederschreiben,
    Möcht' mich noch im Lied an deinem Anblick weiden.
    Möchte dich an jedem Glied, vor den Augen beiden,
    Wie in einem Liederbache ganz entkleiden.
    Möchte, daß dich alle Worte meiner Sprache nennen,
    Gleich wie deiner Kleider Faltenrauschen im Gemache;
    Lieder, mehr als Ziegel auf dem Dache,
    Lieder, wie die Atemzüge, die von mir zu dir hinbrennen. -
    Nur in Wollust und in Liebe lernen sich Verliebte kennen.
    _____


    Mit Uhren zählt man nur die Qualen

    Mein Ohr belauscht die Nacht,
    Der Fluß rauscht mild.
    Kein Wind kommt aufgebauscht,
    Die Stille Blicke mit der Stille tauscht.
    Ich höre alle Uhren schlagen mit Bedacht,
    Die dir die Stunden laut vorrechnend sagen.
    Mit Uhren zählt man nur die Qualen.
    Der Glückliche hat alle Uhren satt und kann es wagen,
    Nach
    Lust zu leben ohne Zifferblatt und Zahlen.
    _____


    Wen köstlich liebt ein schönes Weib

    Wen köstlich liebt ein schönes Weib,
    Dem hängt sie ihre Schönheit an,
    Die
    Lust wird wonnig um den Mann,
    Aufrecht und stolz auch blüht sein Leib.

    Denn über seine Schultern hin
    Schaut stets unsichtbar ihr Gesicht,
    Mit wem der so Geliebte spricht,
    Dem wird gar festlich auch zu Sinn.

    Es strahlt, wer eine Schöne liebt,
    Verschönt den Freunden und der Welt,
    Weil Lieb' mit nichts zurück mehr hält,
    Auch 's Schönsein dem Geliebten gibt.
    _____

     

  • Marie Eugenie Delle Grazie (1864-1931)

    Vergangen

    Ich denke hin, ich denke her,
    Mein Sinn wird trüb, mein Herz wird schwer,
    Meine Seele faßt ein Bangen;
    O sagt, wo ist die süße Zeit,
    Voll
    Liebeslust und Seligkeit?
    Vergangen, ach vergangen!

    O sagt, wo ist der gold'ne Tag,
    Da ich an seinem Herzen lag,
    Von seinem Arm umfangen,
    Da mir die schönste Thrän' entquoll,
    Die Brust von Lieb und Wonne schwoll?
    Vergangen, ach vergangen!

    O sagt, wo ist die schöne Stund',
    Da ich an seinem trauten Mund
    Voll
    Himmelslust gehangen,
    Da ich ihm tief in's Aug geschaut,
    Ihm Alles, Alles anvertraut?
    Vergangen, ach vergangen!

    Ich denke hin, ich denke her,
    Mein Sinn wird trüb, mein Herz wird schwer,
    Meine Seele faßt ein Bangen;
    O sagt, wo ist mein ganzes Glück?
    Ach Gott, es kehrt wohl nie zurück,
    Vergangen bleibt vergangen!
    _____


    Liebeshymne

    So bist Du mein?
    Bin ich Dein?
    O süße
    Lust!
    Von Deinem Arm umschlungen,
    Von Liebe ganz durchdrungen
    Ruh' ich an Deiner Brust,
    O süße
    Lust!

    Sieh', um uns blühen die Rosen
    Die lieben Vögelein kosen:
    Wie wir -
    Und liebeschützend gleitet
    Die Nacht heran und breitet
    Den Sternenschleier
    Über uns.
    _____


    Die Augen des Geliebten

    Welche Wonne, welch' Entzücken,
    Liebster in Dein Aug' zu blicken,
    Das so tief, so sehnend blaut,
    Das vom reinsten Glücke trunken,
    Freude sprüht in hellen Funken
    Wonnesam und liebetraut.

    Was die Welt an Schönem heget,
    Was das Menschenherz beweget,
    Lacht aus Deinem Aug' mich an,
    Und ich fühl mit süßem Bangen,
    Daß der Seele Gluthverlangen
    Nicht ein leerer, eitler Wahn.

    War mein Leben doch so trübe,
    Ohne Hoffnung, ohne Liebe,
    War das Glück mir doch so fern,
    Eh' mit himmlischem Gefunkel
    Durch das tiefe Schmerzensdunkel
    Hold erglänzt mir dieser Stern.

    Und so mög' er ewig glühen,
    Ewig Glück und Wonne sprühen
    Aus der Seele tiefstem Schacht,
    Daß mein Herz von Lieb durchdrungen,
    Und von sel'ger
    Lust durchklungen,
    Froh zu neuem Sein erwacht.
    _____


    Wie ich dich lieb'

    Wie ich Dich lieb, soll ich es sagen
    Wird mir das Herz so schwer,
    Ich kann es fühlen nur, doch sagen,
    Nein, sagen nimmermehr.

    Nicht Worte hab' ich, diese Wonne
    Zu künden, diese
    Lust,
    Kein Mensch hat je auf dieser Erde
    Ein Lied dafür gewußt.
    _____

     

  • Felix Dörmann (1870-1928)

    Im Herzen wühlt und lodert
    Die wüsteste, tollste Begier
    Und reißt und stößt und peitscht mich,
    Madonna Lucia, zu Dir.
    Die Glieder schauern und beben,
    Das Auge Flammen sprüht,
    Wie kochende Lavaströme
    Das Blut meine Adern durchglüht.
    Ich flehe Dich an, o gebrauche
    Die göttlich dämonische Macht,
    Die meine zerfaserten Nerven
    Zum rasendsten Taumel entfacht.
    Und wenn an Deinem Busen
    Zum Wahnwitz schwillt die
    Lust,
    Dann, üppigste, geilste der Schlangen,
    Erwürg' mich an Deiner Brust.
    _____

    Und wieder umpreßt und umschnürt mich
    Das grauenhaft herrliche Weib,
    Es brennt und zuckt und zittert
    Morphiumgesättigt ihr Leib.

    Jedwede Muskelfaser
    Sich zum Zerreißen dehnt,
    Die schrankenlosesten Freuden
    Das trunkene Hirn ersehnt.

    Es hebt in wilden Stößen
    Schweratmend sich die Brust,
    Durch jede Fiber rieselt
    Bewußtseinertötende
    Lust.

    Dein Feuerauge funkelt
    In brünstiger Liebesgier,
    Jetzt ist die Zeit gekommen, -
    Geliebte, - jetzt sündigen wir.
    _____

    Und bist Du wie Marmor so starr und so kalt
    Und kennst Du der Liebe Dämonengewalt
    Bisher nur vom Sagen und Singen,
    So wallet wie siedende Lava mein Blut
    Und weckt auch in Dir die verhaltene Glut -
    Ich will Deine Lieb' noch erzwingen!

    Lagst Du mir nur einmal, nur einmal im Arm,
    Und saugten die Lippen nur einmal sich warm,
    Im tobenden Aufruhr der Sinne,
    Dann bricht auch in Deine gefühllose Brust
    Bacchantisch, unzähmbar, für immer die
    Lust,
    Dann schwörest auch Du zu der Minne.
    _____

    Ein fahles Mondlicht zittert
    Durchs offene Fenster herein,
    Dein nackter Leib erschimmert
    Wie mattes Elfenbein;
    Die halbgeschlossenen Augen,
    Sie glühen begehrend mich an -
    Dann flüsterst Du innig und leise:
    Du lieber, Du teurer Mann.
    Und Deine kühlen Arme,
    Sie reißen mich an die Brust,
    Und ich küsse die wogende, heiße,
    Und wilder erfaßt uns die
    Lust.
    Von Deinen Lippen ringt sich
    Ein jauchzender Liebesschrei, -
    Und achtlos rollen die Stunden
    In endlosen Küssen vorbei.
    _____

    Wenn die Gluten des Weines
    Dein Antlitz röten,
    Bleiche Madonna,
    Dann flieh' meinen Augen.
    Ich bete Dich an
    Und liebe Dich grenzenlos, -
    Aber nur mit todesblassen Wangen;
    Doch zeigst Du Dich mir
    Durchflutet vom Feuer
    Des spanischen Weines,
    Sanft erglühend,
    So faßt mich die
    Lust,
    Die schreiende
    Lust,
    Dich zu küssen, zu küssen, zu küssen,
    Und im Kuß zu erdrosseln; -
    Denn Du mußt bleich sein,
    Totenbleich.
    _____

    Ineinander schlingen sich die Glieder …
    Aus Deinem hoch aufwogenden,
    Wonnegepreßten Busen quillt
    Ein seliges Seufzen und Stöhnen …
    Wieder wirft und biegt sich mein Leib
    In markaussaugenden Krämpfen der
    Lust
    Durch jede Nervenfaser bebt ein Sturm …
    -------------------------------------
    Von Deinem blutig gebissenen Lippen bricht
    Unheimliches Freudengeheul -
    Weiter wütet die Liebesfeier.
    ------------------------------------
    _____

     

  • Carl Ferdinand Dräxler-Manfred (1806-1879)

    Mädchenhände, Zauberwaffen,
    Die ihr Schönes nur erschließt,
    Deren wunderbarem Schaffen
    Süßgeheime
    Lust entsprießt,
    Die zu Liebesparadiesen
    Alles ihr zu wandeln wißt:
    Seid zu tausendmal gepriesen,
    Seid zu tausendmal geküßt!
    _____


    Verbot

    Du hast verboten mir, von deinen Küssen
    Etwas der Welt im Liede mehr zu sagen,
    Du hast mir als Geheimniß aufgetragen
    Die
    Liebeslust, von der wir beide wissen.

    Und Alles, Alles, was mit deinen süßen,
    Geliebten Lippen du in schönen Tagen
    Mir in das Herz als Segen eingetragen,
    Tief in der Seele soll es bleiben müssen.

    Doch wie, wenn nun der Lenz bescheint die Hügel,
    Ein Körnlein, das ich still in's Erdreich senke,
    Bald aufgesprossen ist zur vollen Blume:

    So löset, Liebste, wenn ich dein gedenke,
    Mein Glücksgeheimniß seine schönen Flügel,
    Und wird ein lautes Lied zu deinem Ruhme.
    _____

    Eine Götterblüthe,
    Eine große Mythe
    Ist die Liebesglut:
    Himmlisch wird es klingen,
    Wenn einst Engel singen,
    Welche Seligkeitbereitung,
    Welche göttliche Bedeutung
    In der Liebe ruht.

    Diese süßen Peinen
    Werden Knospen scheinen,
    Denen
    Lust entsproßt;
    Leiden werden scheiden,
    Umgetauscht in Freuden;
    Dieses Hangen und Verlangen
    Wird ein festes Ziel erlangen,
    Holden Liebestrost.
    _____

    Als ich mich verliebte
    War es Winter, kalt,
    Doch die Liebe übte
    Frühlingswunder bald.

    Nun der Lenz in klarer
    Schönheit kam herein,
    Ward ein wunderbarer
    Doppelfrühling mein.

    Den ich fühle Einer,
    Einer den ich seh';
    Wer vergliche meiner
    Seligkeit sich je?

    Muß der Eine flüchten,
    Weiß der Andre treu
    Stets mir vorzudichten
    Blüthe, Duft und Mai.

    Beide Lenzgewalten
    Ueben süße
    Lust,
    Daß sich kaum zu halten
    Weiß die trunk'ne Brust.

    Doch statt zu verstummen,
    Gibt es Saus und Braus:
    Jener schlägt in Blumen,
    Der in Lieder aus.
    _____

    Tage ohne dich,
    Leere, liebelose:
    Glück, verschone mich
    Mit so hartem Lose!

    Saget an, wer kann
    Erst in
    Lust sich senken,
    Und gleichgültig dann
    An's Entbehren denken?

    Jeder Tag bei dir,
    Gleicht dem Blatt, dem schönen,
    Das mit Liedern mir
    Füllen die Kamönen.

    Ohne dich ein Tag
    Gleicht dem leeren, blanken,
    Das vergebens mag
    Harren der Gedanken.

    Sieh', wie Ruhm und Glück
    Du in dir vereinest,
    Wenn du meinem Blick
    Tag für Tag erscheinest.
    _____

     

  • Joseph Freiherr von Eichendorff (1788-1857)

    Echte Liebe

    Lau in der Liebe mag ich nimmer sein, -
    Kalt oder brennend wie ein lohes Feuer!
    O,
    Lust und Leiden sind nur farblos, klein,
    Wo Liebe nicht ergriffen hat das Steuer!

    Wer noch bei Sinnen, ist kein rechter Freier;
    Wirf von dir ohne Zagen all was dein,
    Der stirbt vor Liebe nicht, ein halbgetreuer,
    Wer von der Liebe mehr verlangt, als Pein.

    Gleichwie ein Schiff, wenn sich die Wetter schwärzen,
    An jähen Klippen treibt bei finstrer Nacht,
    Auf weitem Meer der Wind' und Wogen Spiel,

    So auf dem wüsten Meere meiner Schmerzen
    Such' ich, auf neue Leiden nur bedacht,
    Im Hoffnungslosen meines Glückes Ziel.
    _____


    Der Kadett

    Meine Liebste die ist von allen
    Grade die Schönste nicht,
    Doch hat mir eben gefallen
    Ihr spielendes Augenlicht.

    Da kann ich von Glücke sagen,
    Denn wär' sie die Schönste just,
    Müßt' ich mit Allen mich schlagen
    Um die Eine nach
    Herzenslust.
    _____

     

  • Ludwig Eichrodt (1827-1892)

    Ihr Anblick

    Wenn so die süße dunkle Glut
    Von deinen Augen weht,
    O halt es, Mädchen, mir zu gut,
    Daß sie mir zündet tief ins Blut,
    Und auch mein Herz in Flammen steht.

    Traun! deine Wangen blühn so hell,
    Und Schalkheit leuchtet draus,
    Sie kommt und schwindet wunderschnell,
    Ein liebenswürdiger Launenquell
    Springt von den fröhlichen Wangen aus.

    Wenn um den Mund dein Lächeln schwebt,
    Das grüßt wie Morgenlicht!
    Ich weiß nicht, werd ich neu belebt?
    Das Herz, das Herz – es klopft und bebt -
    Nein, länger widersteh ich nicht.

    Ich muß dir fliegen an die Brust,
    Ich muß – es ist kein Scherz!
    O Süßigkeit, o stolze
    Lust,
    So eines theuren Mädchens Brust
    Zu drücken ans heiße Herz!
    _____

     

  • Eugenie Engelhardt (1852-1927)

    Dreimaliges Glück

    Da mein erstes Lied begonnen
    Seinen Streifzug durch die Welt
    Und sich Freunde rasch gewonnen
    Auf der Ehre weitem Feld,
    Da ich Freude, stolz empfunden,
    In des Vaters Blicken sah -
    O, in jenen sel'gen Stunden,
    Götter, was empfand ich da!

    Und doch kam noch eine Stunde
    Voll verschwiegner, süßrer
    Lust -
    Abends war's, aus Waldesgrunde
    Gieng ich heimwärts, unbewußt.
    Hinter'm Hügel sank die Sonne,
    Ich verfolgt' der Lerchen Zug,
    In der Brust ich lauter Wonne,
    Auf der Stirn den Brautkuß trug.

    Wie viel Leid mußt ich erfahren,
    Wie viel Trübes schlich sich ein -
    Aber als ich dann nach Jahren
    Bei des Lämpchens Dämmerschein
    Weich gebettet auf den Knieen
    Hüllt ein rosig Kindlein ein,
    Sah das erste Lächeln ziehen
    Um die Kinderlippen fein -

    O, zum Eden glanzumflossen
    Ward mein Stübchen eng und schmal,
    Und ich fühlt, daß sich erschlossen
    Meine Jugend noch einmal.
    Lieblich wie verklungne Sagen,
    Schmeichelnd wie der Sonnenschein
    Aus der Liebe Lenzestagen,
    Zog das Glück noch einmal ein.
    _____

     

  • Bruno Ertler (1889-1927)

    Zwischenspiel

    Wenn es ein Wunder gibt, so ist es dieses:
    daß Gott uns beides legte in die Brust,
    die Seligkeit des reinen Paradieses
    und seiner Erde menschenechte
    Lust.

    Und was er einte, sollen wir nicht trennen,
    dem Strahl nicht fluchen, weil wir Dunkel sind;
    er gab uns beides, daß wir ihn erkennen,
    und nur der Kämpfer ist sein liebstes Kind. —
    _____

     

  • August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)

    Dein Auge hat mein Aug erschlossen,
    Du sahst mich an, da ward es Tag;
    Mit Licht und Farbe war umflossen,
    Was einst im Graun der Nächte lag.

    Zur Freude bin ich auserkoren,
    Ich träum in liebetrunkner Ruh;
    Ich lächle gar, in
    Lust verloren,
    Der dunklen Zukunft heiter zu.

    Und mir gehört das Nah' und Ferne,
    Mir mehr, als singen kann mein Lied:
    Wer zählt noch da die goldnen Sterne,
    Wenn er den ganzen Himmel sieht!
    _____


    Liebe

    Früher durft ich nicht auf Erden
    Nahen dir durch Zeit und Raum,
    Durfte weiter dir nichts werden
    Als dein Sehnen und dein Traum.

    Freundlich tret ich jetzt entgegen
    Dir als Wahrheit sonnenrein,
    Will dein Frieden, Heil und Segen,
    Will dein Trost und Reichtum sein.

    Meine Augen will ich spenden
    Dir als Morgenschatz sogleich,
    Und die Welt an allen Enden
    Wird durch sie dein Himmelreich.

    Und ich selbst bin dir Gewährung,
    Angeschmiegt an deine Brust;
    Alles wird dir, auch Entbehrung
    Wird Genuß und
    Wonnelust.
    _____


    Nur ihr, der süßen Maid!

    Ich bin ein freier Falke,
    Ich fliege hoch und fern,
    Ich diene keinem Schalke
    Und dien auch keinem Herrn.

    Ich schwinge mein Gefieder,
    Mein Flug ist goldeswert;
    Ich lasse da mich nieder,
    Wohin mein Herz begehrt.

    Zwei Augensterne blinken
    Mir tief ins Herz hinein;
    Zwei weiße Händlein winken:
    Ich soll willkommen sein!

    O welche
    Lust, zu schweben
    In Liebesseligkeit,
    Nur ihrem Dienst ergeben,
    Nur ihr, der süßen Maid!
    _____

    Ja, du bist mein!
    Ich will's dem blauen Himmel sagen,
    Ich will's der dunklen Nacht vertraun,
    Ich will's als frohe Botschaft tragen
    Auf Bergeshöhn, durch Heid und Aun.
    Die ganze Welt soll Zeuge sein:
    Ja, du bist mein!
    Und ewig mein!

    Ja, du bist mein!
    In meinem Herzen sollst du leben,
    Sollst haben, was sein Liebstes ist,
    Du sollst, von Lieb und
    Lust umgeben,
    Ganz fühlen, daß du glücklich bist.
    Schließ mich in deine Arme ein!
    Ja, du bist mein!
    Und ewig mein!
    _____


    Siehe, der Frühling währet nicht lang

    Siehe, der Frühling währet nicht lang:
    Bald ist verhallt der Nachtigall Sang.
    Blühen noch heute Blumen im Feld,
    Morgen ist öd und traurig die Welt.
    Aber der Liebe selige
    Lust
    Ist sich des Wandels nimmer bewußt.

    Alles auf Erden hat seine Zeit;
    Frühling und Winter, Freuden und Leid,
    Hoffen und Fürchten, Ruhn und sich Mühn,
    Hoffen und Scheiden, Welken und Blühn.
    Aber der Liebe selige
    Lust
    Ist sich des Wandels nimmer bewußt.

    Weil uns des Lebens Sonne noch scheint,
    Wollen wir leben liebend vereint,
    Wollen der Zukunft Wetter nicht scheun,
    Wollen des Augenblicks uns erfreun!
    Was auch des Himmels Fügung uns gibt,
    Glücklich ist nur das Herz, das da liebt!
    _____

    Dein Auge hat mein Aug erschlossen,
    Du sahst mich an, da ward es Tag;
    Mit Licht und Farbe war umflossen,
    Was einst im Graun der Nächte lag.

    Zur Freude bin ich auserkoren,
    Ich träum in liebetrunkner Ruh;
    Ich lächle gar, in
    Lust verloren,
    Der dunklen Zukunft heiter zu.

    Und mir gehört das Nah' und Ferne,
    Mir mehr, als singen kann mein Lied:
    Wer zählt noch da die goldnen Sterne,
    Wenn er den ganzen Himmel sieht!
    _____

     

  • Karoline von Fidler (1801-1874)

    Herz

    In Lieb' und Dank sich selig auszudehnen
    Ist meines Herzens heiligster Beruf!
    Ob
    Himmelslust, ob ungestilltes Sehnen
    Den feuchten Strahl im Seelenspiegel schuf,
    Er thauet kühlend auf die heiße Brust,
    Die der Bedeutung Tiefe sich bewußt.

    Wenn stolz der Geist im kühnen Flügelschlagen
    Zum Aether dringt und sich mit Göttern mißt,
    Wenn die Gedanken ihn zur Sonne tragen,
    Geschieht es leicht, daß er das Herz vergißt;
    Dann klopft's verlassen, arm, sich müd' und matt,
    Und bleibt doch einsam, macht's nicht Liebe satt.

    Aus allen Pulsen sehnt sich's hinzufließen
    Ein Liebesmeer, des Lebens warme Fluth,
    Und für die Theuren freudig auszugießen
    Den letzten dieser reinen Gluth;
    Der Liebe Dauer zeigt sein Schlag mir an,
    D'rum lieb' ich auch, so lang' es klopfen kann!

    Und wie der Geist die Götterschwingen breitet,
    So breite du die Menschen-Arme Herz!
    Wie er sich füllend ewig neu sich weitet,
    So habe Raum für Liebes-
    Lust und -Schmerz!
    Und wenn er dir in solchem Kampf entschwebt,
    Dann schlafe nur, du hast genug gelebt!
    _____

     

  • Johann Georg Fischer (1816-1897)

    Ein Gott auf Erden

    Des Herzens Sehnen war erreicht,
    Du lagst in meinen Armen geschlossen,
    Und Liebe, der kein Lieben gleicht,
    Hab' ich an deiner Brust genossen;
    "Wir sind allein auf dieser Welt!"
    Rief meine Seele froh vermessen,
    "Denn Erd' und Himmel kann vergessen
    Der Mann, der dich im Arme hält.

    Wie leis', wie stille ist's umher!
    Und keine Seele kann uns lauschen,
    Ich höre wie ein süßes Meer
    Die Säume deines Kleides rauschen;
    Im weiten Garten ich und du!
    Und vor den armen Menschen allen,
    Die ungeliebt vorüber wallen,
    Schließt er die sichern Thore zu.

    O traute, sel'ge Blätternacht,
    Mit deinen dämmerlichen Hallen!
    Hier darf der Liebe ganze Macht
    Aus voller Seele überwallen;
    Wie bist du, liebes Angesicht,
    Von Küssen, die ich hier genossen,
    So abendröthlich übergossen
    Mit holdem, träumerischem Licht!

    Sieh, wie ihr hohes Wipfelpaar
    Mit freudig einverstandnem Schweigen
    Zwei Bäume dort so voll, so klar
    Im Winde hin und wieder neigen!
    So willig neigt sich unsre Brust
    In der Umarmung sel'gem Schwanken
    Der Liebe einzigem Gedanken,
    Der Liebe grenzenloser
    Lust.

    Wie glüht der Rosen volle Last,
    So tief am Strauch herabgesunken!
    Als hätten sie vor Wonne fast
    Ihr jubelnd Haupt zu schwer getrunken;
    Heil dir, du Blumenkönigin!
    Auch dir muß überschwenglich Leben
    Die weichgeschaffne Brust durchbeben,
    Wo ich so froh, so selig bin.

    Wie einen Träumer in die Flut
    Das Bild des Himmels hält gezogen,
    So tief zu deines Herzens Glut
    Halt' ich, o Kind, mein Haupt gebogen! -
    Und wo ein Gott für
    Himmelslust
    Das süßre Menschenglück will tauschen,
    Unsterblich muß er sich berauschen,
    Du Erdenkind, an deiner Brust."
    _____


    Mein Glück

    Ich weiß es doch und glaub' es kaum,
    So wunderbar ist mir,
    Ich geh' am Tag als wie im Traum
    Ob all der
    Lust an dir.

    Und doch im tiefsten Traum ist mir
    So hell und sonnenklar,
    Daß nur ob all der
    Lust an dir
    Die Welt so wunderbar.

    Und wenn die Welt als wie im Traum
    Vergieng' ob dir und mir,
    Ich wüßt' es kaum, ich glaubt' es kaum,
    Ob all der
    Lust an dir.
    _____


    Liebesqualen

    Flammender Glaube, heldengroß
    Jegliches Höchste wagend,
    Stürme des Zweifels, hoffnungslos
    Schiffer und Boot verschlagend,
    Geister der Qual und Dämonen der
    Lust,
    Himmel und Hölle in Einer Brust!
    _____

     

  • Arthur Fitger (1840-1909)

    Lied

    Singend über die Heide
    Steigen Lerchen empor,
    Goldige Knospen der Weide
    Dringen am Ufer hervor,
    Und der Himmel so wunderblau!
    Allüberall hellsonnige Schau!
    Ich und mein Lieb, wir beide
    Wandeln durch sprießendes Rohr.

    Kargen Worts ist der Kummer
    Zehrend in tiefer Brust;
    Aber noch tausend Mal stummer
    Ist unsägliche
    Lust:
    "Ich bin ja Dein und Du bist ja mein!"
    Das mag ihr einziges Wörtlein sein;
    Hat doch kein Weiser, kein Dummer
    Jemals ein bessres gewußt.

    Wolken über uns schwellen,
    Kaum daß ein Windzug sie blies;
    Traumhaft schwatzen die Wellen
    Über dem farbigen Kies,
    Ferne nur, ferne noch Lerchenlied -
    Seliges Schweigen die Seele durchzieht,
    Engel erschließen die hellen
    Pforten zum Paradies.

    _____

     

  • Maria Clementine François (1823-1844)

    Erinnerung

    Ich kramte heute in meinen Papieren
    Da kam mir ein Blättchen zur Hand;
    Es war wohl die Schrift schon erblichen,
    Doch schien sie dem Auge bekannt;

    Und also ich die Züge erblickte,
    Der Laut auf der Zunge mir starb;
    Das hatte mein Liebster geschrieben,
    Als um meine Liebe er warb.

    Die Worte, die einst mich durchbebet
    Mit Wonne und glühender
    Lust,
    Sie starrten mich an jetzt wie Schlangen,
    Und schnürten mir eisig die Brust.

    Und doch es ist schon so lange,
    Seit ich meine Liebe verlor.
    Wie ruft denn solch nichtiges Blättchen
    Die längst schon Begrab'ne hervor.
    _____

     

  • Ferdinand Freiligrath (1810-1876)

    So laß mich sitzen ohne Ende,
    So laß mich sitzen für und für!
    Leg' deine beiden frommen Hände
    Auf die erhitzte Stirne mir!
    Auf meinen Knien, zu deinen Füßen,
    Da laß mich ruhn in trunkner
    Lust;
    Laß mich das Auge selig schließen
    In deinem Arm, an deiner Brust!
    _____

     

  • Else Galen-Gube (1869-1922)

    Mich reizt deine Jugend

    Du bist an Liebe unsagbar reich,
    Glück gibst du mit vollen Händen;
    es reizt mich, dich, deine Jugendkraft,
    zu vergeuden und zu verschwenden …

    Du bist so jung und du bist so schön;
    es lockt mich mit Höllengewalten,
    dich diese zwei Nächte in jubelnder
    Lust
    an meinem Busen zu halten …

    Du bists, um den ich aus weiter Fern
    vom Osten zum Westen jage,
    und kostets die ewige Seligkeit mir,
    ich geb sie für diese zwei Tage …
    _____


    Unter südlichem Himmel

    Ein weltferner Winkel – verschwiegen und stumm,
    rings Abendschweigen um uns herum.
    Im Westen verglimmendes Sonnenlicht,
    an meinem Busen dein Angesicht.
    Ganz still, ganz traut,
    nichts in uns laut,
    als die tiefe, große Glückseligkeit
    unter Hellas' Himmel – so weltenweit!

    Ganz plötzlich da greifst du mit deiner Hand
    in mein rotes Haar – und schaust wie gebannt
    in die Augen mir – und küßt meinen Mund
    und fragst mich: "Denkst du noch jener Stund,
    wo wir allein
    am Waldesrain?
    Wo ich lechzend zu deinen Füßen warb,
    bis im Kuß erstickt deine Weigrung erstarb?"

    Da wühlt aufstöhnend und keuchend vor
    Lust
    mein roter Mund sich in deine Brust,
    da schlägt die Zähne in deinen Leib
    sinnlos vor Liebe dein bebendes Weib. - -
    - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
    Rings nächtliches Schweigen um uns herum.
    Der Tag ist verblutet – das Leben ward stumm.
    _____


    Rache?

    Ich hatte wohl nichts so toll begehrt
    wie dich, grad weil du mir verwehrt
    deinen Leib, den götterschlanken,
    den ich an mich riß in den Nächten voll Qual,
    mit
    wollustgen Schauern wohl tausendmal
    in meinen wilden Gedanken.

    Ich hab dich geküßt auf den Mund so rot
    mit der Flammenliebe, die in mir loht,
    mit den Lippen, den sengend-heißen.
    Du aber bliebst ruhig und eisig-kalt,
    du Moralist mit der Reckengestalt,
    auch bei Peitschenhieben und Beißen.

    Ich aber, ich krümmte und wand mich in
    Lust
    und grub meine Nägel in deine Brust
    wie das Raubtier die wuchtige Tatze.
    Ich hatte ja nicht deine Kälte gespürt,
    weil ich selber mein eigenes Feuer geschürt
    als rassige Panterkatze.

    Heut aber, heut werd ich nicht um die Welt
    in den Armen dir liegen, wenns dir gefällt,
    deine Asche an mir zu entflammen!
    Ich hasse dich nicht! – doch du bist mir gleich …
    Mein Mund brennt so rot und deiner ist bleich -
    Wir passen, weiß Gott, nicht zusammen!
    _____

    Mein Herzallerliebster, mein Sonnenschein
    kam wieder. Bald bin ich nicht mehr allein,
    bald werde ich liegen in Wonne und
    Lust
    in seinen Armen, an seiner Brust,
    bald wird er mir küssen die Lippen rot …
    vorüber sind Sehnsucht und Trennungsnot.
    _____


    Selige Stunden

    Vor uns liegt das blaue Meer,
    über uns der Himmel,
    o du süße Einsamkeit -
    fern das Weltgewimmel.

    Ruhen hier im Liebesnest
    weit am Badestrande,
    zwischen Schilf und Binsenrohr
    in dem Dünensande.

    Unsre Doggen spüren still,
    ob auch niemand komme,
    zu belauschen, was doch nicht
    fremden Leuten fromme …..

    Und so schlüpfen wir
    unter leisem Lachen
    selig in das blaue Meer,
    unsre Rüden wachen.

    Niemand hat uns hier gesehn
    als die liebe Sonne,
    und die kniff ein Auge zu
    ob der
    Lust und Wonne.
    _____

     

  • Emanuel Geibel (1815-1884)

    Siehst du das Meer

    Siehst du das Meer? Es glänzt auf seiner Flut
    Der Sonne Pracht;
    Doch in der Tiefe, wo die Perle ruht,
    Ist finstre Nacht.

    Das Meer bin ich. In stolzen Wogen rollt
    Mein wilder Sinn,
    Und meine Lieder ziehn wie Sonnengold
    Darüber hin.

    Sie flimmern oft von zauberhafter
    Lust,
    Von Lieb' und Scherz;
    Doch schweigend blutet in verborgner Brust
    Mein dunkles Herz.
    _____

    Wem in Rosen und in Blüten
    Sich verliert des Lebens Pfad,
    Mag die eigne Seele hüten,
    Denn gewiß, die Trauer naht.

    Da ich alle
    Lust besessen,
    Unter Liebesblick und Kuß
    Hatt' ich Sel'ger, ach, vergessen,
    Daß ich wieder scheiden muß.

    O wie blickt mich nun die weite
    Welt so kalt und finster an!
    War's doch nur an deiner Seite,
    Daß ich all mein Glück gewann.

    Früher mocht' ich's schon ertragen,
    Dieses Schweifen ohne Licht,
    Denn mit Blindheit selbst geschlagen
    Kannt' ich noch die Sonne nicht.

    Aber jetzt begreif' ich's nimmer,
    Was noch bleiben kann für mich. -
    Welch ein Leben ohne Schimmer
    Werd' ich leben ohne dich!
    _____

    Wenn still mit seinen letzten Flammen
    Der Abend in das Meer versank,
    Dann wandeln traulich wir zusammen
    Am Waldgestad im Buchengang.

    Wir sehn den Mond durch Wolken steigen,
    Wir hören fern die Nachtigall,
    Wir athmen Düfte, doch wir schweigen -
    Was soll der Worte leerer Schall?

    Das höchste Glück hat keine Lieder,
    Der Liebe
    Lust ist still und mild;
    Ein Kuß, ein Blicken hin und wieder,
    Und alle Sehnsucht ist gestillt.
    _____

    Wohl lag ich einst in Gram und Schmerz,
    Da weint' ich Nacht und Tag;
    Nun wein' ich wieder, weil mein Herz
    Sein Glück nicht fassen mag.

    Mir ist's als trüg' ich in der Brust
    Das ganze Himmelreich -
    O höchstes Leid, o höchste
    Lust,
    Wie seid ihr euch so gleich!
    _____

     

  • Stefan George (1868-1933)

    DER BLUMENELF

    In der bergschlucht wo niederschnellt
    Der gletscher schmelzendes eis
    Da hatte ein blumenelf sein zelt
    Im kelch eines edelweiss.

    Er lebte in seliger
    lust dahin
    Genährt vom ätherischen trank
    Er spielte froh wenn die sonne schien
    Und träumte süss wenn sie sank.

    Da sprosste zu seinen füssen nicht weit
    Im felsigen gähnenden schacht
    Die alpenrose im rötlichen kleid
    In zarter und herrlicher pracht.

    Er sah sie und seine ruhe war fort ..
    Nicht mehr der köstliche saft
    Der sonne schein und der trauliche ort
    Ihm freud und erquickung verschafft.

    Ach sie vernahm es nicht was er sprach
    Nicht konnte er flehend ihr nahn ..
    Er welkte dahin von tag zu tag
    Verzehrt von dem blinden wahn.

    Und wieder einmal war sie erwacht
    Geküsst von den perlen des taus
    Und sah er sie leuchten in aller pracht -
    Da hielt er es nicht mehr aus:

    Er stürzte des sichern verderbens bewusst
    Nach ihr in den gähnenden schlund
    Und presste im fallen in brennender
    lust
    Die blume an seinen mund.
    _____

     

  • Hermann von Gilm (1812-1864)

    Halte heimlich Schmerz und
    Lust

    Halte heimlich Schmerz und
    Lust,
    Mach' es nicht so wie die Andern,
    Die auf off'ner Straße wandern
    Mit der unbedeckten Brust.

    Aus der Liebe vollem Kranz
    Ist ein Blatt bald ausgerissen,
    Was die Leute einmal wissen,
    Das gehört uns nicht mehr ganz.
    _____


    Der Talisman

    Schenk etwas mir, ich fleh' dich an,
    Ein Löcklein allenfalls,
    Damit ich mit dem Talisman
    Behänge meinen Hals;

    Damit ein treuer Wächter sei
    Vor meiner offnen Brust
    Und ferne halte allerlei
    Verbot'ne
    Lust.

    Von hier und dort, von fern und nah
    Will vieles Volk hinein
    Und doch gehört, du weißt es ja,
    Mein Herz nur dir allein.
    _____

     

  • Theresa Gröhe (Ps. T. Resa) (1853-1929)

    Eros

    Nicht in männermordender Schlacht,
    In den Gründen voll Nebel und Dampf,
    Schwirrt dein Pfeil mit tötlicher Macht,
    Eros - Allsieger im Kampf!

    Still verbluten, die du besiegt
    Grausamer Gott, in lachender
    Lust.
    Nicht des Heldentods Lorbeer liegt
    Tröstend auf ihrer Brust.

    Über ihr gesunkenes Haupt
    Düster steigt auf deines Opfers Dampf.
    Senke den Bogen! - verhülle dein Haupt,
    Eros, Allsieger im Kampf!
    _____

     

  • Auguste Johanna Freiin Groß von Trockau (1845-1915)

    Er kam

    Er kam - da zog im tiefen Schnee
    Des scheuen Wildes Spur,
    Kein Vöglein sang im Walde mehr,
    Kein Blümlein schmückt' die Flur.
    Und dennoch bracht er Sonnenschein,
    Und
    Lust und Lied und Scherz!
    Und dennoch hat den Frühling er
    Gezaubert mir in's Herz!

    Er ging - da blühte rings im Land
    Des Frühlings reichste Pracht,
    Ein Sängerchor im Wald erklang,
    Die Flur in Blüten lacht.
    Und dennoch fiel ein kalter Reif
    Mir auf das junge Herz,
    Vorbei der Lenz! die
    Lust vorbei!
    Der Winter kam - der Schmerz!
    _____

     

  • Anastasius Grün (1806-1876)

    Unterschied

    Horch, Liebchen! wo die Zweige wallen
    Des Tränenbaums auf jenes Grab,
    Dort ruft ein Chor von Nachtigallen
    Sein schönstes Liedchen uns herab.
    Sieh, Liebchen! wie aus Felsentrümmern
    Des Bächleins Fluten tönend schimmern,
    Und Blumen, erst emporgeblüht,
    Die Welle kosend übersprüht.

    Horch! froh auf Sangesflügeln irren
    Die Weste durch den blauen Raum,
    Horch, Liebchen! Liebesseufzer girren
    Aus jenem blitzgespaltnen Baum,
    In seinem Schoß zwei weiße Täubchen!
    Der Tauber herzt das zarte Weibchen,
    Es scheint, als ob sie wechselweis
    Sich stritten um der Liebe Preis.

    Sieh! unsre
    Lust weckt Lust in allen;
    Doch wenn du scheidend von mir gehst,
    Verstummen bang die Nachtigallen,
    Es schweigen Tauben, Quell und West.
    Die Weide nur mit ihren Zweigen,
    Die seh' ich übers Grab sich neigen,
    Rings Felsentrümmer, Wogenschaum
    Und dort den blitzgespaltnen Baum.
    _____

     

  • Alfred Grünewald (1884-1942)

    Gleichnis der Liebenden

    Gerne erinnern wir uns,
    ausruhend auf sonnigem Gipfel,
    des steiler werdenden Steiges,
    der uns - ein sachter Verführer -
    allmählich zur Höhe gelockt.

    Also gedenken wir gerne,
    Erfüllung genießend und spendend,
    der ersten Lächeln und Blicke
    und ihres zagen Erwiderns:
    des süßen Beginnes der
    Lust.
    _____

     

  • Sidonie Grünwald-Zerkowitz (1852-1907)

    Alles oder - Nichts

    Das Veilchen spricht mit stolzem Mut:
    Bin ich Dir nur zum Pflücken gut,
    Mich fortzuwerfen balde:
    Laß lieber stehn mich ungepflückt,
    Bleib' ich auch fürder unbeglückt
    Im tiefen dunklen Walde!

    Bin ich an Glück auch nicht gewohnt,
    Nicht weiß ich doch, wie Undank lohnt ...
    - Könnt' einmal nur gepflückt sein -
    Und hast Du nach mir heiße
    Lust,
    Dann will ich auch an Deine Brust
    Tiefinniglich gedrückt sein!
    _____


    Den Kuß auf morgen nicht verschieb'

    Den Kuß auf morgen nicht verschieb'!
    Küß mir ihn auf der Stelle!
    Gepflückt vom Strauch, gepflückt von Lieb'
    Muß werden schnelle, schnelle!

    Denn weg vom Strauch die Blum' verweht;
    Drum pflücke sie im Blühen,
    Und nach dem Kuß die
    Lust vergeht -
    Drum küß mich rasch im Glühen!
    _____


    Was frag' ich nach Unsterblichkeit

    Was frag' ich nach Unsterblichkeit!
    Zerstäubt der Unsterbliche nicht? -
    Für einen Tag voll Seligkeit
    Ich gern auf sie verzicht'!

    Laßt lieben mich, wie das Herz es will,
    So lang es wollend sich regt!
    Frommt ihm »Unsterblichkeit«, wann es still
    Vermodert, von Würmern zersägt?

    Nach Vollgenuß der
    Lebenslust
    Mein durstend Herz begehrt!
    Seht, wie es die Schale glückbewußt,
    In langen Zügen leert!

    Drum geht mir mit Unsterblichkeit,
    Der Zukunft Glorienschein!
    Genieß ich nur mein Stückchen Zeit,
    Ist nur - das Leben mein
    !
    _____

     

  • Otto Friedrich Gruppe (1804-1875)

    Wie pocht mir vor
    Lust
    Das Herz in der Brust!
    Mit den Vögeln möcht's in die Wipfel!
    Und hinauf auf der Berge Gipfel!
    Und wieder in schäumigen Fällen
    Hinab mit den stürzenden Quellen!
    Dann aber unten im grünenden Thal
    Empor mit des Springquells steigendem Stral!

    Ich habe zum Pfand
    Den Ring an der Hand!
    Heut mag noch manches Begehren
    Mit süßer Täuschung sich nähren:
    Ja schaut nach der Schönen noch heute,
    Morgen wissen es alle Leute:
    Heut aber wissen wir's nur allein,
    Ich bin schön Röschens und Röschen ist mein!

    Wie pocht mir vor
    Lust
    Das Herz in der Brust!
    Mit den Vögeln möcht's in die Wipfel!
    Und hinauf auf der Berge Gipfel!
    Und wieder in schäumigen Fällen
    Hinab mit den stürzenden Quellen!
    Dann aber unten im grünenden Thal
    Empor mit des Springsquells steigendem Stral!
    _____

     

  • Adolf Hain (1825-1854)

    Klage

    O könnt' ich euch verbannen,
    Ihr Träum' aus schöner Zeit,
    Ihr Träum' von Mariannen,
    Von
    Lust und Seligkeit!

    Bin traurig ich alleine,
    Wird mir noch 'mal so weh,
    Gedenk' ich dein, du Reine!
    Und an dein letzt' Ade!
    _____

    Ein Schmetterling, so eilte meine Liebe
    Von einer Blume zu der andern hin:
    Wie jenem leichtgesinnten bunten Diebe
    Kam holde Treue nie mir in den Sinn;
    Das Neue reizte immer meine Triebe,
    Bis mir zum Gifte ward der Honig drin:
    Schon schien ich für die reine
    Lust verloren,
    Da Ueberdruß die
    Sinnenlust geboren!

    Da sah ich dich, du feine zarte Blume!
    Und Sonnenlicht drang in die kranke Brust
    Aus deiner frommen Augen Heiligthume,
    Dein Mund, er lächelte mir neue
    Lust:
    So gut, so rein, nicht eitel, fern von Ruhme:
    Da ward ich jener Wahrheit mir bewußt,
    Daß keine Wahrheit in der
    Lust der Sinne,
    Daß Seelenliebe nur das Glück gewinne.
    _____

     

  • Robert Hamerling (1830-1889)

    Leid und
    Lust

    Thränen auf der Rose beben,
    Gold'ne Glut im Rauche zittert,
    Ewig ist der Wonne Leben
    Von der Wehmut Hauch umwittert:
    Aus des Herzens Heiligtume
    Steigt sie plötzlich oft empor,
    Um der Freuden gold'ne Blume
    Breitend ihren Nebelflor.

    Wieder dann am Quell der Schmerzen,
    An des Leides Thränenbronnen
    Überrascht gemach im Herzen
    Uns die lieblichste der Wonnen:
    Und die Wolke zieht von dannen,
    Und die Sterne niederseh'n;
    Staunend fragt das Herz, von wannen
    Diese milden Hauche weh'n?

    Ach, wo tauen, ach, wo springen,
    Herzenswoge, deine Quellen,
    Die den Sinn zur
    Lust beschwingen,
    Die das Aug' zur Thräne schwellen?
    Äuß'rem Lose zugewendet,
    Suchend irrt der zage Blick:
    Innerlich geheim vollendet
    Sich das eigenste Geschick.
    _____

     

  • Otto Erich Hartleben (1864-1905)

    Zum erstenmale giebst du
    dich hin der vollen
    Lust -
    drängst dich, als wolltest du mein Blut,
    bebend an meine Brust ...

    Zwängst dich an meine Glieder
    in glühender Sinne Wuth -
    ersterbend, forderst du von mir
    lechzend die gleiche Gluth ...

    Heil deiner jungen Wonne!
    Heil deinem jungen Leib!
    Auch dir erschloss das Leben sich -
    Heil dir - du wurdest Weib!
    _____

    Wie heimlich dann im Bett an deiner Brust!
    Aus Morgenträumen Arm in Arm erwacht,
    bestaunen wir den lustigen Sonnenstrahl,
    der keck zu solchen Heimlichkeiten drang.
    Behaglich recken wir die schlafgestärkten
    und schon von neuer
    Lust durchbebten Glieder,
    und selig lächelnd schauen wir uns stumm
    in Augen, die der Schlaf noch kaum verliess.
    O meine süsse, weisse Hede, komm -
    lass deine Haare fliessen! Diese Spitzen -
    o lass mich - lass mich: du bist schöner so,
    und freier schweifen meine Küsse - ah!
    Zieh deine Hände von den Augen, Kind:
    was schämst du dich? Der Sonnenstrahl ist keusch -
    _____

     

  • Heinrich Heine (1797-1856)

    Wenn ich in deine Augen seh,
    So schwindet all mein Leid und Weh;
    Doch wenn ich küsse deinen Mund,
    So werd ich ganz und gar gesund.

    Wenn ich mich lehn an deine Brust,
    Kommts über mich wie
    Himmelslust;
    Doch wenn du sprichst: Ich liebe dich!
    So muß ich weinen bitterlich.
    _____

     

  • Max Herrmann-Neiße (1886-1941)

    Sonett eines himmlischen Spiels

    Dann blühte uns aus Tragik und aus Tränen
    ein Spiel, so lustig wie der junge Wind:
    Wir schlugen Flammen, wurden wieder Kind
    und ließen uns versprühen in Fontänen.

    Und ganz voll Leichtigkeit, wie Engel sind,
    auf Wolken schaukelnd in umkränzten Kähnen
    und Blitze schnellt das Weiß von ihren Zähnen,
    so machten wir uns schwebend und geschwind.

    Und deiner Stimme leuchtende Musik
    warf Wellen hoch und tanzte über Schwerter
    und stürmte flackernd durch den Sternenfall.

    Da wurde meine
    Lust ein bunter Ball,
    den zaubertest du immer wunderwerter,
    daß er mit dir in alle Himmel stieg ...
    _____

     

  • Friedrich Hölderlin (1770-1843)

    Mächtig durch die Liebe, winden
    Von der Fessel wir uns los,
    Und die trunknen Geister schwinden
    Zu den Sternen, frei und groß!
    Unter Schwur und Kuß vergessen
    Wir die träge Flut der Zeit,
    Und die Seele naht vermessen
    Deiner
    Lust, Unendlichkeit!
    _____

    Ach! an deine stille Schöne,
    Selig holdes Angesicht!
    Herz! an deine Himmelstöne
    Ist gewohnt das meine nicht;
    Aber deine Melodien
    Heitern mählich mir den Sinn,
    Daß die trüben Träume fliehen,
    Und ich selbst ein andrer bin;
    Bin ich dazu denn erkoren?
    Ich zu deiner hohen Ruh,
    So zu Licht und
    Lust geboren,
    Göttlichglückliche! wie du? -
    _____

     

  • Mia Holm (1845-1912)

    Dich in ihnen

    Ich liebe die Wasser mit stürzendem Fall,
    Sich bäumende schäumende Flut,
    Ich liebe den Sturm und des Donners Hall,
    Der Blitze entfesselte Wut.
    Ich liebe in ihnen mit jauchzender
    Lust
    Nur deine verzehrende Glut,
    Trägst Blitze im Herzen, den Sturm in der Brust
    Und wallende Wogen im Blut.
    _____

     

  • Angelika von Hörmann (1843-1921)

    O sag' mir nur ein Wort! Es gibt
    Mir Seligkeit in reichster Fülle,
    Sag' mir, daß du noch nie geliebt,
    Daß noch kein Strahl durchbrach die Hülle.

    Sag' mir, daß du der Liebe
    Lust
    Und Sehnsucht kanntest nur vom Nennen,
    Daß du um Qualen nie gewußt,
    Die oft ein Herz zu Asche brennen.

    Sag' mir, nur einen Ostertag
    Hat jede Brust und eine Minne,
    Was früher, später glühen mag,
    Es ist nur Herbst und Trug der Sinne.

    Zurück bringt keines Künstlers Müh'n
    Den abgestreiften Duft der Pflaume,
    Die Rose kann nur einmal blüh'n
    Und wird nie mehr zum Knospentraume.
    _____

    Seit du mein Liebster worden,
    Bin ich der Sorgen bar,
    Ins Buch des Herzens schreib' ich
    Ein seliges Neujahr.
    In hoher
    Lust erglüht mein Sinn,
    Stolz meine Blicke gleiten,
    Mir ist, als sollt' ich schreiten
    Gleich einer Königin.

    Wie fröhlich kann ich schaffen,
    So lang die Sonne blinkt!
    Wie süß im Schatten ruhen,
    Wenn spät sie niedersinkt!
    Und schließt mein müdes Aug' sich sacht:
    Das Kindlein in der Wiegen
    Kann nicht so wohlig liegen,
    Als ich die ganze Nacht.
    _____

    Ein Sonnenstrahl fiel mir in's Herz;
    Nun sproßt mit jedem Schlag
    Die Lieb', wie draußen die Saat im März,
    Und wächst wie der junge Tag,

    Bringt trübe Zeit, bringt helle
    Lust,
    Die jauchzen und singen mich läßt,
    Als wäre meine volle Brust
    Ein einzig Lerchennest.
    _____

     

  • Ludwig Jacobowski (1868-1900)

    Tanz

    Wenn du dein Köpfchen an mich legst,
    Dann hör ich kaum die Geigen spielen.
    Ich seh nur dich und kann nur fühlen,
    Wie du mich ganz in Händen trägst.

    Und weiß nicht hin mit meiner
    Lust
    Und nehm die ganze Kraft zusammen,
    Denn Flammen strömen jetzt in Flammen,
    Und heimlich drängt sich Brust an Brust.
    _____


    Himmlische Liebe

    Ja doch, Liebste wir wollen uns wiegen
    Hoch in unendlicher Ätherwelt,
    Frei mit befreiter Seele fliegen
    Dort wo die Gottheit ihr Hochamt hält,

    Wollen im Himmel in Reinheit uns kühlen,
    Abtun der Wünsche verwegene
    Lust, -
    Einmal jedoch laß mich Erde fühlen,
    Irdische Fülle an irdischer Brust!
    _____


    Sphinx

    Und wärst du das teuflische Nixenweib,
    Das die Seele mir saugt aus dem sehnenden Leib,
    Mit grausamem Blick im düst'ren Gesicht, -
    Ich fürcht mich nicht, ich fürchte dich nicht!

    Und ruhten wir beide so Brust an Brust,
    Und rissest das Herz du mir aus vor
    Lust,
    Ich schaute dich an, ich lachte dich an
    Und wär noch im Sterben ein seliger Mann.
    _____

     

  • Maria Janitschek (1859-1927)

    Hurrah, heil!

    Rote Locken umflattern mein Angesicht,
    hüpfende Flammen.
    Hurrah, heil!

    Meine schlanken Hüften umgürtet ein Schleier;
    wer ihn löst, erblindet.
    Hurrah heil!

    Brennender Mohn und blaublumiges Giftkraut
    sprießt unter meinen Fersen auf.
    Hurrah, heil!

    Meine Lippen sind heiß wie der Schrei der
    Lust,
    süß wie weinende Sünde.
    Hurrah, heil!

    Feuer ist mein Hauch, mein Nein der Tod,
    mein Ja die wiehernde Hölle.
    Hurrah, heil!

    Weißt du, weißt du, wer ich bin?
    es rauchen die Wälder vor mir,
    und die Himmel betrinken sich in meinem Laut:
    ich bin die Liebe!
    _____


    Zu spät

    Seine Seele steht in Flammen!
    Als die schmachtenden Blumenlippen empfingen
    Den Tropfen Tau, als auf Silberschwingen
    Mondlicht flog an der Erde Brust,
    Und beide sich küßten in heimlicher
    Lust,
    In der heiligen Juninacht
    Ist seine Seele erwacht.

    Die Stirne im Staube lag er vor mir,
    Er lag vor mir, er lag vor mir.
    Seine Hände umschlangen meinen Leib,
    Seine Lippen flehten: Sei mein Weib!
    In der heiligen Juninacht
    Ist mein Elend erwacht. - - - -

    Ich bin gefesselt in erzenen Banden,
    Die Ewigkeit hat dabei gestanden,
    Als ich gegeben mein laut Versprechen,
    Selbst ein Gott vermag sein Wort nicht zu brechen. - - -

    Heilige Juninacht!
    Wie hast du mich stark gemacht!
    _____

     

  • Justinus Kerner (1786-1862)

    Lust der Sturmnacht

    Wann durch Berg' und Tale draußen
    Regen schauert, Stürme brausen,
    Schild und Fenster hell erklirren
    Und in Nacht die Wandrer irren,

    Ruht es sich so süß hier innen,
    Aufgelöst in sel'ges Minnen;
    All der goldne Himmelsschimmer
    Flieht herein ins stille Zimmer.

    Reiches Leben! hab' Erbarmen!
    Halt mich fest in linden Armen!
    Lenzesblumen aufwärts dringen,
    Wölklein ziehen, Vögel singen.

    Ende nie, du Sturmnacht wilde!
    Klirrt, ihr Fenster! schwankt, ihr Schilde!
    Bäumt euch, Wälder! braus', o Welle!
    Mich umfängt des Himmels Helle.
    _____

     

  • Theodor Körner (1791-1813)

    Nähe der Geliebten

    Ich denke dein im Morgenlicht des Maien,
    Im Sonnenglanz;
    Ich denke dein, wenn mich die Sterne freuen
    Am Himmelskranz.

    Ich sorg' um dich, wenn in des Berges Wettern
    Der Donner lauscht;
    Du schwebst mir vor, wenn in den dunkeln Blättern
    Der Zephir rauscht.

    Ich höre dich, wenn bei des Abends Gluten
    Die Lerche schwirrt;
    Ich denke dein, wenn durch des Deiches Fluten
    Der Nachen irrt.

    Wir sind vereint, uns raubt der Tod vergebens
    Der Liebe
    Lust;
    O, laß mich ruhn, du Sonne meines Lebens,
    An deiner Brust!
    _____


    Liebeständelei

    Süßes Liebchen, komm zu mir!
    Tausend Küsse geb' ich dir.
    Sieh mich hier zu deinen Füßen.
    Mädchen, deiner Lippen Glut
    Gibt mir Kraft und Lebensmut.
    Laß dich küssen!

    Mädchen, werde doch nicht rot!
    Wenn's die Mutter auch verbot -
    Sollst du alle Freuden missen?
    Nur an des Geliebten Brust
    Blüht des Lebens schönste
    Lust -
    Laß dich küssen!

    Liebchen, warum zierst du dich?
    Höre doch und küsse mich!
    Willst du nichts von Liebe wissen?
    Wogt dir nicht dein kleines Herz
    Bald in Freuden, bald in Schmerz?
    Laß dich küssen!

    Sieh, dein Sträuben hilft dir nicht!
    Schon hab' ich nach Sängers Pflicht
    Dir den ersten Kuß entrissen.
    Und nun sinkst du liebewarm
    Willig selbst in meinen Arm,
    Laß dich küssen!
    _____

     

  • August Kopisch (1799-1853)

    Liebchen, welche
    Lust im Dunkeln
    Plaudern, wenn die Sterne funkeln:
    Wie wir herzen, wie wir küssen,
    Keiner kann es jetzo wissen.
    Küsse mich,
    Ich küsse dich!
    Küsse mich, ich küsse dich!
    _____


    Schifferlied

    Im Meere möcht' ich fahren mit dir, mit dir allein,
    Möcht' auf einsamem Eiland mit dir verschlagen sein!

    Da wären nicht Muhmen und Basen, nur du und ich allein,
    Da würdest du nicht spröde, nicht hart und grausam sein!

    Da schlängst du die Lilien-Arme mir liebend um Hals und Brust,
    Und ich, ich dürfte dich küssen nach meines Herzens
    Lust!

    Wir säßen und strickten uns Netze und fingen uns Fische im Meer,
    Und Gast wär' allein die Liebe, sonst weiter niemand mehr!

    Im Meere möcht' ich fahren mit dir, mit dir allein,
    Möcht' auf einsamem Eiland mit dir verschlagen sein!
    _____


    Dem geliebten Mädchen

    O Seele meiner Seele,
    Nun weiter keinen Kuß!
    Weil sonst der Liebe Flamme
    Mich ganz versengen muß.

    Laß nun das Haupt mich legen
    An die ersehnte Brust,
    Laß da mich Ruhe finden
    Von Liebesleid und
    Lust,
    Von Liebesleid und
    Lust!
    _____

     

  • Gustav Kühne (1806-1888)

    Auferstehung

    All dies göttergleiche Leben,
    Diese himmelstrunkne
    Lust,
    Meiner Fibern heilig Leben,
    Sonn' und Mond in tiefster Brust -

    Meiner Wangen Glanzerröthen,
    Meine Stirn so licht, so hell,
    Meiner Seufzer leises Flöten,
    Meiner Thränen Freudenquell -

    Sprich, gabst Du mir alles dieses,
    Maßest Du so reich, so voll?
    Krone meines Paradieses,
    Dir gebührt des Dankes Zoll.

    Alle meine Geister schwiegen
    Tief im Busen starr und todt:
    Ich bin aus mir selbst gestiegen
    Frei zum lichten Morgenroth.

    Meine Kerker sind entriegelt:
    Stumm sinkt meine Nacht hinab,
    Meine Seele ist beflügelt
    Und erlöst aus ihrem Grab.

    Christus ist mir auferstanden,
    Wie er stieg zum Himmelszelt,
    Und aus meinen dumpfen Banden
    Schweb' ich frei durch alle Welt.
    _____

     

  • Auguste Kurs (1815-1892)

    Wo nur dem Leben
    Lust erblüht,
    Wo freudiger ein Auge glüht,
    Wer nahet gleich? die Liebe!
    Und wo ein Aug' in Thränen bebt,
    Wo zagender ein Herz sich hebt,
    Wer ist so nah, als Liebe?

    Der
    Lust gesellt sich stets das Leid,
    Doch ist dem Herzen nimmer weit
    In Leid und
    Lust die Liebe -
    Und wie so Tag auf Tag entweicht,
    Verrinnt das ganze Leben leicht,
    In
    Lust und Leid und Liebe.
    _____


    Meine
    Lust

    Ich hab' meine
    Lust an dem frischen Grün,
    An dem Flüstern und Rauschen der Blätter,
    An der duftigen Blumen Sprossen und Blüh'n,
    An der Lerche hellem Geschmetter.

    Ich hab' meine
    Lust an der Sonne Glanz,
    An der Sterne lichtem Gefunkel,
    An der plaudernden Wellen flüchtigem Tanz
    In des Waldes schattigem Dunkel.

    Ich hab' meine
    Lust an des Zephyrs Hauch,
    An des Taues perlendem Segen,
    An dem Brausen des Meeres, dem Donner auch,
    An dem Sturm und dem strömenden Regen.

    Ich hab' meine
    Lust an der ganzen Natur,
    An des Himmels Pracht und der Erden -
    So hüt' ich mich still vor den Menschen nur,
    Um nimmermehr traurig zu werden.
    _____


    Liebe

    Wenn heimlich sich mit einem Mal
    Die Liebe regt im Herzen dein
    Mit bitt'rer
    Lust und süßer Qual -
    Und glänzte Dir kein Hoffnungsschein,
    Gesegnet bist du allemal,
    Nur durch das eig'ne Herz allein.

    Denn Lieb' ist nicht von dieser Welt,
    Ist eine Blüte, gottgesandt,
    Die von des Himmels lichtem Zelt
    Herabgeschwebt, und wer sie fand
    Und fest im treuen Herzen hält,
    Dem blüht sie, bis sein Leben schwand.
    _____

     

  • Nikolaus Lenau (1802-1850)

    Dahin!

    Einst o nächtlicher Himmel! blickt' ich
    Selig empor zu Dir, umschlungen
    Von der Geliebten, und ich weinte
    Dank dem ewigen Gott!

    Und sie pflückte mit Küssen mir die
    Blüthe der Wonne, von der Wang', und
    Mächtiger zog ich die Geliebte
    An die klopfende Brust.

    Doch nun sind sie dahin! die Stunden
    Seliger
    Lust; und ach! nun weht der
    Brausende Sturm die heiße Thräne
    Banger Wehmuth dahin!
    _____

     

  • Detlev von Liliencron (1844-1909)

    Liebeslied

    Dem Fremden gilt dein Evoë,
    Du möchtest ihn tausendmal segnen.
    Deine Augen sind ein gefrorner See,
    Wenn sie den meinen begegnen.

    Der fremde Mann ist kein Don Juan,
    Er liebt dich sentimentalisch.
    Und weil er dich nicht heiraten kann,
    So denkt er sehr moralisch.

    Mein schönes Kind, du tust mir leid,
    Doch das soll anders werden.
    Ich liebe dich, und es kommt eine Zeit,
    Dann vergessen wir Himmel und Erden.

    Glaubst du, ich will wie ein junger Fant
    Stumm und kläglich verzichten?
    Ich bin deiner Hoheit kein Trabant,
    Mit nichten, Madonna, mit nichten.

    Ob kühn, ob bedachtsam, ich weiß es noch nicht,
    Wie den Angriff ich soll planen.
    Doch ehe der Herbststurm die Zweige bricht,
    Verneigen sich tief deine Fahnen.

    Dann schwenkt ich die Mütze hoch um die Stirn,
    Zeigt sich der Rauch deines Herdes.
    Du horchst; dir entfallen Nadel und Zwirn,
    Hörst du den Huf meines Pferdes.

    Und klappert vor deiner Tür mein Gaul,
    Du wartest schon an der Treppe.
    In der Eile haben sich Faden und Knaul
    Verwickelt in deine Schleppe.

    Vor Wonne jauchzt deine junge Brust,
    Vor Wonne dein Herz, das ich raubte.
    Unsre Küsse geben süßere
    Lust
    Als trauscheinlich erlaubte.

    Du weißt nicht, Mädchen, was Leidenschaft ist,
    Sie klingt nicht aus Engelchören.
    Nicht allzulange lass ich dir Frist,
    Du sollst, du wirst mich erhören.

    Heut hat noch der Fremde dein Herz in Pacht,
    Mich behandelst du recht eintönig.
    Doch ehe die Sichel sirrt, nimm dich in Acht,
    Bin ich dein Herr und König.
    _____

     

  • Thekla Lingen (1866-1931)

    Bewilligung

    Du schmiegtest dich zu meinen Füssen
    Und sahst mir flehend ins Gesicht -
    Ich musste deine Stirne küssen,
    Die Stirne - weiter dacht ich nicht.

    Da schlossest du die lieben Augen
    Und bebtest wie in stiller
    Lust -
    Ich küsste die geschlossnen Augen,
    Da lag dein Kopf an meiner Brust.

    So nah war mir dein Mund, der feine -
    Ach, küsste, küsste ich ihn dann! ...
    Mit diesem Kuss ward ich die deine,
    So nahmst du mich, geliebter Mann!
    _____


    Geständnis

    Fein bist du und jung, und die Lippen sind rot,
    Und du fragst mich, warum ich dich liebe?
    Ich that nur, was dringend Natur mir gebot,
    Und folgte dem köstlichen Triebe.

    Und kommst du geschritten, und schaust du mich an,
    So beb' ich vor
    Lust und Verlangen,
    Und gehst du, du junger, du kraftschöner Mann,
    So wein' ich vor Sehnen und Bangen.

    So wandl' ich in steter, sich mehrender Pein,
    Von Lieb' und von Reue getrieben -
    Dein darf ich nicht werden und bin ja schon dein
    Und finde so süss, dich zu lieben.
    _____


    Hohe Liebe

    Nicht, wie die andern sollst du mich lieben,
    Nicht mir zu Füssen will ich dich sehn,
    Bleib mir zur Seite erhobenen Hauptes,
    Dass ich an deine Schulter mich lehn'!

    Nicht wie die andern zehrenden Kusses
    Sollst du mir küssen Augen und Mund,
    Nur meine Stirne will ich dir neigen
    Zu unserer Seelen lauterem Bund.

    Nur mit den Blicken sollst du umfangen,
    Was ich dir gebe in meinem Blick,
    Alles Begehren, alles Verlangen
    Sinke zum heiligen Born zurück.

    Nimmer versiegen wird dann die Quelle
    Seliger Sehnsucht in unserer Brust,
    Nimmer verglühen wird dann die Flamme,
    Ewig geschüret in keuscher
    Lust.
    _____

    Sei still, mein Lieb, ich weiss ein Wort,
    Das Wort will ich dir sagen,
    O, weine nicht, ich weiss einen Ort,
    Dorthin will ich dich tragen.
    Das Wort ist dunkel, tief und schwer,
    Der Ort ist dunkel noch viel mehr,
    Mein Lieb, du darfst nicht zagen.

    Dort liegst du still an meiner Brust,
    Befreit von Qual und Sorgen,
    Dort stört kein Lauscher unsre
    Lust,
    Uns weckt kein lauter Morgen.
    Dort darfst du immer bei mir sein
    Im dunkel-stillen Kämmerlein,
    Tiefheimlich und geborgen.
    _____


    Zur Dämmerstunde war's -

    Zur Dämmerstunde war's,
    Zur schlimmen Zeit -
    Und deine Rosen dufteten im Zimmer,
    Ins Fenster brach der letzte Abendschimmer -
    Und meine Sehnsucht ging so weit.

    Sie suchte dich -
    Wie dufteten die Rosen!
    Und lechzend barg ich mein Gesicht hinein
    Und sog die süssen, süssen Düfte ein -
    Wie fühlt' ich deine Wünsche mich umkosen!

    O kämst du jetzt,
    Wie würde ich dich lieben! ...
    Ich ging und sperrte weit mein Fenster auf -
    O
    Lust! da kamst die Strasse du herauf,
    Von gleicher Sehnsucht zu mir hergetrieben.

    Und wie im Traum blieb ich am Fenster stehn
    Und nickte stumm - Du stürmtest in das Haus,
    Breitetest schweigend deine Arme aus - -
    Es musste sein - So ist es denn geschehn!
    _____

     

  • Feodor Löwe (1816-1890)

    Ich mag so gern in stummer
    Lust
    Dir gegenüber steh'n,
    Und unverwandt, gedankenvoll
    In deine Augen seh'n.

    Da ist mir oft, als ob dein Blick
    Die Wirklichkeit verdrängt,
    Mit süßem Mohnsaft zauberisch
    Die Seele mir besprengt.

    Ich fühle mich, doch wie getheilt
    In Wachen und in Traum.
    Es schweift, es streift, es zieht in mir;
    Wohin? ich weiß es kaum.

    Wie es der Knospe räthselhaft,
    Sie kennt, sie ahnt es nicht;
    Sie muß, sie muß! bis endlich sie
    Die enge Hülle bricht.

    Es ist ein Weh, ein tiefes Weh!
    Du willst es nicht versteh'n!
    O süßer Schmerz, o bitt're
    Lust!
    In deine Augen seh'n.
    _____

     

  • Hermann Löns (1866-1914)

    Lustgeschmetter

    Goldene Knospenhülle schütten
    All die jungen Buchenblätter,
    Und den ganzen Wald durchjubelt
    Liebessang und
    Lustgeschmetter.

    Um die weiße Sterngrasblumen
    Tanzen goldne Schmetterlinge,
    Und um jede kleine Blüte
    Geht ein summendes Geklinge.

    Lachend faß ich deine Hüfte,
    Hab so lange dursten müssen,
    Lange lange lange Jahre,
    Ach so sehr, nach deinen Küssen.
    _____

     

  • Hieronymus Lorm (1821-1902)

    In der Trennung

    Die holden Stunden,
    Die mich gebunden
    An dich allein,
    Sind bald entschwunden;
    Doch süße Pein,
    Bei dir empfunden,
    Ist nicht zerronnen!
    Des Herzens Wonnen
    Sind seine Wunden.

    Wer mag erklären,
    Was in den Sphären
    Der Liebe haust?
    Mit heißen Zähren
    Von Schmerz durchbraust,
    Muß sie entbehren
    Und kann sich trunken,
    In
    Lust versunken,
    Von Träumen nähren.
    _____

     

  • Otto Ludwig (1813-1865)

    So reich!

    Wie ruht sichs doch an deiner Brust
    So weich, so weich, so weich;
    Zu zählen all die
    Götterlust
    Zu reich, zu reich, zu reich!

    Und daß ich weiß, du liebst nur mich
    In all der Welt so weit,
    Wie himmlisch, himmlisch ruht es sich
    In solcher Sicherheit.

    Wie ist die Lieb ein süßes Gift
    Und Arznei zugleich:
    Sie macht so arm ihn, den sie trifft,
    Und doch so reich, so reich.

    Und alles, alles, was du hast,
    Dein ganzes, ganzes Sein,
    Das halt ich reicher Mann umfaßt,
    Ein süßes, seligs Mein.
    _____

     

  • Alfred Meißner (1822-1885)

    Frei und heilig

    Wie ein Märchen spinnt die
    Lust
    Mich in ihre goldnen Fäden -
    Stürze warm an meine Brust,
    Du mein Traum aus fernem Eden!

    Du bist mein, und daß du's bist,
    Ahnt kein Herz im Weltgetriebe,
    Ohne Schwur und Fessel ist
    Frei und heilig unsre Liebe!

    Frei und heilig! wunderbar
    Küßt dies Wort die Seele offen -
    So hat einst das erste Paar
    Sich im Paradies getroffen.

    Ohne Schwur und Fessel mein,
    Mein nur durch der Geister Walten,
    Und so mein' ich, daß ich rein
    Dich aus Gottes Hand erhalten.

    _____

     

  • Sophie Mereau (1770-1806)

    In ein Meer von süsser
    Lust versenket,
    wallt die Seele staunend auf und ab,
    stürzt, von frohen Ahndungen getränket,
    sich im Taumel des Gefühls hinab.

    Liebe hat die Wesen neu gestaltet;
    ihre Gottheit überstrahlt auch mich,
    und ein neuer üpp'ger Lenz entfaltet
    ahndungsvoll in meiner Seele sich.

    Lass an deine Mutterbrust mich sinken,
    heil'ge Erde, meine Schöpferin!
    Deines Lebens Fülle lass mich trinken,
    jauchzen, dass ich dein Erzeugter bin!

    Was sich regt auf diesem grossen Balle,
    diese Bäume, dieser Schmuck der Flur:
    Einer Mutter Kinder sind wir alle,
    Kinder einer ewigen Natur.

    Sind wir nicht aus Einem Stoff gewoben?
    Hat der Geist, der mächtig sie durchdrang,
    nicht auch mir das Herz empor gehoben?
    tönt er nicht in meiner Leier Klang?

    Was mich so an ihre Freuden bindet,
    dass mit wundervoller Harmonie,
    meine Brust ihr Leben mitempfindet,
    ist, ich fühl' es, heil'ge Sympathie!

    Schwelge, schwelge, eh' ein kalt Besinnen
    diesen schönen Einklang unterbricht,
    ganz in
    Lust und Liebe zu zerrinnen,
    trunknes Herz, und widerstrebe nicht.
    _____

     

  • Erich Mühsam (1878-1934)

    Frühling

    Das Fell der Erde schäumt in Wellen.
    Aus Bäumen und aus Schollen quellen
    des Frühlings Knospen auf wie Gischt. -
    Dröhnt, Fluten, - zischt!
    Schlagt an die Dünen meiner Brust!
    Treibt Frühlingsgrün aus meinen dürren Hängen!
    Macht Leid zu
    Lust
    und meine Liebe zu Gesängen!
    _____


    Fleischeslust

    Küsse mich! Gib mir die lüsternen Lippen,
    himmlische, wilde Hetäre!
    Glaubst du, daß sich an unsern Gerippen
    Gottes Liebe bewähre?
    Glaubst du, es könnte zu ewiger Gnade
    jemals die Seele schreiten,
    stählt sich der Leib nicht im zeitlichen Bade
    ewiger Seligkeiten?
    Liebet einander! der Herr hat's geboten.
    Tu seinen Willen, du Fromme!
    Liebe für Liebende! Tod für die Toten!
    Wirf ab deine Hüllen - und komme!
    Küsse mich! Eine Nacht soll uns schaffen
    ewigen Himmels Beglücktsein.
    In meine Arme! - Laß' Nonnen und Pfaffen
    Gott lästernd keusch und verrückt sein!
    _____

     

  • Clara Müller-Jahnke (1860-1905)

    Auf dem Ball

    Heut in der rauschenden Festespracht
    hab ich, mein Schatz, an dich gedacht, -
    an prunkender Tafel, in schimmernden Reihn
    war meine Seele mit dir allein.

    Mit Blumen, die deine Hand gepflückt,
    hatt ich mir Haare und Brust geschmückt;
    als am vollsten der Becher der
    Lust geschäumt,
    hab ich vergangene
    Lust geträumt.

    Die Weise schwoll und der Tanz begann -
    mich rührte der Odem Gottes an;
    aus der Seele hallte der Klang zurück:
    ein Lied von künftigem großen Glück.
    _____


    Frieden

    Ich möchte still durch einen Tannenwald
    mit dir im roten Abendfrieden schreiten,
    wenn ganz von fern das Aveläuten hallt
    und lichtgesättigt sich die Zweige breiten.

    Dann legtest du die Hand auf meine Brust
    und fühltest, wie die heißen roten Wellen
    beruhigt gleiten und in sanfter
    Lust
    nur unterm Drucke deiner Finger schwellen.
    _____


    Empfängnis

    Nimm mich fest in deine Arme,
    kette mich an deine Brust,
    daß mein zitternd Herz erwarme.

    Zu dem Eiland, das inmitten
    liegt des breiten Stroms der
    Lust,
    gleiten wir mit Christusschritten.

    Fern am Ufer unser Boot.
    In den früchteschweren Bäumen
    glüht das erste Morgenrot.

    Eine süße Stimme ruft,
    und es wandeln weiße Träume
    durch der Heimat Ambraduft.

    Dort im grellen Mittagsschein,
    wo die tiefsten Wünsche reifen,
    werden du und ich nicht sein . . .

    Aber wieder ich und du: -
    Zartgewebt aus Wolkenstreifen
    winkt ein liebes Bild uns zu.
    Seidenweiches Lockenhaar

    seh ich goldne Schleier breiten . . .
    und mich grüßt aus Ewigkeiten
    unsres Kindes Augenpaar.
    _____


    Maiensegen

    Nun ruht in weißen Schleiern
    die See, umspielt vom West,
    und Himmel und Erde feiern
    das große Liebesfest.
    Da strömt in rinnendem Regen
    hernieder Kuß auf Kuß,
    der rings zu Frucht und Segen,
    zur Blüte werden muß.

    So ruht in weißen Schleiern
    mein Herz in deiner Brust,
    und unsere Seelen feiern
    die ewige
    Hochzeitslust.
    Da strömt wie rinnender Regen
    dein Kuß auf meinen Leib,
    daß er zum Maiensegen
    werde deinem Weib . . .

    Ein Duften reifer Tage
    um unsere Stirnen weht,
    da wieder die singende Sage
    durch flimmernde Fluren geht:
    - daß kein Leid mehr bliebe,
    wenn über der grünen Welt
    die junge Frühlingsliebe
    die flatternde Fahne hält!
    _____

     

  • Christian Ludwig Neuffer (1769-1839)

    Liebeswonne

    Mit Frohlocken will ich wallen
    Durch das Leben bis ins Grab.
    Meiner Freude Blüthen fallen
    Nicht in wilden Stürmen ab.
    Selig schwelg' ich in den Träumen,
    Die mein Geist so warm umschlang;
    Ida führt zu lichten Räumen
    Mich vom nahen Untergang.

    Jeder alte Kummer schwindet,
    Wie ein trübes Meteor;
    Idas Mund hat mir verkündet,
    Daß ich nie ihr Herz verlor.
    Keine Sorge soll verbittern
    Diese göttergleiche
    Lust,
    Denn, gleich Felsen in Gewittern,
    Stehet ihre treue Brust.

    Mir verlieh Natur, was vielen
    Sie versagt, ein zartes Herz,
    Gleichempfänglich den Gefühlen
    Des Entzückens, wie dem Schmerz:
    Doch nun hat sie mich erlesen,
    Ohne Harm und Seelenpein,
    Vor so vielen tausend Wesen
    Glücklich durch mein Herz zu seyn.

    Still und ruhig darf ich wähnen,
    Daß, von jeder Kränkung frey,
    Ich am Ziele meiner Thränen
    Und der langen Sehnsucht sey.
    Wonnestrahlender und milder,
    Als des ersten Kusses Glück,
    Kehren neue Freudenbilder
    Durch Versöhnung mir zurück.

    Wenn die Herzen sich verstehen,
    Ruht der Argwohnsvolle Wahn,
    Und es facht mit leisem Wehen
    Sich zur Glut der Funken an.
    Schimmernd in erhöhtem Lichte
    Kennt die Treue ihren Lohn,
    Und erblickt die goldnen Früchte
    Ihrer schönen Hoffnung schon.

    Froh das Haupt empor gerichtet
    In der Liebe mildem Strahl,
    Hab' ich jeden Zwist vernichtet,
    Idas Mißtrau'ns bittre Qual.
    Obgesiegt hab' ich dem Neide,
    Der, von schnöder Wuth entbrannt,
    Aus dem Himmel meiner Freude
    Mich durch Schmähung weggebannt.

    Ohne Vorwurf, ohne Sünde
    Theilen wir die reinste
    Lust.
    Gegen alle Höllenschlünde
    Stählen wir die veste Brust.
    Was der Jahre Lauf zertrümmert,
    Was der Flug der Zeiten raubt,
    Ist nicht Liebe, denn es schimmert
    Ewigjung ihr göttlich Haupt.

    Was der Tod auch trenn' und löse,
    Wahre Liebe stirbt nicht ab;
    Sie, durch die ich jetzt genese,
    Sie besieget Zeit und Grab.
    Rein ist, wo sie wohnt, der Aether,
    Keiner Lästrung Schlange zischt;
    Abscheu lohnet dem Verräther,
    Der in unsern Bund sich mischt.

    _____

     

  • Anton Noder (Ps. A. de Nora) (1864-1936)

    Ich möchte sterben unter Eros' Flügel!
    In einem Augenblick der höchsten
    Lust,
    Gebeugt auf einer weißen Frauenbrust,
    Von Liebesglück geschwellte Lilienhügel!

    Inmitten meiner Sünden Maienblust!
    Den Fuß noch in der Leidenschaften Bügel!
    Schnell - ohne Sterbgeklingel und Geklügel!
    Zu Ende - und des Endes nicht bewußt!

    So möcht' ich sterben! Und im Nichts verschwinden,
    Wie Sonnenstaub in einem dunklen Raum,
    Wie Opferdampf in weichen Abendwinden,

    Wie Mutterlied in einem Kindertraum;
    Und über meinem Grabe müßte prangen
    Die goldne Schrift: In Seligkeit vergangen!
    _____


    Wenn Du mich liebst

    Du bist in meine Macht gebannt,
    Ich halte Dich, Du schönes Weib,
    Und wenn ich schlösse meine Hand
    Umschlöß' ich Dich mit Seel und Leib!

    Und doch, sieh her, ich will es nicht!
    Nicht meine Sklavin sollst Du sein!
    Ich will, daß Deine Lippe spricht
    Aus freien Stücken: Ich bin Dein!

    Eh' nicht Dein Mund in heißer
    Lust
    Von selber mir entgegenglüht,
    Eh' nicht Dein Arm an diese Brust
    Mich liebestrunken niederzieht -

    Nicht eher sollst Du werden mein!
    Denn ich will stärker sein als Du
    Und Dich verdanken Dir allein!
     - Wenn Du mich liebst, fliegst Du mir zu ...
    _____

     

  • Betty Paoli (1814-1894)

    Versenkung

    Den dunkeln Knoten, den das Leben schürzt,
    Zerhieb ich kühn mit einem raschen Streiche:
    In's Meer der Liebe hab' ich mich gestürzt,
    Daß ich des Jenseits lichten Strand erreiche.

    Jedwede Schuld, die finster mich umwand,
    Ich warf sie in der Liebe heil'ge Flammen;
    Steig' denn empor, du reiner Opferbrand!
    Und schlage läuternd über mir zusammen!

    Jedwedem Schmerz, der mein Gemüth zernagt,
    Und jeder
    Lust, die mir geblüht auf Erden,
    Ja! meinem eig'nen Ich hab' ich entsagt,
    Um, liebdurchglüht, ein Liebeshauch zu werden.
    _____


    Rest

    Als uns'rer Seelen Aeolsharfensaiten
    Vom Gotteshauch der Liebe laut erklangen,
    Als uns're Geister glühend sich durchdrangen,
    Nicht wahr, mein Freund! Das waren schöne Zeiten?

    Das ist vorbei, und jene Seligkeiten,
    Zu süß in ird'schem Gefild' zu prangen,
    Sie sind in Nacht und Tod dahingegangen
    Als ich dein schwankend Herz sah von mir gleiten.

    Doch, ob auch liebeleer nun deine Brust;
    Ein starkes Band wird ewig uns vermählen,
    Im Innersten ist's trostvoll mir bewußt:

    Denn ewig werden uns're düstern Seelen,
    Gefall'nen Engeln ähnlich, von der
    Lust
    Verlornen Edens trauernd sich erzählen.
    _____

     

  • Ludwig Pfau (1821-1894)

    Eine Locke hab' ich noch von dir,
    Die du mir in schöner Nacht gegeben;
    Ist mir doch, als könnte ich an ihr
    Alte Zeiten aus dem Grabe heben.

    Wie ich gleich die alte
    Lust und Qual
    In des Herzens tiefstem Grunde spüre,
    Wenn ich diese Locke nur einmal
    Mit den Fingerspitzen leis berühre!

    Kind! Dein Haar ist doch so reich und licht,
    Aber wenn ich das lebend'ge fasse,
    Weckt es die begrabne Liebe nicht
    Wie die Locke, die verstorbne, blasse.
    _____


    Dornröschen

    O Röslein, schön und jugendlich,
    Auf deinem Dornenreise!
    Gleich einer Biene schwebt um dich
    Mein Lied und flüstert leise:

    Ich liebe dich mit Weh und
    Lust,
    Du Blume meiner Schmerzen!
    Die Rose trag' ich an der Brust
    Und ach! den Dorn im Herzen.
    _____


    Erhörung

    O sel'ger Tag! O sel'ge
    Lust!
    Mein bist du! Wie ein junger Held,
    So lieg' ich stolz an deiner Brust,
    Als läg' ich an der Brust der Welt.

    Stumm darf ich ruh'n an deinem Mund,
    Bis ich versinke ganz in dir;
    Das Meer der
    Lust ist ohne Grund
    Und schlägt zusammen über mir.
    _____


    Nähe der Fernen

    Oft bei Tage möcht' ich weinen,
    Daß ich dir so ferne bin,
    Seh' ich weit die Sonne scheinen
    Über Berg und Thale hin.

    Aber kommt die Nacht gegangen,
    Hehr und mild, mit leisem Schritt,
    Nimmt der Tag die hohen, langen
    Berg und Thäler alle mit.

    Und die Erde ist verschwunden,
    Nur der Himmel ist noch da;
    Alles Ferne ist verbunden,
    Alles Liebe ist sich nah.

    Und ich fühle ganz den Segen
    Deiner Näh' in stiller
    Lust;
    Und mir ist, als ob wir lägen
    Beid' an einer Mutter Brust.
    _____

     

  • Luise von Ploennies (1803-1872)

    Ich sprach: Was ist's …

    Ich sprach: Was ist's, das oft mich in der Freude
    Mit Schmerz erregt?
    So daß ich zweifle, ob in
    Lust, in Leide
    Mein Herze schlägt? -
    Ist unzertrennlich denn die
    Lust verbunden
    Mit tiefem Leid?
    Daß nur vereint die beiden man gefunden
    Zu jeder Zeit?
    Da sprach der Freund: Wenn höchste Lebenswonne
    Die Nacht erhellt,
    So ist sie Abglanz nur von jener Sonne
    Der bessern Welt.
    Drum, wenn ihr Strahl mit wunderbarem Walten
    Den Geist berührt,
    Strebt schmerzlich sich der Flügel zu entfalten,
    Der heimwärts führt.
    _____

    Mein freudig Herz, und kannst du mir nicht sagen,
    Was dich so selig macht in meiner Brust?
    Du warst ja gestern noch voll Angst und Zagen,
    Und heut erfüllt dich wunderbare
    Lust?

    Ich weiß es wohl, und muß doch immer fragen,
    Die Antwort klingt so süß und wonniglich;
    Du Herz allein kannst mir die Antwort sagen,
    O juble laut: Er liebt, er liebet mich!
    _____


    Warum schlägt so laut mein Herz?

    Warum schlägt so laut mein Herz?
    Ist es Wonne, ist es Schmerz?
    Es ist Glück und Schmerz zugleich,
    Ach, ein Glück so schmerzenreich,
    Ach, ein Schmerz so reich an Glück,
    Daß ich nie ihn geb' zurück.
    Schlage, schlage drum, mein Herz!
    Trage, trage deinen Schmerz.

    Jedem Glück auf dieser Welt
    Ist sein Schmerz auch zugesellt;
    Beide lassen nie sich los,
    Werden mit einander groß.
    Darum birgt die höchste
    Lust
    Tiefsten Schmerz in ihrer Brust.
    Schlage, schlage drum, mein Herz!
    Trage, trage deinen Schmerz.

    Liebesglück ist sel'ger Schmerz,
    Liebesschmerz ist Glück für's Herz.
    Fern, ach, fern floh Liebesglück,
    Liebesschmerz nur blieb zurück!!
    Doch im Schmerz noch liebt die Brust
    Des entschwund'nen Glückes
    Lust.
    Schlage, schlage drum, mein Herz!
    Trage, trage deinen Schmerz!
    _____

     

  • Hermione von Preuschen (1854-1918)

    In Deinen Armen

    Nicht weiss ich, soll ich's Liebe nennen,
    Was ich in Deinen Armen jäh empfinde.
    Ein Chaos von der schwersten Stumpfheit treibt
    Es mich empor zu höchster
    Lust Entzücken.
    Nur eines bleibt, und immer fühl' ich's gleich,
    Ganz gleich, beherrschend all' mein tiefstes Sein:

    Könnt' ich die Lebensfülle, die sich jetzt
    So heiss durch alle Adern mir ergiesst,
    Könnt' ich sie nur in Dich hinüberströmen,
    Gesundheitfülle Deinen Gliedern gebend
    Mit meinem Athem, meiner Kraft und Jugend!
    Und dann in Deinem Kusse langsam sterben,

    Es wär' ein seliger Tod!
    _____


    Nimmer zu fassen

    Nimmer zu fassen,
    Dass Du mich liebst,
    Dass Du mir Liebe
    Um Leiden giebst.

    Nimmer zu sagen
    Die ganze
    Lust,
    Nimmer zu tragen
    Von Menschenbrust.

    Nimmer zu meiden
    In Schuld und Schmerz,
    Nimmer zu scheiden
    Herz nun von Herz.
    _____

     

  • Robert Prutz (1816-1872)

    Nicht zürne mir, daß ich vermag zu scherzen
    Und Lieder reime mit verwegnem Munde
    Von jenem Tage, da zu ew'gem Bunde
    Sich in einander gossen unsre Herzen.

    Laß dich mein übermüthig Spiel nicht schmerzen!
    Du weißt ja, Liebste, was mir diese Stunde,
    Und wie in meiner Seele tiefstem Grunde
    Nun ewig leuchten ihre heil'gen Kerzen.

    Es giebt ein Glück, so über alle Grenzen,
    Daß, während dankerfüllt die Lippen beten,
    Die Augen doch von süßer
    Lust noch glänzen.

    Solch Glück, solch sel'ges, gabst du dem Poeten,
    Und wie man Heil'ge schmückt mit bunten Kränzen,
    So nimm auch du die Lieder vom Kometen!
    _____

    Du mit der schwanenweißen Brust,
    Berauschend wie der Duft der Traube,
    Du meine flammenheiße
    Lust
    Und keusch und züchtig wie die Taube;
    Aus deines Auges milden Sternen,
    So lockend und so fromm dabei,
    Wann werd' ich je zu Ende lernen
    Der Liebe süße Litanei?
    _____

    Die einst mir als schüchterne Knospe gelacht
    Aus halb erschlossenem Laube,
    Nun leuchtest du mir in üppiger Pracht,
    Du reife, du goldene Traube!
    Ich aber, in heiliger Trunkenheit,
    Ich halte den schäumenden Becher,
    Und selbst der Wermuth vergangener Zeit
    Wird Nektar dem seligen Zecher.

    So sprudle denn fort in unendlicher
    Lust,
    O Liebe, du himmlische Quelle!
    Es heilet die Wunde, frei athmet die Brust,
    Das dämmernde Auge wird helle.
    Wohl brauset der Kampf durch das staubige Feld,
    Wohl mühen sich ringende Hände:
    Wir aber, den ewigen Göttern gesellt,
    Wir lieben und küssen ohn' Ende!
    _____

     

  • Ernst Rauscher (1834-1919)

    So lang ich Athem habe,
    Stimm' ich die Klage an:
    Daß nie vom Wanderstabe
    Die Zeit sich trennen kann!

    Ach! uns'rer Sehnsucht Glühen
    Hält nimmer ihren Lauf,
    Hält nimmer das Verblühen
    Nur Einer Blume auf!

    Und zwischen
    Lust und Trauer
    Schwankt unser Sein, zerstückt;
    Das Hochgefühl der Dauer
    Hat noch kein Herz beglückt!

    Es lösen sich Entsagen,
    Besitzen ewig ab -
    Und dieses muß ich klagen,
    So lang' ich Athem hab'!
    _____

     

  • Joachim Ringelnatz (1883-1934)

    Ferngruß von Bett zu Bett

    Wie ich bei dir gelegen
    Habe im Bett, weißt du es noch?
    Weißt du noch, wie verwegen
    Die
    Lust uns stand? Und wie es roch?

    Und all die seidenen Kissen
    Gehörten deinem Mann.
    Doch uns schlug kein Gewissen.
    Gott weiß, wie redlich untreu
    Man sein kann.

    Weißt du noch, wie wir's trieben,
    Was nie geschildert werden darf?
    Heiß, frei, besoffen, fromm und scharf.
    Weißt du, daß wir uns liebten?
    Und noch lieben?

    Man liebt nicht oft in solcher Weise.
    Wie fühlvoll hat dein spitzer Hund bewacht.
    Ja unser Glück war ganz und rasch und leise.
    Nun bist du fern.
    Gute Nacht.
    _____

     

  • Anna Ritter (1865-1921)

    Erstorben

    Da ich an deinem Halse hing,
    An dein Gesicht das meine drängte,
    Dein Athem sich mit meinem mengte
    Und schmerzhaft mich dein Arm umfing,

    Da Mund auf Mund, und Brust an Brust
    Wir mit dem eignen Blut gerungen
    Und endlich uns den Sieg errungen,
    War höchste Qual auch höchste
    Lust.

    Doch nun, da jener Stunde Noth,
    Und
    Lust verrauscht, erstickt das Sehnen,
    Da endlos sich die Tage dehnen,
    Nun ist mir oft, als wär ich todt.

    Nur wenn dein Schatten mich umschwebt,
    Kann ich mich mühsam drauf besinnen,
    Daß statt des starren Steins da drinnen
    Einst sonnenfroh ein Herz gelebt.
    _____


    Das sind die schwülen Sommernächte …

    Das sind die schwülen Sommernächte,
    Die fieberheiß die Stirn umweh'n,
    Da wie gefesselte Giganten
    Die Bäume rings im Kreise steh'n.

    Der Nachwind lockt aus jeder Blüthe
    Die Seele buhlerisch hervor
    Und trägt auf seinen trunk'nen Armen
    Den willenlosen Duft empor.

    Die Sterne zucken dort und flimmern,
    Als trübten Thränen ihren Schein,
    Das Bächlein schluchzt und will nicht wandern,
    Es hält sich fest an jeden Stein.

    Und durch die athemlose Stille
    Ein wunderbares Klingen zieht,
    Ein Sang, aus Leid und
    Lust gewoben,
    Ein zitternd süßes Liebeslied.
    _____


    Der Frühling blüht

    Der Frühling blüht! Herz – war es je so schön?
    Lag je ein solcher Schimmer auf den Höhn
    Und in den Thälern solch ein lieber Glanz?
    Ein jeder Baum trägt seinen Blüthenkranz -
    Auch du, mein Haupt, willst unter grünen Zweigen
    Dich ahnungsvoll dem Glück entgegen neigen!

    Die beiden Hände drück' ich auf die Brust -
    Ist's Schmerz, der drinnen lodert, ist es
    Lust?
    Ach, wunderlich verwoben und verwebt
    Ist Beides mir, und meine Sehnsucht
    Darüber hin, aus dieses Frühlings Zagen
    In der Erfüllung Frieden mich zu tragen.
    _____


    Du und ich

    Du und ich … und über uns Beiden die Nacht!
    Neige die Stirn, damit ich dich küssend umfange.
    Neige das Ohr – ich raune dir Süßes hinein,
    Wonne und Weh, so wie's mir emporblüht im Herzen. -
    Du und ich … Es ward uns nichts Andres bescheert
    Als dieses Glück, das wir der Sonne verbergen.
    Sieh, schon senkt sich abwärts der einsame Pfad -
    Selige
    Lust steht lächelnd im Thale des Todes.
    _____


    Wenn die Noth am größten …

    Empörte Wogen, vom Sturm zerwühlt,
    Ein zehrend Feuer, das Keiner kühlt.
    So strömt's mir heiß durch die Adern hin -
    Das macht wohl, daß ich so jung noch bin.

    Und doch verlassen, und doch allein. -
    Herrgott, wie könnt es denn anders sein!
    Allüberall lockt die süße
    Lust,
    Und trag' doch auch keinen Stein in der Brust.

    Wie oft, des Abends im Kämmerlein,
    Ist's mir, als hört ich mein Herze schrein,
    Als riß die Sehnsucht in meinem Schooß
    Von allen Ketten sich keuchend los.

    Behüt mich, Gott, vor der dunklen Nacht,
    Wenn mir der Dämon im Blut erwacht! …
    "Die Kinder schlafen!" … Ein Engel sprichts -
    "Ihr ew'gen Mächte, nun fürcht' ich nichts!"
    _____


    Sieghafte
    Lust

    In deinem Arm, an deinem Herzen -
    O sag', was hat die Erde noch?
    Und brächte sie mir tausend Schmerzen
    Nach diesem Tag, ich jauchzte doch!

    Und gilt es, durch die Dunkelheiten
    Der letzten, großen Nacht zu gehn:
    Der Schimmer dieser Seligkeiten
    Wird leuchtend überm Wege stehn!
    _____


    Herausforderung an den Sturm

    Ja, tobe nur und reck die Fäuste aus -
    Ich fürcht mich nicht!
    Ich schaue lachend in dein wild Gesicht
    Und wage mich aus meinem sichern Haus
    Mit festem Schritt selbst in dein Reich hinaus.
    Du rüttelst mich – das ist mir grade recht!
    Verlangts mich doch aus all der Schläfrigkeit,
    Aus all den stillen, sonnenschwülen Tagen
    Nach Kampf und Streit!
    Ein übermüthig Wagen
    Liegt mir im Blut und läßt mir keine Ruh,
    Du locktest mich – nur wahr dich, Wilder du!
    Komm, laß uns ringen! Brust an Brust gedrängt
    Und Mund auf Mund, daß keuchend sich des Athems
    Gefangner Sclave durch die Zähne zwängt!
    Du packst mich gut -
    O namenlose
    Lust,
    Der eignen Kraft und Jugend sich bewußt,
    In keckem Drang sich einmal aus zu leben!
    Die Sehnen spannen sich in trotzgem Muth,
    Es gärt und schwillt des Blutes träge Fluth
    Und reißt der Ordnung heilge Dämme ein -
    Frei will es sein!
    - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
    Und zwingst du mich, gewaltger Kämpe du,
    So jauchzt mein Herz dem Überwinder zu -
    Auch das ist
    Lust, sein überschäumend Leben
    Berauscht, besiegt dem Größern hinzugeben!
    _____


    Mit dem Sturm um die Wette

    Mein gluthäugig Liebchen, mein wilder Genoß,
    Komm, schwing dich behende zu mir auf das Roß,
    Wir jagen zusammen hinein in die Welt,
    So wild und so weit es dir immer gefällt.

    Du schüttelst die Locken, mein schwarzbraunes Kind,
    Wie flattern sie lustig im wehenden Wind,
    Du jauchzest und singst in entfesselter
    Lust
    Und wirfst beide Arme mir wild um die Brust.

    Du Wand'rer am Wege, was schaust du uns nach,
    So müd und verdrossen, die Seele voll Plag? ...
    Hopp, heißa, mein Rößlein, zum lustigen Ritt,
    Beeile dich, Sturmwind, sonst kommst du nicht mit!

    Und dunkelt die Erde, dann suchen wir Ruh,
    Es deckt wohl der Mantel uns beide dann zu,
    Und droben die Sterne, die halten die Wacht,
    Bis zögernd entschwindet die seligste Nacht.
    _____


    Seine Heimath

    Zwei kleine Fenster, in's Grün geschmiegt,
    Ein Strohdach, d'rüber die Sonne liegt
    Und unter den Linden ein kühler Platz -
    Das ist seine Heimath, da wohnt mein Schatz.

    Sie sagen, da draußen in weiter Fern
    Gäb's tausend Wunder, ich glaub's ja gern -
    Mein' Seligkeit, meine
    Lust und Pein
    Wohnt hinter den winzigen Fensterlein.
    _____

     

  • Emil Rittershaus (1834-1897)

    Auf dem Rhein

    Ich fahr' hinunter
    Den grünen Rhein!
    Am Ufer singen
    Die Vögelein.
    Die Berge glänzen
    In Frühlingspracht
    Und alles jubelt
    Und alles lacht.

    O, wärst Du bei mir,
    Mein Schätzlein schön,
    Und sähst, wie herrlich
    Die sonn'gen Höh'n,
    Und hörtest singen
    Die Vögelein:
    Du stimmtest freudig
    In's Lied mit ein!

    Dann schaut' ich froher
    Auf Strom und Feld,
    Dann wär' mir schöner
    Die ganze Welt!
    Dann jauchzt ich trunken
    In sel'ger
    Lust
    In Deinen Armen,
    An Deiner Brust!
    _____


    Auch ein Lied der Liebe

    Mild ist die Nacht, die Maiennacht;
    Der Mond vom blauen Himmel lacht.

    Die Sterne funkeln hell und klar. -
    Im Walde sitzt ein Liebespaar.

    Sie ruhen, Brust an Brust gepreßt;
    Sie pressen Lipp' an Lippe fest.

    Sie sehen nicht der Sterne Gang;
    Sie hören nicht den Hochgesang

    Der Nachtigall im grünen Baum:
    Sie ruh'n in sel'gem Liebestraum!

    Bei
    Lust und Kuß die Stunden fliehn;
    Er schaut nur sie und sie nur ihn!

    Doch Eins im Aug' des Anders schaut
    Den schönsten Frühling, hold und traut,

    Doch Eins schaut in des Andern Blick
    Des Himmels
    Lust, des Himmels Glück. - -

    Da spricht die Maid mit leisem Flehn:
    "Geliebter, laß uns heimwärts gehn!

    Helf' Gott mir, wenn die Mutter wüßt',
    Daß ich, Geliebter, Dich geküßt!

    Wie sprach so oft der Mutter Mund:
    Nie schließen Reich und Arm den Bund!

    O, meine Ehre! Gott erbarm'!
    Sieh, du bist reich und ich bin arm!"

    Der Jüngling hört's, der Jüngling schwört,
    Daß er auf ewig ihr gehört.

    "So wahr ich Dir ins Auge seh',
    Ich lass' Dich nicht in
    Lust und Weh'!

    Marie, noch sterbend schaut' ich gern
    In Deines Auges Morgenstern!

    Ich schwör's dir zu: ich laß dich nie!
    Auf ewig bist Du mein, Marie!" - -
    _____

    Wenn mir die Zeit ein Glück beschieden,
    Mir einen süßen Wunsch gewährt,
    Wenn nach den trüben Stunden Frieden
    Und
    Lust zurück dem Herzen kehrt;
    Dann möcht' zu Dir ich jauchzend eilen,
    Daß doppelt
    Lust das Herz gewinnt,
    Denn alle meine Freuden theilen
    Will ich mit Dir, geliebtes Kind!

    O, ewig die Gedanken schweben
    Zu Dir, mein Lieb, durch Wald und Au'n!
    An Deiner Seite will ich leben,
    In Deine Augen will ich schaun!
    Um Deine Liebe will ich werben,
    Bis meines Lebens Hauch zerrinnt.
    In Deinen Armen will ich sterben,
    An Deiner Brust, geliebtes Kind!
    _____

     

  • Hermann Rollett (1819-1904)

    Lenzjubel

    Die Lerchen steigen, die Wiesen blüh'n,
    Die Frühlingsdüfte wehen,
    Des Liebchens Wangen wie Rosen glüh'n,
    Und ich möchte vor Lieb' vergehen.

    Es möchte das Herz, in
    Himmelslust,
    Als Lerche die Lüfte durchschmettern,
    Oder als Röslein an Liebchens Brust
    Im Frühlingssturm sich entblättern.
    _____


    Himmelsleiter

    Du warst so still, ich war so munter;
    Du warst voll Ernst, ich war voll
    Lust;
    Da fiel mir manch' ein Stern herunter
    Vom lichten Himmel meiner Brust.

    Ich bin so trüb', du bist so heiter!
    Ich bin voll Ernst, du bist so froh,
    Und willst mir bauen eine Leiter
    Zur
    Himmelslust, die mir entfloh.
    _____


    Perlen

    Es liebt die Lieb' wohl oft zu sein
    So wie des Meeres Fluth, -
    Sie bricht oft über's Ufer ein
    Die sonst so sanft geruht.

    Doch wenn der Sturm sich wieder legt,
    Und ruht die wilde Well',
    Da findest du, von
    Lust bewegt,
    Am Ufer Perlen hell.
    _____


    Einlaß

    Es schlägt mein Herz an deiner Brust
    In still versunkner
    Liebeslust.

    Es klopft an seinen Himmel an
    Und fragt, ob er wird aufgethan.

    Da lächelst du voll Seligkeit.
    Mir aber geht der Himmel weit

    In deinem Antlitz auf in
    Lust -
    An deiner liebevollen Brust!
    _____


    Juwelenschrein

    In deinem Herzen da muß es sein
    So wie in einem Juwelenschrein.

    Die Sehnsucht schimmert aus Perlen reich,
    Die oftmal werden zu Thränen gleich;

    Der Glaube leuchtet mit blauem Schein,
    Die Hoffnung schimmert smaragden drein;

    Und aus der Tiefe, wo's glühend loht,
    Da flammt die Liebe rubinenroth.

    Da zuckt der goldene Strahl der
    Lust,
    Daß laut es jubelt durch meine Brust:

    In deinem Herzen da muß es sein
    So wie in einem Juwelenschrein!
    _____


    Jahreszeiten

    Liebchen! welch' ein selig Leben,
    Wenn der Liebe Frühling blüht,
    Wenn die Augen Funken geben,
    Weil's im Herzen flammt und glüht.

    Liebchen! welch' ein Nimmerenden
    Tiefsten Glücks und höchster
    Lust,
    Wenn das Herz mit Sonnenbränden
    Flammen möcht' aus voller Brust.

    Glückverloren, weltvergessen,
    Schwimmt das Herz in Seligkeit, -
    Doch der Herbstwind unterdessen
    Webt am Leichentuch der Zeit.

    Komm' nur, Winter! kaltes Wetter
    Scheut die heiße Liebe nicht,
    Und sie wirft dir Rosenblätter,
    Ewigjung, in's Angesicht!
    _____


    O blick' mich an!

    O blick' mich an
    Mit dem Aug' deiner Milde!
    O ruh' auf mir
    Mit dem Blick deiner Treue!

    O glüh' in mich
    Mit der Gluth deiner Liebe,
    Und heb' mich empor
    Mit der Flamm' deiner
    Lust!

    Es tönt ja dafür
    Dir ein Klang meiner Milde!
    Es weht ja dafür
    Dir ein Hauch meiner Liebe!

    Es flammt ja dafür
    Dir ein Lied meiner Treue!
    Es hebt dich empor
    Ein Gesang meiner
    Lust!
    _____


    In glühendem Verlangen

    O war das eine Seligkeit -!
    Wir hielten uns umfangen,
    Das Auge schwamm in Trunkenheit,
    Das Herz in Gluthverlangen.

    Die Lippen glühten,
    lustdurchzuckt,
    In einen Brand zusammen,
    Es funkte durch die Adern uns,
    Als stünden wir in Flammen.

    Es war, als ob uns leis' umzög'
    Ein stillverzücktes Klingen,
    Als hörten wir voll Seligkeit
    Die Engel selig singen.

    Es war, als strömte Zauberduft
    Aus einer Wunder-Rose,
    Der uns zur Gluth der Lieb' entzückt
    In brünstigem Gekose.

    Die reinste Jungfrau konnt' es seh'n,
    Wie wir uns heiß umfangen, -
    Sie wäre hold erröthet nur -
    In glühendem Verlangen.
    _____


    Vergib

    Vergib der armen Seele,
    Die sich, wie todesbang,
    Aus schwülem Erdendunkel
    In deinen Himmel schwang.

    Vergib dem armen Herzen,
    Das, wie voll
    Himmelslust,
    An deine Brust gesunken,
    Wo's seinen Gott gewußt!
    _____


    Verstummen

    Wenn oft in trautem Kreise
    Kein Mund ein Wort mehr sprach,
    Da soll ein Engel leise
    Hinfliegen durch's Gemach. -

    O diesen schönen Glauben,
    So blumenhaft erblüht,
    Den möge niemand rauben
    Dem gläubigen Gemüth!

    Ich selbst will mich versenken
    In dieses Glaubens Traum,
    Und will ihn nicht bedenken, -
    Will ihn erfassen kaum.

    Und wenn ich schweigend liege,
    O Lieb, an deiner Brust, -
    Ein lichter Engel fliege
    Durch unsre stille
    Lust!
    _____


    Leid in
    Lust

    Wie freudig auch die Woge fluthet
    Im sonnenlichtverklärten Strom,
    O sieh' nur, wie sie dunkel blutet,
    Wenn glühendroth der Tag verglomm.

    Und wie auch meiner Liebe Gluthen,
    Mit hellen Flammen dich umsprüh'n,
    Es will mir oft das Herz verbluten,
    Seh' ich der Freiheit Lenz verblüh'n.
    _____

     

  • Friedrich Rückert (1788-1866)

    Als ich singen wollte zu der Liebe Preise,
    Statt in eig'ner, auch einmal in fremder Weise,
    War die Weise fremd im Anfang, aber wurde
    Eigen endlich auch im Liebeszauberkreise.

    Geh' in der Nacht im Garten an die Flut,
    Wo schon der Lotos unterm Wasser ruht.
    Entschleire dich! Er taucht empor und hält
    Für Sonnenaufgang deiner Wangen Glut.

    Als wie das Käferchen im Schoß der Rose,
    Als wie das Mückchen in der Zuckerdose,
    Hält mich die Lieb' in
    Lust gefangen; soll ich
    Beklagen oder segnen meine Lose?

    Mir ist dein Kuß je länger je lieber,
    Dein Arm ist mir je enger je lieber.
    Zwar macht dein Kuß, der lange, mir bange,
    Mir aber ist je bänger je lieber.
    _____

    Die Stunde sei gesegnet,
    Wo ich dir bin begegnet,
    Wenn diese Liebe
    Lust
    Dir weckt in stiller Brust,
    Wie Tau auf Blumen regnet!

    Der Stunde sei geflucht,
    Wo ich dein Herz gesucht,
    Wenn in dir diese Liebe
    Statt milder Freudentriebe
    Soll tragen herbe Frucht! -

    Gesegnet ist die Stunde,
    Sprach sie mit süßem Munde,
    Mir ist kein Weh geschehn;
    Den Himmel fühl' ich stehn
    In meines Herzens Grunde.
    _____

    Ein Strom der Liebe ging
    Aus meiner Liebsten Herzen,
    Den ich in meins empfing
    Herüber ohne Schmerzen;

    Der, wie er meine Brust
    Durchflutet und durchzogen,
    Zurück in stiller
    Lust
    Ergoß in sie sein Wogen

    Sie fühlte, wie ich tief
    In ihrem Frieden ruhte;
    Ich fühlte, wie sie schlief,
    An meinem stillen Blute.

    Wir sahn uns an dazu,
    Verwundert, wie auf Erden
    Solch eine Himmelsruh'
    Mag zweien Herzen werden.
    _____

    Ich lag in stummer
    Lust
    An meiner Liebsten Brust,
    Und meine Augenlide
    Geschlossen hielt der Friede.

    Ich fühlte mich in ihr,
    Und fühlte sie in mir,
    Ich fühlte nur das Leben,
    Das wir einander geben.

    Da blickt' ich auf nach ihr,
    Und wieder sie nach mir,
    Es kamen auf den Wegen
    Die Blicke sich entgegen.

    Was wollt ihr Augen hier?
    Ihr seid nur Neubegier.
    Wir wissen im Vertrauen,
    Was ihr nicht braucht zu schauen.

    Mein Auge schaute doch,
    Und ihres schaute noch,
    Als ob das meine fragte,
    Und ihres Antwort sagte.

    Es fragte: Liebst du mich?
    Es sagte: Frage dich!
    Und beide schlossen wieder
    Begnügt die Augenlider.
    _____

    Ich war ein Bettler und bin ein Reicher geworden,
    Solch einen Schatz hab' ich gefunden.
    Ich war ein Sklave und bin ein König geworden,
    Solch einen Thron hab' ich gefunden.
    Ich war ein Verlor'ner und bin ein Sel'ger geworden,
    Solch einen Himmel hab' ich gefunden.

    Der Schatz, den ich errungen habe,
    Der liegt in eines Weibes Brust.
    Der Thron, den ich erschwungen habe,
    Ist ihres Busens reiche
    Lust.
    Der Himmel, den ich ersungen habe,
    Des bin ich mir in ihr bewußt.
    _____

    Ich wohn' in meiner Liebsten Brust,
    In ihren stillen Träumen.
    Was ist die Welt und ihre
    Lust?
    Ich will sie gern versäumen.

    Was ist des Paradieses
    Lust
    Mit grünen Lebensbäumen?
    Ich wohn' in meiner Liebsten Brust,
    In ihren stillen Träumen.

    Ich wohn' in meiner Liebsten Brust,
    In ihren stillen Träumen.
    Ich neide keines Sternes
    Lust
    In kalten Himmelsräumen.

    Was ist die Welt und ihre
    Lust?
    Ich will sie gern versäumen.
    Ich wohn' in meiner Liebsten Brust,
    In ihren stillen Träumen.
    _____

    O Wonneschau,
    Lustanblick, Augenweide!
    So hab' ich sie, die Schönste, denn gesehen
    Vor meinen Blicken so verschönert stehen,
    Wie's nur die Schönheit werden kann vom Kleide.

    O schmeichelhaftes Kleid! Ich sah die Seide
    Von ihrem Busen mir entgegenwehen,
    Und sah die Blumen dort nach mir sich drehen,
    Die Seid' und Blumen, meine Gaben beide.

    So sieht der Frühlingstag mit Morgenstrahlen
    Herab auf der geliebten Erde Glieder,
    Die er mit seinen Farben sieht geschmücket,

    Fühlt schauend
    Lust, und fühlt auch schon die Qualen,
    Daß er an Abend muß vom Himmel nieder,
    Und ihm die Nacht entzieht, was ihn entzücket.
    _____

    Wenn ihr fragt, wer hier nun spricht,
    Ich der Dichter, oder sie?
    Sag' ich euch: ich weiß es nicht,
    Sondert ihr's! ich sondr' es nie.

    Hier sind zwei in
    Liebeslust
    Eins, und thun's einander kund;
    Ich empfind' aus ihrer Brust,
    Und sie spricht durch meinen Mund.
    _____

     

  • Adolf Friedrich von Schack (1815-1894)

    Dein Mund, vollathmend heiß an meinem Munde -
    Dein Herz mit hohem Schlag an meins gepreßt,
    Wie weihst du jede flüchtige Sekunde
    Des Tages mir zum Liebesfest!

    Und dann die heil'gen, wonnemüden Nächte,
    Das Schwelgen Arm in Arm und Brust an Brust!
    Mißgönnen nicht dem sterblichen Geschlechte
    Die Götter solche
    Himmelslust?

    Ja, denk' ich Alles, was du mir gegeben
    Und noch mir giebst, so fürcht' ich ihren Neid;
    Leicht zuckt ihr Blitzstrahl nieder auf ein Leben,
    Das allzu voll von Seligkeit.
    _____

     

  • Georg Scherer (1828-1909)

    O
    Lust, zur Seite dir zu sitzen,
    Von göttlicher Musik umrauscht!
    Zu sehn, wie deine Augen blitzen,
    Tief atmend deine Seele lauscht,

    Wenn nach dem Takt dein Haupt sich schmieget,
    Und auf der Töne gold'ner Flut,
    Dir selbst entrückt, dein Geist sich wieget,
    Hold, wie ein Schwan auf Wogen ruht.

    Du neigst dich, hauchst verlor'ne Worte,
    Und, Seele ganz, blickst du mich an -
    Ein Blick, ach! der mir weit die Pforte
    Ins Land der Wunder aufgethan.
    _____

    Ich seh' deine Lippen blühen
    Ich fühl' deines Atems Wehn,
    Ich fühle dein Aug' mich durchglühen -
    Da ist es um mich geschehn!

    Es gehn die Sinne mir unter,
    Es geht das Herz mir auf;
    Die Erde versinkt, o Wunder!
    Es thut sich der Himmel auf.

    Ich neige das Ohr, zu lauschen
    Gesängen voll himmlischer
    Lust;
    Die Brunnen der Ewigkeit rauschen
    Durch meine selige Brust.
    _____

     

  • Ernst Schulze (1789-1817)

    Wiedersehen

    Ach, ich soll dich wiedersehen,
    Die so lange mir entschwand,
    Soll an deiner zarten Hand
    Noch einmal durchs Leben gehen;
    Ach, ich soll dich wiedersehen,
    Und doch darf ich noch gestehen,
    Daß ich je den Schmerz gekannt?

    Glühend will ich dich umfangen,
    Will mit leisem Liebesbangen
    Fest an deiner weichen Brust
    Und an deinen Lippen hangen,
    Will mit lechzendem Verlangen
    Schlürfen den Pokal der
    Lust;
    Alle meine künft'gen Thränen
    Sollen Freudenthränen seyn;
    Sehn' ich mich, so sey mein Sehnen
    Der Gewährung Dämmerschein;
    Nur in dich will ich versinken,
    Will mir zarte Träume trinken
    Aus der Liebe Wunderborn;
    Dich nur will ich ganz umschlingen,
    Will nach deinem Lächeln ringen
    Und erbleichen deinem Zorn;
     Dich nur soll mein Wille fragen,
    Mit dir theilen
    Lust und Scherz,
    Mit dir weinen und verzagen;
    Und es soll mein treues Herz
    Länger nicht als deines schlagen! -
    Ach, kaum trug ich jüngst den Schmerz,
    Werd' ich jetzt die Wonne tragen?
    _____

     

  • Jegor von Sivers (1823-1879)

    Jubelruf

    Du wonniges sonniges Grün der Au,
    Wie grüßt du mich heut;
    Wie hast du, unendliches Himmelblau,
    Mich mächtig erfreut!
    Wie locken die Wälder mich rauschend herbei,
    Wie machen von Fesseln die Berge mich frei,
    Wie lockest du feurig, Natur, Natur!
    O blauer Himmel, o grüne Flur!

    Die Liebe wogt mir in schwellender Brust,
    Drum bin ich beglückt;
    Sie hat mit unendlicher, himmlischer
    Lust
    Mein Herz entzückt.
    Drum lacht mir der Himmel, die Au, der Wald,
    Die Blüten so jung, die Berge so alt.
    Von deinen Augen ein wärmender Strahl
    Erfüllt mein Herz und Berg und Thal.
    _____


    Stille
    Lust

    Hat mich stille
    Lust betroffen,
    Mag ich sie geschwind erfassen,
    Bitter aber ist, vom Hoffen
    Seines Herzens abzulassen.

    Dulden will ich dennoch gerne,
    Daß mich stetes Glück vermeide,
    Leuchten der Erinnrung Sterne
    Freundlich doch in meinem Leide.

    Hätt ich Throne zu vergeben,
    Nehmt sie hin zu allen Stunden,
    Laßt mir nur für Tod und Leben,
    Was die Brust so reich empfunden.
    _____

     

  • Ludwig Tieck (1773-1853)

    Treue

    Treue Liebe dauert lange,
    Ueberlebet manche Stund,
    Und kein Zweifel macht sie bange,
    Immer bleibt ihr Muth gesund.

    Dräuen gleich in dichten Schaaren,
    Fordern gleich zum Wankelmuth
    Sturm und Tod, setzt den Gefahren
    Lieb' entgegen treues Blut.

    Und wie Nebel stürzt zurücke
    Was den Sinn gefangen hält,
    Und dem heitern Frühlingsblicke
    Oeffnet sich die weite Welt.
    Errungen
    Bezwungen
    Von Lieb' ist das Glück,
    Verschwunden
    Die Stunden
    Sie fliehen zurück;
    Und seelige
    Lust
    Sie stillet
    Erfüllet
    Die trunkene wonneklopfende Brust,
    Sie scheide
    Von Leide
    Auf immer,
    Und nimmer
    Entschwinde die liebliche, seelige, himmlische
    Lust!
    _____

     

  • Wilhelm Wackernagel (1806-1869)

    Meine Seele, mein Herz!
    Meine
    Lust und mein Schmerz!
    Mein willst du werden, mein willst du sein,
    Und mein auch bleiben, auf ewig mein,
    In Freud' und in Noth,
    Im Leben, im Tod!

    Im Leben, im Tod,
    In Freud' und in Noth
    Mein liebendes Herz, mein treues Gesicht,
    Ich halte dich fest und lasse dich nicht,
    Meine
    Lust und mein Schmerz,
    Meine Seele, mein Herz!
    _____

     

  • Anton Wildgans (1881-1932)

    Sie ist die eine, die wie ein Magnet
    Die Wünsche anzieht, daß sich nichts zerstreue,
    Sie ist die Gestrige und immer Neue,
    Die Ratende, die ohne Wink versteht.

    Sie ist der Rausch, der sich bacchantisch dreht,
    Nach dem es weder Jammer gibt noch Reue,
    Sie ist die Dirnenhafte und die Treue,
    Die rote Orgie und das Gebet.

    Sie ist die
    Lust, durch die der Geist gesiebt,
    Leicht wird und stark, die Gipfel zu erschweben –
    Vielleicht nur einer fernen Stimme Beben,

    Der Traum von etwas, das es niemals gibt,
    Doch den geträumt zu haben und geliebt,
    Erträglich machen könnte dieses Leben.
    _____

     

  • Joseph Christoph von Zedlitz (1790-1862)

    Der Abendhimmel

    Wenn ich an Deiner Seite
    Im Abenddunkel geh',
    Den Mond und sein Geleite,
    Die tausend Sterne seh',

    Dann möcht' ich den Mond umfangen
    Und drücken an meine Brust,
    Die Sterne herunter langen
    In voller, sel'ger
    Lust!

    Mit ihnen die Locken Dir schmücken!
    Und schmücken die schöne Brust,
    Ich möcht' Dich schmücken und drücken,
    Und sterben vor Wonn' und
    Lust! –
    _____


    Sehnsucht

    Als mein Auge sie fand
    Und mein Herz sie erkannt,
    O, wie glühte die Brust
    Von Entzücken, von
    Lust!

    Wie voll Düfte die Au',
    Und der Himmel, wie blau!
    Und der Wald voll Gesang,
    Und die Lüfte voll Klang!

    Ohne Sie, wie so kalt,
    Und die Welt, wie so alt,
    Und die Erde, wie leer,
    Und das Herz, ach! – so schwer.
    _____

     

  • Kathinka Zitz-Halein (1801-1877)

    Wonne des Himmels, daß ich Dich gefunden!
    Heil der verhüllten, der göttlichen Macht,
    Die uns auf ewig in Liebe verbunden
    Bis zu des Todes umschleiernden Nacht.
    Tausch' nicht mein Loos mit dem König der Welten,
    Trifft auch ein Weh einst die bebenden Brust,
    Wird Deine Liebe mir reichlich vergelten;
    Dann hallt die Luft von dem Jauchzen der
    Lust.
    _____

     

  • Stefan Zweig (1881-1942)

    Wie die Schwalbe ...

    Wie die Schwalbe mit silberner Schwinge
    Über die schläfernden Wasser blitzt
    Und in ihr Blinken zitternde Ringe
    Mit dem dürstenden Schnabel ritzt,
    Fließende Spuren, die nicht verwunden,
    Leise nur rühren, leise erschüttern -
    Ach, so neigen und nahen sich
    In meine einsam dunkelnden Stunden
    Stille Gedanken, du Ferne, an dich.

    Zart umgoldet von heimlicher Glut,
    Schwalben der Sehnsucht, mir Tröstung zu bringen,
    Streifen sie scheu mit zaghaften Schwingen
    An mein Herz, das stilldunkel ruht.
    Selig fühl ich sie nieder sich senken
    Lust und Wehmut durchschauert mich,

    Und ich zittre in süßem Gedenken,
    Liebste, an dich.
    _____


     


 

 

 

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